Der verschollene Pharaonenschatz in der Elbmündung (eBook)
168 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-5014-7 (ISBN)
Johannes Westerkamp ist Fernseh-Journalist und Hohenzollern-Kenner. Westerkamp, Jahrgang 1960, studierte an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz Amerikanistik, Publizistik und Politik. Seine Magisterarbeit schrieb er über den deutschen Auswanderer Adolphus Busch, der später die Anheuser-Busch-Brauerei in St. Louis, Missouri, gründete. Von 1992 bis 2008 war Westerkamp festangestellter Redakteur bei n-tv Nachrichtenfernsehen, wo er in unterschiedlichen Funktionen tätig war. Seit 2012 ist er mit seiner Firma Terra Incognita Tours unterwegs. In der Metropolregion Berlin-Potsdam bietet er Touren und Führungen zu Themen mit historischem Hintergrund an. Für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg arbeitet Johannes Westerkamp als Schloss- und Parkführer.
Goldgräberstimmung am Nil
Mit der Zurschaustellung der vormals streng privaten royalen Sammlungen in der Öffentlichkeit ging eine Begutachtung der Qualität des Gezeigten einher. Damit wuchsen Druck und Wettbewerb, etwas besonders Wertvolles oder Außergewöhnliches zu präsentieren. Kunstwerke aus dem alten Ägypten boten sich an. Die Mystifizierung Ägyptens setzte bereits im Mittelalter auf Grund der nicht lesbaren Hieroglyphen, der „heiligen Zeichen“, ein. Im 18. Jahrhundert waren ägyptische Kunstwerke in europäischen Schlössern, Parkanlagen und im öffentlichen Stadtraum längst keine Seltenheit mehr.
Die preußische Residenzstadt Potsdam wartete mit einer Vielzahl von Ägypten-Bezügen auf: Obelisken auf dem Alten Markt, als Stadttor, am Eingang des Parks Sanssouci, Marmorsphinxen unterhalb der Weinbergterrassen des gleichnamigen Schlosses. Im Marmorpalais im Neuen Garten richtete sich Friedrich Wilhelm II. ein „Orientalisches Kabinett“ als einen ganz besonderen Raum ein, Bewunderung für eine Kunst, die klare, zeitlose, auf das Wesentliche reduzierte Formen idealisierte. In der nahegelegenen Pyramide lagerten Mitarbeiter der Schlossküche das im Winter auf dem Heiligen See gebrochene Eis für die Kühlung von Getränken.
Die ägyptische Kunst beeinflusste die Monumental- und Innenarchitektur, aber auch die Porzellanindustrie und die Kleinkunst profitierten von ihr. Ägyptische Symbole veredelten bald Briefpapier, Kaffeetassen und Schmuckkästchen. Höhere Kreise kamen zu privaten Feiern zusammen, bei denen sich die Anwesenden als Pharaonen verkleideten.
Pyramide im Neuen Garten in Potsdam, Krüger/Langhans 1792 © Johannes Westerkamp
Auslöser für diese Ägyptenbegeisterung in Europa war die Ägyptische Expedition von Napoleon Bonaparte von 1798 bis 1801. Zunächst einmal eine militärische Unternehmung, die jedoch kläglich scheiterte. 36.000 Soldaten sollten die Ägypter in einem Gebiet befreien, das die englische Krone für sich beanspruchte. Bereits zu Beginn versenkten die Briten unter Admiral Nelson in der Seeschlacht von Abukir die französische Flotte, das Expeditionsheer Napoleons saß ohne Rückkehrmöglichkeit in Ägypten fest. Im März 1801 erfolgte die endgültige Niederlage durch die Engländer.
Auch wenn die Expedition ein militärischer Fehlschlag war, führte sie zu bedeutenden wissenschaftlichen Entdeckungen – denn Napoleon wurde von einer Expertengruppe von knapp 170 Wissenschaftlern, Ingenieuren und Künstlern begleitet. Eine mehrbändige Text- und Bildsammlung dokumentierte später die Ergebnisse der Expedition. Sie gilt als die Geburtsstunde der wissenschaftlichen Ägyptologie.
Bedeutendste einzelne Entdeckung war der Fund des „Steins von Rosette“ am 15. Juli 1799. Er war das Fragment einer Stele aus Granodiorit mit einem dreisprachigen Priesterdekret aus dem Jahr 196 v. Chr., das den ägyptischen König Ptolemaios V. als Wohltäter rühmte. Die Wissenschaftler fanden den 760 Kilogramm schweren Stein im Fort St. Julien, einer Befestigung in der Nähe des Ortes Raschid, französisch Rosette, im Nildelta östlich von Alexandria. Nach Napoleons Niederlage 1801 beschlagnahmten die Engländer den Stein, um ihn anschließend im Britischen Museum in London auszustellen, wo er sich noch heute befindet. Zuvor war es den Franzosen noch gelungen, Abdrücke anzufertigen.
1822 erwarb der französische König Ludwig XVIII. die restlichen Teile des Steins von dem Sammler Sebastien Louis Saulnier für 150.000 Francs. Jetzt konnte der Sprachwissenschaftler Jean-François Champollion die Hieroglyphen auf dem großen Relief an ihrem Ausstellungsort im Louvre in Paris genau unter die Lupe nehmen. Der „Stein von Rosette“ trug dann auch maßgeblich zur Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphen bei. Im Herbst 1822 fand Champollion heraus, dass es sich bei den „heiligen Zeichen“ nicht um eine Bilder-, sondern um eine alphabetische Schrift handelte.
Die Wissenschaftler der Ägyptischen Expedition Napoleons waren Multiplikatoren für ein immer größer werdendes Interesse in Europa an der altägyptischen Kultur. Die Jagd nach den archäologischen Schätzen des Landes war angeblasen und mit ihr der Ausverkauf des kulturellen Erbes Ägyptens. Die Jäger waren Grabräuber und Raubgräber zugleich und kamen aus unterschiedlichen Milieus: Reisende und Forscher nahmen mit, was und so viel sie wollten. Auch Abenteurer fanden ihren Weg nach Ägypten, Profiteure und moderne Raubritter jagten sich gegenseitig die Beute ab, ortsansässige Arbeiter schälten mit bloßen Händen Artefakte aus dem Wüstenboden, um ihre Familien ernähren zu können. Ganz oben in der Hierarchie befanden sich Diplomaten, die – geschützt durch ihren rechtlichen Status – dank ihrer Kontakte und Beziehungen einen schwunghaften, äußerst lukrativen Handel mit den Artefakten betrieben und sich zudem die schönsten Fundstücke in die eigene Sammlung einverleiben konnten. Einigen gelang es, mit Billigung von Ali Pascha, dem Governeur der osmanischen Provinz Ägypten, monopolartig Handel mit Antiken zu betreiben.
In Europa bemühten sich unterdessen die großen Museen, ihre Sammlungen mit Kunstwerken aus Ägypten aufzuwerten. Führende Kulturmetropole sollte sein, wer über die beste Sammlung verfügte. Ein Wettlauf der Großmächte setzte ein.
Die Regierungen beauftragten, inoffiziell, ihre zumeist in Alexandria ansässigen Generalkonsulate, entsprechende Kunstlieferungen zu organisieren. Diese Konsulate wiederum delegierten die Aufgabe an gut vernetzte Kunstagenten, meist Europäer, die – aus einer anderen Berufssparte kommend – umgesattelt hatten und sich mit Land und Leuten bestens auskannten. Diese Residenten zeigten sich sehr flexibel, waren niemandem gegenüber verpflichtet, arbeiteten zuweilen für die Konkurrenz, solange die Entlohnung stimmte. Sie mussten sich auch mit den türkisch-ägyptischen Behördenvertretern arrangieren, die unverhohlen Bestechungsgelder einforderten, und mit den Fellachen, die für ihre Ausgrabungen ebenfalls möglichst hohe Gewinne einstreichen wollten.
Es ging alles andere als zimperlich zu. Die Auseinandersetzungen fanden ihren Höhepunkt im "Krieg der Diplomaten". Hauptakteure waren der britische Generalkonsul Henry Salt und sein Amtskollege Bernardino Drovetti, der Frankreich vertrat. In den 1820ern waren die Fronten bereits weitgehend geklärt, der Hauptanteil am Handel mit Antiken unter den Generalkonsuln aufgeteilt. Das erzielte Übereinkommen ließ Drovetti auf dem rechten und Salt auf dem linken Nilufer frei agieren. Jeder Reisende, der nach Ägypten kam, um antike Kulturgüter zu erwerben oder archäologische Forschungen zu betreiben, war zwangsläufig zur Zusammenarbeit mit diesen Herren angewiesen.
Henry Salt war ein englischer Diplomat und Ägyptologe. 1815 wurde er als englischer Generalkonsul in die ägyptische Hauptstadt Kairo berufen. Er trug eine ansehnliche Sammlung an Artefakten zusammen wie den Kopf einer Statue von Ramses II., den er an das Britische Museum in London weiterreichte, oder den Sarkophag von Ramses III., den er dem Louvre-Museum in Paris verkaufte.
Der erfolgreichste Kunstagent auf der Gehaltsliste von Salt war Giovanni Battista Belzoni, ein italienischer Abenteurer aus Padua, Ingenieur und Akrobat. Der Zweimeter-Hüne tingelte durch Europa und trat in London als Kraftathlet auf, wo er eine menschliche Pyramide aus bis zu zwölf Personen auf einem Metallgerüst in die Höhe stemmte und herumtrug. Im Juni 1815 reiste er nach Ägypten, um als Maschinenbauer für Bewässerungsanlagen sein Glück zu versuchen. In Kairo lernte er Salt kennen. Dieser beauftragte ihn, eine Expedition nach Theben durchzuführen, um von dort den oben erwähnten sieben Tonnen schweren Kopf der Ramses-Statue nach London zu transportieren. Belzoni legte später den Tempel von Abu Simbel sowie die Anlagen von Karnak frei. Er war der erste Europäer, der die Oase Siwa besuchte. Da Belzoni wiederholt Ausgrabungen auf eigene Faust – und damit eigene Rechnung – durchführte und vorgab, im Auftrag Salts zu handeln, kam es zwischen den beiden schließlich zum Zerwürfnis. Im März 1820 war Belzoni bereits wieder nach London zurückgekehrt. Seine Entdeckungen präsentierte er in einer Ausstellung im Mai 1821 in der Egyptian Hall in Piccadilly, die wegen des großen Interesses fast ein Jahr geöffnet blieb.
Giovanni d´Athanasi war ein griechischer Kunsthändler. Im März 1813 trat er als Dolmetscher für Arabisch und Türkisch in den Dienst des englischen Generalkonsuls. Belzoni hatte bei seiner ersten Expedition nach Oberägypten Probleme mit der Verständigung gehabt, und so entschied Salt, ihm d’Athanasi zur Seite zu stellen. Nach dem Zerwürfnis der beiden versorgte d’Athanasi den Diplomaten mit Kunst. Er war es auch, der nach dem Tod Salts 1827 dessen Sammlung nach London brachte, wo er selbst Ende 1854 verarmt starb.
Der italienische Sammler Bernardino Drovetti arbeitete ab 1829 als...
Erscheint lt. Verlag | 7.3.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Archäologie |
ISBN-10 | 3-7557-5014-7 / 3755750147 |
ISBN-13 | 978-3-7557-5014-7 / 9783755750147 |
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