Salute! Was die Seele stark macht (Leben Lernen, Bd. 242) (eBook)
231 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11629-8 (ISBN)
Gert Kaluza, Prof., Dr., Psychologischer Psychotherapeut, Trainer, Coach und Autor im Bereich individueller und betrieblicher Gesundheitsförderung. 2002 gründete er sein eigenes Fortbildungs- und Trainingsinstitut GKM für Gesundheitspsychologie in Marburg. www.gkm-institut.de
Gert Kaluza, Prof., Dr., Psychologischer Psychotherapeut, Trainer, Coach und Autor im Bereich individueller und betrieblicher Gesundheitsförderung. 2002 gründete er sein eigenes Fortbildungs- und Trainingsinstitut GKM für Gesundheitspsychologie in Marburg. www.gkm-institut.de
Vorwort 11
Teil A: Einführung und Grundlagen
1 Einführung in das »Salute!«Gesundheitsförderungsprogramm 14
2 Grundlagen des »Salute!«Gesundheitsförderungsprogramms 28
Teil B: Praxis des Gesundheitsförderungsprogramms
3 Einstiegs-Sitzung 66
4 Modul 1: Selbstfürsorge – Wohlbefinden und angenehmes Erleben im Alltag 76
5 Modul 2: Soziales Netzwerk und soziale Unterstützung 97
6 Modul 3: Selbstwirksamkeit: Vertrauen in die eigenen Stärken 117
7 Modul 4: Sinnorientierung: Wert-Zielklärung und positives Zukunftskonzept 140
8 Abschluss-Sitzung 163
Teil C: Anhang Inhaltsverzeichnis des Anhangs 170
Schatzsuche 173
Arbeitsblätter 195
Danksagungen 215
Literatur 217
Kapitel 2
Grundlagen des »Salute!«-Gesundheitsförderungsprogramms
2.1 Keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit
Die zentrale Bedeutung der psychischen Gesundheit geht bereits aus der grundlegenden Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrer Verfassung von 1947 hervor:
»Gesundheit ist der Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen.«
(zit. n. Franzkowiak & Sabo 1993, S. 60)
Aus dieser Definition lassen sich im Hinblick auf die psychische Gesundheit drei grundlegende Aussagen ableiten (vgl. Herrman et al. 2004):
1. Die psychische Gesundheit ist ein wesentlicher und integraler Bestandteil der allgemeinen Gesundheit. »Keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit« – bei der Überschrift zu diesem Kapitel handelt es sich um eine markante Aussage aus dem Grünbuch der Europäischen Kommission »Die psychische Gesundheit der Bevölkerung verbessern – Entwicklung einer Strategie für die Förderung der psychischen Gesundheit in der Europäischen Union« (European Commission 2005). Darin wird betont, dass die psychische Gesundheit für den Einzelnen ebenso wichtig ist wie für die Gesellschaft. Für den einzelnen Bürger ist die psychische Gesundheit eine Voraussetzung dafür, dass er sein intellektuelles und emotionales Potenzial verwirklichen und seine Rolle in der Gesellschaft, in der Schule und im Arbeitsleben finden und erfüllen kann. Auf gesellschaftlicher Ebene trägt die psychische Gesundheit zum wirtschaftlichen Wohlstand, zur Solidarität und zur sozialen Gerechtigkeit bei.
Besondere Brisanz und Aktualität gewinnen diese Aussagen durch die Tatsache, dass in den westlichen Gesellschaften in den vergangenen drei Jahrzehnten eine starke Zunahme diagnostizierter psychischer Störungen zu beobachten ist. So verzeichnen die gesetzlichen Krankenkassen seit Mitte der 1990er-Jahre in ihren jährlich veröffentlichten Statistiken über krankheitsbedingte Fehlzeiten einen kontinuierlichen Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Störungen, während gleichzeitig die Arbeitsunfähigkeit wegen anderer Erkrankungen unverändert oder sogar rückläufig ist (vgl. AOK-Fehlzeitenreport 2009, Badura et al. 2010). Allein im Zeitraum von 2004 bis 2014 beträgt der Anstieg über 80 % (vgl. Fehlzeitenreport 2015, Badura et al. 2016). Psychische Störungen rangieren bei den meisten Krankenkassen mittlerweile in der Krankheitsartenstatistik bezüglich der Arbeitsunfähigkeitstage auf Platz 3 hinter Muskel- und Skeletterkrankungen und Krankheiten des Atmungssystems (vgl. Lademann et al. 2006, Badura et al. 2016, DAK Gesundheitsreport 2015).
Nicht allein bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten, sondern auch bei der Früh-Invalidität spielen psychische Störungen inzwischen eine prominente Rolle. Während die Zahl der Frühverrentungen insgesamt von 325 000 im Jahr 1983 auf 134 000 im Jahr 2018 sank, stiegen die Frühinvaliditätsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen im gleichen Zeitraum von 28 000 auf 58 000 und damit um mehr als 50 % an. Mit einem Anteil von mehr als 40 % stellen psychische Erkrankungen (ohne Suchterkrankungen) inzwischen die häufigste Ursache für Frühverrentungen in Deutschland dar. Die Betroffenen sind zum Zeitpunkt der Frühberentung durchschnittlich 49 Jahre alt (Deutsche Rentenversicherung 2019).
Gerade bei psychischen Störungen stellen neben Fehlzeiten und Frühberentungen insbesondere Produktivitätseinbußen bei anwesenden, aber nicht in vollem Maße arbeitsfähigen Mitarbeitern ein gewichtiges Argument für Arbeitgeber dar, sich verstärkt um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Psychische Störungen (Depressionen/Angstzustände) verringern die Produktivität anwesender Mitarbeiter durchschnittlich um 37 % (zum Vergleich: Rückenschmerzen 21 %, Allergien 18 % [Baase 2007]. Und bei Depressionen entstanden 81 % der Produktivitätseinbußen durch die Folgen von Präsentismus, also bei zwar anwesenden, aber depressionsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Mitarbeitern, und nur etwa 20 % durch die effektiven Fehlzeiten (American Productivity Audit, Stewart et al. 2003).
Im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeits- und Frühberentungsstatistiken stellt sich die Frage, inwieweit die berichteten Zahlen eine reale Zunahme psychischer Störungen oder eine vermehrte Diagnosestellung und Inanspruchnahme psychotherapeutischer Behandlungen reflektieren (z. B. Jacobi 2009). Für die Hypothese einer Zunahme werden gesellschaftliche Veränderungen in den letzten drei Jahrzehnten insbesondere in der Arbeitswelt ins Feld geführt, die für viele Menschen zu einem Anstieg psychosozialer und psychomentaler Belastungen geführt haben. Stichworte sind hier Arbeitsverdichtung und der Zwang zur immer weiteren Produktivitätssteigerung im globalisierten Wettbewerb, die Digitalisierung und die durch die digitalen Kommunikationsmedien ermöglichte Entgrenzung von Arbeitszeiten und -orten und damit verbundenen gestiegenen Anforderungen an die örtliche Mobilität und zeitliche Flexibilität sowie eine Erosion des »Normalarbeitsverhältnisses« und eine dadurch gestiegene Unsicherheit des Arbeitsplatzes und darüber hinaus weiterer Lebensbereiche. Allerdings zeigen epidemiologische Studien, in denen die Prävalenz psychischer Störungen wiederholt in bestimmten zeitlichen Abständen mit derselben Methodik und in denselben repräsentativen Bevölkerungsstichproben erfasst wird, dass seit 1990 keine dramatischen Zuwächse in der Prävalenz psychischer Störungen zumindest in ihrer Gesamtheit zu verzeichnen sind. Richter et al. (2008) kommen in einer Übersichtsarbeit, in der sie die Ergebnisse von 41 Studien zusammenfassen, zu dem Ergebnis, dass es allenfalls einen Anstieg der Prävalenz und Inzidenz psychischer Störungen in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben habe.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass psychische Störungen insgesamt weit verbreitet sind. Das Lebenszeit-Risiko, irgendwann im Laufe seines Lebens von irgendeiner psychischen Störung betroffen zu sein, wird auf über 50 % geschätzt (vgl. Jacobi 2009). Die 1-Jahres-Prävalenz in der Bevölkerung der Europäischen Union betrug im Jahr 2010 38,2 % und ist seit 1990 in etwa gleichgeblieben (Wittchen et al. 2011). Die häufigsten Störungen sind Angststörungen (1-Jahres-Prävalenz 14 %), Schlafstörungen (7 %), Major Depression (6,3 %) und Alkohol-/Drogenabhängigkeit (4 %) (Wittchen et al. 2011). Diese Prävalenzraten werden auch durch die Ergebnisse des Deutschen Gesundheitssurveys für die erwachsene Bevölkerung in Deutschland bestätigt (z. B. Jacobi 2014).
Eine durch entsprechende Fortbildung gestiegene Sensitivität gegenüber psychischen Störungen aufseiten der diagnostizierenden Ärzte sowie eine im Zuge der Entstigmatisierung gestiegene Selbstwahrnehmung psychischer Symptome und verändertes Hilfesuch-Verhalten aufseiten der Patienten haben wahrscheinlich dazu geführt, dass vorhandene psychische Störungen heute besser erkannt und auch so benannt werden als noch vor 15 oder gar 30 Jahren. Auch ist zu erwägen, dass im Zuge des Wandels moderner Arbeitswelten heutzutage psychische Störungen in größerem Ausmaß einschränkende Folgen haben, z. B. angesichts erhöhter Anforderungen im sozial-kommunikativen Bereich oder zunehmender Durchrationalisierung der Wirtschaftsprozesse und entsprechender negativer Stigmatisierung der weniger Belastbaren. Psychische Störungen scheinen also bei vergleichbarer Prävalenz häufiger aufzufallen und seltener übersehen zu werden (Jacobi 2014). Es ist davon auszugehen, dass diese Prozesse angesichts der insgesamt hohen Prävalenzzahlen noch nicht an ihr Ende gekommen sind.
Wie auch immer die Zahlen letztendlich zu interpretieren sind, ob als reale Zunahme aufgrund veränderter belastender gesellschaftlicher Bedingungen oder als Ausdruck einer verbesserten Diagnostik und Enttabuisierung und vermehrten Inanspruchnahme, stellen sie eine gesellschaftliche Herausforderung dar, sich verstärkt um eine Stärkung der psychischen Gesundheit zu bemühen. Hierzu möchte das vorliegende »Salute!«-Gesundheitsförderungsprogramm einen Beitrag leisten.
2. Die psychische Gesundheitsdimension ist eng verknüpft mit der physischen und sozialen Dimension der Gesundheit. Auch dies wird in dem Slogan »Keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit« zum Ausdruck gebracht. Die verschiedenen Dimensionen der Gesundheit bedingen und beeinflussen sich gegenseitig, wie die WHO in ihrem Bericht zur Förderung der psychischen Gesundheit betont (Herrman...
Erscheint lt. Verlag | 16.5.2020 |
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Reihe/Serie | Hilfe aus eigener Kraft |
Leben lernen | Leben Lernen |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie ► Allgemeine Psychologie |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Antonovsky • Burnout • Gesundheit • Gesundheitsförderung • Gesundheitsprogramm • Gesundheitspsychologie • Gesundheitssystem • GKM • Prävention • Präventionsprogramm • Prophylaxe-Programm • Psychologie • Psychologische Beratung • Psychosozial • Psychotherapie • Resilienz • Ressourcen • Salutogenese • Seelische Gesundheit • Selbstwirksamkeit • Stress • Stressforschung • Stressprophylaxe • Verhaltenstherapie |
ISBN-10 | 3-608-11629-X / 360811629X |
ISBN-13 | 978-3-608-11629-8 / 9783608116298 |
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