Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Über das Wesen der menschlichen Freiheit (eBook)

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph - Logik und Ethik - 14012
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
180 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961875-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Über das Wesen der menschlichen Freiheit -  Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
Systemvoraussetzungen
6,49 inkl. MwSt
(CHF 6,30)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wenn alles, was ist, Gott ist - wie kommt dann das Böse in die Welt? Und wie lässt sich menschliche Freiheit erklären? In seiner wohl bis heute einflussreichsten Schrift versucht Schelling, diese Fragen zu beantworten, indem er in Gottes 'Urgrund' - der Grund, der seiner Existenz vorausgeht und dennoch zugleich Gott ist - auch eine zweite, dunkle Seite sieht. Die Freiheit des Menschen, sich für das Gute zu entscheiden, ist bereits in Gott selbst und der gesamten, sich in unaufhörlichem Werden befindenden Schöpfung angelegt. Zahlreiche Ideen der Freiheitsschrift leben bis heute weiter, etwa unter der Oberfläche der Philosophien Schopenhauers und Nietzsches, der Psychoanalyse und des Existenzialismus.Die Ausgabe folgt dem Erstdruck von 1809 und wurde neu kommentiert. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (27.1.1775 Leonberg - 20.8.1854 Ragaz [Kanton St. Gallen]) beeinflusste die Philosophien Schopenhauers und Nietzsches und ebnete der Psychoanalyse Sigmund Freuds den Weg. Er galt als philosophisches Wunderkind und durfte mithilfe einer Sondergenehmigung bereits mit 16 Jahren in Tübingen studieren. Mit 23 Jahren wurde er außerordentlicher Professor in Jena. Seine Hauptwerke schrieb er vor seinem 30. Lebensjahr. Aufbauend auf einem pantheistischen Weltbild - alles ist ?eins? in Gott bzw. alles ?ist? Gott - stellte er sich in 'Über das Wesen der menschlichen Freiheit' zwei grundlegenden Fragen: Wenn alles Gott ist, wie kommt das Böse in die Welt (Theodizee) und wie lässt sich menschliche Freiheit erklären? Als Lösung konzipiert er das ?Ursein?, eine dunkle Seite Gottes, die sich in Chaos und Irrationalität manifestiert. Diese Dualität Gottes spiegelt sich somit auch in der gesamten Schöpfung wider. Die Freiheit des Menschen besteht somit darin, sich für oder gegen das Gute zu entscheiden. Der Herausgeber: Franz Josef Wetz, geb. 1958, ist Professor für Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (27.1.1775 Leonberg – 20.8.1854 Ragaz [Kanton St. Gallen]) beeinflusste die Philosophien Schopenhauers und Nietzsches und ebnete der Psychoanalyse Sigmund Freuds den Weg. Er galt als philosophisches Wunderkind und durfte mithilfe einer Sondergenehmigung bereits mit 16 Jahren in Tübingen studieren. Mit 23 Jahren wurde er außerordentlicher Professor in Jena. Seine Hauptwerke schrieb er vor seinem 30. Lebensjahr. Aufbauend auf einem pantheistischen Weltbild – alles ist ›eins‹ in Gott bzw. alles ›ist‹ Gott – stellte er sich in "Über das Wesen der menschlichen Freiheit" zwei grundlegenden Fragen: Wenn alles Gott ist, wie kommt das Böse in die Welt (Theodizee) und wie lässt sich menschliche Freiheit erklären? Als Lösung konzipiert er das ›Ursein‹, eine dunkle Seite Gottes, die sich in Chaos und Irrationalität manifestiert. Diese Dualität Gottes spiegelt sich somit auch in der gesamten Schöpfung wider. Die Freiheit des Menschen besteht somit darin, sich für oder gegen das Gute zu entscheiden. Der Herausgeber: Franz Josef Wetz, geb. 1958, ist Professor für Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.

Über das Wesen der menschlichen Freiheit

Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Auswahlbibliographie
Schelling – Ein ruheloser Problemdenker

[7]Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit können teils den richtigen Begriff derselben angehen; indem die Tatsache der Freiheit, so unmittelbar das Gefühl derselben einem jeden eingeprägt ist, doch keineswegs so sehr an der Oberfläche liegt, dass nicht, um sie auch nur in Worten auszudrücken, eine mehr als gewöhnliche Reinheit und Tiefe des Sinns erfordert würde; teils können sie den Zusammenhang dieses Begriffs mit dem Ganzen einer wissenschaftlichen Weltansicht betreffen. Da jedoch kein Begriff einzeln bestimmt werden kann, und die Nachweisung seines Zusammenhangs mit dem Ganzen ihm auch erst die letzte wissenschaftliche Vollendung gibt; welches bei dem Begriff der Freiheit vorzugsweise der Fall sein muss, der, wenn er überhaupt Realität hat, kein bloß untergeordneter oder Nebenbegriff, sondern einer der herrschenden Mittelpunkte des Systems sein muss: so fallen jene beiden Seiten der Untersuchung hier, wie überall, in Eins zusammen. Einer alten, jedoch keineswegs verklungenen, Sage zufolge soll zwar der Begriff der Freiheit mit dem System überhaupt unverträglich sein, und jede auf Einheit und Ganzheit Anspruch machende Philosophie auf Leugnung der Freiheit hinauslaufen. Gegen allgemeine Versichrungen der Art ist es nicht leicht zu streiten; denn wer weiß, welche beschränkende Vorstellungen schon mit dem Wort System verbunden worden sind, so dass die Behauptung zwar etwas sehr Wahres, aber auch sehr Gewöhnliches aussagt. Oder ist dieses die Meinung, dem Begriff von Freiheit widerstreite der Begriff von System überhaupt und an sich: so ist sonderbar, dass, da die [8]individuelle Freiheit doch auf irgend eine Weise mit dem Weltganzen, (gleichviel, ob es realistisch oder idealistisch gedacht werde), zusammenhängt, irgend ein System, wenigstens im göttlichen Verstande, vorhanden sein muss, mit dem die Freiheit zusammenbesteht. Im Allgemeinen behaupten, dass dieses System nie zur Einsicht des menschlichen Verstandes gelangen könne, heißt wieder nichts behaupten; indem, je nachdem sie verstanden wird, die Aussage wahr oder falsch sein kann. Es kommt auf die Bestimmung des Prinzips an, mit welchem der Mensch überhaupt erkennt; und es wäre auf die Annahme einer solchen Erkenntnis anzuwenden, was Sextus in Bezug auf Empedokles sagt: der Grammatiker und der Unwissende können sie als aus Prahlerei und Erhebung über andre Menschen entspringend vorstellen, Eigenschaften, die jedem, der auch nur eine geringe Übung in der Philosophie hat, fremd sein müssen; wer aber von der physischen Theorie ausgehe und wisse, dass es eine ganz alte Lehre sei, dass Gleiches von Gleichem erkannt werde, (welche angeblich von Pythagoras herkomme, aber bei Platon angetroffen werde, weit früher aber von Empedokles ausgesprochen worden sei), werde verstehen, dass der Philosoph eine solche (göttliche) Erkenntnis behaupte, weil er allein, den Verstand rein und unverdunkelt von Bosheit erhaltend, mit dem Gott in sich, den Gott ausser sich begreife.1 Allein es ist bei denen, welche der Wissenschaft abhold sind, einmal herkömmlich, unter dieser eine Erkenntnis zu verstehen, welche, wie die der gewöhnlichen Geometrie, ganz abgezogen und unlebendig ist. Kürzer oder entscheidender wäre, das System [9]auch im Willen oder Verstande des Urwesens zu leugnen; zu sagen, dass es überhaupt nur einzelne Willen gebe, deren jeder einen Mittelpunkt für sich ausmache, und nach Fichte’s Ausdruck eines jeden Ich die absolute Substanz sei. Immer jedoch wird die auf Einheit dringende Vernunft, wie das auf Freiheit und Persönlichkeit bestehende Gefühl, nur durch einen Machtspruch zurückgewiesen, der eine Weile vorhält, endlich zu Schanden wird. So musste die Fichtesche Lehre ihre Anerkennung der Einheit, wenn auch in der dürftigen Gestalt einer sittlichen Weltordnung, bezeugen, wodurch sie aber unmittelbar in Widersprüche und Unstatthaftigkeiten geriet. Es scheint daher, dass, so viel auch für jene Behauptung von dem bloß historischen Standpunkt, nämlich aus den bisherigen Systemen, sich anführen lässt – (aus dem Wesen der Vernunft und Erkenntnis selbst geschöpfte Gründe haben wir nirgend gefunden) – der Zusammenhang des Begriffs der Freiheit mit dem Ganzen der Weltansicht wohl immer Gegenstand einer notwendigen Aufgabe bleiben werde, ohne deren Auflösung der Begriff der Freiheit selber wankend, die Philosophie aber völlig ohne Wert sein würde. Denn diese große Aufgabe allein ist die unbewusste und unsichtbare Triebfeder alles Strebens nach Erkenntnis von dem niedrigsten bis zum höchsten; ohne den Widerspruch von Notwendigkeit und Freiheit würde nicht Philosophie allein, sondern jedes höhere Wollen des Geistes in den Tod versinken, der jenen Wissenschaften eigen ist, in welchen er keine Anwendung hat. Sich durch Abschwörung der Vernunft aus dem Handel ziehen scheint aber der Flucht ähnlicher als dem Sieg. Mit dem nämlichen Rechte könnte ein andrer der Freiheit den Rücken wenden, um sich in die Arme der Vernunft und [10]Notwendigkeit zu werfen, ohne dass auf der einen oder der andern Seite eine Ursache zum Triumph wäre.

Bestimmter ausgedrückt wurde die nämliche Meinung in dem Satz: das einzig mögliche System der Vernunft sei Pantheismus, dieser aber unvermeidlich Fatalismus.2 Es ist unleugbar eine vortreffliche Erfindung um solche allgemeine Namen, womit ganze Ansichten auf einmal bezeichnet werden. Hat man einmal zu einem System den rechten Namen gefunden, so ergibt sich das übrige von selbst, und man ist der Mühe, sein Eigentümliches genauer zu untersuchen, enthoben. Auch der Unwissende kann, sobald sie ihm nur angegeben sind, mit deren Hülfe über das Gedachtetste aburteilen. Dennoch kommt bei einer so außerordentlichen Behauptung alles auf die nähere Bestimmung des Begriffs an. Denn so möchte wohl nicht zu leugnen sein, dass, wenn Pantheismus weiter nichts, als die Lehre von der Immanenz der Dinge in Gott bezeichnete, jede Vernunftansicht in irgend einem Sinn zu dieser Lehre hingezogen werden muss. Aber eben der Sinn macht hier den Unterschied. Dass sich der fatalistische Sinn damit verbinden lässt, ist unleugbar; dass er aber nicht wesentlich damit verbunden sei, erhellt daraus, dass so Viele gerade durch das lebendigste Gefühl der Freiheit zu jener Ansicht getrieben wurden. Die meisten, wenn sie aufrichtig wären, würden gestehen, dass, wie ihre Vorstellungen beschaffen sind, die individuelle Freiheit ihnen fast mit allen Eigenschaften eines höchsten Wesens im Widerspruch scheine, z. B. der [11]Allmacht. Durch die Freiheit wird eine dem Prinzip nach unbedingte Macht außer und neben der göttlichen behauptet, welche jenen Begriffen zufolge undenkbar ist. Wie die Sonne am Firmament alle Himmelslichter auslöscht, so und noch viel mehr die unendliche Macht jede endliche. Absolute Kausalität in Einem Wesen lässt allen andern nur unbedingte Passivität übrig. Hiezu kommt die Dependenz aller Weltwesen von Gott, und, dass selbst ihre Fortdauer nur eine stets erneute Schöpfung ist, in welcher das endliche Wesen doch nicht als ein unbestimmtes Allgemeines, sondern als dieses bestimmte, einzelne, mit solchen und keinen andern Gedanken, Bestrebungen und Handlungen produziert wird. Sagen, Gott halte seine Allmacht zurück, damit der Mensch handeln könne, oder er lasse die Freiheit zu, erklärt nichts: zöge Gott seine Macht einen Augenblick zurück, so hörte der Mensch auf zu sein. Gibt es gegen diese Argumentation einen andern Ausweg, als den Menschen mit seiner Freiheit, da sie im Gegensatz der Allmacht undenkbar ist, in das göttliche Wesen selbst zu retten, zu sagen, dass der Mensch nicht außer Gott, sondern in Gott sei, und dass seine Tätigkeit selbst mit zum Leben Gottes gehöre? Gerade von diesem Punkt aus sind Mystiker und religiöse Gemüter aller Zeiten zu dem Glauben an die Einheit des Menschen mit Gott gelangt, der dem innigsten Gefühl eben so sehr oder noch mehr, als der Vernunft und Spekulation zuzusagen scheint. Ja die Schrift selbst findet eben in dem Bewusstsein der Freiheit das Siegel und Unterpfand des Glaubens, dass wir in Gott leben und sind. Wie kann nun die Lehre notwendig mit der Freiheit streiten, welche so viele in Ansehung des Menschen behauptet haben, gerade um die Freiheit zu retten?

[12]Eine andre, wie man gewöhnlich glaubt näher treffende, Erklärung des Pantheismus ist allerdings die, dass er in einer völligen Identifikation Gottes mit den Dingen, einer Vermischung des Geschöpfs mit dem Schöpfer bestehe, woraus noch eine Menge andrer harter und unerträglicher Behauptungen abgeleitet werden. Allein eine totalere Unterscheidung der Dinge von Gott, als in dem für jene Lehre als klassisch angenommenen Spinoza sich findet, lässt sich kaum denken. Gott ist das, was in sich ist und allein aus sich selbst begriffen wird; das Endliche aber, was notwendig in einem andern ist, und nur aus diesem begriffen werden kann. Offenbar sind dieser Unterscheidung zufolge die Dinge nicht, wie es nach der oberflächlich betrachteten Lehre von den Modifikationen allerdings scheinen könnte, bloß gradweise oder durch ihre Einschränkungen, sondern toto genere von Gott verschieden. Welches auch übrigens ihr Verhältnis zu Gott sein möge, dadurch sind sie absolut von Gott getrennt, dass sie nur in und nach einem Andern (nämlich Ihm) sein können, dass ihr Begriff ein abgeleiteter ist, der ohne den Begriff Gottes gar nicht möglich wäre; da im...

Erscheint lt. Verlag 7.5.2021
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Reclams Universal-Bibliothek
Mitarbeit Kommentare: Franz Josef Wetz
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
Schlagworte Analyse • Auszüge • Bücher Philosophie • Deutscher Idealismus • Erläuterung • Ethik • Ethik-Unterricht • Geisteswissenschaft • gelb • Grundlagen • Ideengeschichte • Lektüre • Philosophie • Philosophie Romantik • philosophie texte • Philosophie-Unterricht • philosophische Bücher • Reclam Hefte • Schelling Das Böse in der Welt • Schelling Freiheit • Schelling Freiheitstheorie • Schelling Gott • Schelling Metaphysik des Bösen • Schelling Religion • Schelling Religionsphilosophie • Schelling Theodizee • Schelling Urgrund • Textanalyse • Textsammlung • Wissen • Wissenschaft • Wissenschaftstheorie
ISBN-10 3-15-961875-7 / 3159618757
ISBN-13 978-3-15-961875-3 / 9783159618753
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 778 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich