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Lager und Literatur - Renate Lachmann

Lager und Literatur

Zeugnisse des GULAG

(Autor)

Buch | Hardcover
504 Seiten
2019
Konstanz University Press (Verlag)
978-3-8353-9112-3 (ISBN)
CHF 55,85 inkl. MwSt
Die einschneidendste Erfahrung, die aus den Lagerberichten der Gulag-Opfer spricht, ist die Entstellung des vertrauten humanistischen Menschenbilds.

Die historische Aufarbeitung des Gulag-Geschehens setzte mit den Aktivitäten der Menschenrechtsorganisation »Memorial« ein. Ihrer Arbeit gingen die in Form von Autobiographie, Tagebuch und Erzählung verfassten Lagerberichte voraus, die bereits in den 60er und 70er Jahren publiziert wurden. Allein diese Texte der Überlebenden berichten über die Bedingungen in den Lagern, deren Aussehen und Anlage, über die Arbeitsabläufe und das Zusammenleben der Inhaftierten. Die Diskrepanz zwischen Erleben und Beschreiben, zwischen der Ungeheuerlichkeit des Geschehens und dem Willen, es in Sprache zu fassen, bestimmen ihren Duktus. Wie vermag sich die erinnerte Erfahrung im Nachhinein in einer neuen Gegenwart, der Gegenwart des Schreibens, darzustellen? Die Gulag-Texte unternehmen den Versuch, ein Wissen über den Menschen aufzudecken, das das Lager »offenbart« hat, und zugleich den Schock über die Erkenntnis zu vermitteln, dass das, was als menschlich galt, entweder in eine Vorlagerzeit gehört oder niemals seinem wirklichen Wesen entsprochen hat.

Renate Lachmann geht es in ihren Analysen um eine Poetologie der Lagerliteratur. Sie bestimmt die formalen Prinzipien, deren sich die Verfasser bei der »Übersetzung« ihrer erinnerten Erfahrung physischer und psychischer Bedrohung in lesbare Texte bedient haben: die Wahl der Gattung, des Stils, das Verhältnis von faktographischen und fiktionalen Elementen. Das Buch ist ein Grundlagenwerk, dem es gelingt, zwischen dem Literarischen und dem Dokumentarischen der Lagertexte eine Balance zu wahren. Für das Verständnis der Lager und der durch sie aufgeworfenen radikalen Fragen ist es von entscheidender Bedeutung.

Renate Lachmann ist Professorin emerita für slavische Literaturen und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz. Sie hat Studien zur Rhetorik, zum literarischen Gedächtnis und zur Phantastik vorgelegt.

Umschlag 1
Titel 4
Impressum 5
Inhalt 8
Vorwort: Was wusste man? 10
I Wie geht man mit dem Wissen um? 31
1. Annäherungen: Tzvetan Todorov, Danilo Kiš, Alexander Etkind 31
2. Gelingt eine Erinnerungskultur? 40
3. Gedächtnisorte und Fundstellen 59
4. Vergessen als Option? 66
II Exekution oder Lager 75
5. Utopische Entwu?rfe und Erschießungskampagnen 75
6. Verdacht und Verhaftung: Lidija Tschukowskaja 86
7. Prozesstheater und die Lust zum Geständnis: Arthur Koestler 96
8. Nachgeschichte. Unblutige Hinrichtung: Efim Etkind, Joseph Brodsky 122
III Im Lager 129
9. Erfahrungen des Bruchs 129
10. Die Metamorphosen und das Staunen 133
11. Die Häftlingswelt als ›Alternativwelt‹ 148
12. Die Geißel der Kriminellen 166
13. Arbeit — Ohnmacht und Bestrafung 191
14. Brot-Lust und Hunger-Leid 216
15. Heterotopien — Fluchtorte in Traum, Natur und Dichtung 227
16. Das Problem des Davongekommenseins: die ›Pridurki‹ — die ›Salvati‹ 242
IV Das Schreiben der Überlebenden 255
17. Das Reale und der Realismus 255
18. Unsagbarkeit-Sagbarkeit und das Schweigen 262
19. Bezeugen — Erzählen 275
20. Authentizitätsgrade? — Alexander Solschenizyn, Lew & Sweta, Ivan ?istjakov (Kurzroman, Korrespondenz, Tagebuch)
V Zwischen Autobiographie und Autofiktion 309
21. Die Fakten sprechen fu?r sich: Karl Steiner (Karlo Štajner) 315
22. Die Untersuchung: Alexander Solschenizyn 329
23. Die Möglichkeit des Schreibens: Gustaw Herling-Grudzi?ski 339
24. Die Vergeblichkeit: Julius Margolin 354
25. Der Text als Ereignis: Warlam Schalamow 366
26. Weibliches Schreiben? Jewgenia Ginsburg 390
27. Die falsche Gattung: Wanda Bronska-Pampuch 409
28. Der Zwei-Lager-Text: Margarete Buber-Neumann 422
VI Die Texte der Nachgeborenen 435
29. Fakt und Fiktion: Karl Steiner und Danilo Kiš 435
30. Horror als Allegorie: Vladimir Sorokin 448
31. Sprache der Melancholie: Olivier Rolin 453
Schlussbemerkungen: Zur Ethik des Schreibens, zur Rolle der Affekte und zum Humanismusproblem 471
Dank 481
Siglen 483
Literatur 485
Namenregister 499

»eine unverzichtbare Lektüre, das leuchtende Beispiel einer äußerst kenntnisreichen und zugleich komplexen literaturwissenschaftlichen Recherche« (Elisabeth von Samsonow, Der Standard, 16.05.2020) »anrührend und unverzichtbar« (Hendrik Werner, Weser Kurier, 18.07.2019) »Renate Lachmann hat mit ihrem Buch mutig erforscht, welche tieferen Verstrickungen zwischen Lager und Literatur erkennbar sind«. (Aage A. Hansen Löve, wespennest Nr. 178, Mai 2020) »Diese herausragende Arbeit (...) erfüllt zweifellos den Anspruch, eine Poetologie der Lagerliteratur zu sein.« (Klaus Steinke, Informationsmittel für Bibliotheken, 27 (2019), 3 (09)) »Renate Lachmann hat mit dem vorliegenden Buch die herkulische Aufgabe gemeistert, diese Literatur eben als Literatur zu durchdenken und vorzustellen.« (Wolfgang Schuller, fachbuchjournal, Februar 2020) »Dieses neue Standardwerk (...) eröffnet neue Perspektiven in der Erforschung der Lagerliteratur.« (Natalia Borisova, Germanistik, 2020, Heft 1-2) »Das Buch sei zur Lektüre dringend empfohlen!« (Reinhard Ibler, Zeitschrift für Slavische Philologie 77.1 (2021)) »Es ist der große Verdienst dieses Buches, dass es solche paradoxen Figuren - wie das Phantastische der Realität, das Unmögliche des Erlebten (...) - entschlüsselt und aufzeigt« (Natalia Borisova, Die Welt der Slaven, Vol. 67, Nr. 2 (Februar 2022))

»eine unverzichtbare Lektüre, das leuchtende Beispiel einer äußerst kenntnisreichen und zugleich komplexen literaturwissenschaftlichen Recherche«
(Elisabeth von Samsonow, Der Standard, 16.05.2020)

»anrührend und unverzichtbar«
(Hendrik Werner, Weser Kurier, 18.07.2019)

»Renate Lachmann hat mit ihrem Buch mutig erforscht, welche tieferen Verstrickungen zwischen Lager und Literatur erkennbar sind«.
(Aage A. Hansen Löve, wespennest Nr. 178, Mai 2020)

»Diese herausragende Arbeit (...) erfüllt zweifellos den Anspruch, eine Poetologie der Lagerliteratur zu sein.«
(Klaus Steinke, Informationsmittel für Bibliotheken, 27 (2019), 3 (09))

»Renate Lachmann hat mit dem vorliegenden Buch die herkulische Aufgabe gemeistert, diese Literatur eben als Literatur zu durchdenken und vorzustellen.«
(Wolfgang Schuller, fachbuchjournal, Februar 2020)

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo 41 Abb.
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Maße 155 x 230 mm
Gewicht 300 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Slavistik
Schlagworte Abläufe • Arbeitslager • Aufarbeitung • Autbiographie • Bedingungen • Bericht • Beschreiben • Erfahrung • Erinnerung • Erinnerungskultur • Erzählen • Erzählung • Ethik des Schreibens • faktographisch • fiktional • Gattung • Gedächtnisorte • GULAG • Lager • Lagerbericht • Lagerliteratur • Lager-Literatur • Mensch • Menschenrechte • Poetologie • Shoa • Sowjetunion • Sprache • Stil • Straflager • Tagebuch • Überleben
ISBN-10 3-8353-9112-7 / 3835391127
ISBN-13 978-3-8353-9112-3 / 9783835391123
Zustand Neuware
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