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Schmerzen behandeln mit EMDR (eBook)

Das Praxishandbuch
eBook Download: EPUB
2015 | 3. Auflage
264 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-10828-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schmerzen behandeln mit EMDR -  Jonas Tesarz,  Günter H. Seidler,  Wolfgang Eich
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Mit EMDR lassen sich chronische Schmerzen wirkungsvoll behandeln. Wissenschaftliche Studien haben belegt, dass EMDR einen direkten Effekt auf chronische Schmerzen mit guter Langzeitwirkung hat. Dieses stark anwendungsorientierte Manual erläutert die Grundlagen der EMDR-basierten Schmerztherapie und zeigt anhand ausführlicher Fallbeispiele, wie TherapeutInnen effizient und sicher vorgehen können. Es gibt Zusatzmaterial zum Buch als PDF zum Download EMDR wird neben anderen Verfahren in allen Leitlinien bei psychischen Traumata und Traumafolgestörungen empfohlen. Da Schmerz als ein eigenständiges Trauma betrachtet werden kann, findet die EMDR-Therapie mittlerweile ebenfalls Einsatz bei zahlreichen Arten von chronischen Schmerzen. In klinischen Studien berichten über 50 % der Betroffenen von einer sehr starken Besserung oder Heilung ihrer Beschwerden. Das sind sehr beeindruckende Werte im Vergleich zu anderen Therapiemethoden. Das Buch enthält zahlreiche praktische Arbeitsmaterialen, einschließlich Therapieprotokollen für die direkte Anwendung, fundiertem Informationsmaterial für Patienten, sowie zahlreichen Anleitungen für Patienteneigenübungen mit wirksamen Techniken zur Schmerzkontrolle und Ressourcenaktivierung. - Neues Verfahren mit beeindruckenden Erfolgen - Enthält zahlreiche Arbeitsmaterialien, Ressourcenübungen und Patienteninformationen - Auch für interessierte PatientInnen und Angehörige geeignet >> EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine in der Traumatherapie seit langem bewährte Methode. Behandlungen mit EMDR sind Kassenleistung.

 Jonas Tesarz, Prof. Dr. med., ist Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er ist Facharzt für Innere Medizin sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, EMDR-Supervisor und Gründer des Netzwerks für EMDR Schmerztherapie.. 

 Jonas Tesarz, Prof. Dr. med., ist Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er ist Facharzt für Innere Medizin sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, EMDR-Supervisor und Gründer des Netzwerks für EMDR Schmerztherapie..  Prof. Dr. med. Günter H. Seidler war von 2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand im Sommer 2015 Leiter der Sektion Psychotraumatologie im Zentrum für Psychosoziale Medizin der Universitätsklinik Heidelberg. Er begann seine Laufbahn als Neurochirurg. Er ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Lehranalytiker, Gruppen-Lehranalytiker und EMDR-Supervisor. Er arbeitet freiberuflich als Autor, Coach, Berater, Lehrtherapeut und Lehranalytiker sowie Supervisor. Der Vorentwurf zu seinem ersten Buch ("Der Blick des Anderen. Eine Analyse der Scham") wurde 1989 mit dem Förderpreis der DPG (Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft) ausgezeichnet. Dessen amerikanische Ausgabe avancierte in Trauma-orientierten Kreisen der Psychotherapieszene in den USA zum Kultbuch. Die empirische Überprüfung des dort entwickelten Konstruktes in seiner Habilitationsschrift ("Stationäre Psychotherapie auf dem Prüfstand. Intersubjektivität und gesundheitliche Besserung", 1999) wurde mit dem "Forschungspreis Psychotherapie in der Medizin" ausgezeichnet. Seine Befunde veranlassten ihn zu einem Paradigmawechsel, und er wandte sich der Psychotraumatologie zu. Günter H. Seidler ist Gründungsherausgeber und war bis 2019 Leitender Herausgeber der Zeitschrift »Trauma & Gewalt. Forschung und Praxisfelder«. Günter Seidler hat zahlreiche wissenschaftliche Projekte zu den Folgen individueller Gewalt und zu Großschadensereignissen sowie zur Therapieentwicklung durchgeführt und gilt international als einer der führenden Psychotraumatherapeuten. In seiner praktischen Arbeit verbindet er eine wissenschaftliche Orientierung mit Kompetenzen in zahlreichen Therapieverfahren und mit eigenen Ansätzen. >> Weitere Informationen zu Günter H. Seidler (www.guenter-seidler.de) Wolfgang Eich , Prof. Dr. med., ist Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und forscht zu chronischem Schmerz an der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg. 

Einführung


EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing und ist eine evidenzbasierte psychotherapeutische Methode, die ursprünglich für die Verarbeitung von emotionalem Stress nach psychischer Traumatisierung entwickelt worden ist. Über EMDR können dysfunktional gespeicherte und belastende Erinnerungen neu prozessiert, desensibilisiert sowie im Gehirn neu assoziiert und heilsam integriert werden. Inzwischen ist EMDR international anerkannt als eine der effektivsten Methoden zur Behandlung von Traumafolgestörungen und den damit einhergehenden emotionalen Belastungen.

Die Anwendung von EMDR beschränkt sich bereits seit vielen Jahren nicht mehr nur auf die Traumatherapie, sondern erfasst inzwischen eine Vielzahl unterschiedlichster Störungsbilder, welche mit emotionalen Belastungen einhergehen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Einsatz von EMDR in der Behandlung chronischer Schmerzsyndrome bereits seit den Anfängen von EMDR immer wieder intensiv diskutiert worden ist. Die Gründe hierfür sind vielfältig und wohl auch im Phänomen ›Schmerz‹ selbst begründet. Denn chronischer Schmerz wird von den Betroffenen – ganz ähnlich einem Trauma – häufig als eine Art Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren einerseits und den individuell zur Verfügung stehenden Bewältigungsmöglichkeiten andererseits erlebt. Das dadurch ausgelöste Gefühl von Kontrollverlust, Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe kann unter Umständen – ganz ähnlich einer Traumafolgestörung – zu einer dauerhaften Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis führen. Ein chronisches Schmerzsyndrom als ein belastendes Ereignis, welches genuin als Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit empfunden wird und stark mit Gefühlen von Angst und Hilflosigkeit assoziiert ist, erfüllt damit in der Regel die klassischen Kriterien eines psychischen Traumas. Es liegt in dieser Hinsicht nahe, EMDR als eine effektive und etablierte Technik zur Bearbeitung von posttraumatischen Belastungsstörungen auch auf das subjektive »Schmerztrauma« anzuwenden, das ein chronischer und damit »außer Kontrolle« geratener Schmerz hervorrufen kann.

Inzwischen weiß man durch die neueren Erkenntnisse aus der Hirnforschung, dass psychische Traumata und körperliche Schmerzen auch auf neurobiologischer Ebene viele Gemeinsamkeiten besitzen. Durch funktionell-hirnbildgebende Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das menschliche Gehirn den durch Ausgrenzung und Demütigung hervorgerufenen seelischen Schmerz genauso wahrnimmt wie absichtlich zugefügten körperlichen Schmerz (Eisenberger 2012). Körperliche und seelische Schmerzen werden z. T. in den gleichen Regionen des Gehirns verarbeitet. Körperlicher Schmerz besitzt neben der rein sensorischen Erfahrung des Schmerzes in der Regel auch eine ausgeprägte emotionale Dimension, die bestimmt, wie schlimm oder quälend das Gehirn den Schmerz wahrnimmt. Diese emotionale Ebene ist die gleiche wie die beim sozialen Schmerz. Andererseits konnten manche Untersuchungen zeigen, dass sehr schwerwiegende bedrohliche Erlebnisse auch in solchen Teilen des Gehirns prozessiert werden, welche für die sensorische Komponente des Schmerzes zuständig sind.

Mittlerweile ist ebenfalls belegt, dass traumatische Erlebnisse einen direkten und nachhaltigen Einfluss auf das Schmerzempfinden von Betroffenen haben können, unabhängig davon, ob eine klassische Traumafolgestörung vorliegt oder nicht. So konnte in psychophysiologischen Untersuchungen an chronischen Rückenschmerzpatienten nachgewiesen werden, dass Rückenschmerzpatienten mit traumatischen Erlebnissen in der Vorgeschichte sensibler für Druckschmerzreize sind und eine generalisierte Hyperalgesie1 für tiefe Schmerzqualitäten (z. B. Muskeln, Faszien) aufweisen, während Rückenschmerzpatienten ohne traumatische Erlebnisse nur eine lokalisierte, auf das schmerzhafte Areal des Rückens begrenzte Veränderung zeigen. Die Schwere des Traumas korrelierte dabei mit der Ausprägung der Hyperalgesie. Außerdem konnte bei den Rückenschmerzpatienten mit traumatischen Erlebnissen eine gesteigerte Schmerzausdehnung und eine vermehrte Ängstlichkeit nachgewiesen werden (Tesarz et al. 2015). Interessanterweise gelang es, bei diesen Patienten durch eine therapeutische Bearbeitung der traumatischen Erlebnisse mittels EMDR die nachgewiesenen pathologischen Veränderungen spezifisch zu modulieren. Inzwischen wurde jedoch auch gezeigt, dass EMDR einen direkten Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung von Patienten hat, unabhängig davon, ob von einem traumatischen Ereignis berichtet wird oder nicht.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass es nur wenige Jahre brauchte von der erstmaligen Beschreibung des entlastenden Effekts durch Augenbewegungen durch Francine Shapiro im Jahre 1987 mit der sich daran anschließenden Entwicklung der heutigen »Eye-Movement-Desensitization-Reprocessing«-Methode (schriftlich festgehalten in Shapiro 1989) bis zur erstmaligen Anwendung von EMDR in der Behandlung von chronischen Schmerzen Anfang der 1990er Jahre. Bereits wenige Jahre, nachdem Francine Shapiro unter Einbeziehung einer strukturierenden kognitiven Komponente die heutige Form von Eye Movement Desensitization and Reprocessing ausgearbeitet und veröffentlicht hatte, berichtete das amerikanische Therapeutenehepaar Ray und Carol Blanford (1991) erstmals öffentlich über den erfolgreichen Einsatz von EMDR in der Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen. Im Jahr darauf veröffentlichte der amerikanische Psychiater David McCann (1992) eine eindrucksvolle Fallstudie über die erfolgreiche Heilung einer schweren Schmerzsymptomatik bei einem Patienten mit ausgeprägten Verbrennungen schon nach einer einmaligen EMDR-Sitzung. Und Bruce Eimer, einem Schmerztherapeuten mit bereits langjähriger Erfahrung in der Behandlung chronischer Schmerzen, der sich ergänzend in EMDR weitergebildet hatte, ist es schließlich zu verdanken, dass Mitte der 1990er Jahre erstmals ein eigenes Schmerzprotokoll veröffentlicht wurde (Eimer 1993 a). Dieses erste Chronic Pain Protocol, welches u. a. auf Arbeiten zu spezifischen Copingtechniken aus den 1960er Jahren aufbaute (Cheek & LeCron 1968) und sich im Wesentlichen am klassischen EMDR-Protokoll nach F. Shapiro orientierte (1989), integrierte nun zum ersten Mal schmerzrelevante Aspekte in den klassischen EMDR-Ablauf – damals ein Novum in der EMDR-Szene. Während die erste Version zunächst noch 13 Schritte enthielt, wurden in der überarbeiteten Version kurze Zeit später bereits schon mehr als 20 Schritte spezifiziert (Eimer 1993 b). Die besondere Leistung von Bruce Eimer liegt auch darin, dass er erstmals den Schmerz selbst fokussierte. Zudem führte er erstmals die sogenannte »Antidot-Imagination«, auf welche im praktischen Teil noch näher eingegangen werden wird, als eine schmerzspezifische Imaginationstechnik in die EMDR-basierte Schmerztherapie ein. Die Antidot-Imagination ist eine spezielle Imaginationstechnik, welche später insbesondere durch die Arbeiten von Mark Grant, einem klinischen Psychologen und erfahrenen EMDR-Therapeuten aus Australien, einen festen Stellenwert in der EMDR-Therapie bekommen hat.

Im Rahmen dieser ersten Erfahrungen mit EMDR in der Behandlung chronischer Schmerzsyndrome zeigte sich, dass selbst schwerste Schmerzsyndrome, welche bereits seit vielen Jahren persistierten und sich trotz intensiver Behandlungsversuche resistent gegen alle bisherigen Therapieversuche gezeigt hatten, nach nur wenigen EMDR-Sitzungen deutlich gelindert oder sogar vollständig geheilt werden konnten.

Diese ersten Anwendungen von EMDR in der Schmerztherapie konzentrierten sich meist noch auf »posttraumatische« Schmerzsyndrome, d. h. auf chronische Schmerzsyndrome nach traumatischen Unfällen, welche sowohl zu einer körperlichen als auch seelischen Verletzung geführt hatten. So wurde – und wird natürlich auch heute noch – EMDR sehr erfolgreich bei der Behandlung von Patienten mit Phantomschmerzen (PLP: phantom limb pain) eingesetzt, bei Patienten also, die ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelten, nachdem sie ein Körperglied als Folge eines traumatischen Ereignisses (z. B. einem schweren Motorradunfall) verloren hatten. Es ist gerade diesen damaligen und z. T. sehr eindrucksvollen Erfolgen zu verdanken, dass die EMDR-Therapeuten zunehmend mutiger wurden und das Einsatzgebiet von EMDR immer mehr ausweiteten. Denn diese überwiegend positiven, z. T. enthusiastischen Berichte führten schließlich dazu, dass sich der Fokus weg vom initial »traumatischen Schmerzauslöser« über schmerzassoziierte belastende Erinnerungen und mögliche Trigger hin zum Schmerz selbst als einem traumatischen Erlebnis bewegte. Vor diesem Hintergrund entstanden nach und nach verschiedene spezifische Schmerzprotokolle, welche zunehmend den Schmerz selbst in den Fokus des Desensibilisierungs- und Reprozessierungsprozesses stellten und die Bedeutung des Traumas zunehmend in den Hintergrund rücken ließen.

Es ist vor allem den Arbeiten des bereits genannten Psychologen...

Erscheint lt. Verlag 19.8.2015
Zusatzinfo mit 16 Tabellen und 10 Abbildungen
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Allergie • Ärztliche Psychotherapie • Beratung • Bindungsstörung • Chronischer Schmerz • EMDR • EMDRIA • Essstörung • Eye Movement Desensitization and Reprocessing • Francis Shapiro • Heilpraktiker • Imagination • Kopfschmerz • Medizin • Muskuloskelettale Schmerzen • Palliativtherapie • Phantomschmerz • Psychologie • Psychologische • Psychologische Beratung • Psychologische Psychotherapie • Psychosomatische Medizin • Psychotherapie • Psychotrauma • Ressourcen • Rückenschmerz • Schmerz • Schmerzpatient • Schmerztherapie • Trauma • Traumatherapie
ISBN-10 3-608-10828-9 / 3608108289
ISBN-13 978-3-608-10828-6 / 9783608108286
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