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"Weihnachten war immer sehr schön"

Die Kinderheime der Landeshauptstadt München von 1950 bis 1975
Buch
202 Seiten
2014 | herausgegeben von der Landeshauptstadt München, Sozialreferat/Stadtjugendamt
Schiermeier, Franz (Verlag)
978-3-943866-23-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

"Weihnachten war immer sehr schön" - Christine Rädlinger
CHF 23,10 inkl. MwSt
Der Stadtrat und das Stadtjugendamt München gaben den Auftrag, die Geschichte der Heimerziehung in den Jahren 1950 bis 1975 sowie die Rolle des Stadtjugendamtes zu untersuchen. Dieses Buch zeigt das Leben von Kindern und Jugendlichen in diesen Heimen in den 1950er bis 1975er Jahren, ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Guten wie im Schlechten und ihr erlittenes Leid und Unrecht.

Dr. Christine Rädlinger ist freie Historikerin in München. Von ihr stammen zahlreiche Publikationen zu Themen der Münchner Stadtgeschichte, vor allem zur Stadtentwicklung. Dazu gehören Veröffentlichungen zu den Münchner Stadtbächen, den Brücken und zur Lokalbaukommission, außerdem zur Münchner Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG.

Die Eingabe des Vereins ehemaliger Heimkinder an den Präsidenten des Deutschen Bundestages im Februar 2006 hat dazu geführt, dass sich die Bundesebene intensiv mit der Situation der westdeutschen Heimerziehung in den Jahren 1945 bis 1975 befasste. Die Betroffenen berichten von Demütigungen und Zwangsarbeit, schwerer körperlicher Misshandlung, systematischer Strafe als einzige Erziehungsmittel und sexuellem Missbrauch. Im Februar 2009 wurden seitens des Bundes ein Runder Tisch Heimerziehung unter dem Vorsitz von Frau Dr. Antje Vollmer (Bundestagsvizepräsidentin a.?D.) und eine Anlaufstelle auf Bundesebene in Berlin eingerichtet. Der Runde Tisch hatte insbesondere die Aufgabe, die Heimerziehung unter den damaligen rechtlichen, pädagogischen und sozialen Bedingungen aufzuarbeiten, Hinweise von damaligen Heimkindern auf zugefügtes Unrecht zu prüfen und Beratungsangebote zu vermitteln. Der Runde Tisch hat in einem Bericht die unbestreitbaren Missstände in der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre bestätigt. In Würdigung der Erkenntnisse wurde zur Unterstützung der individuellen Bewältigung der Vergangenheit der Fonds Heimerziehung-West geschaffen. Der Münchner Stadtrat und das Sozialreferat haben sich auf allen fachpolitischen Ebenen maßgeblich dafür eingesetzt, dass auch die kommunale Seite den Fonds unterstützt und neben dem Bund, den Kirchen und Ordensgemeinschaften sowie den Ländern auch die Kommunen in den Fonds Heimerziehung einzahlen. Auch die Landeshauptstadt München war gefordert, sich mit der Vergangenheit der städtischen Heime kritisch auseinanderzusetzen. Die Aufarbeitung der Geschichte der Münchner Kinderheime (Marie-Mattfeld-Haus, ehemals Hänsel und Gretel-Heim, Münchner Kindl-Heim und Waisenhaus) begann im Sozialreferat/Stadtjugendamt München im Frühjahr 2009. Parallel zur Diskussion auf Bundesebene hatten sich ehemalige Heimkinder aus Heimen in städtischer Trägerschaft im Mai 2009 an das Stadtjugendamt gewandt und von schweren Misshandlungen und (auch sexueller) Gewalt in den städtischen Heimen berichtet. Mit diesen ersten Berichten und nach den Gesprächen mit ehemaligen Heimkindern wurde deutlich, dass eine systematische Aufarbeitung notwendig sein würde, da die Berichte in vielem mit Schilderungen ehemaliger Heimkinder im Kontext des Runden Tisches übereinstimmten: Es waren Berichte über Heime als Ort der Angst und des Ausgeliefertseins. So führten die Überlegungen 2009 zu dem Projekt „Aufarbeitung der Heimerziehung (Fürsorgeerziehung) in Münchner Heimen in stadteigener Trägerschaft zwischen den Jahren 1950 bis ca. 1975“. Ziel war und ist es, Menschenrechtsverletzungen aufzudecken, aber auch ein differenziertes Bild der damaligen Heimerziehung nachzuvollziehen. Durch den Einblick in das Geschehen und in die Handlungsabläufe ist eine Beurteilung und historische Einordnung der damaligen Situation möglich. Dies betrifft auch die Tätigkeit des Stadtjugendamtes sowohl in seiner Funktion als Träger einzelner Einrichtungen als auch als Vermittlungsbehörde für Heimunterbringungen und in der Einzelfallzuständigkeit in den Amtsvormundschaften. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hatte und hat als Dienstherr die Verantwortung für die stadteigenen Heime und die dort untergebrachten Kinder und Jugendlichen sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart und Zukunft. Dies gilt in gleicher Weise für die Kinder und Jugendlichen, die in Vormundschaft des Stadtjugendamtes stehen oder standen. Stellvertretend für alle, die damals Verantwortung getragen haben, entschuldigen sich der Stadtrat und die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt München bei den ehemaligen Heimkindern für erlittenes psychisches und physisches Leid. Die Stadträtinnen und Stadträte aller Fraktionen haben dazu eine Erklärung „Anerkennung von erlittenem Leid und Unrecht“ abgegeben, die am 27. Juli 2011 beschlossen wurde. Sie finden sie im Anschluss an die Vorworte abgedruckt. Als 2. Bürgermeisterin der Stadt München ist es mir ein persönliches Anliegen, den von Unrecht, Gewalt und Missbrauch betroffenen ehemaligen Heimkindern an dieser Stelle meine Anerkennung auszudrücken für den Mut, ihre persönliche Geschichte öffentlich zu machen. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Christine Strobl Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München

Vorwort Leiterin des Stadtjugendamtes München Der nachhaltige Druck von ehemaligen Heimkindern und Opfern körperlicher, seelischer und sexueller -Gewalt löst heute eine gesellschaftliche Aufarbeitung der Heimerziehung der Nachkriegszeit bis in die Mitte der siebziger Jahre aus. Die Stimme der ehemaligen Heimkinder und ihre Berichte von Misshandlungen, Demütigungen und zerstörten Biografien waren auch für das Stadtjugendamt im Sozialreferat München -Anlass, diesen Prozess aufzugreifen. Seit dem Jahr 2009 - analog des Runden Tisches Heimerziehung in Berlin - befassen wir uns mit der Aufarbeitung der Heim- bzw. Fürsorgeerziehung in den drei Heimen in Trägerschaft der Landeshauptstadt München zwischen 1950 bis ca. 1975.Unmittelbar nach Beginn des Runden Tisches haben wir uns an die ehemaligen Kinder und Jugendlichen der Heime in Trägerschaft der Stadt München in der Zeit von 1950 bis ca. 1975 in einem ausführlichen -Anschreiben gewendet. Es war uns sehr wichtig, die Stimme der Betroffenen, ihre "Heimgeschichte", ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Guten wie im Schlechten zu hören und ihnen Zugänge zu Hilfe und Unterstützung auch nach diesen langen Jahren zu -ermöglichen. Die Antworten auf unser Schreiben, die individuellen Erfahrungen und Berichte sind - das zeigten die Gespräche, Briefe und E-Mails - sehr vielfältig und sehr berührend. Zugleich haben uns der Mut und das Vertrauen, sich an die verantwortliche Behörde zu wenden, tief beeindruckt. Gerade deshalb machen die Berichte von erlebtem Leid und Unrecht besonders betroffen. Uns beschämt, dass in diesen Fällen der pädagogische Anspruch der Jugendhilfe nicht erreicht wurde oder sogar ins -Gegenteil verzerrt wurde. Durch Gleichgültigkeit, -kalten Formalismus, durch Gewalt und massiven -psychischen Druck durch Leitungspersonen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde die Würde der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen oft nachhaltig verletzt und ihr Leben beschädigt.Mit tiefer Erschütterung haben wir das Ausmaß dieser entsetzlichen Übergriffe zur Kenntnis genommen. Es ist an uns zu verstehen, welche tiefen Wunden Misshandlung und Missbrauch bei den Opfern hinterlassen haben.Der Stadtrat der Landeshaupstadt München hat uns im Rahmen unserer Aufarbeitung damit beauftragt, eine Dokumentation und eine historische Aufarbeitung der Jahre der Heimerziehung in den städtischen -Heimen vorzunehmen. Diese Dokumentation soll ein differenziertes Bild nachzeichnen und ein Verstehen der Geschichte der Heimerziehung vor dem Hintergrund der Berichte ehemaliger Heimkinder ermöglichen. -Zugleich soll sie aber auch diese Geschichte festhalten: als Zeichen und Mahnung für ein menschliches -Gesicht der Erziehung in öffentlicher Verantwortung, für eine demokratische Heimgestaltung, für eine -positive Zukunft für alle Kinder und Jugendlichen, die uns in dieser Hilfe anvertraut sind.Was in den damaligen Regularien und Anweisungen als Recht und Unrecht festgelegt wurde, unterliegt -sicher auch einem gesamtgesellschaftlichen Wandel. Zu unterscheiden ist immer zwischen einer Sicht aus damaligem und heutigem Wissen. Diese Unterscheidung darf aber nicht dazu verleiten, geschehenes -Unrecht zu relativieren oder gar zu legitimieren. Auch in den Nachkriegsjahren des vergangenen Jahrhunderts, auch in den Jahren einer Verdrängung und auch Verleugnung der nationalsozialistischen Vergangenheit waren die Würde des Menschen und die Ächtung der Gewalt bestehende Universalien des -Kindeswohls. Die Achtung des Kindes war und ist -Bestandteil des pädagogischen Wissens seit August Aichhorn und -Janusz Korczak. Die tiefen Erschütte-rungen der ehema-ligen Heimkinder, ihr damaliges -Bewusstsein, Unrecht erfahren zu haben, zeugen mit Nachdruck davon.Die jetzt vorliegende Dokumentation von Frau Dr.?Christine Rädlinger soll den ehemaligen Heim-kindern das lange verwehrte öffentliche Gehör verschaffen. Frau Dr. Rädlinger ist für ihre umfangreiche -Recherche der Akten und der Berichte der Betroffenen zu danken.

Erscheint lt. Verlag 20.8.2014
Vorwort Christine Strobl, Maria Kurz-Adam
Sprache deutsch
Maße 230 x 270 mm
Gewicht 920 g
Einbandart Englisch Broschur
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Heimerziehung • Heimerziehung / Heimpädagogik • Kinderheim • München, Geschichte • München; Politik/Zeitgesch. • Waisenhaus
ISBN-10 3-943866-23-8 / 3943866238
ISBN-13 978-3-943866-23-0 / 9783943866230
Zustand Neuware
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