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Hilfe, ich bin zu nett! (eBook)

Grenzen setzen, wenn andere Ihre Freundlichkeit ausnutzen - Schritt für Schritt zur Selbstbehauptung

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
256 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-26815-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hilfe, ich bin zu nett! - Ingo Nommsen
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Raus aus der Nettigkeitsfalle
»Sie sind zu nett!« sagt ihm Frank Elstner. Was Ingo Nommsen am Anfang seiner Karriere erst nicht versteht, erweist sich mit den Jahren als treffende Einschätzung.

Er geht Konflikten und harten Entscheidungen aus dem Weg, erfüllt fremde Erwartungen, koste es was es wolle, und stellt die eigenen Bedürfnisse hintan - bis ein privater Schicksalsschlag zum Wendepunkt wird.

Nah am eigenen Lebensweg erklärt Ingo Nommsen, welche Schritte er machte, um aus seiner Misere herauszukommen und sich neu selbst zu behaupten. Er erläutert die häufigsten Verhaltensfallen und erkundet die effektivsten Auswege:

? Warum will ich es allen recht machen?

? Wie kann ich meine Denkweise verändern?

? Wie lerne ich, künftig »Nein« zu sagen?

Ingo Nommsen zeigt, dass es nur kleine Verhaltensänderungen im Alltag braucht, um große Schritte aus der Nettigkeitsfalle zu machen. Freundlich sein, ohne sich selbst ausnutzen zu lassen. Ihr Weg beginnt jetzt!

Fernsehen, Podcast oder Bühne - Ingo Nommsen ist seit Jahren in der Welt des Entertainment zu Hause. Mit seiner Arbeit als Moderator erreicht er ein Millionenpublikum. Allein für das ZDF moderierte er mehr als 3000 »Volle Kanne«-Ausgaben, rund 700 »Hallo Deutschland«-Sendungen und dutzende Fernsehshows. Daneben steht er als Schauspieler vor der Kamera, unter anderem bei der Kult-Sitcom PASTEWKA, und moderiert zahlreiche Veranstaltungen. Seit 2019 ist er Gastgeber seines eigenen Podcast. In »DIE INGO NOMMSEN SHOW« trifft er inspirierende Menschen und nimmt uns mit auf die Reise, seinen großen Traum von der eigenen Abendshow im Fernsehen wahr zu machen. Nach seiner Premiere als Stand-Up-Comedian in New York steht er mit einem Soloprogramm und eigenen Songs auf Deutschen Bühnen. »Hilfe, ich bin zu nett!« ist sein zweites Buch. Ingo Nommsen lebt in Düsseldorf und Berlin.

»Ich bin zu alt, zu dick und zu dumm!«


I. Da braut sich was zusammen …


oder

Wenn es plötzlich im Leben nicht mehr rundläuft

Kennen Sie das?

Sie machen es gerne allen anderen recht – und kommen selbst immer zu kurz? Sie bleiben freundlich, obwohl Ihnen eigentlich der Kragen schon geplatzt ist? Nicken, lächeln, Ja sagen. Und innerlich kochen. Kenne ich. Das kann man mal machen (muss man wohl auch), aber wenn man das Jahrzehnte praktiziert oder gar sein ganzes Leben lang, dann fliegt einem irgendwann das verdammte Nettsein um die Ohren. Vertrackte Situation. Man möchte ja gerne beliebt sein, will gemocht werden und nicht als egoistisch und unfreundlich gelten. Aber wie bekommt man diesen Spagat hin? Als ich anfing, mich mit diesem »Problem« zu beschäftigen, war ich erstaunt, wie viele Leidensgenossinnen und -genossen da draußen rumlaufen. Männer und Frauen, junge und alte, die sich nicht trauen, Nein zu sagen oder immer die Bedürfnisse der anderen vor ihre eigenen stellen. Na und, könnte man sagen, das ist doch kein gravierendes Problem! Ist es aber doch. Denn wenn man immer nur die Bedürfnisse anderer befriedigt und seine eigenen vernachlässigt, dann kann einen das auf Dauer sogar krank machen. Natürlich hat jeder Mensch seine individuelle Nettigkeitsbiografie, und auch die Auswirkungen sind unterschiedlich, aber am Ende führt es mindestens zu Unzufriedenheit und Frust. Im schlimmsten Fall kann die Psyche sogar ernsthaften Schaden nehmen.

Laut Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen Angststörungen und affektive Störungen wie zum Beispiel die unipolare Depression.1

Kleiner Ausflug in die Diagnostik: Unter affektiven Störungen verstehen wir eine bedeutsame Veränderung der Stimmungslage, bei der die Stimmung entweder gedrückt oder gesteigert ist. Bei der unipolaren Depression ist die Stimmung dauerhaft gedrückt, bei der bipolaren kommt ein übersteigertes Hochgefühl hinzu, die Menschen sind überaktiv, euphorisch oder gereizt. Im Volksmund spricht man auch gerne von manisch-depressiv.2

Und jetzt fragen Sie sich, wie Menschen vom »Zunettsein« Depressionen oder Angststörungen bekommen können. Expertinnen sehen da durchaus Zusammenhänge. Denn wenn ich immer nur aus Sorge vor Liebesentzug es meinen Mitmenschen recht mache oder aus Existenzängsten im Job nie meinen Mund aufmache und für meine Belange einstehe, dann kann aus einer Sorge irgendwann eine ausgewachsene Angst werden. Wohlgemerkt: kann. Muss nicht. Und auch Depressionen können so entstehen. Wenn ich und meine Bedürfnisse nie im Mittelpunkt stehen, leidet das Selbstwertgefühl. Die anderen sind ja wichtiger, und ich bin eben nicht so viel wert. »Ich bin zu alt, zu dick und zu dumm!« Oder was auch immer: Nicht gut genug, nicht hübsch genug, nicht erfolgreich genug. Alle anderen sind immer besser und wichtiger. Wenn wir stets unser persönliches Glück hintenanstellen, können wir auf Dauer traurig, niedergeschlagen und unglücklich werden. Eigentlich logisch. Interessant bei meinen Recherchen war, dass die sogenannte depressive Persönlichkeit häufig beschrieben wird mit: kann nicht Nein sagen, erfüllt stets die Forderungen anderer, stellt sich selbst in den Hintergrund.3 Und: Wir sehen sie häufig in helfenden Berufen.

Wenn jemand eine depressive Persönlichkeit ist, heißt das übrigens nicht, dass dieser Mensch depressiv ist. Es bedeutet nur, dass er tendenziell eine charakterliche Tönung aufweist, bei der die persönliche Entfaltung und die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse etwas zu kurz kommen. Diese Menschen sind eher defensiv und orientieren sich primär am Wohlergehen und den Bedürfnissen anderer. Das ist schön, aber es gerät etwas in Schieflage, und dann ist man irgendwann »zu nett«. Warum erzähle ich Ihnen das? Weil man das »Zunettsein« nicht unterschätzen darf!

»Hilfe, ich bin zu nett« klingt vielleicht auf den ersten Blick amüsant, kann aber für Menschen, die nichts dagegen unternehmen, zu einer Belastung werden.

Häufig trifft es Frauen, die sich in erster Linie rund um die Uhr um ihre Familie kümmern und dabei sich selbst, Freunde und sogar ihr Lieblingshobby vernachlässigen. Und Männer, da spreche ich ja aus eigener Erfahrung, können davon natürlich genauso betroffen sein. Auch sie leiden irgendwann unter diesem Nettigkeitssyndrom.

Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor: Wenn wir trotz vollem Terminplan mal wieder beim Umzug von Bekannten mit anpacken, obwohl eigentlich Zeit und Energie dafür fehlen. Oder die Nachbarin fragt, ob Sie mal ein Stündchen aufs Kind aufpassen könnten, die Kollegin bittet Sie (mal wieder!) darum, ihren Frühdienst zu übernehmen, und wenn im Kindergarten jemand 35 Muffins backen soll, dann machen Sie auch das. Uff. Und am Ende der Woche stellen Sie frustriert fest, dass Sie Ihren geliebten »Männer-« oder »Mädelsabend« wieder verpasst haben, nicht beim Yoga waren und den tollen Kinofilm immer noch nicht gesehen haben. Und warum? Weil Sie zu nett sind! Nicht Nein sagen können und gemocht werden wollen. Daraus kann sich mit der Zeit ein großer Leidensdruck entwickeln, der für viele am Ende kaum noch auszuhalten ist. Anfangs ist man mit sich und seinem Nettsein total im Reinen. Nur positive Resonanz. Vielleicht haben Sie ja in Ihrem Umfeld auch so »schrecklich nette« Menschen. Möglicherweise wollen die gar nicht immer zu allem Ja sagen, können es aber nicht. Die könnten wir zur Abwechslung mal ermutigen, Nein zu sagen. Oder einfach nur um ihre ehrliche Meinung ersuchen. Auch wenn sie unbequem ist. Denn das ist in solchen Fällen sicher unsere größte Hürde: das Risiko in Kauf
zu nehmen anzuecken, nicht gemocht zu werden und andere zu enttäuschen. Kein Wunder. Nette Menschen werden von allen gemocht, gelobt und umgarnt. Bingo! Das fühlt sich verdammt gut an! Also machen wir immer weiter und gleiten durch unsere Nettigkeitsspirale immer tiefer in die Nettigkeitsfalle. Irgendwann spüren wir dann die ersten kleinen Frustrationen. Und neue Gedanken setzen erste kleine Nadelstiche: Ach Mist, ich wäre heute eigentlich lieber ins Kino gegangen. Stattdessen sitze ich mit Tante Anna in einem stinklangweiligen Theaterstück, weil deren Freundin Migräne hat. Oder: Zum wiederholten Male schanzen die Kolleginnen Ihnen eine Präsentation zu, was mindestens drei Tage Überstunden bedeutet. Sie wollten zwar endlich mal Nein sagen, schaffen es aber einfach nicht. Deshalb werden sie den feucht-fröhlichen Skatabend mit den Jungs zum dritten Mal verpassen und auch das morgige Champions-League-Finale nicht sehen können. Gut, muss wohl so sein – Sie wollen ja niemanden enttäuschen und anderen eine Freude machen.

Das alles ist sehr nett von Ihnen, keine Frage. Nur wenn diese kleinen Frustrationen sich häufen, ist es irgendwann nicht mehr nur doof – es wird zum Problem.

Und dann treten die ersten Symptome auf: Schlechte Laune kommt auf, der Frust wird größer. Man ist wütend, auf sich und die anderen. Dabei können die anderen nun wirklich nichts dafür. Nein sagen muss man schon selbst. Aber genau das kriegen wir Netten nicht auf die Reihe.

Vor lauter Ärger und zerstörerischen Gedanken können viele nicht mehr ruhig schlafen, obwohl sie die Ruhe dringend bräuchten. Viele, die sich zu sehr um andere kümmern, sind selbst total erschöpft. Ein Teufelskreis. Und dann stehen wir da und fragen uns: Wie kommen wir aus der Nummer wieder raus? Und vor allem: Wie sind wir da hineingeraten? Was ist infolge des Nettseins jahrelang alles auf der Strecke geblieben? Was hindert mich eigentlich daran, klar und deutlich Nein zu sagen? Jeder von uns hat seine eigene persönliche Geschichte zu diesem »netten« Thema. Als ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, hat mich wirklich überrascht, wie vielfältig Ursachen und Auswirkungen sind.

Bevor wir uns die näher anschauen, möchte ich Sie auf eine kleine Reise in mein Leben mitnehmen. In die Zeit, als bei mir die Dinge begannen, nicht mehr »rund« zu laufen.

Jahrelanges Nettsein hatte auch bei mir seine Spuren hinterlassen. Allerdings hat es gedauert, bis ich die wahre Ursache der Unwucht in meinem Leben identifiziert hatte.

Unwucht

»Ich habe die 50 im Blick und bin damit definitiv zu alt für eine Midlife-Crisis. Es sei denn, ich wandle auf den Spuren von Jopi Heesters. Und wer weiß das schon …«

So dachte ich damals, als mein Leben in Schieflage geriet.

Eine Krise ist im Allgemeinen eine »Situation, eine Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt«4, so steht es zumindest im Duden. Klingt dramatisch. Ich hatte nie den Eindruck, dass ich mich in einer derart explosiven Situation befand. Und schon gar nicht, dass es hier eine Verbindung zu meinem netten und freundlichen Naturell gab. Darauf bin ich erst später gekommen.

Dennoch muss ich zugeben, dass es eine Zeit in meinem Leben gab, die ich rückblickend durchaus als einen großen Wendepunkt sehe. Eine Zeit, in der bei mir einiges aus den Fugen geraten war und ich auch eine ganze Reihe von Konflikten zu bewältigen hatte. Meist in mir – mit mir selbst. Es war schwierig und unangenehm.

Andere würden diese Situation vielleicht schon als Krise bezeichnen, ich finde, dass es das nicht ganz trifft.

Es ist...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Bedürfnisse äußern • Den Letzten beißen die Hunde • Den Netten beißen die Hunde • eBooks • ernst genommen werden • es allen recht machen wollen • fehlende Anerkennung • Fernsehmoderator • Gesundheit • Grenzen setzen • hallo deutschland • Harmoniesucht • keine Angst vor Streit • konfliktscheu • Mental Load • Motivation • Nein sagen lernen • Nettigkeit • nice guys finish last • nommsen live • nonstop nommsen • People Pleaser • Persönlichkeitsentwicklung • Positives Denken • Ratgeber • Selbstaufgabe • Selbstschutz • Selbstwert • sich durchsetzen • Stress • TV-Moderator • Verhalten ändern • volle kanne • ZDF Moderator
ISBN-10 3-641-26815-X / 364126815X
ISBN-13 978-3-641-26815-2 / 9783641268152
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