Keep It Coming (eBook)
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60029-3 (ISBN)
Dania Schiftan ist klinische Sexologin und Psychotherapeutin. Ihre Arbeit basiert auf dem Konzept des Sexocorporel, das Sexualität als erlernbar ansieht. Als Expertin für Sex und Partnerschaft ist sie regelmäßig im Radio und in Podcasts zu hören, außerdem hält sie Vorträge und gibt Workshops. Dania Schiftan lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Zürich.
Dania Schiftan ist Dr. phil. in Clinical Sexology (USA) und Psychotherapeutin mit eigener Praxis. Ihre Arbeit basiert auf dem Konzept des Sexocorporel, das Sexualität als erlernbar ansieht. Als Expertin für Sex und Partnerschaft hält sie regelmäßig Vorträge und Workshops und ist im Schweizer "Radio 1" zu hören. Beim Jugendsender "joiz" stand sie mehrere Jahre vor der Kamera Frage und Antwort zu den Themen Liebe und Sex. Dania Schiftan lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Zürich. Christiane Stella Bongertz ist Autorin und Kommunikationswissenschaftlerin und lebt in Schweden. Zu ihren Schwerpunktthemen zählen Familie und Psychologie. Sie schreibt für zahlreiche Magazine und Zeitungen wie "Eltern", "Flow" oder "Emotion". Außerdem arbeitet sie als Co-Autorin und Ghostwriterin. Mehrere der von ihr (mit)verfassten Bücher schafften es auf die SPIEGEL-Bestsellerliste.
1 Von nichts kommt nichts und von viel kommt viel: Was du wissen solltest, wenn du mit diesem Buch deinen Sex auf ein neues Level heben möchtest
Vielleicht hast du das auch schon erlebt: Nach Monaten oder Jahren mit demselben Menschen an der Seite wird der Sex seltener und ist vielleicht oft auch nicht mehr ganz so überwältigend wie am Anfang. Geschieht das, lautet eine verbreitete Annahme:
Das ist eben so, da kann man nichts dran ändern, das Feuer der Leidenschaft währt nun mal nicht ewig.
Von den zwei Aussagen in diesem Satz stimmt eine, die andere nicht. Nur die zweite Aussage ist korrekt.
Die überwältigende Leidenschaft vom Anfang einer Beziehung verliert sich tatsächlich irgendwann, ob wir das wollen oder nicht. Eines Tages, oft schon nach ein paar Monaten, tauchen wir langsam wieder auf aus dem rauschhaften Zustand, in dem wir nicht voneinander lassen können. Auch, wenn wir bis über beide Ohren verschossen sind und uns das überhaupt nicht vorstellen können. Doch im vorübergehenden Zustand der Verliebtheit (nicht zu verwechseln mit der langlebigeren Liebe) werden wir von körpereigenen Botenstoffen regiert. Dazu gehören zunächst Sexuallockstoffe wie Pheromone. Die Pheromone sind geruchlose Sexuallockstoffe, die über die Nase entschlüsselt werden. Sie bestimmen, ob »die Chemie stimmt« oder nicht, denn sie vermitteln unserem Körper Informationen über das Immunsystem unseres Gegenübers. Genauer gesagt: über dessen Major Histocompatibility Complex (MHC), das ist eine Gruppe von Genen in der DNA, die für die Immunabwehr zuständig ist. Je unterschiedlicher der MHC (biologischer) Eltern, umso besser wäre potenzieller Nachwuchs vor Krankheiten geschützt, weil das hypothetische Baby eine größere Bandbreite schützender Immungene vererbt bekäme. Darum wirkt ein auf MHC-Ebene besonders unterschiedlich ausgestattetes Gegenüber attraktiver auf uns als eines, das uns in dieser Hinsicht ähnlich ist.
Doch zurück zur Verliebtheit: Hat es uns erwischt, wird vor allem der Neurotransmitter Dopamin aktiv und stößt die Ausschüttung von high machenden Endorphinen aus Hirnanhangdrüse und Hypothalamus an. Entscheidend dabei ist: Dieser körpereigene Chemiecocktail kann unsere sexuelle Erregung stark fördern, in vielen Fällen scheint sie wie von selbst zu kommen. Darum haben frisch Verliebte oft den Eindruck, perfekt zueinander zu passen und seelisch wie körperlich füreinander bestimmt zu sein. Doch wenn sich dann die hormonelle Übersteuerung nach einiger Zeit wieder legt, der Reiz des Neuen einer Gewohnheit weicht und vielleicht die Freude am Aufbau eines gemeinsamen Lebens auch nicht mehr so euphorisierend wirkt wie am Anfang, macht das oft Platz für eine gewisse Ernüchterung. Auf einmal ist da der Eindruck, man habe sich irgendwie geirrt und passe vielleicht körperlich und auch sonst doch nicht so gut zusammen wie anfangs gedacht. Hier kann ich – zumindest in den meisten Fällen – Entwarnung geben. Es ist nämlich nicht »eben so«, dass Sex zwangsläufig langweiliger oder seltener werden muss und man nichts daran ändern kann. Das liegt vor allem an einer Tatsache, die ich schon kurz angesprochen habe:
Sexuelle Erregung und sexueller Genuss sind individuell erlernt!
Moment mal, denkst du jetzt vielleicht, wie kann denn das sein: Wir sind doch alle zunächst einmal biologisch sehr ähnlich ausgestattet: als Frau geborene Menschen mit bestimmten Sexualorganen und als Mann geborene Menschen mit anderen bestimmten Sexualorganen. Das ist richtig. Aber wenn diese biologische »Hardware« entscheidend wäre, wie ist dann zu erklären, dass manche Frauen allein dann zum sexuellen Höhepunkt kommen können, wenn ihre Klitoris – oder genauer gesagt: das obere Ende der Klitoris, das nur den kleinen sichtbaren Teil des hauptsächlich unter der Haut liegenden Organs ausmacht – stimuliert wird, während andere Frauen auch einen Orgasmus erleben, wenn sie mit der Vagina einen Penis oder vielleicht auch ein Sextoy aufnehmen? Weshalb gibt es Männer, die sehr schnell so erregt sind, dass sie einen Samenerguss bekommen, während andere viel mehr Zeit benötigen? Warum sind manche Menschen am Ohrläppchen besonders erregbar und andere in der Kniekehle? Warum stehen einige auf Lack und Leder und andere nicht?
Versteh mich nicht falsch: Nichts davon ist besser oder schlechter als das andere. Ein durch Stimulation der äußeren Teile der Klitoris ausgelöster Orgasmus ist genauso gut wie einer, der durch Stimulation der Vagina entsteht, ein schneller Samenerguss nicht schlechter als ein nicht so schneller und ein Ohrläppchen ist ein ebenso wunderbarer Ort, um Erregung zu spüren, wie eine Kniekehle. Immer vorausgesetzt, den zugehörigen Menschen und denjenigen an ihrer Seite geht es damit gut. Ist das aber nicht der Fall, ist es hilfreich zu wissen, dass Erregungsmuster veränderbar sind.
Denn all diese Muster und Vorlieben haben eines gemeinsam: Sie sind das Ergebnis der individuellen sexuellen Geschichte der betreffenden Person.
Doch der Reihe nach!
Körperteile und -bereiche, die benutzt und berührt werden, werden empfindsamer
Es gibt bestimmte Körperbereiche, die bereits von Natur aus empfindlicher sind als andere. Dazu gehören zum Beispiel die Klitoris, die Eichel des Penis, die Lippen, die Zunge und die Fingerspitzen. Sie verfügen über mehr Sinnesrezeptoren als andere Körperbereiche und ihnen entsprechen größere Areale in der Großhirnrinde als andere. Dazu gleich mehr.
Die Zahl der Sinnesrezeptoren, mit denen wir Sinneseindrücke aufnehmen, ist nicht veränderbar. Das bedeutet aber nicht, dass wir auf dieses Basisprogramm festgelegt sind. Denn etwas anderes ist veränderbar: Die synaptischen Verbindungen zwischen den Nervenzellen (Neuronen), welche die Impulse von den Sinnesrezeptoren zum Rückenmark und von dort gleich wieder zurückschicken oder sie zum Gehirn weiterleiten. Als Synapse wird die Verschaltung zweier Nervenzellen oder auch zwischen einer Nervenzelle und Muskelzelle oder Nervenzelle und Sinneszelle bezeichnet. Im Gegensatz zu den Nervenzellen selbst, die sich nach ihrer Entstehung im frühkindlichen Alter nicht mehr oder nur in begrenztem Maß neu bilden können, sind neue Verschaltungen zwischen Neuronen bis ins hohe Alter möglich – im Gehirn wie auch im Körper.
Wann immer ein bestimmter Körperbereich berührt wird, schickt er über Nervenbahnen die Information über diese Stimulation an einen der Körperstelle zugeordneten Bereich im Gehirn. Erst dort wird die Stimulation dann bewertet, als eine bestimmte Wahrnehmung interpretiert und gegebenenfalls eine Reaktion eingeleitet.
Dabei ist eine Empfindung nicht das Gleiche wie eine Wahrnehmung. Der Druck deines Shirts auf deiner Haut wird zwar zunächst insofern empfunden, als die Sinnesrezeptoren eine Information ans Gehirn schicken. Das Gehirn bewertet diese Empfindung anschließend aber meist als irrelevant, denn sie erfordert keine Reaktion. Darum »rechnet« es sie »weg«: Du nimmst das Shirt die meiste Zeit nicht wahr. Jedenfalls so lange nicht, bis du dich darauf konzentrierst oder das Shirt zum Beispiel unangenehm an deiner Brustwarze schabt. Ein solcher Filter ist sinnvoll, denn sonst würde uns die schiere Vielzahl der Eindrücke überwältigen, die den ganzen Tag über auf uns einprasseln.
Auf der anderen Seite gilt aber auch: Wenn du dich auf einen Bereich fokussierst und ihn wiederholt bewusst berührst, etwa, indem du ihn massierst oder streichelst, kannst du ihn gezielt sensibilisieren. Dadurch steigerst du deine Wahrnehmungskapazität, du kannst mehr fühlen – wenn du willst. Nehmen wir zum Beispiel den als G-Punkt bekannt gewordenen, runden Bereich an der Oberseite der Vagina, er ist etwa so groß wie ein Zwei-Euro-Stück. Er heißt G-Punkt, weil er 1950 von einem Herrn Ernst Gräfenberg entdeckt wurde. Ist dieser Bereich Berührung nicht gewohnt, kann sie sich erst mal unangenehm anfühlen. So, als müsstest du pinkeln, weil der Bereich direkt an die Harnröhre grenzt. Berührst und massierst du den G-Punkt jedoch regelmäßig, kannst du mit wachsender Sensibilisierung besser differenzieren und die Berührung dort auch als erregend wahrnehmen.
Du kannst dir diese Sensibilisierung wie ein Seil vorstellen, das zunächst noch sehr dünn ist. Doch mit jeder Benutzung wird ein weiterer stabilisierender Strang hinzugeflochten. So wird das Seil immer stärker und Informationen können schneller und problemloser daran hinauf- und herabklettern.
Das ist allerdings noch nicht alles. Auch im Gehirn steigt mit häufigerer Stimulation einer bestimmten Körperstelle die Zahl der zugehörigen synaptischen Verbindungen und das bedeutet, dass dem jeweiligen Körperbereich mehr Platz in der Großhirnrinde zur Verfügung gestellt wird. Dem viel benutzten Daumen ist darum ein relativ großes Areal in der Hirnrinde zugeordnet, während dem vermutlich bei den meisten von uns deutlich weniger variabel eingesetzten kleinen Zeh ein kleinerer Bereich zukommt. Ganz anders sieht das aber bei jemandem aus, der für alle Tätigkeiten des täglichen Lebens seine Füße und Zehen benutzt. Das Training sorgt dann dafür, dass die neuronalen Bahnen stabiler werden und den Körperteilen, die zum Einsatz kommen, auch mehr Wahrnehmungskapazität eingeräumt wird. Dadurch funktionieren sie besser. Wenn du dir schon mal den Arm gebrochen hast, kennst du das vielleicht aus eigener Erfahrung. Wenn du plötzlich mit der Hand schreiben musst, die du normalerweise nicht benutzt, klappt das anfangs wahrscheinlich nur sehr eingeschränkt, mit der Zeit aber immer besser.
Das, was für unsere Hände und Finger oder Füße und Zehen gilt, gilt für unser Geschlecht und jeden anderen Punkt der...
Erscheint lt. Verlag | 30.9.2021 |
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Zusatzinfo | 30 Abbildungen im Text |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie |
Geisteswissenschaften ► Psychologie | |
Schlagworte | besserer Sex • Beziehungsbuch • Beziehungsratgeber • guter Sex • Orgasmus • Orgasmus beim Sex • Orgasmus Frau • paarsex • Partnerschaft • Partnerschaft Buch • Ratgeber Sex • sexleben • sex probleme • Sexratgeber • Sex Ratgeber • Sexratgeber für Frauen • Sextechniken • Sex-Tipps • Sexualberatung • Sexualität • Sexualtherapie |
ISBN-10 | 3-492-60029-8 / 3492600298 |
ISBN-13 | 978-3-492-60029-3 / 9783492600293 |
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