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Wie man bei Waterloo gewinnt -  Michele Federico Sciacca

Wie man bei Waterloo gewinnt (eBook)

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2021 | 1. Auflage
304 Seiten
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978-3-7431-2015-0 (ISBN)
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Titel der Originalausgaben: L'uomo, questo "squilibrato" - Saggio sulla condizione umana, in: Opere complete di Michele F. Sciacca, Bd. 4, Milano: Carlo Marzorati, 1973; Come si vince a Waterloo, in: Opere complete di Michele F. Sciacca, Bd. 2, Milano: Carlo Marzorati, 1957.

Michele Federico Sciacca, geboren am 12. Juli 1908 bei Catania, verstorben am 20. Februar 1975 in Genua, hat seine philosophischen Studien an der Università Federico II. in Neapel bei Antonio Aliotta 1930 abgeschlossen. 1938 wird er auf den Lehrstuhl für theoretische Philosophie an der Universität Pavia berufen, und 1946 wechselt er an die Universität Genua. Schon 1933 hat Sciacca Giovanni Gentile persönlich kennengelernt und mit einer Abhandlung über "La crisi dell'idealismo" seine Mitarbeit am "Giornale Critico della Filosofia Italiana" begründet. 1938 befasst er sich zum ersten Mal intensiv mit Antonio-Rosmini-Serbati, vom Jahr 1946 an betreut er die "Biblioteca del Giornale di Metafisica", worin manche katholischen Vordenker rege publizieren, unter anderem Louis Lavelle und Jacques Maritain. In den 1950er Jahren entwirft er sein philosophisches System, das er als eine integrale Philosophie bezeichnet, die religiöse und kulturelle Aspekte in das philosophische Nachdenken miteinbezieht. Diese seine Position eines objektiven Idealismus wird 1952 in seinem Hauptwerk über die "Objektive Innerlichkeit" meisterhaft dargelegt. Es folgen eingehende Beschäftigungen mit grossen Denkern der Philosophie, angefangen von Platon und Augustin, über Blaise Pascal und Giovanni Battista Vico, bis hin zu Antonio Rosmini-Serbati und Maurice Blondel. An der Universität Genua gibt es seit 1993 ein Departement, das seinen Namen trägt, und in den Akten eines internationalen Kongresses von 1995 findet sich eine umfassende Bibliographie, zusammengestellt von Pier-Paolo Ottonello. 2007 wird die "Fondazione M. F. Sciacca" begründet, die regelmässig Kongresse zu Werk und Person von Sciacca veranstaltet.

2.5 Die menschliche Intelligenz als eine innerliche Erhellung oder Aufklärung und als ontologische Durchdringung


[211] Dabei sind wir nun zum wiederholten Mal bei der genuinen, authentischen und umfassenden Wortbedeutung von „intelligere“, „intus legere“ angelangt, wonach Intelligenz der Sinn von „von tief innen heraus verstehen“, „sich intensiv sammeln“ zukommt. Mit Intelligenz wird denn die objektive Innerlichkeit der Wahrheit gegenüber dem Geist, dem Geistigen, dem Geistesleben bezeichnet, beziehungsweise die Versenkung des menschlichen Geistes oder Verstehens in diese objektive Wahrheit. Diese Innerlichkeit fällt ontologisch gesehen insofern objektiv aus, als die Wahrheit dem mit Intelligenz einzusehenden Gegenstand innewohnt. Der Akt der Intelligenz, des Einsichtsvermögens der menschlichen Intelligenz erweist sich dabei als eine intuitive Erkenntnis des primären und originären Seins, als eine Ein-Sicht in die Grundidee des Seins, was für den menschlichen Intellekt konstitutiv begründend ausfällt. Es gibt denn keine Intuition in die absolute, unendliche, göttliche Wahrheit oder in das absolute, unendliche, göttliche Sein, ohne dass es sich dabei um eine unmittelbare, direkte Einsicht handelt, und zwar unmittelbar im Verhältnis zur Gegenwärtigkeit des Seins als einer Idee, nicht jedoch des absoluten, unendlichen, göttlichen Seins selber gegenüber dem menschlichen Geist. Im Verhältnis zum absoluten Sein macht die Idee dieses absoluten Seins ein Zeichen aus. Und in diesem Sinn lässt sich sagen, dass der Mensch „das Göttliche seiner selbst als menschlichem mit seiner Intelligenz zu lesen und zu verstehen“ vermag, und zwar vermittels eines „Wortzeichens“, welches dieses Absolute, Unendliche, Göttliche bezeichnet, ohne damit identisch zu sein, ohne damit zusammenzufallen. Die menschliche Intelligenz macht keine unvermittelte Intuition oder Einsicht in das absolute, unendliche, göttliche Sein aus, sondern erlaubt es vielmehr, dieses in seiner spezifischen Bedeutung, in seiner Ausprägung oder Ausgestaltung zu erfassen. Mit solchen Zeichen, mit solchen Symbolen für die Grundidee vom Sein, aufgrund der das menschliche Denkvermögen überhaupt zu intelligentem Denken befähigt ist und die menschliche Vernunft als Urteilskraft waltet (ob diese als reflektierendes Denken oder als rationales Vermögen ausfallen), aber nicht nur damit, schreibt der Mensch das Buch der menschlichen Existenz und die Geschichte des gesamten Universums, sowie auch das Buch der Wissenschaften und die Universalgeschichte der Weisheit; [212] in jedem Fall liest der Mensch vertiefend, versteht der Mensch von innen heraus sich selber als menschlichen und alle Dinge dieser Welt, wodurch bewirkt wird, dass alles und jedes eine bestimmte, ästhetische, ethisch-moralische, undsoweiter, Werthaftigkeit zukommt.

Diese Art von Intelligenz, von Intellekt erweist sich denn als eine originäre, ursprüngliche innerliche Erleuchtung oder Erhellung,7 als eine primäre, primordiale intuitive Einsicht, als ein grundlegendes menschliches Vermögen, mittels dem menschlichen Denkakt das allumfassende Sein als eine Idee, als Ideal, als etwas Ideelles, Ideales zu erfassen; und als das bedeutet dieses intuitive Einsichtsvermögen eine Erleuchtung, die dem menschlichen Geist immerwährend gegenwärtig ist, als eine Aufklärung, die im menschlichen Geistesleben fortwährend wirksam ist. Ohne eine solche Erhellung des menschlichen Geistes, des menschlichen Denkens gäbe es wie schon erwähnt keine sekundären Erkenntnis, kein bestimmtes, besonderes Wissen über die Entitäten, noch auch ein Selbst-Bewusstsein des Menschen, da das bewusste Sein seiner selbst, das Bewusst-Sein des Menschen von sich selber als menschlichem, ebendiese intuitive Einsicht in das Sein als einer Grundidee zu ihrer Grundlage haben.

Gemäss einer überlieferten Ausdrucksweise wird die Intelligenz, die intuitive Einsicht aus Intelligenz als eine bezeichnet, welche „die Wesenheiten mitsamt ihrer Wahrheit aufnimmt, empfängt, erfasst“. Und weil die Intelligenz die Wesen oder Entitäten, sowie die ihnen zueigene Wahrheit „erfasst“ und dies mittels einer primärem Wahrheit oder Erkenntnis, die damit wesensgemäss verbunden ist und darin präsent, gegenwärtig wird, erweist sie sich als ein einheitsstiftendes, synthesebildendes Vermögen, das allumfassend zu vereinen befähigt ist, sodass die Wesenheiten einzeln und zusammengenommen, gesamtheitlich zu einer konkreten Einheit zusammengefasst werden. Dabei hält sie sich nicht bei den Einzelheiten auf, bleibt nicht bei Details oder Teilen stehen, verfährt aber auch nicht abstrahierend und fällt nicht partiell aus. Denn sie zerteilt das Seiende, das real Existierende nicht, sondern kommt dem Ganzen alles Seins nach, erfasst das Gesamthafte in seinem Sein. Demnach lässt sich denn auch mit Fug und Recht behaupten, dass die Intelligenz die Erkenntnis des Unsichtbaren, worin diese Einheit oder Totalität, dieses umfassende Ganze gerade besteht, offenkundig und einsichtig macht.

Intelligente Einsicht erstreckt sich immer auch auf die Voraussicht. Denn „vertiefend zu lesen“, „von innen heraus zu verstehen“, worin das tiefere Verständnis und das gründliche Erfassen besteht, das ein Seiendes, eine Wesenheit oder Entität in ihrer Gesamtheit, ihrem umfassenden Ganzen nach zu erfassen versteht, bedeutet zugleich auch, den Entwurf zu durchdringen, das Planvolle zu ergründen, zu dessen Verwirklichung das Sein aufgerufen ist. Über die Intelligenz zu verfügen, wie sie dem Menschen zueigen ist, ist nicht nur auf die Kenntnis dessen beschränkt, was schon da ist, sondern erstreckt sich gewissermassen auch darauf, es als das vorauszusehen, als was es ausfallen kann und wie es ausfallen soll, es in seiner tieferen Bestimmung, in seiner Berufung auszumachen, worin denn so etwas wie die Wahrheit gelegen ist. Etwas Geistiges, Intellektuelles einzusehen aufgrund von menschlicher Intelligenz, ist damit gleichbedeutend, es in seinem Sein-Sollen ausfindig zu machen, es als authentisches Künftiges zu erahnen. In diesem spezifischen Sinnverständnis lässt sich denn von der Intelligenz aussagen, dass sie schon an und für sich, wie von allein „ethisch-moralisch“, beziehungsweise „normativ“ ausfalle, sei dies, weil sie die Wahrheit einer Wesenheit erkennt (und also auch das essentielle Wesen, die Seinsweise einer Wesenheit, die der Wille anzuerkennen berufen ist, [213] durch welche Anerkennung sich der Wille zu einem ethisch-moralischen Wollen, zu einem Wille zum Guten erhebt), sei dies, weil sie es (indem sie die einheitstifende und generalisierende Berufung dadurch erfasst, dass sie diesem eine bestimmte Mission aufprägt), in seinem Sein-Sollen erfasst, und das ist von der Warte der Vervollkommnung, woraufhin es angelegt ist, vom Standpunkt des Künftigen, das gegenwärtig noch nicht realisiert ist, unter welcher Hinsicht es jedoch eine tiefere Bedeutung annimmt, die es substantiell prägt und die es zugleich übersteigt, mithin eine Berufung, die als Anreiz, als Antrieb fungiert, um in Richtung auf das künftige Sein-Sollen voranzukommen, aufgrund dessen allein es das heutige Sein überhaupt erst gibt, wodurch es erst eine Werthaftigkeit, eine tiefere Bedeutung erlangt, wovon es transzendiert wird, die es aber nicht zu erschöpfen vermag. Die Fülle, der ganze Reichtum alles Gegenwärtigen liegt im Künftigen mit enthalten, die Erfüllung des „Seins“ liegt in seinem „Werden“.

Die Vernunft verfährt auf dem Weg der Konsequenzen, des Konsequentialismus, die Intelligenz auf dem Weg der Durchdringung, der Penetranz, und das Vernunftvermögen verbindet, die Einsicht aus Intelligenz umfasst inklusiv, und mithilfe der Vernunft erkennt man, aufgrund von Intelligenz erlangt man wahres Wissen, sodass man durchaus noch so viel erkennen mag, und doch in nur wenig davon tiefere Einsichten in das wahre Wesen erlangt hat. In einem einzigen Augenblick der Intelligenz, der Intuition lässt sich ein Mensch bis auf den Grund lesen, tiefgreifend erschliessen, selbst wenn man noch so wenig oder garnichts über ihn weiss, und eine lange Gewöhnung an ein Zusammenleben lässt einen eine Person gesamthaft kennen, ohne dass man sie jedoch „zuinnerst erkannt“ hat. Die Liebe als der Kulminationspunkt der Intelligenz erweist sich denn als überaus tief eindringend und hat unermesslich umfassende Arme. Die menschliche Intelligenz bedeutet geistig-spirituelles Leben, als der Nährboden und die Erhellung des menschlichen Geistes, worin die Einheit und das umfassende Ganze aller menschlichen Aktivitäten, alles Denk-Handelns und Handelns überhaupt gelegen ist. Das menschliche Geistesleben erweist sich als eine Gemeinschaft von intelligent-intuitiverer Einsicht, rationaler Vernunft, ethisch-moralischer Willensbildung und sinnlicher Empfindung oder Erfahrung, ausgerechnet aufgrund der unerschöpflichen Reichhaltigkeit in der Gegenwart, die in das Künftige des Sein-Sollens projiziert wird, eben gerade wegen der primären, originären Berufung zum absoluten, unendlichen, göttlichen Sein – das darin implizit durchgehend enthalten ist, wovon es abkommt und worauf es hingeordnet ist, gleich eines immer wieder erneuerten Versprechens,...

Erscheint lt. Verlag 5.1.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
ISBN-10 3-7431-2015-1 / 3743120151
ISBN-13 978-3-7431-2015-0 / 9783743120150
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