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Lobpreis und Lehrgespräche nach den Aufzeichnungen seiner Schüler (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
496 Seiten
Jüdischer Verlag
978-3-633-76869-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lobpreis und Lehrgespräche nach den Aufzeichnungen seiner Schüler - Rabbi Nachman von Breslav
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Rabbi Nachman von Breslav ist eine der großen Gestalten der chassidischen Geschichte, deren Überlieferung in Legenden, Erzählungen und Merksätzen lebendig ist. Jahr für Jahr pilgern Tausende seiner Anhänger zu seinem Grab in der Ukraine, um sich ihres Glaubens und ihrer Zusammengehörigkeit zu vergewissern. Volksfrömmigkeit verbindet sich mit der Auslegung heiliger Schriften. In kurzen, prägnanten, verständlichen Sätzen werden Einsichten, Hoffnungen laut und widersetzen sich Ängsten und Zweifeln. So hat Rabbi Nachman ein ganzes Lehrgebäude geschaffen: Gemäß dem »En Sof« (kein Ende) ist die Göttlichkeit überall enthalten, auch im Bösen. Durch das zweite Prinzip des »Zimzum« (Rückzug) ist der Schöpfer der Welt einerseits in ihr verborgen und doch überall wirksam. Die Lehre von Nachman von Beslav ist ungeheuer wirksam in der Geschichte der jüdischen Mystik, wie Martin Buber und Gershom Scholem sie uns überliefert haben.

Der Herausgeber Hans-Jürgen Becker, der Judaistik in Göttingen lehrt, erschließt die überlieferten Sätze von Rabbi Nachman durch eine neue Übersetzung und seinen Kommentar.



Hans-Jürgen Becker, geboren 1956 in Oberhausen, studierte Theologie in Göttingen und Judaistik in Jerusalem. Er ist seit 1997 Professor für Neues Testament und antikes Judentum und leitet das Institut für Judaistik der Universität Göttingen.

Einleitung


Jährlich zu Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest, begibt sich eine immer größer werdende Zahl von Pilgern zur Grabstelle Rabbi Nachmans von Breslav in Uman. Zuletzt waren es über 30 ‌000, die sich, alle Hindernisse überwindend, auf den Weg in die zentralukrainische Kleinstadt machten. Es ist die größte Wallfahrt in der chassidischen Welt und sicherlich die bunteste. Die Pilger kommen überwiegend aus den neuen Zentren jüdischen Lebens in Israel und den USA. Viele von ihnen hatten Vorfahren in Osteuropa. In der Landschaft, in der über Jahrhunderte jüdische »Menschen und Bücher lebten« (Paul Celan), erneuern sie den Geist der chassidischen Anfänge in ekstatischem Singen und Tanzen und in den gemeinschaftlichen Gebeten und Riten des Festes. Es sind nicht nur ausgesprochene Anhänger des Breslaver Rebben. Doch gerade in ihrer Vielfalt spiegelt die Wallfahrt das, was Breslaver Chassidismus heute ist: eine der lebendigsten und am stärksten wachsenden Glaubensrichtungen im Judentum. Aufgrund ihrer Herkunft und Geschichte ist sie im sogenannten ultraorthodoxen Spektrum angesiedelt, unterscheidet sich aber von anderen chassidischen »Höfen« dadurch, dass sie die übliche Dynastiebildung und hierarchische Organisation ablehnt. Denn für Rabbi Nachman wurde nie ein Nachfolger bestellt – er blieb auch nach seinem Tod immer selbst der »Rebbe« seiner Chassiden. Zugehörigkeit zum Breslaver Chassidismus drückt sich daher auch nicht durch die Mitgliedschaft in einer bestimmten Organisation aus. Vielmehr gibt es heute eine ganze Reihe, zum Teil sehr unkonventionelle, auch »esoterische« Gruppen, die sich auf Rabbi Nachman berufen. Sie ziehen zum Teil auch säkulare Juden an, die den Kontakt zum eigenen Glauben wiederfinden oder intensivieren möchten. So kann man sich den Breslavern auf verschiedenen Wegen stärker oder loser verbinden. In Uman treffen die verschiedenen Gruppen aufeinander. Der alte jüdische Friedhof der Stadt war unter deutscher Besatzung zerstört und in den 1950er-Jahren mit einer sowjetischen Wohnsiedlung überbaut worden; 1996 kauften Breslaver Chassiden die unter dem Fenster eines Hauses liegende Grabstelle, bauten sie aus und bemühten sich um eine Infrastruktur für die Pilger, die aber seither immer wieder an ihre Grenzen stößt. Nachman hatte verheißen, dass er an dem Ort, an dem er zuletzt wirkte und begraben wurde, auch nach seinem Tod präsent und ansprechbar sein werde. Er werde jeden, der an sein Grab komme, »hören und ihm helfen und beistehen auf alle nur mögliche Weise«.1

Nachman von Breslav


Rabbi Nachman lebte und wirkte in der heute zur Ukraine gehörenden historischen Landschaft Podolien, von der die chassidische Bewegung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Ausgang nahm. Als Urenkel des Ba'al Schem Tov (kurz »Bescht« genannt) wurde er am 4. April 1772 in dessen Haus in Medschibusch2 geboren und verbrachte dort auch seine Kindheit. Seine Mutter Fejge war ein Kind der Bescht-Tochter Adil, die nach Überzeugung der Zeitgenossen seherische Gaben besaß. Nachmans Vater Simcha war ein Sohn des zum engeren Kreis um den Ba'al Schem Tov gehörenden Rabbi Nachman von Horodenka, der ab 1764 die erste chassidische Gemeinde von Tiberias leitete und dort auch begraben wurde.

1785 wurde Nachman mit Saschja verheiratet, der Tochter eines Steuerpächters aus Osjatin, einem Dorf am Fluss Dnjepr. Wie damals üblich, zog der Schwiegersohn für einige Jahre ins Haus der Brauteltern, wo er, unbehelligt von Sorgen um den Lebensunterhalt, Tora studieren konnte. In Osjatin lernte Nachman seinen Freund Schim'on Ber kennen, der ihn wohl später auf seine Reise in das Heilige Land begleitet hat. Achtzehnjährig ließ sich Nachman 1790 mit seiner Frau in dem unweit gelegenen Ort Medwediwke (ukrainisch Medvedevka) nieder, um dort, den auf ihn gerichteten Erwartungen entsprechend, Schüler um sich zu scharen.

In dieser Zeit hatte sich der Chassidismus bereits über Wolhynien nordwärts nach Weißrussland und Litauen, westwärts nach Galizien und Zentralpolen ausgebreitet. Weithin bekannte geistliche Autoritäten, Zaddikim genannt, prägten eine wachsende Zahl chassidischer Zentren und etablierten dort zum Teil regelrechte lokale Dynastien. Den Gegnern (hebräisch mitnagdim) aus dem traditionellen Lager war es letztlich nicht gelungen, dies zu verhindern, auch wenn sie erbitterten Widerstand gegen das leisteten, was sie für eine Spielart oder Fortsetzung der kabbalistischen, das jüdische Religionsgesetz zum Teil aufhebenden Bewegung hielten, die um die Mitte des 17. Jahrhunderts von dem falschen Messias Schabtai Zwi ausgegangen war und sich später in Polen zum Frankismus weiterentwickelte. Sabbatianische Ideen waren noch während des gesamten 18. Jahrhunderts im Verborgenen virulent, so dass die Haltung der Chassidim zur Verbindlichkeit der Gebote und zur messianischen Erwartung auf der Tagesordnung blieb. Daraus erklärt sich, dass Nachmans »Lehrgespräche« wiederholt das tägliche Studium des maßgeblichen Rechtskodex, des Schulchan Aruch, geradezu anordnen,3 und auf diesem Hintergrund ist auch seine Reise nach Kaminiz-Podolsk im Winter 1797/98 zu verstehen, durch die er den Schaden heilen wollte, der dort vierzig Jahre zuvor durch die Schuld der Frankisten entstanden war.4

Seine wenig später unternommene Fahrt in das Heilige Land (Mai 1798 bis Juli 1799) betrachtete Nachman selbst als einen Durchbruch: Was er vorher gelehrt habe, sei unwesentlich gegenüber den Errungenschaften dieser Reise.5 Der Bericht darüber betont die Überwindung zahlreicher Hindernisse und versteht sie als geheimnisvolle Wegbereitung der bevorstehenden messianischen Erlösung. Nachman fuhr mit seinem Reisegefährten, der im Bericht selbst nie namentlich genannt wird, über Nikolajew, Odessa und das Schwarze Meer nach Istanbul. Dort, wo früher der Ba'al Schem Tov seinen Versuch, ins Land Israel zu gelangen, abbrechen musste, steckten auch sie mehr als drei Monate fest. Wegen der napoleonischen Kriegsgefahr liefen nur wenige Schiffe aus, doch am Ende fanden sie eines und erreichten zu Rosch ha-Schana 1798 Haifa. Während ihres etwa sechsmonatigen Aufenthalts blieben sie in Galiläa, besuchten dort die chassidischen Gemeinden und die Gräber der antiken und zeitgenössischen Gelehrten.6 Im März 1799 verließen sie das Heilige Land wieder. Sie legten von Akko mit einem türkischen Kriegsschiff ab, auf das sie wegen der Verwirrung geraten waren, die in der Stadt aufgrund der unmittelbar bevorstehenden französischen Belagerung herrschte. Das brachte sie nach Rhodos, wo die Juden der Insel sie von der Schiffsbesatzung freikaufen mussten. Schließlich kehrten sie im Juli nach Medwediwke zurück.

Dort hielt es Nachman allerdings nicht mehr sehr lange. Im Herbst 1800 zog er in das nahe gelegene Slatipoli, das damals im Einflussbereich des ihm zunächst befreundeten Schpoler Rebben lag. Mit diesem betagten »Wunderrabbi« entstand aber bald ein heftiger Konflikt, der Nachman zwang, seinen Wohnort in neutraleres Gebiet zu verlegen. 1802 ließ er sich im ca. 250 km westlich gelegenen Breslav (ukrainisch Brazlav) nieder. Alle genannten Orte liegen in Podolien, dem äußersten Südosten der chassidischen Welt. Breslav wurde zum Anziehungspunkt einer wachsenden Nachfolgerschaft, die zu Chanukka und zum Wochenfest, am zahlreichsten aber zu Rosch ha-Schana dorthin zog, um die Lehrvorträge des von ihnen als »Zaddik der Generation« betrachteten Rabbi Nachman zu hören. Natan Sternharz von Nemirov (1780-1845), der bald zu einem engen Vertrauten Nachmans, zum Herausgeber und Fortsetzer seines Werks werden sollte, schloss sich ihm gleich zu Beginn der Breslaver Zeit an.

Alles deutet darauf hin, dass Rabbi Nachman für das Jahr 1806 den Beginn der messianischen Erlösung erwartete. Er selbst und sein im Frühjahr 1805 geborener Sohn Schlomo Ephraim würden, so glaubte er, eine wichtige Rolle in diesem Geschehen spielen. Der Sohn starb jedoch Ende Mai 1806. Einige Monate später brach Nachman zu einer ziellosen Bußfahrt auf. In der Nähe von Saslaw, wo die Familie seiner Frau inzwischen wohnte, erfuhr er, der Gesundheitszustand Saschjas, die an...

Erscheint lt. Verlag 10.5.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte 18. Jahrhundert • Chassidismus • Judentum • Osteuropa • Rabbi Nachman • Rabbiner • »Ultraorthodox« • Vorlesung
ISBN-10 3-633-76869-6 / 3633768696
ISBN-13 978-3-633-76869-1 / 9783633768691
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