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Klar denken (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Eine Anleitung
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01063-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Klar denken -  Woo-kyoung Ahn
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Die Psychologie-Professorin Woo-kyoung Ahn ist ein Phänomen: Ihre Vorlesung an der Yale University über das Denken ist eine der meistbesuchten, inzwischen müssen sie in den größten Hörsälen der Universität stattfinden. Warum? Weil ihre Ansätze und Thesen, wie gutes Denken funktioniert und sinnvolle Entscheidungen getroffen werden können, den Studierenden ganz konkret weiterhelfen, weil sie sich auf den Alltag jedes Einzelnen beziehen und in ihrer Klarheit überzeugen. Ahn erklärt zum Beispiel das aus der Kognitionspsychologie bekannte Phänomen des «Bestätigungsfehler» (confirmation bias): die Neigung, Informationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigenen Erwartungen bestätigen. Durch Testbeispiele erläutert sie, wie wir systematische Fehler beim Denken machen. Acht ihrer grundlegenden Thesen über das Denken hat Ahn nun für dieses Buch zusammengefasst ? konzis, fundiert und humorvoll: ein bahnbrechendes Buch über das Denken.

Woo-kyoung Ahn ist Professorin für Psychologie an der Yale University und Leiterin des dortigen Thinking Lab. Zuvor promovierte sie an der University of Illinois, Urbana-Champaign, arbeitete als Assistant Professor an der Yale University und als Associate Professor an der Vanderbilt University. 2022 erhielt sie den Lex-Hixon-Preis der Yale University für ihre exzellente Lehre. Ihre Forschung über Denkmuster wurde von den National Institutes of Health gefördert. Woo-kyoung Ahn ist Mitglied der American Psychological Association an der Association for Psychological Science. 

Woo-kyoung Ahn ist Professorin für Psychologie an der Yale University und Leiterin des dortigen Thinking Lab. Zuvor promovierte sie an der University of Illinois, Urbana-Champaign, arbeitete als Assistant Professor an der Yale University und als Associate Professor an der Vanderbilt University. 2022 erhielt sie den Lex-Hixon-Preis der Yale University für ihre exzellente Lehre. Ihre Forschung über Denkmuster wurde von den National Institutes of Health gefördert. Woo-kyoung Ahn ist Mitglied der American Psychological Association an der Association for Psychological Science. 

Der Fluency-Effekt


Alles, was unser Geist für leicht befindet, kann zu Selbstüberschätzung führen. Dieser Fluency-Effekt betrifft uns auf ganz unterschiedliche Weise.

Die Illusion, etwas zu können


Die Idee mit dem BTS-Video entspringt einer Studie über den Verfügbarkeits-Effekt beim Erlernen neuer Fähigkeiten.[1] In dieser Studie sahen die Probanden ein sechs Sekunden langes Video von Michael Jackson, der den «Moonwalk» macht. Dabei scheint er rückwärtszugehen, ohne seine Füße vom Boden zu heben. Die Schritte sehen nicht weiter kompliziert aus, und er führt sie so spielerisch aus, dass er darüber nicht mal nachzudenken scheint.

Einige Versuchspersonen sahen den Clip einmal, andere zwanzigmal. Dann sollten die Probanden einschätzen, wie gut sie den «Moonwalk» wohl selbst hinbekommen würden. Wer das Video zwanzigmal gesehen hatte, legte ein höheres Maß an Selbstvertrauen an den Tag als die Gruppe, der es nur einmal vorgespielt wurde. Da diese Personen das Video so oft gesehen hatten, glaubten sie, sie hätten jede einzelne Bewegung abgespeichert und könnten sie wieder abrufen. Aber als der Moment der Wahrheit kam und man die Versuchsteilnehmer bat, selbst zu «moonwalken», gab es zwischen der Performance beider Gruppen keinen Unterschied. Michael Jacksons Moonwalk zwanzigmal nur gesehen zu haben, ohne Gelegenheit, ihn zu üben, machte die Probanden nicht zu besseren «Moonwalkern» als die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die den Sänger nur einmal hatten beobachten können.

Menschen sitzen häufig der Illusion auf, sie könnten eine schwierige Aufgabe lösen, nur weil sie gesehen haben, wie jemand anderer dies mühelos hinbekommen hat. Wie oft haben wir uns Whitney Houstons «A-I-A-I-O-A-I-A-I-A will always love you» in unserem Kopf geträllert und gedacht, es könne ja nicht so schwer sein, diesen hohen Ton zu treffen? Oder versucht, nach einer Anleitung auf YouTube ein Soufflé zu backen? Oder eine Diät angefangen, nur weil man uns diese Vorher-und-Nachher-Bilder präsentiert hat?

Wenn wir ein Endergebnis vor Augen haben, das flüssig rüberkommt, das meisterlich oder einfach nur vollkommen normal wirkt wie ein fluffiges Soufflé oder ein Mensch mit guter Figur, begehen wir den Fehler zu glauben, dass der Weg, an dessen Ende das Resultat steht, ebenso geradlinig, locker und einfach war. Wenn Sie ein Buch lesen, das leicht verständlich ist, glauben Sie vielleicht, es zu schreiben sei ebenso simpel gewesen. Wenn jemand noch nie auf Schlittschuhen auf dem Eis gestanden hat, fragt er sich vermutlich, wieso Eiskunstläufer stürzen, wenn sie einen doppelten Axel springen, wenn doch so viele andere das offenbar mühelos hinbekommen. Man vergisst dabei leicht, wie oft das Buch überarbeitet wurde oder wie viel Übung der doppelte Axel voraussetzt. Oder wie Dolly Parton so treffend sagte: «Es kostet ganz schön viel Geld, so billig auszusehen.»

Die TED-Talks sind ein weiteres Beispiel für die Illusion der Geläufigkeit. Diese Vorträge dauern gewöhnlich 18 Minuten, was bedeutet, dass das Skript dazu zwischen sechs und acht Seiten umfasst. Da die Sprecher gewöhnlich ausgewiesene Experten auf ihrem Gebiet sind, stellen wir uns vor, so ein Vortrag müsse doch für so jemanden ein Klacks sein. Es wirkt so, als würden manche Vortragende schlicht improvisieren. Doch die TED-Richtlinien sprechen eine klare Sprache: Man erwartet von den Vortragenden, dass sie sich Wochen oder besser noch Monate auf den Talk vorbereiten. Sprechtrainer machen klare Vorgaben für TED-ähnliche Vorträge: für jede Minute Sprechzeit mindestens eine Stunde Übung. Anders gesagt: Sie müssen Ihren TED-Talk 60-mal proben. Und diese etwa 20 Stunden sind nur für die Probe gedacht – nicht eingerechnet die Stunden, Tage und Wochen, in denen Sie überlegen, was Sie in dieses sechs- bis achtseitige Skript packen oder – noch wichtiger – was Sie weglassen.

Kurze Präsentationen sind noch schwerer vorzubereiten als längere, weil Sie da einfach keine Zeit haben, über den nächsten Satz nachzudenken oder die perfekte Überleitung zum nächsten Abschnitt zu finden. Ich habe mal einen meiner ehemaligen Studenten, der mittlerweile für ein renommiertes Consulting-Unternehmen arbeitet, gefragt, ob Yale ihn adäquat auf seinen Job vorbereitet hätte. Seine Antwort lautete: Er hätte sich gewünscht zu lernen, wie man einen Kunden in drei Minuten von etwas überzeugt. Das ist eine der härtesten Präsentationen überhaupt, weil dabei jedes einzelne Wort zählt. Und es sieht so unglaublich leicht aus, wenn es richtig gemacht wird.

Die Illusion des Wissens


Diese Verfügbarkeits-Illusion beschränkt sich nicht auf Fähigkeiten wie Tanzen, Singen oder Vortragen. Im Bereich des Wissens kommt ein weiterer Typus zum Tragen. Wir glauben nämlich neue Erkenntnisse eher, wenn wir verstehen, wie sie zustande gekommen sind.

Nehmen wir nur mal das Klebeband. Wir reparieren damit fast alles: ein Loch im Sneaker, ja sogar einen unvorhergesehenen Riss in der Hose. Studien haben ergeben, dass Isolierband Warzen ebenso gut oder manchmal besser bekämpft als die übliche Behandlung mit flüssigem Stickstoff. Das wirkt eher unwahrscheinlich, bis Sie die Erklärung hören: Warzen werden von einem Virus verursacht, das abstirbt, wenn man ihm Luft und Licht entzieht. Und genau das passiert, wenn Sie die Warze mit Isolierband abkleben. Sobald Sie wissen, wie das funktioniert, erscheint die therapeutische Wirkung des Isolierbands gleich viel glaubwürdiger.

Einige meiner frühen Experimente drehten sich genau um diese Art von Phänomenen: dass die Menschen eher bereit sind, eine zufällige Korrelation als kausalen Zusammenhang zu betrachten, wenn sie sich den zugrunde liegenden Mechanismus vorstellen können.[2] Obwohl die Fakten dieselben sind, sind wir eher bereit, eine Ursache-Wirkungs-Beziehung anzunehmen, wenn wir uns den Prozess, der zu dem Ergebnis führt, leicht vorstellen können. Und das ist eigentlich kein Problem – außer natürlich, der Mechanismus ist falsch. Wenn wir fälschlicherweise überzeugt sind, dass wir einen Prozess gut verstehen, kommen wir eher auf falsche Schlussfolgerungen.

Ein Beispiel: Während dieser Forschungsarbeiten stieß ich auf ein Buch mit dem Titel «Die Uhren des Kosmos gehen anders». Es wurde in den 1960ern veröffentlicht und stammt von einem selbst ernannten «Neo-Astrologen» namens Michel Gauquelin. Gleich auf den ersten Seiten präsentierte er einige statistische Daten. (Die teils auf fragwürdiger Basis entstanden sind, aber nehmen wir für unser Beispiel kurz an, sie seien korrekt gesammelt worden.) So meinte Gauquelin zum Beispiel, dass Menschen, die unmittelbar nach dem Aufstieg des Mars am Horizont geboren wurden (was immer das heißen mag), eher zu berühmten Ärzten, Wissenschaftlern oder Sportlern werden. Gauquelin hatte Hunderte, mitunter auch Tausende Horoskopdaten ausgewertet und gelangte mit komplexen statistischen Mitteln zu seinen Schlussfolgerungen. Er lehnte die wenig wissenschaftliche Hypothese ab, dass die Planeten Babys zum Zeitpunkt ihrer Geburt mit bestimmten Talenten ausstatten. Stattdessen bot er eine leichter nachvollziehbare Erklärung an. Bis zu einem gewissen Grad, so Gauquelin, seien unsere Persönlichkeit, unsere Charakterzüge und Intelligenz angeboren. Das heißt, dass wir sie schon in uns tragen, wenn wir noch im Mutterleib planschen. Die Föten würden chemische Signale senden, sobald sie zur Geburt bereit seien, woraufhin die Wehen einsetzten. Föten mit einer bestimmten Persönlichkeit senden diese Signale aufgrund von feinstofflichen Schwankungen in der Schwerkraft, die wiederum von Ereignissen im Weltall gesteuert werden. Auf solch eine komplexe Erklärung könnte sogar ein absoluter Skeptiker hereinfallen, sodass er nicht mehr sagt: «Nie im Leben!» Sondern vielmehr: «Hm, vielleicht ist doch was dran.»

Die Wissensillusion erklärt auch, warum sich manche Verschwörungstheorien so lange halten. Die Theorie, dass Lee Harvey Oswald John F. Kennedy ermordet hat, weil er ein CIA-Agent war, mag weit hergeholt erscheinen. Fügt man aber eine zweite Erklärung hinzu – nämlich, dass die CIA Bedenken hatte angesichts der Art, wie der Präsident mit dem Kommunismus umging –, dann wirkt sie gleich plausibler. Die Theorie von QAnon, dass Präsident Trump gegen die Intrigen satanischer Pädophiler und Kannibalen kämpfte, die einen Staat im Staat errichtet hatten, soll von einer Quelle mit dem Signum «Q» stammen, die die höchste Sicherheitsfreigabe besaß und daher die inneren Zirkel der Regierung bestens kannte. Natürlich ist nichts davon wahr, aber die Illusion des besonderen Wissens von «Q», die entstand, weil diese Quelle ihre Meldungen stets mit Fachjargon garnierte, überzeugte viele von ihrer Richtigkeit.

Illusionen, die aus etwas vollkommen Belanglosem entstehen


Die dritte Form des Fluency-Effekts ist die tückischste und irrationalste überhaupt. Was ich bisher beschrieben...

Erscheint lt. Verlag 18.10.2022
Zusatzinfo Mit 2 s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Adam Grant • Amos Tversky • Bestätigungsfehler • Bestätigungsverzerrung • Daniel Kahneman • Debatte • Denken • Denkfehler • Dobelli • Entscheidungen • Entscheidungen treffen • Entscheidungsfindung • Entscheidungspsychologie • Factfullness • Fehlerkultur • Fluency Effekt • Intuition • Kognitionswissenschaften • Lebenshilfe • Neuropsychologie • Neurowissenschaft • Nudge • Popular science • Psychologie • Ratgeber • schnelles denken langsames denken • Systematisch denken • Thesen über das Denken • Verhaltensökonomie • Verhaltenstheorie • Verhandlung • Wissenschaft
ISBN-10 3-644-01063-3 / 3644010633
ISBN-13 978-3-644-01063-5 / 9783644010635
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