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Die Geschichte Europas in 24 Bieren (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Aufl. 2016
352 Seiten
Eichborn (Verlag)
978-3-7325-3034-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Geschichte Europas in 24 Bieren - Mika Rissanen/Juha Tahvanainen
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Geschichte ist keine trockene Angelegenheit, im Gegenteil: Bei vielen historischen Ereignissen war das eine oder andere leckere Pint Bier im Spiel. Und deshalb ist es nur folgerichtig, die Geschichte Europas mal aus einer anderen Perspektive zu erzählen: als Abfolge großer Ereignisse, bei denen ein ganz spezieller Gerstensaft eine prägende Rolle spielte. Mika Rissanen und Juha Tahvanainen erzählen, wie sich Sportler bei der Tour de France mit dem promillehaltigen Isodrink 'Bier' über die Alpen quälten, warum Adolf Hitler seine Reden in Münchner Brauhäusern übte, wie Klosterbrauereien das Bier zum Getränk des kleinen Mannes machten und warum Peter der Große das Nationalgetränk Wodka durch Bier ersetzen wollte - und scheiterte.

I


Das Bündnis von Kirche und Bier


Die heiligen Schriften des Christentums wurden in einer Region zusammengestellt, in der wenig Braugerste angebaut wurde. Das spiegelt sich auch in der Bibel wider. Bei der Hochzeit zu Kana wurde kein Bier gezapft, und beim letzten Abendmahl machte kein Bierkrug die Runde. Die frühe Christenheit folgte dem Vorbild der Heiligen Schrift und trank Wein.

Schon vor der Ankunft der jüdisch-christlichen Auffassungen konnte die Antipathie gegen Bier in Südeuropa auf eine lange Tradition zurückblicken. Die ältesten bekannten Erwähnungen des Biertrinkens in Europa stammen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Der frühgriechische Dichter Archilochos berichtete von den Thrakern, die »Gerstenwein« tranken. Die Einstellung der Griechen gegenüber anderen Völkern war, gelinde gesagt, hochmütig, was auch das Urteil über die Bräuche dieser Barbaren prägte – einschließlich der Esskultur und der Getränke. Den Griechen galt Wein als Geschenk des Gottes Dionysos an die Menschheit. Über das Bier, dieses Getränk der Barbaren, findet sich dagegen in der griechischen Literatur kaum ein positives Wort.

Das kritische Urteil der Griechen über den Geschmack und die angeblich gesundheitsschädliche Wirkung von Malzgetränken wurde auch von den Römern übernommen, die es vor und nach dem Beginn unserer Zeitrechnung in den Gebieten verbreiteten, die sie eroberten, vom Nahen Osten bis nach Britannien. Die nördliche Grenze des Römischen Reiches bildete jedoch nicht unmittelbar eine scharfe Grenze zwischen Bier- und Weinkulturen. In den von den Römern unterworfenen Provinzen, wie Gallien (heute Frankreich und Belgien), Hispanien (heute Spanien und Portugal) und Britannien, blieben die Biertraditionen der Kelten im Volk erhalten. Die Oberschicht dagegen schenkte sich lieber Wein ein. Je weiter die Romanisierung der Provinzen voranschritt, desto weniger Bier wurde gebraut.

Der Aufstieg des christlichen Glaubens zur Staatsreligion im Römischen Reich im 4. Jahrhundert intensivierte diesen Wandel. Der Wein hatte sowohl in der jüdisch-christlichen als auch in der griechisch-römischen Tradition Fürsprecher. Der heilige Kyrill von Alexandria beschrieb im 5. Jahrhundert das Bier als »kaltes und trübes Getränk der Ägypter, das unheilbare Krankheiten verursacht«. Wein dagegen erfreute den Worten eines Psalms zufolge »des Menschen Herz«. Nebenbei sei erwähnt, dass der besagte Kyrill unter anderem die Juden aus Alexandria vertrieb, die namhafte Philosophin Hypatia ermorden ließ und einen Teil der Bibliothek von Alexandria vernichtete – über die Urteilsfähigkeit des Kirchenvaters mag jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.

Die Völkerwanderungen führten im 4. und 5. Jahrhundert scharenweise Germanen über den Rhein und die Donau; sie waren von alters her gewohnt, ihren Durst mit Bier zu löschen. Schon bald bekehrten sich die Germanen zum Christentum und nahmen die Bräuche ihrer neuen Siedlungsgebiete an. Zwar gaben sie das Biertrinken nicht völlig auf, doch die herrschende Klasse und die Gottesgelehrten meinten, Wein sei ihrer Würde angemessener. Diese Aufspaltung in Getränke der Herrschenden und des Volkes verbreitete sich weithin im von den Germanen besiedelten Mitteleuropa. Wo keine Weintrauben wuchsen, beschafften sich die Adligen den Wein als begehrte Importware aus dem Süden. Das Bier wurde auf dem europäischen Festland allmählich zu einem Getränk zweiter Klasse, bis die wackeren Iren Rettung brachten.

Die römischen Legionen hatten seit den Zeiten von Gaius Julius Cäsar von Gallien aus gelegentlich Kriegs- und Erkundungsexpeditionen über den Kanal nach Britannien unternommen. Schließlich wurden im Jahre 43 n. Chr. die südlichen und mittleren Teile der Insel dem Römischen Reich angegliedert. Den Eroberungsdrang der Römer weckten vor allem die begehrten Metallvorkommen in Britannien, die letztlich jedoch kleiner waren als erhofft. Die Angriffe der Römer reichten bis in das schottische Hochland, doch die Nachbarinsel Irland blieb unbehelligt.

Die Kelten durften auf ihrer Insel am Rand der bekannten Welt bis ins 5. Jahrhundert in Frieden leben; dann traf der in Britannien geborene Missionar Patrick (ca. 387–460) ein, um den christlichen Glauben unter den Iren zu verbreiten. Über die geschmacklichen Vorlieben des heiligen Patrick ist nichts bekannt, aber seine Schüler verbanden die irische Biertradition mühelos mit der soeben auf die Insel gelangten christlichen Lehre. Der heilige Dónairt (gest. 507) braute in jedem Frühjahr ein Fass Bier, das er am Dienstag nach Ostern den Kirchgängern in Rath Muirbuilc anzubieten pflegte. Die zu den Nationalheiligen Irlands zählende Brigida von Kildare (451–525) war dem Bier noch mehr zugetan. Die Heiligenlegenden preisen ihre Gastfreundschaft. Als ein durstiger Reisender nach Kildare kam und die Getränke ausgegangen waren, verwandelte Brigida ihr Badewasser in Bier. Und das Bierfass, das sie an eine Gemeinde schickte, vervielfältigte sich unterwegs, sodass die Fässer schließlich für achtzehn Kirchen reichten. Den überzeugendsten Beweis für die Gutwilligkeit der Heiligen liefert jedoch ihr Gebet: »Ich würde dem König der Könige gern einen großen See voller Bier geben. Ich würde gern sehen, wie die himmlische Familie in alle Ewigkeit daraus trinken kann.«

Der christliche Glaube schlug in Irland rasch feste Wurzeln. Schon einige Generationen nach Patrick war Irland eines der Länder in Europa, die die meisten Missionare entsandten. Die Männer der Kirche verbreiteten den Glauben vor allem in den entlegensten Winkeln der britischen Inseln, aber auch auf dem europäischen Festland. Gleichzeitig verbreitete sich die bodenständige Auffassung der Iren, ein Leben im Glauben lasse sich durchaus mit dem Biertrinken verbinden.

Der heilige Columban wurde um 540 in Ostirland geboren, diente in zahlreichen Klöstern seiner Heimatinsel und zog im Alter von neunundvierzig Jahren als Missionar auf das Festland. Die religiösen Zustände in Gallien, das unter der Herrschaft der Franken stand, erschütterten Columban; er machte es sich zur Aufgabe, sowohl am Hof von Burgund als auch im Volk die Reinheit der Lehre wiederherzustellen. Er gründete das Kloster Annegray, dessen Klosterregel im Frühmittelalter zum Vorbild für viele Klöster nördlich der Alpen wurde. Zwar gab es auch in seiner irischen Heimat Klöster, die den Fratres jeglichen Alkohol untersagten, doch der Missionar selbst war kein Anhänger der Prohibition. Im Gegenteil. Columban befürwortete Askese im Klosterleben, doch das Bier stand bei ihm in hohem Ansehen. Dass Bier verschüttet wurde, duldete der heilige Abt nicht, und die Klosterregel von Annegray führt detailliert die Strafen an, die einem Mönch auferlegt wurden, wenn er Bier vergeudete. Ein derart unachtsamer Mönch bekam statt seiner Bierration so lange nur Wasser, bis die verschüttete Menge ersetzt war. Die zentrale Stellung des Biers in Columbans Klosterleben spiegelt sich auch in der Fülle malzhaltiger Heiligenlegenden wider.

Als die Mönche sich einmal zum Abendessen versammelt hatten, ging ein Diener in den Keller, um Bier zu holen. Er zog den Zapfen aus dem Fass und war gerade dabei, die Kanne zu füllen, als Columban nach ihm rief. Die Bierkanne in der einen und den Zapfen in der anderen Hand, eilte der Diener nach oben. Als einer der Mönche am Tisch auf den Zapfen deutete, hatte der Diener es plötzlich eilig. Er hatte vergessen, das Fass zu schließen, und lief besorgt in den Keller. Dort erwartete ihn ein Wunder. Kein Tropfen Bier war auf den Boden gelaufen, das Fass war immer noch randvoll. Erleichtert dankte der Diener dem Herrgott. Die erfreuten Mönche führten das Ereignis darauf zurück, dass Gott dem treuen Diener des Abtes die in der Klosterregel festgesetzte Strafe ersparen wollte. Auch der heilige Columban erhielt seinen Anteil an der Ehre, die dieses Wunder bedeutete. Der Glaube der Mönche an die Vorsehung wurde gefestigt, und das Abendessen konnte in fröhlicher Stimmung fortgesetzt werden.

Columban wurde weithin als frommer Mann bekannt und gründete neue Klöster in Burgund. Im Kloster Fontaines vollbrachte er ein weiteres Bierwunder, das Jonas von Bobbio in seiner Biografie des Heiligen schildert: »Columban ging zum Kloster Fontaines und sah sechzig Mönche bei der Feldarbeit. Als diese mit ihrer harten Arbeit fertig waren, sagte er: ›Meine Brüder, möge der Herr euch eine reichliche Mahlzeit geben.‹ Da er dies hörte, sagte der Gehilfe des Abtes: ›Vater, glaubt mir. Wir haben nur zwei Brote und einen Rest Bier.‹ – ›Bringt sie mir‹, antwortete der Abt. Der Gehilfe brachte die Brote und das Bier zu Columban, der den Blick gen Himmel hob und sprach: ›Jesus Christus, Erlöser der Welt, der du mit fünf Broten fünftausend Menschen speistest, mache diese Brote und dieses Bier ebenso reichhaltig!‹ Das Wunder geschah. Alle konnten sich satt essen und so viel trinken, wie sie wollten. Der Diener trug doppelt so viel Brot und Bier hinaus, als ursprünglich da gewesen war.«

Freilich war nicht jedes Bier gutzuheißen. Im Jahre 611 hörte Columban auf einer Reise in Brigantia (das heutige Bregenz am Bodensee in Österreich) von einem riesigen Bierzuber, den die Stadtbewohner ihrem heidnischen Gott Wodan opfern wollten. Er begab sich auf den Marktplatz, wo der Zuber stand, und stieß wütend alle Luft aus der Lunge. Der Zuber sprang in Stücke, und das Bier floss auf die Erde. Es wird berichtet, dass die Einwohner der Stadt sich nach diesem Vorfall scharenweise zum Christentum bekehrten. Von da an wussten sie, in wessen Namen das Bier zu segnen war.

Columban machte das Bier salonfähig, doch der heilige Gallus (ca. 550–646), ein Mönch, der...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2016
Übersetzer Gabriele Schrey-Vasara
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel Kuohuvaaa Historiaa
Themenwelt Literatur
Sonstiges
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Afrika • ALE • Alkohol • Alkoholgehalt • ALTEN • amerikanische • Amsterdam • Ancient • Antike • Arbeiterpartei • Band • Beck • Beck' • Beck's • Becks • Bedeutung • Beer • Beispiel • Belletristik • Berlin • Berliner • Bestseller • Bevölkerung • Bier • Bier brauen • Bierbrauen • Biere • Biografie • Brauen • Brauerei • Brauereien • brewery • Buch • Bücher • Burgund • Carlsberg • Cider • Cidre • Craft Beer • Culture • Deutsch • Deutsche • deutschen • Deutscher • deutsches • Deutschland • Deutschlands • Drei • Einwohner • Ende • Entwicklung • Entwicklungspolitik • Ereignisse • Ernährung • Erzählung • Erzählungen • Essen • Europa • Europäische • Europe • Export • Fass • Fassbier • Fest • Fianna Fáil • Film • Frankfurt • Frankreich • Franziskaner • Frauen • Frieden • Fürstenberg • Fußball • Gebraut • Gegenwart • Gegenwartskunst • Germania • Geschichte • Geschichte allgemein • Geschichten • Geschmack • Gesellschaft • Gesundheit • Getränke • Gold • Greece • große • GROßEN • Gruppe • Gustav Stresemann • Hall • Hamburg • Hannover • Havel • Hefe • Heineken • Historie • Historiker • Historische • Historisches • History • Hitler • Hopfen • Humor • Institut • Internationale • Internet • Islam • Jahr • jahres • Jahrhundert • Jever • Kind • Kinder • Kirche • Kleine • Kölsch • König • Krieg • Küche • Kultur • Kulturgeschichte • Kunst • kurze • Lager • Lambic • Land • league • Leben • Lexikon • Literatur • Louis Pasteur • Löwenbräu • Malz • Mann • Medien • Menschen • Menschheit • Mittelalter • Mitteleuropa • München • Museum • Musik • Namen • Nansen • Nationale • Neuzeit • Niederlande • Oktoberfest • Original • Paris • Partei • Pasteur • Paulaner • Philosophie • Physik • Pils • Pilsen • Pilsener • Pilsner • Pilsner Urquell • Politik • politisch • Politische • politischen • Prager Burg • Präsident • Prozent • Radsport • Ratgeber • Reich • Religion • Republik • Revolution • Russland • Sachbuch • Sachbücher • Schreiben • Schwangerschaft • Schweiz • Soldaten • Sommer • Spiegel • Sport • Staat • Stadt • Städten • Stammwürze • Stresemann • Teil • Themen • Tour • Trinken • Tschechoslowakei • Überlieferung • Union • Unterhaltung • Unternehmen • Urquell • Václav Havel • Vater • Vergangenheit • Wasser • Wassers • Wehrmacht • Weissbier • Welt • Weltgeschichte • Weltkrieg • Westen • Wien • Wirtschaft • Zeit • Zeiten • zeitepochen • Zeitgeschichte • Zukunft • Zusammenarbeit • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-7325-3034-5 / 3732530345
ISBN-13 978-3-7325-3034-2 / 9783732530342
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