Die Sehnsucht ist deine Gabe.
Hartmut Spenner Verlag
978-3-89991-232-6 (ISBN)
Søren Aabye Kierkegaard * 5. Mai 1813 in Kopenhagen; † 11. November 1855 ebenda) war ein dänischer Philosoph, Essayist, evangelisch-lutherischer Theologe und religiöser Schriftsteller.
Vorwort In dem einleitenden Gebet zur Rede Die Unveränderlichkeit Gottes, die Kierkegaard am 1. September 1855 nur wenige Monate vor seinem Tode veröffentlichte, heißt es von Gott, dass er zwar unveränderlich sei, aber deshalb nicht unbeweglich. Gott lässt sich im Gegenteil von allem in dieser Welt bewegen, wohlgemerkt von Liebe bewegen, Liebe selbst zum Geringsten und Unbedeutendsten, selbst von der Liebe zum armen Spatzen in Not. Ein durchgängiges schöpfungstheologisches Thema bei Kierkegaard ist, dass Gott seinem Geschöpf als das Grundlegendste eine Sehnsucht nach seinem Schöpfer mitgegeben hat, einen unbezwingbaren Drang. „Dass der Mensch Gott braucht, ist seine höchste Vollkommenheit “, so nannte Kierkegaard denn auch die erste seiner Vier erbaulichen Reden, die am 31. August 1844 erschienen, also elf Jahre und einen Tag vor der Rede über die Unveränderlichkeit Gottes. Zwischen diesen beiden Reden liegt ein Werk, das man als eine leidenschaftliche Variation über das berühmte Wort des Kirchenvaters Augustin zum Beginn seiner Confessiones verstanden werden kann: „Zu dir hat du uns erschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in Dir“. Kierkegaards Gebete liegen nicht als eine Einheit vor, sondern finden sich zerstreut über das gesamte Werk von vielen Tausend Seiten der erbaulichen Reden und der Tagebücher, wo sie lange wenig beachtet worden sind. Einige der Gebete in den Tagebüchern haben den Charakter von skizzenhaften Entwürfen, andere sind offenbar ganz persönlich, wenn nicht privat, während wiederum andere ursprünglich gar nicht als Gebete gedacht sind, aber dennoch im Prozess des Schreibens ihre Form als Gebete erhalten haben. Wie viele Gebete Kierkegaard tatsächlich geschrieben hat, lässt sich schwer sagen, aber es sind über 100. In dieser Ausgabe sind 108 Gebete aufgenommen. Im Jahre 1846 stellte sich Kierkegaard die im doppelten Sinne rhetorische Frage, ob seine Zeitgenossen eigentlich wüssten, „wie Prosa lyrisch verwendet werden kann“. Das würde er gerne persönlich nachweisen und „in der Prosa eine stärkere lyrische Wirkung erzeugen als in Versen“. Die lyrischen Elemente sind in der Prosa Kierkegaards allgegenwärtig, vor allem aber zeigen sie sich in seinen Gebeten, deren klangliche Qualitäten uns veranlasst haben, sie in prosaische Gedichte mit kurzen Zeilen umzuformen. Diese graphische Wiedergabe hebt die akustischen Wirkmittel des Textes hervor – die Wiederholungen, den Rhythmus, die Satzzeichen, die Betonungen, das Tempo, die Pausen – sie verbessert außerdem die Lesbarkeit der Texte. So ist das Buch nicht nur für den privaten, sondern auch für den gottesdienstlichen Gebrauch geeignet. Kierkegaard selbst hat einige seiner Gebete für Gottesdienste verfasst, die er selbst gehalten hat. Gleich zu Anfang war klar, dass dieses Buch nicht nur Worte, sondern auch Bilder enthalten sollte. Schnell waren wir uns einig, dass dies eine Aufgabe für die Künstlerin Sys Hinsbo sein könnte, das Buch zu illustrieren. Mit ihren Radierungen visualisiert Sys Hindsbo die besondere Stimmung, die man in den Gebeten Kierkegaards findet, den Ton, wenn man so will: Schlafende oder entseelte Körper werden herumgetragen zu offenbar ungewissen Zielen; andere scheinen definitiv versunken zu sein, andere wiederum erheben die Hand zum Segen, zu Liebkosungen oder Strafen. Rinder und Schafe werden zum Schlachten geschleppt, ein blinder Mann bewegt sich vorsichtig fort auf den weißen Abgrund des Papiers hin, während ein anderer sich offenbar unsichtbar gemacht hat und nur eine Bahre hinterlässt. Der wortlose Mensch, dem man in den Bildern von Sys Hindsbo begegnet, erinnert an den Menschen, den Kierkegaard in seinen Gebeten zu Worte kommen lässt, den tastenden, verirrten und gefallenen Menschen, den Menschen mit Abwegen als den einzigen Wegen, auf denen er zu sich selbst kommen kann, die er nicht sich selbst verdankt, sondern einem anderen, dem Anderen, Gott. Diese Ausgabe richtet sich in erster Linie nicht an Kierkegaard-Spezialisten, sondern an alle interessierten Leser. Um die Texte leichter zugänglich zu machen, haben wir uns deshalb in der Übersetzung, vor allem syntaktisch, mehr Freiheiten erlaubt als in den üblichen Kierkegaard-Ausgaben. Die Texte sollten so leichter zugänglich sein, auch für den liturgischen Gebrauch. Der Sinn ist, diese Texte zur eigenen Erbauung zu lesen, vielleicht auch in Gottesdiensten zu verwenden – ganz im Sinne Kierkegaards, der sich produktive und selbständige Leser gewünscht hat und bestimmt keine „Anhänger“, die ihm alles nach dem Munde reden. Kierkegaards Texte soll man nicht lesen, um herauszufinden, was Kierkegaard nun eigentlich gemeint hat, sondern um sich selbst im Lichte dieser Texte zu verstehen. Dafür muss man nicht mit allem einverstanden sein, Kierkegaard selbst war sich bewusst, dass er ein Außenseiter war, geprägt durch persönliche Tragik und die Tragik seiner Familie, deshalb sind seine Texte einerseits sehr persönlich, andererseits laden sie auch dazu ein, eigenständig nachzudenken, weiterzudenken und sich davon inspirieren zu lassen. Zum näheren Verstehen der Gebete Kierkegaards bietet dieses Buch drei Beiträge der Herausgeber, Joakim Garff liefert eine Übersicht über die Gebete und ihren Kontext im Werk Kierkegaards, Poul Götke thematisiert die Auffassung vom Verhältnis zwischen Reden und Schweigen in den Gebeten, der Beitrag von Eberhard Harbsmeier das Gottesbild in den Gebeten Kierkegaards. Die Gebete werden in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben, für die neue deutsche Übersetzung ist Eberhard Harbsmeier verantwortlich. Für die Durchsicht der deutschen Übersetzung und viele gute Ratschläge danken wir Pastorin Andrea Wauer-Höflich, Ahausen. Die Überschriften zu den Gebeten haben wir selbst gewählt. Bei jedem Gebet ist der Fundort angegeben in der neuen dänischen Gesamtausgabe Søren Kierkegaards Skrifter (SKS), Kopenhagen 1997-2012. Viele Gebete kann man auch in der deutschen Kierkegaard-Ausgabe nachlesen: Gesammelte Werke, hg. von Emanuel Hirsch und Hayo Gerdes, 1950-1974. In der Online-Ausgabe der neuen dänischen Ausgabe (www.sks.dk) wird auch auf die erste dänische Ausgabe der Werke und der Papiere Kierkegaards verwiesen, deren Seitenangaben auch in der deutschen Ausgabe der Gesammelten Werke angegeben sind. Joakim Garff Povl Götke Eberhard Harbsmeier
VorwortIn dem einleitenden Gebet zur Rede Die Unveränderlichkeit Gottes, die Kierkegaard am 1. September 1855 nur wenige Monate vor seinem Tode veröffentlichte, heißt es von Gott, dass er zwar unveränderlich sei, aber deshalb nicht unbeweglich. Gott lässt sich im Gegenteil von allem in dieser Welt bewegen, wohlgemerkt von Liebe bewegen, Liebe selbst zum Geringsten und Unbedeutendsten, selbst von der Liebe zum armen Spatzen in Not. Ein durchgängiges schöpfungstheologisches Thema bei Kierkegaard ist, dass Gott seinem Geschöpf als das Grundlegendste eine Sehnsucht nach seinem Schöpfer mitgegeben hat, einen unbezwingbaren Drang. "Dass der Mensch Gott braucht, ist seine höchste Vollkommenheit ", so nannte Kierkegaard denn auch die erste seiner Vier erbaulichen Reden, die am 31. August 1844 erschienen, also elf Jahre und einen Tag vor der Rede über die Unveränderlichkeit Gottes. Zwischen diesen beiden Reden liegt ein Werk, das man als eine leidenschaftliche Variation über das berühmte Wort des Kirchenvaters Augustin zum Beginn seiner Confessiones verstanden werden kann: "Zu dir hat du uns erschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in Dir". Kierkegaards Gebete liegen nicht als eine Einheit vor, sondern finden sich zerstreut über das gesamte Werk von vielen Tausend Seiten der erbaulichen Reden und der Tagebücher, wo sie lange wenig beachtet worden sind. Einige der Gebete in den Tagebüchern haben den Charakter von skizzenhaften Entwürfen, andere sind offenbar ganz persönlich, wenn nicht privat, während wiederum andere ursprünglich gar nicht als Gebete gedacht sind, aber dennoch im Prozess des Schreibens ihre Form als Gebete erhalten haben. Wie viele Gebete Kierkegaard tatsächlich geschrieben hat, lässt sich schwer sagen, aber es sind über 100. In dieser Ausgabe sind 108 Gebete aufgenommen. Im Jahre 1846 stellte sich Kierkegaard die im doppelten Sinne rhetorische Frage, ob seine Zeitgenossen eigentlich wüssten, "wie Prosa lyrisch verwendet werden kann". Das würde er gerne persönlich nachweisen und "in der Prosa eine stärkere lyrische Wirkung erzeugen als in Versen". Die lyrischen Elemente sind in der Prosa Kierkegaards allgegenwärtig, vor allem aber zeigen sie sich in seinen Gebeten, deren klangliche Qualitäten uns veranlasst haben, sie in prosaische Gedichte mit kurzen Zeilen umzuformen. Diese graphische Wiedergabe hebt die akustischen Wirkmittel des Textes hervor - die Wiederholungen, den Rhythmus, die Satzzeichen, die Betonungen, das Tempo, die Pausen - sie verbessert außerdem die Lesbarkeit der Texte. So ist das Buch nicht nur für den privaten, sondern auch für den gottesdienstlichen Gebrauch geeignet. Kierkegaard selbst hat einige seiner Gebete für Gottesdienste verfasst, die er selbst gehalten hat. Gleich zu Anfang war klar, dass dieses Buch nicht nur Worte, sondern auch Bilder enthalten sollte. Schnell waren wir uns einig, dass dies eine Aufgabe für die Künstlerin Sys Hinsbo sein könnte, das Buch zu illustrieren. Mit ihren Radierungen visualisiert Sys Hindsbo die besondere Stimmung, die man in den Gebeten Kierkegaards findet, den Ton, wenn man so will: Schlafende oder entseelte Körper werden herumgetragen zu offenbar ungewissen Zielen; andere scheinen definitiv versunken zu sein, andere wiederum erheben die Hand zum Segen, zu Liebkosungen oder Strafen. Rinder und Schafe werden zum Schlachten geschleppt, ein blinder Mann bewegt sich vorsichtig fort auf den weißen Abgrund des Papiers hin, während ein anderer sich offenbar unsichtbar gemacht hat und nur eine Bahre hinterlässt. Der wortlose Mensch, dem man in den Bildern von Sys Hindsbo begegnet, erinnert an den Menschen, den Kierkegaard in seinen Gebeten zu Worte kommen lässt, den tastenden, verirrten und gefallenen Menschen, den Menschen mit Abwegen als den einzigen Wegen, auf denen er zu sich selbst kommen kann, die er nicht sich selbst verdankt, sondern einem anderen, dem Anderen, Gott. Diese Ausgabe richtet sich in erster Linie nicht an Kierkegaa
Erscheinungsdatum | 16.12.2021 |
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Illustrationen | Sys Hindsbo |
Zusatzinfo | Radierungen von Sys Hindsbo |
Verlagsort | Kamen |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Laengslen er din gave. |
Maße | 145 x 205 mm |
Gewicht | 394 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie ► Christentum |
Schlagworte | Beten • Gebet • Homiletik • Kierkegaard • Lyrik |
ISBN-10 | 3-89991-232-2 / 3899912322 |
ISBN-13 | 978-3-89991-232-6 / 9783899912326 |
Zustand | Neuware |
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