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Nachrichten vom Ich -  Klaus Wohlschak

Nachrichten vom Ich (eBook)

Neue Gedichte aus dem Leben eines Pragmatikers
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99057-520-8 (ISBN)
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Romantiker bin ich keiner mehr, wie mit 30, als ich zu schreiben aufhörte. Das Leben prägt den Menschen, und so habe auch ich eine lange Kette von Desillusionierungen erfahren - nicht nur müssen, sondern auch dürfen. Der Abschied von Illusionen bedeutet auch immer ein bisschen mehr Erkenntnis an Wirklichkeit, und wie wir mit der Realität umgehen, mit dem Hier und Jetzt, das kennzeichnet den Menschen und seine charakterliche und spirituelle Entwicklung. Für mich hat mit dem Siebziger ein Leben im Rollstuhl begonnen - es wäre dumm von mir, deshalb ins Wehklagen zu verfallen. Jede Realität muss als Herausforderung begriffen und als Chance genützt werden, lautet mein Credo. Insofern bin ich zum Pragmatiker geworden. 492 Seiten - Gedichte über Leben, Denken, Liebe, Lust und Leid

Klaus Wohlschak, geboren 1947 in Wiener Neustadt, hat nach außen hin, so scheint es, ein zwar durchaus interessantes, aber doch im Grunde eher bürgerliches Leben geführt. Auf die Kindheit in der großväterlichen Familie folgte die schulische Laufbahn in Wien und die Matura 1965. Noch im selben Jahr begann er als Reporter für eine Zeitung zu schreiben, daneben studierte er Zeitungswissenschaft, musste das aber abbrechen, als er 1968 im ORF angestellt wurde. Es folgte, nur unterbrochen vom Militärdienst, eine 35 Jahre lange Tätigkeit als Redakteur und Reporter im ORF-Landesstudio Niederösterreich, die vom Chronik-Ressort über die Kultur bis zur Politik führte. 1981 erhielt Wohlschak den Österreichischen Staatspreis für publizistische Verdienste um die Geistige Landesverteidigung, 2000 wurde ihm vom Bundespräsidenten der Professorentitel verliehen.

I
LEBEN


Bereite dich im Leben auf den Tod vor.

 

Aurelia


8. Jänner 2018

Leben ist,

wie, wenn man auf dem Teppich liegt,

mit dem man fliegt.

Leben ist

oft wie ein frisch gespitztes Nagelbrett,

doch auch ganz nett.

Leben ist

wie ein verlockender Vanillebrei

mit Salz dabei.

Leben ist,

wenn du dich in dein Los ergibst

und trotzdem liebst.

Leben ist,

wenn du voll heißem Hunger bist

und drauf vergisst.

Leben ist,

dass auch, wenn wo die Erde bebt,

das Leben lebt.

Leben ist.

Das neue Baby heißt Aurelia

und ist jetzt da.

 

Siebzig


Als ich noch ganz klein war,

habe ich gedacht,

dass das Leben fein war.

Selten so gelacht.

Meine liebe Mutter

hat über mich gewacht,

alles war in Butter.

Selten so gelacht.

Leben hieß meist streiten

gegen die Übermacht.

Die guten alten Zeiten ?

Selten so gelacht.

Jetzt bin ich 70 geworden,

was hab ich draus gemacht.

An der Wand ein paar Orden.

Selten so gelacht.

Hab einen Preis bekommen,

feierlich überbracht.

Habe ihn wichtig genommen.

Selten so gelacht.

Bin ein Professor geworden,

schneller als ich gedacht.

Besser noch als die Orden.

Selten so gelacht.

Ich bin ein Mensch gewesen,

hab meine Fehler gemacht.

Hier könnt ihr es lesen.

Selten so gelacht.

Doch ich konnte lieben,

herzenstief und rein.

Was von mir geblieben,

wird die Liebe sein.

 

Schreibstube


Ich schau hinaus in eine graue Gasse,

wo dann und wann ein Hund mit Herrchen geht.

Es ist die Gegend, wo ich nichts verpasse,

wenn mir der Sinn nach ruhigem Abend steht.

Das kleine Zimmer, wo mein Schreibplatz ist,

hat ein paar schöne Bilder an der Wand.

Sie schaffen einen Raum, wo du vergisst,

in welcher Zeit du bist, in welchem Land.

Das satte Blau von Körper, Seele, Geist

es zeichnet Peter Proksch`s Symbolwelt aus,

und Oscar Asboth`s rote Grafik weist

uns in ein endlos weites All hinaus.

Die Blumen, Blütenklee auf Ackergrund,

die noch vom alten Roman Haller sind,

zeigen die Welt in vielen Farben bunt.

Unten im Grau der Gasse ruft ein Kind.

 

Christi I


Christi, allein in der Wohnung

liegst du, vielleicht schon tot.

Das Abendrot deines Lebens

hat sich gewandelt in Nacht.

Ganz aus meinem Gedächtnis

warst all die Jahre du nie.

Keiner wusste Genaues,

wohin das Leben dich trieb.

Jahre der Not am Anfang,

Entbehrungen auch danach,

Kampf um Bildung und Aufstieg,

aber du hast es geschafft.

Jahre des Glücks und Wohlstands

teiltest du mit einem Mann,

der dir, bald schon verstorben,

nur mehr die Einsamkeit ließ.

Einsamkeit bis in den Wahnsinn,

der Sinn deines Lebens schwand.

Alles war dir genommen,

was an die Menschen dich band.

Da wolltest du nur mehr sterben,

zu helfen, verbatest du mir.

Die Krankheit sollte erlösen,

was an dir sterblich war.

Nach vielen langen Gesprächen

hebst du jetzt nicht mehr ab.

Christi, allein in der Wohnung

liegst du, vielleicht schon tot.

Ich habe die vielen Jahre

nicht für uns beide genützt.

Unausgesprochene Nähe,

aber es ist schon zu spät.

 

Christi II


Christi, trotz deiner Leiden

hab ich dich wiederentdeckt,

dich im Spital gefunden,

und das Geschenk ist, du lebst.

Jemand hat dich gerettet,

jemand war für dich da.

Ich war es nicht, du erlaubtest

keinerlei Hilfe durch mich.

Tot allein in der Wohnung,

wie litt ich unter dem Bild,

bedrückt und mit Trauer im Herzen.

Woche für Woche verging.

Hab mein Versprechen gebrochen,

der Abschied war mir zu schwer.

Hab dich gesucht und gefunden,

Christi, ich fühl mich dir nah.

Freude strömt mir im Herzen,

Freude, so groß und rein.

Dass du nur wieder da bist.*

Lass mich zu dir hinein.

*Anmerkung: Auch dies eine wahre Geschichte: Eine allein lebende alte Frau, Ex-Kollegin und Freundin des Autors, wäre während eines psychotischen Schubes beinahe in einem psychiatrischen Pflegeheim verschwunden, ein Psychiater änderte die Medikation und machte die Frau wieder allein lebensfähig.

 

Singen


Ich lernte singen, und es war ein Profi,

die polnische Sabina, die mich´s lehrte.

Es war ein Wunsch aus frühen Jugendtagen,

der jetzt im Alter noch erfüllt gehörte.

Ich lernte atmen und die Brust entfalten,

die ei´gne Stimme zu entdecken, auch.

Ich bin Tenor und kam bis in die Höhe.

Sabina sagte: Atme aus dem Bauch.

Wenn sie mir vorsang, hatt´ ich ein privates

Konzert als Hochgenuss für mich allein.

Ihr fröhliches Gemüt, es ließ mich schwingen.

Da konnten Herz und Seele offen sein.

Ich gab mir Mühe. Was mich dazu antrieb,

das war Sabinas Art, die mir gefiel.

Wenn Lehrerin und Schüler sich vereinen,

vollzieht sich Kunst, so wird die Welt zum Lied.

 

Ave Maria


(für Marie)

Ave Maria, gratia plena…

Grüß dich, Mariechen, heut geht`s dir gut,

weil dich der Herrgott beschützen tut.

Eine ganz eigene Frau bist du auch,

wegen dem Baby in deinem Bauch.

Wirst viel erleben mit deinem Kind.

Weißt ja, was wir hier für Leute sind.

Und wenn dereinst muss gestorben sein,

dann setzt du, Mariechen, dich für uns ein.

Amen. So soll´s sein.

 

Flieger


Bei Ostwind brüllen morgens die Turbinen,

gleich über unser Haus beim Start hinweg.

Die eben noch an uns zu kleben schienen,

steh´n bald am Himmel nur als kleiner Fleck.

Sie fliegen in der weiten Welt umher,

ich sehe sie in wechselnden Gestalten,

wie einst die Schiffe auf dem großen Meer,

wenn sie versuchten, ihren Kurs zu halten.

Bei Westwind sinken abends die Maschinen

gleich über unser Haus zur Rollbahn hin.

Es ist, als ob sie nur zu schweben schienen,

wie Raumschiffe aus fernen Galaxien.

 

Alte Donau*


Ein Urwald zeigt seine schwarze Silhouette

üppig wuchernder Bäume. Sie spiegeln sich

im unergründlichen Dunkel der Fluten.

Wellen und Wind zittern zum Ufer her.

Dahinter eine Reihe bizarrer Türme,

asymmetrisch in den orangen Himmel ragend.

Mit roten Blinkleuchten an allen Ecken,

wie SOS-Zeichen von einem sinkenden Schiff.

Letzte Wolken leuchten noch über das Wasser,

die Kabinenfenster flackern auf den Wellen.

Schiffsuntergang oder feindliche Raumschiffe,

gelandet in einem dunklen Meer ?

Anmerkung: Heftige Bautätigkeit kennzeichnet derzeit die Landschaft an der Alten Donau, dem Freizeitparadies der Wiener. Der Charakter der Grünoase ähnelt manchmal der eines künftigen Weltraumbahnhofs.

 

Erntedank


Es ist an Trauben fast zu viel gekeltert,

die Fässer fassen all den Saft nicht mehr.

Die Menschen in den Gasthausgärten freuen

sich auf das erste Achtel jungen Weins.

Sonne und Mond vertauschen ihre Plätze,

die Tische sind ins Abendlicht getaucht.

Genießt den Alten und genießt den Neuen,

beide sind Gaben der Natur, des Seins.

Die ihr da sitzt und trinkt, genießt einander,

es ist das letzte Mal in diesem Jahr.

Nehmt diese Freude mit zu euch nach Hause

und feiert euern eig´nen Erntedank.

 

Kuscheln


Ich hätte nur sagen müssen:

Komm zu mir her, lass uns kuscheln !

Aber ich habe geschwiegen.

Ich lag nur nackt neben dir.

Ich habe dich mitgenommen

zu mir nach Hause, samt Hund.

Du warst an der Seele gefährdet.

Ich wollte dir helfen, nur das.

Großartig interveniert ! Das

sagtest du, ehe du dich

im nahen Walde erhängt hast.

Welch ein vernichtendes Lob !

Ich habe dich nicht geliebt.

Ach hätte ich doch nur trotzdem

deine schlaffen Brüste liebkost

und deine Sehnsucht befriedigt.

Aber nackt lag ich nur neben dir.

Das war zu wenig für all dein Leid.

Du warst vom Reden schon leer.

Ich aber wollt´nichts von dir.

An diesem höflichen Veto

bist du vollends verzweifelt.

Komm zu mir her, lass uns kuscheln !

Aber ich schwieg dich nur tot.*

*Anmerkung: Genau so hat es sich leider zugetragen. Halbherzige Hilfe verdoppelt oft nur das Unglück. Ein in helfenden Berufen häufiger, wenn auch verständlicher...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Lyrik / Gedichte
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-99057-520-1 / 3990575201
ISBN-13 978-3-99057-520-8 / 9783990575208
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