Historiographie als Sinnstiftung
Indo-persische Geschichtsschreibung während der Mogulzeit (932 bis 1118/1516 bis 1707)
Seiten
Diese Monographie stellt 23 ausgewählte historiographische Texte aus der Zeit der in Indien vom 16. bis zum 18. Jahrhundert herrschenden Mogulkaiser vor und wertet sie aus. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Darstellung der narrativen, vergangenheitsbewältigenden Strategien der Chronisten. Letztlich geht es darum, die sinnstiftende Intention der analysierten Werke aufzuzeigen und dem Leser zugänglich zu machen.
Heutzutage darf ein Historiker angesichts der in den vergangenen 25 Jahren in den kulturwissenschaftlich orientierten Fächern geführten Diskussion zur Konstruktion von Geschichte und den damit verbundenen Problemen historiographischer Darstellung weder so naiv an Texte herangehen noch selbst Texte so verfassen wie etwa seine Kollegen in den 60er Jahren. In der vorliegenden Arbeit wird daher die 'Narrativitätsdebatte', die bislang nur auf die europäische Geschichtsschreibung nach 1800 Bezug nahm, auf die Schriften vormoderner außereuropäischer Historiker angewandt. Der Fokus liegt auf der Untersuchung von Erzähltechniken, Autorintention und Kontext persisch abgefaßter Chroniken: Der für ein Gesamtverständnis notwendigen Darstellung der Genese der persischen und indo-persischen Geschichtsschreibung vom 11. bis zum 15. Jahrhundert folgt die Vorstellung von 23 ausgewählten Autoren der Mogulzeit. Zum besseren Verständnis ihrer Texte steht jeweils eine Skizze des soziokulturellen Umfeldes ihrer Entstehung.
Im Hauptteil der Abhandlung wird dann die historiographische Literatur untersucht. Inwieweit hat das religiös verankerte normative muslimische Geschichtsbewußtsein, das den Menschen in ein göttliches Verhältnis zu Zeit und Raum setzt, die Chroniken inhaltlich, also in ihrer Darstellung von Herrschaft und Herrschaftslegitimation, geprägt? In diesem Zusammenhang ist vor allem der Aspekt der Bewältigung irritierender Kontingenzerfahrungen in Form einer sinnstiftenden Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in den Texten wichtig. Wie werden Ereignisse der Vergangenheit einander zugeordnet? Welche Art von Rationalität bestimmt diese Zuordnung? Inwieweit ist die Geschichtsschreibung in sich selbst reflexiv hinsichtlich ihrer Struktur und ihrer Prinzipien? Bis zu welchem Grad wird Vergangenheit historisiert? Wie gehen die Geschichtsschreiber mit der Erfahrung anderer und fremder Kulturen um?
Schließlich stellt sich die Frage nach narrativen Strategien zur Umsetzung normativer Vorgaben oder eigenener Vorstellungen in den jeweiligen Texten. Es geht darum zu klären, in welchen Formen Einzelgeschichten - Personen, Ereignisse, Zusammenhänge - präsentiert und welche Erzählmuster benutzt werden. Die Analyse der Kompositionsprinzipien der Chroniken macht die längerfristigen Bedingungen oder Strukturen hinter den dort geschilderten Ereignissen deutlich. In einem abschließenden Kapitel steht dann nicht die Funktion, sondern die Form und der Inhalt indo-persischer Geschichtsschreibung während der Mogulzeit im Vordergrund der Betrachtung. Es wird aufgezeigt, welche Kontinuitäten und welche Entwicklungstendenzen sich in der mogulzeitlichen Hofgeschichtsschreibung zeigen.
Insgesamt bietet die Arbeit nicht nur eine hervorragende Einführung in die indo-persische Chronistik, sondern ebenso eine konsequente Umsetzung der in der kulturwissenschaftlichen 'Narrativitätsdebatte' aufgeworfenen Fragestellungen in die Forschungspraxis.
Heutzutage darf ein Historiker angesichts der in den vergangenen 25 Jahren in den kulturwissenschaftlich orientierten Fächern geführten Diskussion zur Konstruktion von Geschichte und den damit verbundenen Problemen historiographischer Darstellung weder so naiv an Texte herangehen noch selbst Texte so verfassen wie etwa seine Kollegen in den 60er Jahren. In der vorliegenden Arbeit wird daher die 'Narrativitätsdebatte', die bislang nur auf die europäische Geschichtsschreibung nach 1800 Bezug nahm, auf die Schriften vormoderner außereuropäischer Historiker angewandt. Der Fokus liegt auf der Untersuchung von Erzähltechniken, Autorintention und Kontext persisch abgefaßter Chroniken: Der für ein Gesamtverständnis notwendigen Darstellung der Genese der persischen und indo-persischen Geschichtsschreibung vom 11. bis zum 15. Jahrhundert folgt die Vorstellung von 23 ausgewählten Autoren der Mogulzeit. Zum besseren Verständnis ihrer Texte steht jeweils eine Skizze des soziokulturellen Umfeldes ihrer Entstehung.
Im Hauptteil der Abhandlung wird dann die historiographische Literatur untersucht. Inwieweit hat das religiös verankerte normative muslimische Geschichtsbewußtsein, das den Menschen in ein göttliches Verhältnis zu Zeit und Raum setzt, die Chroniken inhaltlich, also in ihrer Darstellung von Herrschaft und Herrschaftslegitimation, geprägt? In diesem Zusammenhang ist vor allem der Aspekt der Bewältigung irritierender Kontingenzerfahrungen in Form einer sinnstiftenden Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in den Texten wichtig. Wie werden Ereignisse der Vergangenheit einander zugeordnet? Welche Art von Rationalität bestimmt diese Zuordnung? Inwieweit ist die Geschichtsschreibung in sich selbst reflexiv hinsichtlich ihrer Struktur und ihrer Prinzipien? Bis zu welchem Grad wird Vergangenheit historisiert? Wie gehen die Geschichtsschreiber mit der Erfahrung anderer und fremder Kulturen um?
Schließlich stellt sich die Frage nach narrativen Strategien zur Umsetzung normativer Vorgaben oder eigenener Vorstellungen in den jeweiligen Texten. Es geht darum zu klären, in welchen Formen Einzelgeschichten - Personen, Ereignisse, Zusammenhänge - präsentiert und welche Erzählmuster benutzt werden. Die Analyse der Kompositionsprinzipien der Chroniken macht die längerfristigen Bedingungen oder Strukturen hinter den dort geschilderten Ereignissen deutlich. In einem abschließenden Kapitel steht dann nicht die Funktion, sondern die Form und der Inhalt indo-persischer Geschichtsschreibung während der Mogulzeit im Vordergrund der Betrachtung. Es wird aufgezeigt, welche Kontinuitäten und welche Entwicklungstendenzen sich in der mogulzeitlichen Hofgeschichtsschreibung zeigen.
Insgesamt bietet die Arbeit nicht nur eine hervorragende Einführung in die indo-persische Chronistik, sondern ebenso eine konsequente Umsetzung der in der kulturwissenschaftlichen 'Narrativitätsdebatte' aufgeworfenen Fragestellungen in die Forschungspraxis.
Stephan Conermann (Prof. Dr.) ist Professor für Islamwissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Transformationsprozesse in islamischen Gesellschaften, narrative Strategien in vormodernen Texten muslimischer Autoren, der Islam in Indien bis zur Neuzeit, Kultur und Geschichte der Mamlukenzeit und die deutsche Orientalistik im Spannungsfeld kulturwissenschaftlicher Methodenvielfalt.
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2003 |
---|---|
Reihe/Serie | Iran - Turan ; 05 |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Maße | 170 x 240 mm |
Gewicht | 995 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Geschichtstheorie / Historik |
Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft | |
Schlagworte | Geschichte • Geschichte;Islam;Neuzeit bis 1914; • Geschichtsschreibung • Geschichtsschreibung / Historiographie • Indien, Geschichte; Geistes-/Kultur-G. • Islam • Mogul • Neuzeit bis 1914 • Persien; Geistes-/Kultur-Geschichte |
ISBN-10 | 3-89500-291-7 / 3895002917 |
ISBN-13 | 978-3-89500-291-5 / 9783895002915 |
Zustand | Neuware |
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