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Die Hörigkeit der Frau -  John Stuart Mill

Die Hörigkeit der Frau (eBook)

(Autor)

Guro Verlag (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
175 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7392-3883-8 (ISBN)
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Ungewöhnlich für seine Zeit und wahrscheinlich beeinflusst durch seine spätere Frau Harriet Taylor Mill, vertrat Mill feministische Ansichten. 1865 wurde er als Vertreter der Gesellschaft für das Frauenwahlrecht ins Parlament gewählt. In seinem 1869 erschienenen Werk The Subjection of Women lässt Mill keine der damals festgestellten Unterscheidungen in Wesen und Verhalten von Frauen und Männern als naturgegeben gelten, da das Meiste ein Produkt von Erziehung und gesellschaftlichen Strukturen sei. Ausserdem war er der Meinung, dass eine egalitäre Gesellschaftsstruktur zum Nutzen aller beitrage, hingegen die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern Unfrieden hervorbringe. 'Alle selbstsüchtigen Neigungen, Selbstvergötterung und ungerechte Selbstbevorzugung, mit denen die Menschheit behaftet ist, haben ihren Ursprung in dem gegenwärtigen Verhältnis zwischen Mann und Frau". Er fordert ebenso das Frauenwahlrecht wie ein Scheidungsrecht. Auch untersucht er als einer der ersten sozialwissenschaftlich die Unterdrückung der Frau. Sein Essay The Subjection of Women von 1869 wird noch im gleichen Jahr von Jenny Hirsch ins Deutsche übersetzt und dort von der Frauenbewegung intensiv rezipiert und in der Öffentlichkeit breit diskutiert.

Ungewöhnlich für seine Zeit und wahrscheinlich beeinflusst durch seine spätere Frau Harriet Taylor Mill, vertrat Mill feministische Ansichten. 1865 wurde er als Vertreter der Gesellschaft für das Frauenwahlrecht ins Parlament gewählt. In seinem 1869 erschienenen Werk The Subjection of Women lässt Mill keine der damals festgestellten Unterscheidungen in Wesen und Verhalten von Frauen und Männern als naturgegeben gelten, da das Meiste ein Produkt von Erziehung und gesellschaftlichen Strukturen sei. Ausserdem war er der Meinung, dass eine egalitäre Gesellschaftsstruktur zum Nutzen aller beitrage, hingegen die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern Unfrieden hervorbringe. 'Alle selbstsüchtigen Neigungen, Selbstvergötterung und ungerechte Selbstbevorzugung, mit denen die Menschheit behaftet ist, haben ihren Ursprung in dem gegenwärtigen Verhältnis zwischen Mann und Frau". Er fordert ebenso das Frauenwahlrecht wie ein Scheidungsrecht. Auch untersucht er als einer der ersten sozialwissenschaftlich die Unterdrückung der Frau. Sein Essay The Subjection of Women von 1869 wird noch im gleichen Jahr von Jenny Hirsch ins Deutsche übersetzt und dort von der Frauenbewegung intensiv rezipiert und in der Öffentlichkeit breit diskutiert.

Erstes Kapitel


Die vorliegende Arbeit hat den Zweck, so klar, wie es mir irgend möglich ist, die Gründe darzulegen, welche mich von der frühesten Zeit an, wo ich mir überhaupt eine Meinung über soziale und politische Verhältnisse zu bilden vermochte, zu einer Ansicht bestimmten, die ich seitdem unverrückt festgehalten habe und die, weit entfernt, schwächer oder schwankender zu werden, sich durch die Erfahrungen und das Nachdenken des reiferen Lebens bei mir nur immer stärker befestigt hat. Diese Ansicht, welche ich begründen will, ist die, daß das Prinzip, nach welchem die jetzt existierenden sozialen Beziehungen zwischen den beiden Geschlechtern geregelt werden – die gesetzliche Unterordnung des einen Geschlechtes unter das andere –, an und für sich ein Unrecht und gegenwärtig eines der wesentlichsten Hindernisse für eine höhere Vervollkommnung der Menschheit sei und daß es deshalb geboten erscheine, an die Stelle dieses Prinzips das der vollkommenen Gleichheit zu setzen, welches von der einen Seite keine Macht und kein Vorrecht zuläßt und von der andern keine Unfähigkeit voraussetzt.

Die Worte, welche ich der von mir unternommenen Arbeit vorauszuschicken für notwendig hielt, beweisen, wie schwierig sie ist. Man wäre jedoch in einem großen Irrtum, wenn man wähnte, die Schwierigkeit des Unternehmens läge in dem Mangel oder der Unklarheit der Vernunftgründe, auf welchen meine Überzeugung beruht. Ich habe mit andern Schwierigkeiten zu kämpfen, und zwar mit solchen, welche immer da entstehen, wo man es mit einer ganzen Masse sich streitend erhebender Gefühle zu tun hat. Solange eine Meinung sehr fest im Gefühl wurzelt, wird sie sich durch ein gegen sie geltend gemachtes Übergewicht von Argumenten nicht erschüttern lassen, sondern weit eher an Stabilität gewinnen. Wäre die Meinung als Resultat eines Argumentes gebildet worden, so dürfte man hoffen, die Widerlegung desselben werde auch die Festigkeit der Überzeugung erschüttern; beruht sie jedoch lediglich auf Gefühlen, so wird man sich, je schlechter man vor dem Angriff der Argumente bestehen kann, um so eifriger daran klammern und sich überreden, die Gefühle müßten einen tieferen Grund haben, einen Grund, den die Argumente gar nicht zu erreichen vermögen. Solange das Gefühl besteht, wird es nicht aufhören, neue Verschanzungen aufzuführen und die in die alten gelegte Bresche wieder auszufüllen. Und es gibt so viele Ursachen, welche dazu dienen, gerade in bezug auf diese Angelegenheit die Gefühle aller, welche an alten Einrichtungen und Gebräuchen hängen und sie beschützen, recht eingewurzelt und intensiv zu machen, daß es uns nicht wundernehmen darf, wenn wir gerade sie von dem Fortschritt der großen modernen geistigen und sozialen Übergangs-Periode noch so wenig gelockert und unterwühlt finden. Ebensowenig darf man annehmen, die Barbarei, welche Menschen am längsten festhalten, sei ein geringerer Grad von Barbarei als jene, welche sie früher abgeschüttelt haben.

Die Aufgabe derer, welche eine beinahe allgemein verbreitete Ansicht angreifen, wird unter allen Umständen eine sehr schwere sein. Sie müssen ungewöhnlich befähigt und überdies noch sehr glücklich sein, wenn es ihnen gelingt, sich überhaupt nur Gehör zu verschaffen. Andere Leute haben lange nicht so viele Schwierigkeiten, einen endgültigen Urteilsspruch zu erlangen, wie es jenen macht, daß ihre Sache nur einer Untersuchung unterzogen werde, und haben sie sich wirklich Gehör verschafft, so unterwirft man sie einer Reihe logischer Formalitäten, die sonst von keinem anderen Menschen gefordert werden. In allen anderen Fällen geht man von der Ansicht aus, derjenige, welcher eine Sache behauptet, habe sie zu beweisen. Wird jemand des Mordes angeklagt, so liegt es seinen Anklägern ob, den Beweis seiner Schuld zu führen, nicht ihm, seine Unschuld darzutun. Walten in betreff geschichtlicher Tatsachen, bei denen im allgemeinen die Gefühle der Menschen nicht sehr in Frage kommen, Meinungsverschiedenheiten ob, wie z.B. über die Belagerung von Troja, so erwartet man, daß diejenigen, welche behaupten, das Ereignis habe wirklich stattgefunden, ihre Beweisgründe dafür beibringen, und erst wenn dies geschehen, verlangt man, daß die, welche die geschichtliche Wahrheit des Ereignisses anzweifeln, etwas darüber sagen, und fordert von ihnen niemals mehr, als daß sie die von der Gegenpartei vorgebrachten Beweisgründe als nicht stichhaltig entkräften. Handelt es sich um praktischere politische oder soziale Dinge, so wird die Beweisführung von denen erwartet, welche sich als Gegner der Freiheit hinstellen und irgendeiner Einschränkung oder einem Verbot das Wort reden, mag es sich dabei um eine Beschränkung der Freiheit für die Menschheit im allgemeinen handeln, oder mag von einer Ungleichheit oder einem Vorrecht einer Person oder einer Klasse von Personen im Vergleich zu andern die Rede sein. Es ist a priori die Annahme immer zugunsten der Freiheit und Unparteilichkeit. Man geht von der Ansicht aus, die Rücksicht auf das allgemeine Wohl erfordere keine Beschränkung, das Gesetz sei ohne Ansehen der Person für alle gleich, ausgenommen da, wo eine ungleiche Behandlung durch ganz bestimmte Gründe der Justiz oder der Staatsklugheit geboten erscheine. Denjenigen, welche sich zu der von mir vertretenen Meinung bekennen, gestattet man jedoch nicht, von einem dieser Gesetze der Beweisführung Vorteil zu ziehen. Es nützt mir nichts, wenn ich sage, daß diejenigen, welche den Satz verfechten: der Mann habe das Recht zu befehlen und die Frau die Pflicht zu gehorchen, oder der Mann sei geeignet, die Frau ungeeignet zur Herrschaft, die Partei sind, welche die Behauptung aufstellen, und daß es deshalb ihre Aufgabe sei, entweder positive Beweise dafür beizubringen oder sich die Verwerfung ihrer Behauptung gefallen zu lassen. Ebensowenig Vorteil wird es mir bringen, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß diejenigen, welche den Frauen Freiheiten und Privilegien vorenthalten wollen, die den Männern rechtlich gewährleistet sind, sich dem zwiefachen Verdacht aussetzen, die Freiheit beeinträchtigen und die Parteilichkeit empfehlen zu wollen, daß von ihnen deshalb die strikteste Beweisführung in ihrer Sache zu fordern sei, und wenn dieselbe nicht so geführt werde, daß sie absolut jeden Zweifel ausschließe, der Urteilsspruch gegen sie ausfallen müsse. In gewöhnlichen Fällen würde man diese Einreden als völlig begründet anerkennen, in dieser Angelegenheit ist man weit entfernt davon. Man verlangt nicht nur von mir, daß ich eine Antwort auf alles habe, was je von denen gesagt ist, die in der Frage auf der andern Seite stehen, sondern ich soll mir auch alles vergegenwärtigen, was möglicherweise noch von ihnen gesagt werden könnte – ich soll ihre Gründe auffinden und dafür sogleich die Entgegnung bei der Hand haben; ich soll gleichzeitig alle Argumente für die Bejahung widerlegen und unüberwindliche positive Argumente für die Verneinung beibringen. Vermöchte ich aber selbst allen diesen Anforderungen zu genügen, ließe ich die Gegenpartei auf dem Kampfplatze zurück mit einer ganzen Anzahl von Argumenten, worauf sie mir die Antwort schuldig geblieben, während ich die ihrigen ohne Ausnahme siegreich widerlegt hätte, so würde man doch immer meinen, ich habe nur erst sehr wenig getan. Eine Sache, die unterstützt ist auf der einen Seite vom allgemeinen Herkommen, auf der andern vom populären Gefühl, hat ein zu großes Vorurteil für sich, und dieses wird sich stärker erweisen als jede Überzeugung, welche ein Appell an die gesunde Vernunft in den meisten Köpfen, mit Ausnahme besonders bevorzugter, hervorbringen kann.

Ich erwähne diese Schwierigkeiten nicht, um mich über sie zu beklagen, und zwar vor allen Dingen um dessentwillen nicht, weil mir das doch nichts helfen würde. Sie sind untrennbar von jedem Streit, der unternommen wird zwischen dem Verständnis der Leute auf der einen und deren Gefühlen und langgehegten Gewohnheiten auf der anderen Seite, und wahrlich, das Fassungsvermögen der großen Menge müßte anders geschult und entwickelt sein, als dies bisher der Fall gewesen ist, ehe man von ihr fordern könnte, sie solle in ihre eigene Fähigkeit, Beweisgründe zu würdigen, ein solches Vertrauen setzen, um bei dem ersten durch Argumente unterstützten Angriff, dem sie logisch keinen Widerstand entgegenzusetzen vermag, praktisch geübte Prinzipien aufzugeben, in welchen sie geboren und erzogen ist und welche die Grundlage der meisten gegenwärtig in der Welt zu Recht bestehenden Einrichtungen bilden. Ich mache den Leuten deshalb auch keineswegs einen Vorwurf daraus, daß sie zu wenig Glauben an Beweisgründe haben, sondern daraus, daß sie dem Herkommen und dem allgemeinen Gefühl ein zu großes Vertrauen schenken.

Das reaktionäre neunzehnte Jahrhundert tritt namentlich durch ein Vorurteil in einen sehr charakteristischen Gegensatz zum achtzehnten, es mißt nämlich den außerhalb des Denkvermögens liegenden Elementen der menschlichen Natur dieselbe Unfehlbarkeit bei, welche das achtzehnte Jahrhundert den denkenden und schließenden Elementen eingeräumt haben soll. An die Stelle der Apotheose der Vernunft haben wir die des Instinktes gesetzt, und Instinkt nennen wir alle Regungen in uns, wofür wir keine vernünftigen Beweggründe aufzufinden vermögen. Dieser Götzendienst, der noch weit erniedrigender als der frühere und überdies der verderblichste von allen falschen Kulten der Gegenwart ist, wird sich wahrscheinlich so lange behaupten, bis eine gesunde Psychologie die wahre Wurzel vieler Dinge bloßlegt, welche jetzt für Zwecke der Natur und göttliche Anordnungen ausgegeben werden. Was nun die von mir zu behandelnde Frage anbetrifft, so bin ich bereit, alle die mir durch das Vorurteil gestellten ungünstigen Bedingungen anzunehmen....

Erscheint lt. Verlag 20.9.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-7392-3883-6 / 3739238836
ISBN-13 978-3-7392-3883-8 / 9783739238838
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