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Die Geschichte der Bibel (eBook)

Von den Ursprüngen bis in die Gegenwart

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
720 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11645-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Geschichte der Bibel -  John Barton
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Die Kultur des Westens ist ohne die Bibel gar nicht denkbar. Für Judentum und Christentum ist sie das Fundament der Religion und die Autorität, die darüber Auskunft gibt, was wir glauben und wie wir leben sollen. Für Nicht-Gläubige ist das »Buch der Bücher« bis heute eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur, dessen Wirkung und Einfluss sich in unsere Sprache und in unserem Denken eingeschrieben hat. In seinem ebenso elegant wie zugänglich geschriebenen Buch erzählt einer der weltweit besten Kenner umfassend die verwickelte Entstehung und wandlungsreiche Geschichte des Alten und Neuen Testaments. Glänzend entschlüsselt John Barton die ganze Vielfalt der Quellen und Traditionen, die den biblischen Texten zugrunde liegen, und erläutert luzide und allgemeinverständlich die mehr als 2000 Jahre währende Wirkung der Bibel: von ihren Ursprüngen über Antike, Mittelalter, Reformation, Aufklärung und das 19. Jahrhundert bis in die Moderne.

John Barton, geboren 1948, war von 1991 bis 2014 Professor für die Interpretation der Heiligen Schrift am Oriel College in Oxford. Seit 2007 ist er »fellow« der British Academy und seit 2008 auswärtiges Mitglied der Norwegischen Akademie der Wissenschaft. Die Universität Bonn verlieh ihm 1998 ein Ehrendoktorat für Theologie. Er ist einer der weltweit führenden Bibelforscher. 2020 erhielt er für »Die Geschichte der Bibel« den angesehenen DUFF COOPER PRIZE.

John Barton, geboren 1948, war von 1991 bis 2014 Professor für die Interpretation der Heiligen Schrift am Oriel College in Oxford. Seit 2007 ist er »fellow« der British Academy und seit 2008 auswärtiges Mitglied der Norwegischen Akademie der Wissenschaft. Die Universität Bonn verlieh ihm 1998 ein Ehrendoktorat für Theologie. Er ist einer der weltweit führenden Bibelforscher. 2020 erhielt er für »Die Geschichte der Bibel« den angesehenen DUFF COOPER PRIZE.

Einführung

Die Bibel heute


Der kanadische Literaturkritiker Northrop Frye (1912–1991) hat uns neben vielem anderen diesen Denkanstoß hinterlassen: »Die Bibel ist offensichtlich ein wichtiges Element unserer eigenen dichterischen Tradition, ganz gleich, was wir von diesem Buch halten oder glauben. Das wirft hartnäckig die Frage auf: Warum liegt da dieses enorme, wuchernde, taktlose Buch so unergründlich inmitten unseres kulturellen Erbes … und vereitelt alle unsere Bemühungen, es zu umgehen?«[1] In einem säkularen Zeitalter mag das große Interesse an der Bibel manchen überraschen, wie die Feierlichkeiten zum 400. Geburtstag der King-James-Bibel, auch bekannt als Autorisierte Version, 2001 deutlich gezeigt haben; von Gott inspiriert, sie schreiben ihr eine hohe Autorität in Glaubensdingen zu. Für Nichtgläubige ist sie ein zentrales Dokument der westlichen Kultur: Noch immer interessiert sie viele Leser als eine Sammlung bedeutender literarischer Werke. Die Geschichte dieser Werke, ihrer Verbreitung und Auslegung ist ein Kernstück der westlichen Literaturgeschichte.

In diesem Buch erzähle ich die Geschichte der Bibel von ihren ersten Anfängen in Volkssagen und Mythen bis zu ihrer Rezeption und Auslegung heute. Ich beschreibe die Entstehung, Weitergabe und Verbreitung der Bibel und zeige, wie sie von der Antike bis zur Gegenwart gelesen und genutzt wurde und wird, sowohl in ihren Ursprungssprachen wie auch in Übersetzungen. Unter anderem soll es, wie ich hoffe, mit der Vorstellung von der Bibel als einem heiligen Monolithen zwischen zwei schwarzledernen Buchdeckeln aufräumen, dazu beitragen, dass sie wieder als das Resultat eines langen und faszinierenden Prozesses wahrgenommen wird, und die außergewöhnliche Vielfalt der Möglichkeiten, sie im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu zu lesen, illustrieren. Im Mittelpunkt aber steht die Schwierigkeit, von der Bibel zum religiösen Glauben zu gelangen: Weder über das Judentum noch über das Christentum lässt sich aus der Bibel etwas herauslesen, obwohl beide Religionen biblische Bücher als ihr Fundament beanspruchen. Tatsächlich beinhaltet die Bibel viele Elemente, die für den jüdischen wie den christlichen Glauben problematisch sind. Dazu gehören nicht nur allgemein bekannte moralisch fragwürdige Ereignisse, wie etwa die Vernichtung unschuldiger Menschen durch Gott in den Geschichten über die israelitische Eroberung des Gelobten Landes, sondern auch die Vielfalt der Genres (Erzählung, Prophezeiung, Dichtung), die dogmatischen Definitionen oft nicht gerade dienlich ist, und die Einbettung in antike Kulturen, die häufig ganz anders funktionierten als unsere Gesellschaften heute. Gleichzeitig möchte ich zeigen, dass die Bibel eine wichtige Quelle religiöser Einsichten ist, wenn man sie in ihrem ursprünglichen Kontext und vor dem Hintergrund der Bedingungen liest, die zu ihrer Entstehungszeit herrschten.

Die Geschichte wird notwendigerweise eine ganze Menge Vor-Geschichte enthalten. Ich erkläre, wie biblische Bücher zusammengestellt wurden, denn kaum eines ist das Werk eines einzigen Autors: Die meisten sind aus vielen verschiedenen Vorlagen zusammengesetzt, einige hängen sogar von anderen ab, sodass ältere Bücher in einem Rezeptionsprozess in jüngeren fortgeführt werden. Die Bibel ist damit in sich schon ein verschriftlichter Dialog unter Autoren und Vermittlern von Überlieferungen und enthält in vielen ihrer Bücher Kommentare zu vielen anderen Büchern. Auf der höchsten Ebene kommentiert das Neue Testament häufig das Alte Testament, das in der Welt, in die das Neue Testament eintrat, fast in seiner Gänze schon als »Heilige Schrift« galt. (Ich werde die Bedeutungen dieses so trügerisch vertrauten Begriffs erklären.) Die Frage, inwieweit das Alte Testament für Christen maßgeblich bleibt – und wie es neben den neuen Ideen zu lesen ist, die Jesus, Paulus und andere eingebracht haben, wenn man es weiterhin als maßgeblich betrachtet –, zählte und zählt noch heute zu den großen Themen in der christlichen Theologie. Das Neue Testament spricht in 2. Timotheus 3,16 vom Alten Testament als »von Gott eingegeben«, und die Christen haben diese Vorstellung auch auf die Bücher des Neuen Testaments übertragen. Es ist allerdings nicht klar, wie dies die tatsächliche Funktion der Bibel beeinflusst – oder die Autorität, die sie über Glaubende ausübt. Wenn man die Bibel als von Gott eingegeben bezeichnet, sagt man damit implizit, dass Gott bei ihrer Entstehung die Hand im Spiel hatte, doch wie dies in der Praxis ausgesehen haben soll, wird selten definiert.

Ein weiteres Ziel besteht darin, den gegenwärtigen Stand der Bibelwissenschaft zusammenzufassen. Man hat die Bibel in der Moderne überaus gründlich gelesen und geprüft, und es gibt ein ganzes Meer von Theorien über ihre Ursprünge, ihre Bedeutung und ihren Stellenwert, in dem ein allgemein interessierter Leser nur allzu leicht ertrinken kann. Ich möchte den gegenwärtigen Konsens beschreiben, zeigen, in welchen Punkten es Einvernehmen gibt, bei umstrittenen Themen sinnvolle Optionen diskutieren und die Felder aufzeigen, in denen wir uns vielleicht noch weiter bemühen müssen.

Neben diesen beschreibenden Aufgaben stellt dieses Buch auch eine These auf: dass nämlich die Bibel nicht direkt einen religiösen Glauben und seine Praxis abbildet, weder den jüdischen noch den christlichen. Meiner Ansicht nach ist die Bibel – als eine Sammlung religiöser Texte gesehen – zwar aus vielen Gründen unersetzlich, doch das Christentum ist im Kern keine Schriftreligion, die sich auf ein Buch als einziges, heiliges Werk konzentriert. Ähnlich huldigt das Judentum zwar der Hebräischen Bibel, ist aber nicht so stark auf dieses Buch ausgerichtet, wie man weithin glaubt. Der Islam ist vielleicht der Idealtyp einer Buchreligion, und verglichen mit ihm stehen Judentum und Christentum in einer beträchtlichen Entfernung von ihrem zentralen heiligen Text. Die Bibel ist ganz und gar kein Glaubensbekenntnis oder eine Bekenntnisschrift wie die großen protestantischen »Konfessionen«– das Augsburger Bekenntnis für die Lutheraner oder das Bekenntnis von Westminster für einige Reformierte. Sie ist eine bunte Sammlung von Materialien, von denen sich nur wenige direkt mit der Frage beschäftigen, was man glauben soll. Die Geschichte der Bibel ist daher die Geschichte des Zusammenspiels von Religion und Buch – deckungsgleich sind beide jedoch nicht.

Es gibt Spielarten des Christentums, die sich schlicht als »biblisch« bezeichnen lassen (im Judentum gibt es diese nicht), doch tatsächlich sind die Strukturen und der Inhalt des christlichen Glaubens selbst unter Christen, die davon ausgehen, dass ihr Glaube ganz und gar in der Bibel gründe, anders organisiert und artikuliert als die Inhalte der Bibel. Am deutlichsten kann man dies beim christlichen Fundamentalismus sehen, wobei seine Anhänger die Bibel als heilig anbeten und sie dennoch weithin missverstehen.[2] Fundamentalisten verehren eine Bibel, die es eigentlich gar nicht gibt, einen vollkommenen Text, der alles widerspiegelt, was sie glauben. Die Lektüre der hier folgenden Beschreibung der Bibel (mit allen Schönheitsfehlern) wird notwendigerweise eine verstörende für all jene sein, die dieses Buch idealisieren. Ich werde zeigen, dass es nicht das ganze Fundament des Judentums oder des Christentums ist und sein kann. Daher werde ich auch für die moderne...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2020
Übersetzer Jens Hagestedt, Karin Schuler
Zusatzinfo mit zahlreichen Karten und s/w Abbildungen
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Achsenzeit • Allegorische Auslegung • Altes Testament • Archäologie • Auslegung der Tora • Bibelgesellschaften • Bibelkritik • Bibelkunde • Bibelübersetzungen • Dekalog • Gesamtdarstellung • Heilige Schrift • Judentum • Kanon der Bibel • Kanonisierung der biblischen Bücher • Masoreten • Propheten • Rabbinen • Rabbiner • Sprache der Bibel • Tora • Wörtliche Auslegung • Zehn Gebote
ISBN-10 3-608-11645-1 / 3608116451
ISBN-13 978-3-608-11645-8 / 9783608116458
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