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Eine Schreibschule und ihr Meisterstück (eBook)

Elizabeth Georges Schreibschule und der Bestseller, an dessen Beispiel sie die Kunst ihres Schreibens erklärt
eBook Download: EPUB
2022
1104 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-29936-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine Schreibschule und ihr Meisterstück - Elizabeth George
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Die »Meisterklasse«: eine einzigartige Schreibschule, in der Elizabeth George - Bestsellerautorin von über zwanzig Büchern - nicht nur wertvolle Anleitungen und Ratschläge gibt. Sie gewährt anhand einer genauen Beschreibung der Arbeit an ihrem eigenen Roman »Doch die Sünde ist scharlachrot« auch einen sehr privaten Einblick in die Werkstatt einer Großmeisterin des Kriminalromans. Der vorliegende Band vereint Theorie und Praxis, indem er der »Meisterklasse« den kompletten Text des Romans an die Seite stellt. Und damit auf ganz besondere Weise nachvollziehen lässt, wie es gelingt, aus einer guten Idee ein rundherum überzeugendes Buch werden zu lassen.

Akribische Recherche, präziser Spannungsaufbau und höchste psychologische Raffinesse zeichnen die Bücher der Amerikanerin Elizabeth George aus. Ihre Fälle sind stets detailgenaue Porträts unserer Zeit und Gesellschaft. Elizabeth George, die lange an der Universität »Creative Writing« lehrte, lebt heute in Seattle im Bundesstaat Washington, USA. Ihre Bücher sind allesamt internationale Bestseller, die sofort nach Erscheinen nicht nur die Spitzenplätze der deutschen Verkaufscharts erklimmen. Ihre Lynley-Havers-Romane wurden von der BBC verfilmt und auch im deutschen Fernsehen mit großem Erfolg ausgestrahlt.

Prolog


Als Wort für Wort 2004 herauskam, hatte ich nicht vor, eine Fortsetzung zu schreiben. Aber nach vielen Jahren als Dozentin für Kreatives Schreiben und nach zahlreichen Vorträgen auf Autorenkonferenzen habe ich mir gesagt, dass ein Handbuch, in dem ich am Beispiel eines meiner eigenen Romane Schritt für Schritt erkläre, wie ich vorgehe, nützlich sein könnte für alle, die sich für das Schreiben von Romanen interessieren oder dafür, wie ich als Autorin die komplizierte Aufgabe angehe, einen Kriminalroman zu schreiben.

Lassen Sie mich zunächst erklären, wie ich meinen Schreibprozess entwickelt habe.

Nachdem Kate Miciak, die Cheflektorin bei Bantam Books, meinen ersten, noch nicht veröffentlichten Roman gekauft hatte, wartete ich sehnsüchtig auf eine Antwort von ihr. Ich war mit dem Handwerk des Schreibens und mit der Verlagswelt vertraut und wusste, dass fast jeder Roman nur herausgegeben wird, wenn er vorher noch einmal redigiert worden ist. Mein Manuskript mit dem Titel Gott schütze dieses Haus stellte also noch nicht die Endfassung dar. Ich wusste jedoch nicht, dass es weit entfernt von einer Endfassung war. Die Antwort, die ich schließlich von Kate nach dreieinhalb Monaten erhielt, war neun Seiten lang und in zweiundzwanzig Abschnitte aufgeteilt. Und die zweiundzwanzig Abschnitte bestanden aus nichts anderem als Fragen. Ich musste mein Manuskript somit noch einmal durchgehen und diese Fragen, so gut es ging, beantworten. Mein Manuskript wuchs dadurch um etwa hundert Seiten an.

Einen solchen Aufwand wollte ich nicht noch einmal betreiben müssen. Deshalb las ich mir Kates Brief noch einmal genau durch, damit ich bei meinem nächsten Roman nicht wieder so viel Arbeit vom Lektorat aufgebrummt bekommen würde. Ich stellte fest, dass es zwei Bereiche gab, auf die sich Kates Fragen hauptsächlich bezogen. Es ging ihr erstens um detailliertere Ortsbeschreibungen und zweitens um eine tiefere Analyse der Figuren.

Ich fragte mich: Wie kann ich in meinem nächsten Roman Orte anschaulicher und plausibler beschreiben? Wie kann ich meine Figuren wahrhaftiger darstellen? Die Antworten auf diese beiden Fragen lieferten mir die ersten beiden Elemente dessen, was ich später als meinen »Prozess« bezeichnete.

Ich begriff, dass ich mir einen Ort, an dem ich eine Handlung spielen lassen wollte, wesentlich genauer ansehen musste. Damals gab es noch kein Internet, ich musste mir also etwas einfallen lassen, wie ich einen Schauplatz für meine Leser lebendig werden lassen konnte. Ich entschloss mich, noch mehr Zeit und Energie auf das Erfassen und Begreifen von Örtlichkeiten zu verwenden, wenn ich in England war, um mir einen Schauplatz für meinen nächsten Roman auszusuchen. Ich würde mir genauere Notizen über jeden einzelnen Ort machen, mehr fotografieren, mich intensiver mit der Flora und der Fauna der Gegend beschäftigen, die für meine Handlung infrage kam, alle sinnlichen Eindrücke aufzeichnen, die ein Ort bei mir auslöste, und wenn nötig Gespräche mit Anwohnern führen. Außerdem würde ich mir Reiseführer und Bücher, Katasterkarten, Straßenkarten und Hunderte Ansichtskarten kaufen. Ich würde mich mit der Architektur und den Baustoffen, der Geologie und der Topografie beschäftigen, die für jedes County, das ich erkundete, typisch waren. Ich würde aufmerksam den Gesprächen um mich herum lauschen. Ich würde die Leute in ihrem Alltag beobachten. Mithilfe all dieser Informationen konnte ich dann den Schauplatz für meinen Roman gestalten, und zwar, bevor ich anfinge zu schreiben. Somit verfügte ich, wenn ich eine Figur in eine Szene einführte, über Aufzeichnungen, Fotos und Landkarten, um den Ort für meine Leser lebendig zu gestalten. In bestimmten Fällen würde ich mir selbst eine Karte der jeweiligen Örtlichkeit anfertigen, vor allem wenn ich einen fiktiven Ort verwenden oder für meine Geschichte mehrere Orte zu einem verdichten wollte.

Auch meine Figuren wollte ich im Voraus entwickeln. Sobald ich den Kern einer Handlung hatte (der sich häufig aus dem ergab, was ich in der Gegend erlebte, wo meine Geschichte spielen sollte), musste ich diesen Kern mit den Leuten bevölkern, die in die Geschichte verstrickt waren. Und als Krimiautorin würde ich mit dem Opfer und dem Täter beginnen. Aber die Figuren im Voraus zu entwickeln bedeutete nicht nur festzulegen, dass es beispielsweise fünf Verdächtige, einen Mörder und ein Opfer gab. Und es reichte auch nicht aus, den Figuren Namen zu geben und ihr Alter festzulegen. Diese Informationen reichten nicht aus, um die Figuren für meine Lektorin – und eigentlich auch für mich selbst – lebendig werden zu lassen.

Also beschloss ich, für meine Figuren alles zu sein: die Psychologin, die Sozialarbeiterin, die Historikerin, die Ärztin, die Kummertante, der Schutzengel, die allgegenwärtige Beobachterin, die Mutter, die Schwester, die Vertraute, die beste Freundin, die schlimmste Feindin und so weiter und so fort. Auf diese Weise lernte ich meine Figuren irgendwann besser kennen als sie sich selbst, schließlich war ich die Göttin, die sie aus dem Nichts erschuf. Aus jeder Figur würde ich eine reale Person formen und zu jeder Figur eine Datei erstellen, auf die ich während des Schreibens jederzeit zurückgreifen konnte, damit ich mir vorstellen konnte, wie die Person handelte, wie sie reagierte und sprach, welche Vorlieben sie hatte, was sie vom Leben erwartete, wie ihr Tagesablauf aussah, welche Meinungen sie vertrat und wie sie sie äußerte und welche geheimen Neurosen sie besaß.

Erst nachdem ich die Schauplätze und die Figuren ausgearbeitet hatte, würde ich mit der Arbeit an meinem Roman anfangen. Diese Methode nannte ich den Prozess, und ich wandte sie bei meinem zweiten Krimi an: Keiner werfe den ersten Stein.

Der Schauplatz geht auf einen Urlaub im schottischen Hochland zurück, wo mein Mann und ich in einem alten Herrenhaus wohnten. Zu dem Haus gehörte ein weitläufiges Landgut, und auf unseren ausgedehnten Spaziergängen kam mir die Idee, es als Hauptschauplatz für ein Buch zu nehmen, denn es gab dort einige faszinierende Orte, wie zum Beispiel einen überwucherten Familienfriedhof, einen See, der stets im Nebel lag, und eine kleine Insel in dem See, um nur drei zu nennen. Auch andere Schauplätze gehen auf diesen Urlaub zurück, zum Beispiel die Szenen in Hampstead und die Verfolgungsszene, die den Höhepunkt des Buchs bildet.

Natürlich konnte ich mir Hampstead nicht »ausdenken«. Hampstead existiert ja tatsächlich, und deswegen musste ich es in meinem Roman wahrheitsgetreu darstellen. Ich brauchte also Aufzeichnungen, Karten und Fotos. Den Schauplatz in Schottland wollte ich wie gesagt in dem Herrenhaus und den Ländereien in der Umgebung ansiedeln, aber ich musste das Landgut kartieren und das architektonische Äußere und Innere des Hauses kreieren.

Weitere Schauplätze, die in dem Roman vorkommen sollten, waren mir bereits von zahlreichen Aufenthalten in London bekannt: South Kensington, Chelsea und Belgravia. In diesen Londoner Stadtteilen würden vier der fünf Figuren leben, die zum Stammpersonal meiner Krimis gehören sollten: Lady Helen Clyde in South Kensington; Simon St. James und seine Frau Deborah in Chelsea und Thomas Lynley in Belgravia. Ich hatte mir sogar schon die Straßen und Plätze ausgesucht, wo sie wohnen würden. Ich hatte die Viertel so gründlich erkundet – in einem Sommer hatte ich sogar fünf Wochen dort gewohnt –, dass ich mir zutraute, alles realistisch darzustellen, vor allem Onslow Square, Eaton Terrace und Cheyne Row.

Erst danach begann ich, meinen Roman zu schreiben, von dem ich glaubte, dass er Kate rundherum zufriedenstellen würde. Offenbar hatte ich es tatsächlich besser gemacht, denn diesmal war Kates Brief nicht neun, sondern nur zwei Seiten lang und enthielt nur Anmerkungen zu neun Themenbereichen anstatt zweiundzwanzig. Daraus schloss ich, dass ich auf dem richtigen Weg war, und sagte mir, wenn ich mir bei meinem dritten Roman noch etwas mehr Mühe gab, würden meine Chancen gar nicht schlecht stehen, ein zufriedenstellendes Manuskript abzuliefern, das nur noch wenig redaktionelle Arbeit erforderte. Das würde natürlich niemals meine Erstfassung sein – es hat noch niemand die Erstfassung eines meiner Romane zu Gesicht bekommen –, sondern ausschließlich die Fassung, die ich ohne äußere Einflüsse so gut wie möglich hinbekommen konnte.

Wie vermochte ich meinen Ansatz zu erweitern? Ich hatte den Eindruck, dass mir die Konstruktion der Figuren schon ganz gut gelang, aber an der Gestaltung der Schauplätze konnte ich noch etwas schleifen. Kate hatte keine Fragen zur Handlung oder der Struktur der einzelnen Szenen gehabt, und auch an den Dialogen hatte sie nichts auszusetzen. Deswegen tat ich wohl gut daran, mir noch mehr Kenntnisse der Schauplätze, der Kultur, der Traditionen und – das war vielleicht das Wichtigste – der Polizeiarbeit anzueignen.

Für meinen dritten Kriminalroman – Auf Ehre und Gewissen – nahm ich mir eine besonders schwierige Aufgabe vor: Ich wollte über ein britisches Internat schreiben, und zwar mit so viel Kenntnisreichtum, als hätte ich selbst eins besucht – eine Welt, die mir als Amerikanerin, noch dazu einer, die eine katholische Highschool besucht hatte, mehr als fremd war. Zunächst nahm ich Kontakt auf zu britischen Internaten mit der Bitte, ihnen während der Schulzeit einen Besuch abstatten zu dürfen. In vier Internaten hielt ich mich dann jeweils eine Zeit lang auf.

Die Handlung meines Romans ergab sich ganz direkt aus diesen Aufenthalten. Die Direktoren, die Lehrer, die Schüler – die alle wussten, warum ich dort war – unterstützten mich begeistert bei meinen Recherchen. Da...

Erscheint lt. Verlag 4.4.2022
Übersetzer Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
Sprache deutsch
Original-Titel Mastering the Process: From Idea to Novel
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte 2022 • Adrenalin und Spannung • Bestseller schreiben • eBooks • Neuerscheinung • Sammelband • schreibwerksatt • wie schreibe ich ein Buch • zwei in eins
ISBN-10 3-641-29936-5 / 3641299365
ISBN-13 978-3-641-29936-1 / 9783641299361
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