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Musikalisches Konzentrationstraining (Musiko mit Pepe) (eBook)

Ein Manual zur Behandlung von Kindern (5-10 Jahre) mit ADHS
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
103 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-026062-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Musikalisches Konzentrationstraining (Musiko mit Pepe) -  Jana-Mareike Hillmer,  Kathrin Rothmann
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Das Musikalische Konzentrationstraining (MusiKo mit Pepe) ist ein manualisiertes Behandlungskonzept, das auf einer Kombination von verhaltenstherapeutischen und musikbasierten Elementen beruht und im Gruppensetting abgehalten wird. Es richtet sich an fünf- bis zehnjährige Kinder mit ADHS oder Konzentrationsschwierigkeiten. MusiKo mit Pepe zeichnet sich durch ein ressourcenorientiertes Vorgehen aus. Es fördert Bewegungsfreude, Neugierde und Kreativität, indem es Musik und körperliche Bewegung als Mittel zum Lernen einsetzt. Gleichzeitig werden keine Lese- und Schreibfertigkeiten vorausgesetzt, die ADHS-Betroffenen häufig Schwierigkeiten bereiten. Dadurch ist das Training besonders verständlich und motivierend. Ziele von MusiKo mit Pepe umfassen eine Steigerung der Aufmerksamkeit, Sozialkompetenz, Emotionsregulation sowie des Selbstwertes der Kinder. Elemente des Trainings sind neben Konzentrationsübungen eine Leitfigur (Paradiesvogel namens Pepe), ein Verstärkersystem, Regelkarten, eine Ampel zur Impulskontrolle, wetteifernde Teamarbeit sowie Hausaufgaben. Zudem sollen ein flankierendes psychoedukatives Elterngruppentraining sowie ein Austausch mit den Lehrkräften in der Gesamtkonzeption zum höchstmöglichen Erfolg führen.

Dr. Dipl.-Psych. Jana-Mareike Hillmer und Dr. Dipl.-Psych. Kathrin Rothmann, zur Zeit tätig in der Jugendhilfe.

Dr. Dipl.-Psych. Jana-Mareike Hillmer und Dr. Dipl.-Psych. Kathrin Rothmann, zur Zeit tätig in der Jugendhilfe.

3         Das Kindertraining


 

3.1        Ziele und Transfer


MusiKo mit Pepe verfolgt neben dem Ziel der Förderung verschiedener Aufmerksamkeitsbereiche (fokussierte, geteilte und Daueraufmerksamkeit), des Arbeitsgedächtnisses, der Impulskontrolle und Handlungsplanung sowie der Sozialkompetenz auch die Steigerung der Eigenverantwortung, der Emotionsregulation und des Selbstwertes. Ein weiteres Ziel ist die Reduktion der Hyperaktivität. Die Ziele werden mit den Teilnehmern in der Gruppe reflektiert, um deren Alltagsrelevanz zu erfassen.

3.1.1      Fokussierte Aufmerksamkeit


Kinder, die an Konzentrationsschwierigkeiten oder ADHS leiden, können aufgrund ihres Inhibitionsdefizits irrelevante Reize nicht ausblenden (Biederman, 2005). Es fällt ihnen schwer, sich auf eine Anforderung zu fokussieren, relevante Reize zu selektieren und Ablenkungen zu ignorieren. Im Alltag wird die fokussierte Aufmerksamkeit z. B. in der Schule benötigt, wenn ein Schüler eine schriftliche Aufgabe bearbeitet oder Erklärungen des Lehrers folgen soll und gleichzeitig Sitznachbarn stören. Bei MusiKo mit Pepe wird diese Fertigkeit durch übende verhaltenstherapeutische Interventionen gefördert. Eine Beispielaufgabe wäre die »Paradiesische Taktschule« ( Kap. 3.6.3), bei der die Kinder gemeinsam einen Rhythmus einhalten müssen, während die Trainer versuchen sie abzulenken. Im Anschluss an diese sowie jede beliebige Aufgabe werden die Kinder gefragt, was durch diese Aufgabe trainiert wurde. In der Regel erkennen sie das Ziel der Übung rasch. Zudem werden sie gebeten, Situationen aus ihrem Alltag zu benennen, in denen Ablenkungen ähnlicher Art vorkommen. Die Kinder sind dabei meist schnell in der Lage, den Transfer zur Schule zu erbringen. Mögliche Antworten können lauten: »Andere machen Quatsch und dann kann ich mich nicht konzentrieren.«, »Oft ist es so laut, dass ich den Lehrer nicht verstehe.«, »Immer wenn ich Hausaufgaben mache, lenkt mich mein kleiner Bruder ab« oder »Mein Freund macht lustige Sachen in der Klasse und ich mache mit«.

3.1.2      Geteilte Aufmerksamkeit


Die Aufmerksamkeitskapazität von ADHS-Betroffenen ist reduziert, wodurch es ihnen schwerfällt, sich auf mehrere konkurrierende Stimuli gleichzeitig zu konzentrieren (Sturm, 2009). Im Schulalltag wird geteilte Aufmerksamkeit beispielsweise erwartet, wenn der Lehrer etwas an die Tafel schreibt (visueller Stimulus) und parallel Erklärungen abgibt (auditiver Stimulus). Daher schult MusiKo mit Pepe diesen Aspekt über verhaltenstherapeutische Interventionen, in denen mehrere Reizgruppen verschiedener Sinnesmodalitäten (z. B. auditiv und visuell oder motorisch) verarbeitet werden sollen. Diese Übungen beinhalten zwei Zielreize, die von den Kindern gleichermaßen konzentriert berücksichtigt werden müssen. Exemplarisch hierfür ist die Aufgabe »Pepes Taktgeschichte« ( Kap. 3.6.5), in der die Kinder einen Rhythmus erlernen, diesen eine Weile spielen, während ein Trainer parallel eine Geschichte vorliest. Im Anschluss werden Fragen zur Geschichte gestellt und mündlich beantwortet. Der Transfer des Trainierten auf den Alltag gelingt den Kindern meist durch genaues Nachfragen der Trainer, ob bei der Aufgabe eine oder mehrere Anforderungen erfüllt werden mussten und was diese beinhalteten. Bekannte Situationen, die geteilte Aufmerksamkeit erfordern, umschreiben die Kinder u. a. folgendermaßen: »Ich muss die Hausaufgaben aufschreiben und dem Lehrer zuhören.«, »Ich soll lesen und gleichzeitig erklärt der Lehrer etwas.« oder »Wenn ich Fahrrad fahre, muss ich dabei auf den Verkehr achten«.

3.1.3      Daueraufmerksamkeit


Die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern mit ADHS ist sehr kurz, besonders wenn die Beschäftigung wenig motivierend und reizarm ist. Sie wechseln häufig von einer Tätigkeit zur nächsten und führen dadurch Aufgaben nicht vollständig zu Ende (vgl. ICD-10 und DSM-IV).

Über verhaltenstherapeutische Interventionen wird bei MusiKo mit Pepe geübt, die Aufmerksamkeit auch bei monotonen Aufgabeninhalten über längere Zeit aufrechtzuerhalten. In der Aufgabe »Fehlerlos« ( Kap. 3.6.4) spielen die Kinder gemeinsam einen Rhythmus, so lange bis jemand einen Fehler macht, dann wird ein neuer Rhythmus gespielt. Bei der anschließenden Reflexion kann der Bezug zur Schule hergestellt werden, da die Kinder den Schulalltag als sehr lang erleben und in weniger beliebten Fächern Schwierigkeiten haben durchzuhalten. Ebenso kann die Hausaufgabensituation zu Hause aufgegriffen werden, da auch hier über einen gewissen Zeitraum die Konzentration gehalten werden muss, um das Pensum zu schaffen. Die Antworten der Kinder lauten beispielweise: »Irgendwann kann ich nicht mehr zuhören.«, »Es ist manchmal so langweilig in der Schule.« oder »Wenn eine Sache lange dauert, höre ich einfach auf damit, obwohl alle sagen, dass ich sie zu Ende machen soll«.

3.1.4      Arbeitsgedächtnis


Die Gedächtnisleistungen von ADHS-Betroffenen werden durch hirnstrukturelle Veränderungen offenbar negativ beeinflusst (Castellanos et al., 2002). Zudem weisen Studien um den HAWIK auf ein Defizit im Arbeitsgedächtnis bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefiziten hin (Hellwig-Brida, 2010; Mayes & Calhoun, 2006). Auch Eltern berichten von vergessenen Unterrichtsmaterialien, Kleidungsstücken und Arbeitsaufträgen. Innerhalb des Trainings wird über verhaltenstherapeutische Methoden die Merkfähigkeit geschult. Ein Beispiel hierfür ist die Aufgabe »Musik im Koffer« ( Kap. 3.6.15), die der Struktur des Kinderspiels »Kofferpacken« folgt. Die Kinder packen selbst ausgedachte Rhythmen auf verschiedenen Instrumenten ein, sollen sich die Rhythmen in korrekter Reihenfolge merken und sie wiedergeben. Der Transfer zu alltäglichen Anforderungen kann z. B. über das Merken der Hausaufgaben oder das Mitbringen von Unterlagen erbracht werden. Die Kinder schildern dies beispielsweise so: »Ich soll mir immer alles merken, was der Lehrer sagt.«, »Ich vergesse andauernd mein Hausaufgabenheft.« oder »Ich muss immer dran denken, mein Sportzeug mitzunehmen, sonst bekomme ich Ärger«.

3.1.5      Impulskontrolle und Handlungsplanung


Kinder mit ADHS haben Schwierigkeiten, ihre Handlungen zu planen und zu kontrollieren (Barkley, 1998). Impulsivität ist eine häufige Folge. Die Kinder reden dazwischen, stören im Unterricht und können nur schwer abwarten. Des Weiteren kommt es nicht selten zu Regelverstößen und Distanzlosigkeit (vgl. ICD-10 und DSM IV). Um den Kindern Strategien für gesteuertes und zielbewussteres Handeln zu vermitteln, setzt MusiKo mit Pepe die Ampel als anschauliches Hilfsmittel ein ( Kap. 3.2.3). Außerdem trainieren die Regelkarten ( Kap. 3.2.4) und Aufgaben wie »Frage-Antwort-Rhythmus« ( Kap. 3.6.6) die Impulskontrolle. Dabei üben zwei Teams unterschiedliche Rhythmen ein und spielen diese im Wechsel. Auf die reflektierende Frage, was bei der Übung wichtig war, antworten die Kinder u. a. »abwarten«, »dem anderen zuhören«, »nicht einfach reinspielen« und »sich vom anderen Team nicht ablenken lassen«. Sie erfassen diese Aspekte rasch als bekannte Anforderungen aus der Schule und von zu Hause: »Ich soll nicht dazwischenreden, wenn sich Mama mit ihrer Freundin unterhält.« oder »Wenn ich mich melde, muss ich abwarten, bis ich drangenommen werde«. Auch der Transfer der Ampel auf den Alltag gelingt vielen Kindern. Sie lernen, sich in Streitsituationen das rote Licht (»Stopp!«) und das gelbe Licht (»Erst überlegen.«) zu zeigen bzw. im Kopf zu denken, bevor sie in die Auseinandersetzung gehen. Bei schulischen Aufgaben denken sie verstärkt an das gelbe Licht, um vor Beginn zu überlegen, sowie an das blaue Licht, um die Aufgabe schließlich zu kontrollieren.

3.1.6      Sozialkompetenz


ADHS-Betroffene haben häufig komorbid soziale Probleme (Landau & Moore, 1991; Döpfner et al., 2013; Schilling, 2006). Neben Regelverstößen diskutieren sie oftmals mit Erwachsenen, streiten sich mit anderen Kindern und haben wenige feste Freunde. MusiKo mit Pepe fördert daher auf verhaltenstherapeutischer Basis prosoziales und empathisches Verhalten bei gleichzeitiger...

Erscheint lt. Verlag 2.12.2015
Zusatzinfo 34 Abb., 5 Tab.
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte ADHS • Aufmerksamkeit • Behandlungskonzept • Emotionsregulation • Gruppentraining • Konzentration • Konzentrationsprobleme • Musiktherapie • Psychologie • Sozialkompetenz • Verhaltenstherapie
ISBN-10 3-17-026062-6 / 3170260626
ISBN-13 978-3-17-026062-7 / 9783170260627
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