Extrem begabt (Leben Lernen, Bd. 311) (eBook)
282 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11622-9 (ISBN)
Andrea Brackmann ist Diplom-Psychologin und Verhaltenstherapeutin. Sie behandelte ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen, später spezialisierte sie sich auf Hochbegabung bei Kindern und Erwachsenen. Im deutschsprachigen Raum veröffentlichte sie einige der bekanntesten Bücher zu emotionalen und sozialen Besonderheiten Hochbegabter. Seit vielen Jahren ist sie am Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) erkrankt, befasst sich jedoch weiterhin mit dem Thema Hochbegabung.
Andrea Brackmann ist Diplom-Psychologin und Verhaltenstherapeutin. Sie behandelte ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen, später spezialisierte sie sich auf Hochbegabung bei Kindern und Erwachsenen. Im deutschsprachigen Raum veröffentlichte sie einige der bekanntesten Bücher zu emotionalen und sozialen Besonderheiten Hochbegabter. Seit vielen Jahren ist sie am Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) erkrankt, befasst sich jedoch weiterhin mit dem Thema Hochbegabung.
Kapitel II
Formen der Hochbegabung
1 Hochbegabungstypen: Überflieger, Nerds und Rebellen
Die Gruppe der Hochbegabten ist in mehrfacher Weise heterogen, das Konzept umfasst noch weitere Dimensionen. Ebenso wie es verschiedene Stufen von Hochbegabung gibt, werden heute auch unterschiedliche Typen und Formen von Hochbegabung ausgemacht. Obwohl die Kategorien noch relativ vage sind, zeigen sie in zunehmender Deutlichkeit das Ausmaß der Vielfalt unter Hochbegabten. Autorinnen wie Schwiebert (2015) und Fleiss (2003) nennen folgende Typen:
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Die strebsamen Experten, z. B. Wissenschaftler, Forscherinnen, Ingenieure oder Computerfachleute, die auf einem einzelnen Gebiet ein hohes Niveau an Fertigkeiten erreichen.
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Während die sogenannten Experten meist erfolgreich und gut in ihr Umfeld integriert sind, verhalten sich die kreativen Erneuerer eher unangepasst und gehen über die Grenzen ihrer Domäne hinaus, indem sie neue Entdeckungen machen, die elementare Fortschritte und Umwälzungen bewirken (Winner 2004).
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Die Generalisten verfügen als klassische Intellektuelle mit profundem Wissen auf vielen Gebieten über eine breit gefächerte Bildung.
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Die sogenannten hochbegabten Dilettanten sind extrem vielseitig interessiert und in vielen Bereichen besonders befähigt, bringen es aber selten auf einem Gebiet zu Perfektion. Erfahrungsgemäß ordnen sich allerdings zu viele Hoch- und Höchstbegabte selbst dieser Kategorie zu.
Oft gibt es natürlich auch Mischtypen. Albert Einstein, Steve Jobs, Marie Curie oder Florence Nightingale waren sowohl hoch spezialisierte Experten als auch schöpferische Erneuerer. Zugleich waren sie äußerst vielseitig gebildet und hatten auch in weiteren Bereichen große Begabungen; dasselbe gilt für Vincent van Gogh oder Wolfgang Amadeus Mozart.
Jacobsen (1999) spricht, etwas salopp und ironisch, von Marvels, Nerds und Rebels, grob übersetzt also von Superhelden, Sonderlingen und Rebellen. Eine ähnliche Unterteilung nimmt Streznewski (1999) vor, nämlich Superstars, Shrivers und Independents – Superstars, Strebsame und unabhängige Freigeister. Mit Superstars sind diejenigen Hochbegabten gemeint, die großen Spaß am Lernen haben, durch hervorragende schulische Leistungen auffallen, bei Lehrern wie Mitschülern beliebt sind, häufig zum Klassensprecher gewählt werden, später im Beruf besonders erfolgreich sind und ein lebhaftes, engagiertes Familien- und Sozialleben führen. Unter ihnen befinden sich häufig Personen des politischen Lebens wie z. B. Martin Luther King. Der Begriff Nerd ist mittlerweile auch hierzulande gebräuchlich und meint zurückhaltende, sozial eher ungeschickte und eigenwillige Hoch- und Höchstbegabte, die äußerst strebsam sind und sich stark auf ein spezielles Fachgebiet konzentrieren. Sie studieren häufig technische und naturwissenschaftliche Fächer, oder man findet sie auf Computermessen und im Silicon Valley, wie z. B. Steve Jobs, Steve Wozniak oder Bill Gates. Auch Asperger-Autisten werden häufig als Nerds bezeichnet. Die Rebellen und Freigeister unter den Hochbegabten stellen häufig Regeln, Normen und Unterrichtsmethoden infrage, regen Diskussionen an, ecken bei ihren Mitmenschen und der Obrigkeit an und sind besonders kreativ. Berühmte Beispiele sind Leo Tolstoi, Frida Kahlo, Mahatma Gandhi, Marguerite Duras oder Joan Miró.
Andere Forscher unterscheiden hauptsächlich zwischen Hochleistenden und Minderleistern (Rost 2000, vom Scheidt 2006). Winner (2004) ergänzt, dass es unter Höchstbegabten und Genies sowohl Wunderkinder (wie z. B. Mozart, Picasso oder Anne-Sophie Mutter) gibt als auch Spätentwickler, welche erst als junge Erwachsene ihre Berufung entdecken und dann oft auf eigene Faust umsetzen, darunter Bill Gates, Anton Bruckner oder Vincent van Gogh. Zudem erwähnt Winner die sogenannten Aussteiger, die zwar als Wunderkinder erkannt werden, sich aber später davon völlig entfernen und eine normale Berufslaufbahn einschlagen.
2 Hochintelligent, hoch kreativ – oder beides
Eine besonders brauchbare Kategorisierung liefern meiner Ansicht nach Goertzel & Hansen (2004). Sie unterscheiden folgende Gruppen:
a. Personen mit hoher Hochbegabung und moderater Kreativität. Diese fänden sich am ehesten unter Naturwissenschaftlern, Rechtsanwälten, Ärztinnen, Politikerinnen und Ingenieuren. Sie gelten als erfolgreich, zielorientiert, fleißig, karrierebewusst und eher konventionell.
b. Personen mit moderater Hochbegabung und hoher Kreativität. Hierzu zählen etwa Künstler, Schriftstellerinnen, Abenteurer und Erfinderinnen. Sie gelten als spielerisch, experimentierfreudig und zeigen ausgeprägten Forscherdrang. Sie verfügen über ein hohes Maß an Intuition, Flexibilität, Fantasie, Originalität und Erfindungsreichtum. Sie sind wahrnehmungsoffen und sensibel für Probleme. Oft haben sie wilde und verrückte Ideen, sind schwer zu disziplinieren, werden von Lehrern nicht als ernsthaft und zuverlässig eingeschätzt und geben auf simple Fragen einzigartige Antworten, die die ganze Klasse zum Lachen bringen.
c. Personen mit hoher Hochbegabung und hoher Kreativität. Diese tendierten am ehesten dazu, berühmte Genies zu werden und bahnbrechende Entdeckungen zu machen. Schülerinnen dieser Kategorie seien jedoch unbequem und würden oft eher als störend denn als vielversprechend und intelligent angesehen. In die Längsschnittstudien von Terman (1959) oder Rost (2000) wurden fast ausschließlich SchülerInnen der ersten Kategorie aufgenommen, also solche mit hohem IQ und eher niedriger Kreativität. Entsprechend brachten die wegweisenden Terman-Studien kein einziges späteres Genie und keine Nobelpreisträgerinnen hervor. Nicht alle Höchstbegabten sind also Genies, aber ein Großteil der Genies scheint höchstbegabt zu sein.
Der Begriff ›kreativ‹ wird hier und im Folgenden übrigens im Sinne von originär, schöpferisch und erneuernd verwendet und erstreckt sich damit ebenso auf künstlerische wie auf wissenschaftliche Leistungen.
3 Hochbegabungsformen: Intellekt, Psychomotorik, Imagination und Emotion
In jüngerer Zeit wird vielfach bemängelt, dass die Aufmerksamkeit ausschließlich intellektueller Hochbegabung gelte und andere Formen kaum berücksichtigt würden. Im Internet-Lexikon Wikipedia findet sich unter dem Stichwort ›Hochbegabung‹ aktuell der Hinweis: »Der einseitig auf den intellektuellen Sektor ausgerichtete Artikel bedarf erheblicher Ergänzungen. Er übersieht, dass es auch etwa sportliche, musikalische oder technische Hochbegabung gibt.«
Die klassischen Intelligenztests messen Fähigkeiten wie sprachliches, mathematisches, räumlich-visuelles und logisches Denken, Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie (in geringeren Anteilen) Allgemeinwissen und alltagspraktische bzw. soziale Urteilsfähigkeit. Ein Großteil der Testverfahren ist sprach- und bildungsabhängig. Das heißt, dass Probanden mit bildungsreichem Hintergrund, welche zudem die jeweilige Sprache perfekt beherrschen, deutlich im Vorteil sind. Nur wenige Tests sind völlig sprach- und bildungsunabhängig, und sie finden selten Anwendung.
Dabrowski & Piechowski (1977) führen fünf Bereiche der Hochbegabung auf: Intellekt, Psychomotorik, Sensorik, Imagination und Emotion. Die Autoren unterscheiden allgemein zwischen kreativ und intellektuell Hochbegabten. Dies halte ich zwar zunächst für sinnvoll, aber wie bereits erwähnt sind gerade bei Genies oft beide Aspekte in hohem Maße ausgeprägt.
Jacobsen (1999) stellt folgende Formen der Hochbegabung dar und betont, dass Überschneidungen eher die Regel sind als die Ausnahme:
Psychomotorische Hochbegabung (body-smart) zeigt sich in handwerklichem Geschick, Auge-Hand-Koordination, Feinmotorik und Grobmotorik, Sport, Tanz, Beweglichkeit, Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Vorausahnen komplexer ...
Erscheint lt. Verlag | 21.4.2020 |
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Reihe/Serie | Hilfe aus eigener Kraft |
Leben lernen | |
Leben Lernen | Leben Lernen |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie ► Allgemeine Psychologie |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Albert Einstein • Begabtenzentrum • Coaching • DGhK • extrem begabte Menschen • Frida Kahlo • Genie • Genie-Biographien • hoch begabt • Hochbegabt • Hochbegabung • Hochsensibel • intellektuelle Begabung • Intelligenz • Intelligenzforschung • Intelligenzquotient • IQ • Jenseits der Norm • Lernschwierigkeit • Pablo Picasso • Persönlichkeitsstruktur • Psychologie • Psychologische Beratung • Psychotherapie • Sensibilität • Spitzenleistung • Stephen Hawking • Steve Jobs • Vincent van Gogh |
ISBN-10 | 3-608-11622-2 / 3608116222 |
ISBN-13 | 978-3-608-11622-9 / 9783608116229 |
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