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Die Psychoanalyse des Jungen (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 5. Auflage
432 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12120-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Psychoanalyse des Jungen -  Hans Hopf
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Das Grundlagenwerk für die Therapie von Jungen - Autor mit über 45-jähriger praktischer Erfahrung - enthält zahlreiche Fallvignetten - berücksichtigt aktuelle Entwicklungen Bei diesem Buch handelt es sich um eine völlige Neubearbeitung des bewährten, seit 2014 in vier Auflagen erschienenen Lehrbuches. Die Neuauflage wurde gründlich überarbeitet und trägt dem Wandel in Gesellschaft und Familie, den Auswirkungen der Digitalisierung und den neuen Möglichkeiten der Behandlung in den letzten Jahren Rechnung. Folgendes wurde erweitert und ist neu hinzugekommen: - die Früherziehung in Krippen und Kitas mit den besonderen Folgen für Jungen - neue Störungsbereiche wie zum Beispiel die wachsenden Probleme bei der Affektbewältigung - die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Lernen, Denken, die Symbolisierungsfähigkeit und die Persönlichkeitsentwicklung - ein neues Kapitel über die seelischen Folgen von Krankheiten und Krankenhausaufenthalten Dieses Buch richtet sich an: - PsychotherapeutInnen in Klinik und Praxis - AusbildungskandidatInnen und Studierende des Studiengangs Psychotherapie

Hans Hopf, Dr. rer.biol.hum., ist einer der renommiertesten Kinder- und Jugendlichen-Analytiker Deutschlands; Dozent, Supervisor und Ehrenmitglied der Psychoanalytischen Institute Stuttgart, Freiburg und Würzburg. 2013 erhielt er den Diotima- Ehrenpreis der Deutschen Psychotherapeutenschaft. Er hat zahlreiche Bücher publiziert.

Hans Hopf, Dr. rer.biol.hum., ist einer der renommiertesten Kinder- und Jugendlichen-Analytiker Deutschlands; Dozent, Supervisor und Ehrenmitglied der Psychoanalytischen Institute Stuttgart, Freiburg und Würzburg. 2013 erhielt er den Diotima- Ehrenpreis der Deutschen Psychotherapeutenschaft. Er hat zahlreiche Bücher publiziert.

Einführung – Jungen auf der Suche nach ihrer Identität


Eine Geburtstagsfeier. Drei etwa 3-jährige Jungen rennen schreiend durch den Raum. Plötzlich wirft sich der Größte auf den Kleinsten, dieser kreischt lauthals und windet sich los. Beide stehen wieder auf, rennen durch den Raum und johlen. Dann wird der dritte umgeschubst. Er schlägt sich den Kopf an, heult, hält sich den Kopf und rennt hinter dem Jungen her, der ihn umgestoßen hat. Kreischen, Johlen, knallrote verschwitzte Gesichter.

Am Rand steht ein kleines, vielleicht 4-jähriges Mädchen, schaut mit entgeistertem Gesichtchen, gleichzeitig fasziniert auf das Geschehen. So wie sie vielleicht später als Mutter den Sohn sehen wird, wie so manche Ehefrau ihren Mann, Erzieherinnen ihre Jungenhorde. Ein wenig befremdlich, unglaublich laut, immer in Bewegung, rivalisierend und streitend.

Eine persönliche Einleitung


Dieses Buch versucht, eine Entwicklungspsychologie des seelisch gesunden Jungen unter psychoanalytischen Aspekten zu entwerfen. Seelische Gesundheit ist jedoch nur zu beschreiben, indem man Gegebenheiten untersucht, bei denen sich ein Mangel offenbart oder etwas gestört ist, denn die Psychoanalyse ist bekanntlich der Meinung, dass Pathologie und Normalität nur gradweise voneinander unterschieden sind; die Pathologie ist lediglich eine besondere Ausprägung allgemeiner und normaler Eigenschaften (vgl. auch Dornes, 1994, S. 27). Es ist das große Verdienst von Freud, dass er mit seiner Konzeption der Hysterie und seinen Variationen des Sexualtriebs das Normale und Pathologische auf einer Ebene ansiedelte und als Varianten des gleichen fundamentalen seelischen Geschehens betrachtete (Marcus, 2004, S. 389).

Traumatisierte Kinder – heute wie damals


Darum sollen auch Vulnerabilitäten herausgearbeitet werden, etwa indem auf Fragen eingegangen wird, woher die doch erheblichen seelischen Geschlechtsunterschiede von Jungen und Mädchen herrühren, beispielsweise die wichtige Frage, warum Jungen so häufig externalisierende Störungen zeigen etc. Es ist also auch ein Buch über die sogenannte ADHS, ohne sich mit diesem umstrittenen Störungsbild explizit auseinanderzusetzen. Wenn auf Problembereiche des Jungen eingegangen wird, müssen auch Überlegungen angestellt werden, wie eine erfolgreiche Erziehung aussehen könnte, die negativen Entwicklungen vorbeugt. Es ist aber vor allem ein Buch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und soll Hilfestellungen für effektive psychoanalytische Behandlungen entwickeln. Ich habe darum versucht, alle theoretischen Überlegungen immer mit Fallbeispielen zu illustrieren.

Dabei genügt es nicht, ausschließlich individuelle Entwicklungen zu beschreiben. Betrachten wir Entwicklungen wie das Entstehen neurotischer Störungen als interpersonale Prozesse mit innerseelischen Folgen, so wird deutlich, dass solches Geschehen in keinem abgegrenzten familiären Bereich stattfinden kann, sondern dass in diesen Raum unaufhörlich Einflüsse der Gesellschaft dringen, die sich atmosphärisch niederschlagen – damals und heute.

Noch eine private Anmerkung. Ich bin Kriegskind, bin Sohn eines vom Krieg traumatisierten Vaters und bin Vater und Großvater. Wenn ich meine eigene ethnische Identität überdenke, so erkenne ich auch die lebenslangen Anstrengungen, mich sozial zu integrieren. Ich bin Nachkomme deutscher, tschechischer und jüdischer Vorfahren, in Tschechien geboren, bin in meinem Leben sechzehnmal umgezogen und schließlich ein schwäbischer Kinderpsychoanalytiker geworden. Dennoch machen sich die einzelnen Komponenten immer wieder bemerkbar. Aber vielleicht macht temporäre Desintegration erst lebendige Identität aus, damit wir nicht nur zu einem neuen kohärenten Wesen in einer beständigen Kontinuität werden, sondern auch die Grundsubstanzen und Bausteine unserer Identität weiterhin leben und wirken dürfen.

Diese unterschiedlichen Identitäten und vielerlei Repräsentanzen werden in meine Reflexionen einfließen, denn ich bin von der Weitergabe von Erlebtem, des Verarbeiteten und Unbewältigten an die folgenden Generationen überzeugt. Ich zitiere zu diesen Gedanken aus einem Lehrbuch:

»Wohl selten sind die Entwicklungsbedingungen der Kinder so unruhig und ungeordnet gewesen wie in den vergangenen zehn oder gar fünfzehn Jahren. (…) Jeder Lehrer klagt über die nicht zu bändigende Wildheit und motorische Unruhe der prozentual stark hervortretenden sogenannten ›Störer‹. Die Hoffnung, dass man mit einfachen, billigen, leicht zu handhabenden Maßnahmen diese so störend unruhigen Kinder zur Ruhe bringen möchte, wird immer wieder ausgesprochen. Dass diese Hoffnung kaum verwirklicht werden kann, leuchtet von selber ein, wenn man nur einen kurzen Augenblick der Bemühung darauf verwendet, die Kinderschicksale solcher ›Störer‹ wirklich zu überdenken.«

Dieser Text wurde zum ersten Mal 1954 veröffentlicht und stammt aus dem Buch Psychogene Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen von Annemarie Dührssen (9. Aufl. 1972, S. 279). Weggelassen habe ich lediglich die Einleitung des Textes, die da lautet:

»Der vergangene Krieg hat mit der jetzigen Kindergeneration ein Riesenexperiment gestartet. Wohl selten sind die Entwicklungsbedingungen der Kinder so unruhig und ungeordnet gewesen wie in den vergangenen zehn oder gar fünfzehn Jahren. Ausbombung, Evakuierung, Dienstverpflichtung der Mütter, Flüchtlingselend im Treck, langjährige Wohnungsnot ist nur den wenigsten Kindern erspart geblieben. Die Quittung auf dieses Unglück ist nicht ausgeblieben.«

Die von Dührssen erwähnten unruhigen Kinder mit den bewegenden Schicksalen sind also die während des Zweiten Weltkriegs und danach geborenen Kinder. Eine auffällige Zahl von bewegungsunruhigen Kindern gab es also schon zu anderen Zeiten: Die »Langeoog-Untersuchung« ist wohl die wichtigste und zugleich eine exemplarische Beschreibung von traumatisierten Kriegskindern des Zweiten Weltkriegs. In den Jahren ab 1947 waren 50 000 Schüler der Geburtsjahrgänge 1927 bis 1941 im Lebensalter zwischen 6 und 20 Jahren untersucht worden. Festgestellt wurden damals »nervöse Störungen«, übergroße Schreckhaftigkeit, motorische Unruhe, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Schlaf- und Sprachstörungen (Radebold, 2005, S. 47), Symptome, die der heute so häufig diagnostizierten ADHS außerordentlich ähnelten. Damals (wie heute) entstanden diese Störungen vor dem Hintergrund von Trennungstraumata und Vaterlosigkeit. Doch zu jener Zeit durften Kinder ihren Bewegungsdrang noch ausleben, die Welt war noch nicht zubetoniert, und die Jungen waren auch nicht an die Bildschirme gefesselt und zappelten dort herum. Gemäß King sind die Räume oder Spielräume der Kindheit kleiner, weniger dauerhaft und weniger verlässlich oder weniger überschaubar geworden (King, 2013, S. 32).

Welche Identifikation mit »Männlichkeit« war damals überhaupt möglich gewesen, in einer Zeit der gefallenen Helden, gestürzten Tyrannen, der Kriegsverbrecher und zerstörten Soldaten? Wer waren diese künftigen Väter und Großväter?

Traumatisierte Väter der Nachkriegszeit


Für eine geglückte Identitätsbildung braucht der Junge vor allem den Vater. Welchen Vater wir haben, hängt nicht allein von einer gelungenen individuellen Persönlichkeitsentwicklung und den entsprechenden Identifizierungen ab. Franz (2011) geht davon aus, dass die Identitätskerne vieler Männer seit hundert Jahren von toxischen väterlichen Introjekten mitbestimmt werden, was bis heute zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen ihrer Identitätssicherheit und zur Verzerrung ihres Gefühlslebens geführt hat. Zu diesen Introjekten rechnet er die patriarchalisch-wilhelminische Vaterautorität, den nationalsozialistisch-soldatischen Vater, die toten oder traumatisierten Väter der Kriegs- und Nachkriegszeit, die heutigen abwesenden Väter, die alle bis in die Gegenwart spürbare und empirisch nachweisbare Spuren...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2021
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte ADHS • Aggression • Analytische Psychologie • Erziehung • Familie • Geschlechtsidentität • Geschlechtsunterschiede • Gewalt von Jungen • Jugendpsychologie • Jungs • Kinderpsychologie • Kinderseele • Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie • Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie • Kita • Psychotherapie • Schulkind • Schulprobleme
ISBN-10 3-608-12120-X / 360812120X
ISBN-13 978-3-608-12120-9 / 9783608121209
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