Don Karlos (eBook)
276 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960756-6 (ISBN)
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. - 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. – 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Don Karlos
Anhang
1. Zur Textgestalt
2. Anmerkungen
3. Materialien
3.1 Leben und Zeit
3.1.1 Schillers Leben
3.1.2 Schiller als Bühnendichter
3.1.3 Zur Entstehungsgeschichte des Don Karlos
3.2 Stoff und Legende
3.2.1 Die Tragödie des historischen Don Carlos
3.2.2 Spaniens »Leyenda negra«
3.2.3 Schiller: Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung (1788)
3.3 Das politische Ideendrama
3.3.1 Robert Koall: »Das Drama dauert an«
3.3.2 Carl Schmitt: »Im Vorraum der Politik«
3.3.3 Rousseau: Die Entwicklung des Freiheitsgedankens im Contrat Social
3.3.4 Noch ein »Familiengemälde«: Ferdinand und der Präsident in Schillers Kabale und Liebe
3.3.5 Wolfgang Düsing: Don Karlos als utopischer Entwurf
3.4 Drama der Freundschaft? Kritik und Verteidigung
3.4.1 Marquis Posa ohne Maske
3.4.2 Aristoteles über die Freundschaft
3.4.3 Die Aufnahme des Don Karlos in Weimar
3.4.4 Zwei zeitgenössische Kritiken über den Don Karlos
3.4.5 Aus Schillers Briefen über Don Karlos (1788)
4. Literaturhinweise
Zweiter Auftritt
KARLOS. MARQUIS VON POSA.
KARLOS. Wer kommt? – Was seh ich! O ihr guten Geister!
Mein Roderich!
MARQUIS. Mein Karlos!
KARLOS. Ist es möglich?
130Ist’s wahr? Ist’s wirklich? Bist du’s? – O du bist’s!
Ich drück an meine Seele dich, ich fühle
Die deinige allmächtig an mir schlagen.
O jetzt ist alles wieder gut. In dieser
Umarmung heilt mein krankes Herz. Ich liege
Am Halse meines Roderich.
135MARQUIS. Ihr krankes,
Ihr krankes Herz? Und was ist wieder gut?
Was ist’s, das wieder gut zu werden brauchte?
Sie hören, was mich stutzen macht.
KARLOS. Und was
Bringt dich so unverhofft aus Brüssel wieder?
140Wem dank ich diese Überraschung? Wem?
Ich frage noch? Verzeih dem Freudetrunknen,
Erhabne Vorsicht, diese Lästerung!
[10]Wem sonst als dir, Allgütigste? Du wusstest,
Dass Karlos ohne Engel war, du sandtest
Mir diesen, und ich frage noch?
145MARQUIS. Vergebung,
Mein teurer Prinz, wenn ich dies stürmische
Entzücken mit Bestürzung nur erwiedre.
So war es nicht, wie ich Don Philipps Sohn
Erwartete. Ein unnatürlich Rot
150Entzündet sich auf Ihren blassen Wangen,
Und Ihre Lippen zittern fieberhaft.
Was muss ich glauben, teurer Prinz? – Das ist
Der löwenkühne Jüngling nicht, zu dem
Ein unterdrücktes Heldenvolk mich sendet –
155Denn jetzt steh ich als Roderich nicht hier,
Nicht als des Knaben Karlos Spielgeselle –
Ein Abgeordneter der ganzen Menschheit
Umarm ich Sie – es sind die Flandrischen
Provinzen, die an Ihrem Halse weinen,
160Und feierlich um Rettung Sie bestürmen.
Getan ist’s um Ihr teures Land, wenn Alba,
Des Fanatismus rauher Henkersknecht,
Vor Brüssel rückt mit Spanischen Gesetzen.
Auf Kaiser Karls glorwürd’gem Enkel ruht
165Die letzte Hoffnung dieser edeln Lande.
Sie stürzt dahin, wenn sein erhabnes Herz
Vergessen hat für Menschlichkeit zu schlagen.
KARLOS. Sie stürzt dahin.
MARQUIS. Weh mir! Was muss ich hören!
KARLOS. Du sprichst von Zeiten, die vergangen sind.
170Auch mir hat einst von einem Karl geträumt,
Dem’s feurig durch die Wangen lief, wenn man
Von Freiheit sprach – doch der ist lang begraben.
Den du hier siehst, das ist der Karl nicht mehr,
Der in Alkala von dir Abschied nahm,
175Der sich vermaß in süßer Trunkenheit,
Der Schöpfer eines neuen goldnen Alters
[11]In Spanien zu werden – O der Einfall
War kindisch, aber göttlich schön. Vorbei
Sind diese Träume. –
MARQUIS. Träume, Prinz! – So wären
Es Träume nur gewesen?
180KARLOS. Lass mich weinen,
An deinem Herzen, heiße Tränen weinen,
Du einz’ger Freund. Ich habe niemand – niemand –
Auf dieser großen weiten Erde niemand.
So weit das Zepter meines Vaters reicht,
185So weit die Schifffahrt unsre Flaggen sendet,
Ist keine Stelle – keine – keine, wo
Ich meiner Tränen mich entlasten darf,
Als diese. O bei allem, Roderich,
Was du und ich dereinst im Himmel hoffen,
190Verjage mich von dieser Stelle nicht.
MARQUIS (neigt sich über ihn in sprachloser Rührung).
KARLOS. Berede dich, ich wär ein Waisenkind,
Das du am Thron mitleidig aufgelesen.
Ich weiß ja nicht was Vater heißt – ich bin
Ein Königssohn – O wenn es eintrifft, was
195Mein Herz mir sagt, wenn du aus Millionen
Heraus gefunden bist, mich zu verstehn,
Wenn’s wahr ist, dass die schaffende Natur
Den Roderich im Karlos wiederholte,
Und unsrer Seelen zartes Saitenspiel
200Am Morgen unsres Lebens gleich bezog,
Wenn eine Träne, die mir Lindrung giebt,
Dir teurer ist, als meines Vaters Gnade –
MARQUIS. O teurer als die ganze Welt.
KARLOS. So tief
Bin ich gefallen – bin so arm geworden,
205Dass ich an unsre frühen Kinderjahre
Dich mahnen muss – dass ich dich bitten muss,
Die lang vergessnen Schulden abzutragen,
Die du noch im Matrosenkleide machtest –
[12]Als du und ich, zween Knaben wilder Art,
210So brüderlich zusammen aufgewachsen,
Kein Schmerz mich drückte, als von deinem Geiste
So sehr verdunkelt mich zu sehn – ich endlich
Mich kühn entschloss, dich gränzenlos zu lieben,
Weil mich der Mut verließ, dir gleich zu sein.
215Da fing ich an mit tausend Zärtlichkeiten
Und treuer Bruderliebe dich zu quälen;
Du, stolzes Herz, gabst sie mir kalt zurück.
Oft stand ich da, und – doch das sahst du nie!
Und heiße, schwere Tränentropfen hingen
220In meinem Aug, wenn du, mich überhüpfend,
Geringre Kinder in die Arme drücktest.
Warum nur diese? rief ich trauernd aus:
Bin Ich dir nicht auch herzlich gut? – Du aber,
Du knietest kalt und ernsthaft vor mir nieder:
225Das, sagtest du, gebührt dem Königssohn.
MARQUIS. O stille, Prinz, von diesen kindischen
Geschichten, die mich jetzt noch schamrot machen.
KARLOS. Ich hatt es nicht um dich verdient. Verschmähen,
Zerreißen konntest du mein Herz, doch nie
230Von dir entfernen. Dreimal wiesest du
Den Fürsten von dir, dreimal kam er wieder
Als Bittender, um Liebe dich zu flehn
Und dir gewaltsam Liebe aufzudringen.
Ein Zufall tat, was Karlos nie gekonnt.
235Einmal geschah’s bei unsern Spielen, dass
Der Königin von Böhmen, meiner Tante,
Dein Federball ins Auge flog. Sie glaubte,
Dass es mit Vorbedacht geschehn, und klagt’ es
Dem Könige mit tränendem Gesicht.
240Die ganze Jugend des Pallastes muss
Erscheinen, ihm den Schuldigen zu nennen.
Der König schwört, die hinterlist’ge Tat,
Und wär es auch an seinem eignen Kinde,
Aufs schrecklichste zu ahnden. – Damals sah ich
[13]245Dich zitternd in der Ferne stehn, und jetzt,
Jetzt trat ich vor und warf mich zu den Füßen
Des Königs. Ich, ich tat es, rief ich aus:
An deinem Sohn erfülle deine Rache.
MARQUIS. Ach! woran mahnen Sie mich, Prinz!
KARLOS. Sie ward’s:
250Im Angesicht des ganzen Hofgesindes,
Das mitleidsvoll im Kreise stand, ward sie
Auf Sklavenart an deinem Karl vollzogen.
Ich sah auf dich und weinte nicht. Der Schmerz
Schlug meine Zähne knirschend aneinander;
255Ich weinte nicht. Mein königliches Blut
Floss schändlich unter unbarmherz’gen Streichen;
Ich sah auf dich und weinte nicht – Du kamst;
Laut weinend sankst du mir zu Füßen. Ja!
Ja, riefst du aus; mein Stolz ist überwunden.
260Ich will bezahlen, wenn du König bist.
MARQUIS (reicht ihm die Hand.). Ich will es, Karl. Das kindische Gelübde
Erneur’ ich jetzt als Mann. Ich will bezahlen.
Auch meine Stunde schlägt vielleicht.
KARLOS. Jetzt, jetzt.
O zögre nicht. Jetzt hat sie ja geschlagen.
265Die Zeit ist da, wo du es lösen kannst.
Ich brauche Liebe. – Ein entsetzliches
Geheimnis brennt auf meiner Brust. Es soll,
Es soll heraus. In deinen blassen Mienen
Will ich das Urteil meines Todes lesen.
270Hör an – erstarre – doch erwiedre nichts –
Ich liebe meine Mutter.
MARQUIS. O mein Gott!
KARLOS. Nein! Diese Schonung will ich nicht. Sprich’s aus,
Sprich, dass auf diesem großen Rund der Erde
Kein Elend an das meine gränze – sprich –
275Was du mir sagen kannst, errat ich schon.
Der Sohn liebt seine Mutter. Weltgebräuche,
[14]Die Ordnung der Natur und Roms Gesetze
Verdammen...
Erscheint lt. Verlag | 18.5.2015 |
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Reihe/Serie | Reclam XL – Text und Kontext | Reclam XL – Text und Kontext |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
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Schlagworte | 18. Jahrhundert • Deutschlektüre • Deutschunterricht • Deutschunterricht Friedrich Schiller Don Carlos • Deutschunterricht Friedrich Schiller Don Karlos • Don Carlos • Drama • Friedrich Schiller • Friedrich Schiller Drama • Friedrich Schiller Theater • Klassik • Lektüre • Literatur Epoche Weimarer Klassik • Literaturunterricht • Reclam XL • Schule • Schullektüre • Schullektüre Friedrich Schiller Don Carlos • Schullektüre Friedrich Schiller Don Karlos • Sekundarstufe • Sekundarstufe Friedrich Schiller Don Carlos • Sekundarstufe Friedrich Schiller Don Karlos • Sturm und Drang • Textausgabe Friedrich Schiller Don Carlos • Textausgabe Friedrich Schiller Don Karlos • Text und Kommentar • Tragödie • Unterricht |
ISBN-10 | 3-15-960756-9 / 3159607569 |
ISBN-13 | 978-3-15-960756-6 / 9783159607566 |
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