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Wer bin ich ohne dich?

Warum Frauen depressiv werden - und wie sie zu sich selbst finden

(Autor)

Buch | Hardcover
253 Seiten
2012
Campus (Verlag)
978-3-593-39555-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer bin ich ohne dich? - Ursula Nuber
CHF 27,95 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen;
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Wenn Beziehungen krank machen
Frauen erkranken doppelt so häufig an Depressionen wie Männer. Aktuell sind es etwa fünf Millionen Frauen in Deutschland. Die Ursache: Frauen haben eine viel höhere Beziehungsbedürftigkeit als Männer. Sie definieren sich und ihr Wohlbefinden über ihre Beziehungen zu anderen. Und genau dieses Gefühl der Abhängigkeit kann zur Depression führen. Die Psychologin und Bestsellerautorin Ursula Nuber zeigt in ihrem neuen Buch, warum auch starke und erfolgreiche Frauen depressiv werden. Und vor allem: Wie sie wieder zu sich selbst finden oder es gar nicht so weit kommen lassen. Wir empfehlen dieses Buch allen Frauen, die sich schon mal gefragt haben: »Bin ich krank oder ist das noch normal?« Und natürlich allen Männern, die ihre Frau besser verstehen wollen.

Ursula Nuber ist Diplompsychologin und seit 1996 stellvertretende Chefredakteurin der Zeitschrift Psychologie Heute. Sie arbeitet als Psychotherapeutin und Paarberaterin in der Nähe von Heidelberg und ist Autorin zahlreicher psychologischer Sachbücher mit einer Gesamtauflage von über 300 000 Exemplaren.

Inhalt

Vorwort 7

Wie gut, dass niemand weiß?…
Warum Frauen depressiv werden 17

Wege in die Depression
Die üblichen Verdächtigen 36

"Ich bin doch nicht depressiv!"
Wie Frauen sich ihre Krankheit erklären 71

Stroh zu Gold spinnen
Der Stress der Frauen 85

Hauptsache in Kontakt bleiben
Leiden in und an Beziehungen 111

"Wenn du nur anders wärst!"
Wie Mädchen abhängig und Jungen autonom werden 138

Lesbische Liebe
Mehr Verständnis, weniger Stress 167

Die Weisheit der Königin
Fünf Wege aus der Depression 174

Wer bin ich ohne dich? Ich! 213

Anhang 223
Literatur 243
Register 248

"Nuber zeigt Frauen Wege aus der Depression auf: sich die eigene Stärke und Unabhängigkeit bewusst machen, sich wehren, egoistischer werden, nicht mehr immer nett sein wollen.", Stern Gesund Leben, 01.05.2013

Machen Männer Frauen krank?
"Depressionen befallen Frauen doppelt so häufig wie Männer. Auslöser sind meist Beziehungen, fand die Therapeutin Ursula Nuber heraus und zeigt Wege aus dem Tief." (Bunte, 09.08.2012)

Machen Männer Frauen depressiv?
"Studien zeigen: Frauen mit Depressionen berichten mehrheitlich von Partnerschaftsproblemen vor der Erkrankung." (Bild Online, 18.08.2012)

Pingpong mit mir
"Die Autorin zeigt, wie man Abhängigkeiten überwinden und wieder zu sich selbst finden kann. Ein schlauer Ratgeber mit vielen Aha-Effekten!" (Emotion, 01.09.2012)

Frauen müssen lernen Grenzen zu ziehen
"Auch für nicht betroffene Frauen eine spannende und hilfreiche Lektüre." (Freundin Donna, 01.09.2012)

Doppelbelastung Mutterschaft
"Ohne das damit verbundene Leid zu ignorieren, gewinnt Nuber der Krankheit am Ende sogar einen positiven Aspekt ab: Die Depression bietet eine Chance, sich von Illusionen zu verabschieden." (Die Welt, 15.09.2012)

Wer bin ich ohne dich?
"Ein wertvolles Buch." (myself.de, 21.09.2012)

Machen Männer Frauen krank
"Anhand von vielen kleinen Fallbeispielen aus ihrer eigenen Praxisarbeit zeigt Ursula Nube, wie man Abhängigkeiten überwinden und wieder zu sich selbst finden kann. Trotz der wissenschaftlichen Studien, die Nuber erwähnt, ist die Lektüre nicht abgehoben, immer verständlich geschrieben und sehr hilfreich." (Handelsblatt Online, 27.09.2012)

Vorwort Es ist eine traurige Tatsache: Frauen erkranken weltweit doppelt so häufig an Depression wie Männer. Seit Jahrzehnten hat sich an diesem Phänomen nichts verändert - die hohe Erkrankungsrate von Frauen scheint wie eingefroren. Das allein müsste schon Anlass zur Sorge geben. Doch das große Depressionsrisiko des weiblichen Geschlechts wird offensichtlich als unvermeidbarer Fakt hingenommen. So eindringlich Experten vor der weiteren Zunahme der Krankheit Depression warnen, so beiläufig wird meist das besondere Risiko der weiblichen Bevölkerung thematisiert. Grundsätzlich ist das Bedrohliche der Krankheit Depression längst erkannt: Die Forschungsbemühungen sind angesichts der stetig steigenden Diagnosen intensiv und die vorliegenden Erkenntnisse durchaus beeindruckend. Die Lebensbedingungen in der modernen, globalisierten Welt wurden als depressionsfördernd ausgemacht, die biochemischen Veränderungen im Gehirn von depressiv Erkrankten sind bekannt, und auch frühe traumatische Kindheitserfahrungen werden ausführlich als Auslöser der Depression diskutiert. Und natürlich liegen Antworten zur Frage vor, warum Frauen häufiger als Männer erkranken: Frauen reden bereitwilliger mit Ärzten über ihre emotionalen Probleme und werden deshalb häufiger als depressiv diagnostiziert. Frauen leiden in bestimmten Lebensphasen - in der Pubertät, nach der Geburt eines Kindes, in den Wechseljahren - unter hormonellen Störungen, die sich auf ihre seelische Verfassung negativ auswirken. Frauen versuchen Probleme auf selbstschädigende Weise zu lösen. Zugespitzt könnte man aus den Veröffentlichungen schlussfolgern: Wenn Frauen depressiv werden, dann liegt das wahlweise an ihrer Biologie oder an ihren Persönlichkeitseigenschaften. Die erschöpfte Seele des Menschen ist von allen Seiten durchleuchtet. Doch alle bisherigen Erkenntnisse können nicht befriedigend erklären, warum das Depressionsrisiko für Frauen über viele Jahre hinweg konstant doppelt so hoch ist wie das der Männer. Das Verständnis für und das Wissen über die erschöpfte weibliche Seele sind bei vielen Experten, und daher auch bei den meisten Betroffenen, lückenhaft. Für die betroffenen Frauen hat das unter Umständen fatale Folgen: Sie geraten zu schnell in das "medizinische System", ihre Symptome werden ausschließlich medikamentös behandelt, oder sie bekommen Behandlungen, die ihnen den Eindruck vermitteln, dass sie so, wie sie sind, nicht in Ordnung sind. Die Chance, dass sie die wirklichen Ursachen der Depression ausfindig machen, ist dann gering. Burnout adelt, Depression stigmatisiert In jüngster Zeit ist die brisante Tatsache, dass mehr Frauen als Männer in ihrem Leben mindestens einmal eine depressive Episode erleben, noch mehr in den Hintergrund gerückt. Denn die Medien haben ein scheinbar spannenderes Thema entdeckt: Burnout. Längst ist es keine Schande mehr öffentlich zuzugeben, dass man - aus beruflichen Gründen - an die Grenzen seiner Kraft und Leistungsfähigkeit geraten ist. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren öffentlich zugegeben, ausgebrannt und mit ihren Nerven am Ende zu sein: Ralf Rangnick, Trainer beim FC Schalke 04, stellte wegen seelischer und körperlicher Erschöpfung sein Amt zur Verfügung, die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Miriam Meckel begab sich ausgepowert in eine Klinik, und auch der Starkoch Tim Mälzer, der Skispringer Sven Hannawald, der Bestsellerautor Frank Schätzig, die Sängerin Mariah Carey, die Schauspielerin Renée Zellweger und viele andere bekannten sich dazu, an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit geraten zu sein. Allen Betroffenen sind zwei Dinge gemeinsam: Ihre Diagnose lautet "Burnout" - nicht "Depression". Und sie alle waren, ehe sie ausgebrannt eine Pause einlegen mussten, äußerst erfolgreich und extrem leistungsstark. Durch die zahlreichen Medienveröffentlichungen bekam die Öffentlichkeit ein ganz bestimmtes Bild davon, was unter einem Burnoutsyndrom zu verstehen ist: Es ist die Krankheit der Manager, der Führungskräfte, der Leistungssportler, der Künstler. Kurz: Burnout ist die Krankheit der Leistungsträger. Wer ausgebrannt ist, muss vorher heftig gebrannt haben. Burnout, so meint der Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, ist eine Art "Verwundetenabzeichen". Einfühlsam und voller Verständnis erklärte denn auch Hans-Dieter Hermann, der psychologische Betreuer der Fußballnationalmannschaft, den Rücktritt Ralf Rangnicks mit dem Hinweis auf die enorme Belastung von Fußballtrainern: Sie seien 24 Stunden im Einsatz und trügen eine enorm große Verantwortung - auch für das, was sie kaum beeinflussen könnten. Auch Frauen, die depressiv erkranken, sind 24 Stunden im Einsatz. Auch sie tragen Verantwortung für viele Menschen und versuchen oftmals, das Unmögliche möglich zu machen und zu beeinflussen, was sie nicht beeinflussen können. Ihr Leben verläuft vielleicht nicht so spektakulär wie das eines Fußballtrainers, für ihren täglichen Marathonlauf bekommen sie keine Medaillen, und sie schreiben über ihre Erfahrungen auch keine Bücher, die zu Bestsellern werden. Weil sie nicht prominent sind, und weil die Leistung, die sie erbringen, von ihnen selbst und auch von anderen meist als selbstverständlich und als "nichts Besonderes" betrachtet wird, erhalten sie, wenn sie am Ende ihrer Kraft sind, nicht die Auszeichnungsdiagnose Burnout. Ihr Problem bekommt ein anderes, weniger schickes Etikett: Depression. Die "Fußballtrainerinnen des Alltags" können nicht auf die einfühlsame Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zählen, sie werden nicht verständnisvoll begleitet, und sie werden auch nicht gelobt für ihre Leistung und ihren tagtäglichen Spagat zwischen Beruf und Familie, Kindern und Karriere. Anders als Burnout-Erkrankte kommen diese Frauen auch gar nicht auf die Idee, ihre Belastungen an die Öffentlichkeit zu tragen. Im Gegenteil: Niemand soll ihnen die Anstrengung ansehen, niemanden wollen sie mit ihren Sorgen und Problemen belästigen. Sind sie dann irgendwann völlig erschöpft, wissen sie nicht mehr weiter und drohen unter der Last der Verantwortung und der Aufgaben zusammenbrechen, geben sie meist sich selbst die Schuld: Sie haben sich nicht genug angestrengt, sie haben etwas falsch gemacht, sie haben das Gefühl, "nicht richtig" zu sein. Ihnen fehlt das Verständnis für sich selbst, und oftmals bekommen sie auch von ihrer Umgebung nicht das Mitgefühl, das sie in ihrer Situation dringend nötig hätten. Wo Burnout adelt, stigmatisiert die Depression. Da können Experten noch so oft betonen, dass es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Erkrankungen gibt, dass Burnout im Grunde nur den Prozess beschreibt, der in die Depression führt - die Depression hat immer noch ein schlechtes Image. Sich selbst und dem sozialen Umfeld einzugestehen "Ich bin depressiv" ist auch heute noch deutlich schwieriger als zu sagen "Ich leide unter Burnout". Natürlich ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass seelische Erkrankungen und der Wahnsinn unserer leistungsorientierten Gesellschaft nun unter der Überschrift "Burnout" offener diskutiert werden. Doch leider gerät dabei nicht nur dessen Gemeinsamkeit mit der Krankheit Depression aus dem Blickfeld, es entsteht auch so etwas wie ein Zweiklassensystem seelischer Erkrankungen: hier die hart schuftenden Leistungsträger, dort die Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - zu schwach fürs Leben sind. Diese Entwicklung ist grundsätzlich fatal, für eine bestimmte Gruppe von Betroffenen hat sie jedoch besonders negative Auswirkungen: für depressive oder depressionsgefährdete Frauen. Weil die Scheinwerfer der Öffentlichkeit vor allem das Thema "Burnout" beleuchten, geraten sie noch mehr in den Hintergrund. Stress und Beziehung: Was Frauen krank macht Dieses Buch rückt die weibliche Depression in den Mittelpunkt und geht der Frage nach, welche Faktoren tatsächlich für die hohe Erkrankungsrate der Frauen verantwortlich sind. Dabei konzentriert es sich auf zwei Schwerpunkte. Es will erstens zeigen, dass eine wesentliche Ursache der weiblichen Depression in der Stressbelastung von Frauen liegt, die sich erheblich von der Stressbelastung der Männer unterscheidet. Diese Feststellung zu treffen heißt nicht, die Stressoren, denen Männer ausgesetzt sind, als unbedeutend zu werten. Auch sie stehen unter erheblichem Druck, vor allem berufliche und finanzielle Schwierigkeiten können sie seelisch belasten. Aber es gibt signifikante Unterschiede zwischen dem Stress der Männer und dem Stress der Frauen - Unterschiede, die das erhöhte Risiko von Frauen erklären können. Depression kann selbstverständlich alle chronisch belasteten Menschen treffen; Frauen aber stehen unter sehr viel mehr und ganz besonderem Druck, der in einem Männerleben weniger ausgeprägt ist oder gar nicht existiert. Deshalb ist das weibliche Geschlecht aufgrund der spezifischen Aufgaben und Belastungen extrem gefährdet. Die erste These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Stresserkrankung: Frauen sind spezifischen Stressoren ausgesetzt, die in einem Männerleben nicht so häufig oder gar nicht vorkommen. Der zweite Schwerpunkt dieses Buches widmet sich einer Beobachtung, die in der Diskussion um die Entstehung der weiblichen Depression häufig nicht angemessen berücksichtigt und noch seltener richtig gewichtet wird: Den Frauen, die depressiv erkranken, fehlen fast immer stützende, zugewandte, nährende und wärmende Beziehungen zu anderen wichtigen Menschen in ihrem Leben. Spricht man mit betroffenen Frauen darüber, warum sie selbst glauben, dass sie depressiv geworden sind, dann unterscheiden sich ihre Erklärungen deutlich von denen der Experten. Sie erzählen vom Stress in ihrem Alltag und von ihrer Kindheit, die wenig erfreulich war, sie berichten über ihre Sehnsucht nach einer liebevollen, unterstützenden Beziehung. Und meist haben sie, ehe sie krank wurden, einen schweren Verlust erlitten. Dabei kann es sich um den Verlust eines wichtigen Menschen durch Tod oder Trennung handeln, aber auch um einen Verlust im übertragenen Sinn: Wenn es Frauen nicht gelingt, tragfähige, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, dann empfinden sie das nicht nur als persönliches Versagen, sondern auch als tief greifenden Verlust, der sie jeglicher Hoffnung beraubt. Sie spüren, dass sie keinen wirklichen Kontakt zu anderen haben, dass Intimität und Nähe in ihrem Leben fehlen - und sie geben sich die Schuld dafür. Scheitern Beziehungen oder gelingen sie nicht so, wie Frauen es sich wünschen, übernehmen Frauen die Verantwortung. Sie glauben, dass sie diese Beziehungsprobleme nicht hätten, wenn sie besser, attraktiver, klüger, perfekter wären. Dann würden sie bekommen, was sie ersehnen: Nähe, Zuwendung, Verständnis, Kontakt. Das Misslingen von Beziehungen stimuliert nur noch mehr die Bemühungen um diese. Die Frauen erhöhen ihren Einsatz: Sie sind noch netter, noch rücksichtsvoller, noch hilfsbereiter, und sie vernachlässigen noch bereitwilliger ihre eigenen Bedürfnisse, Standpunkte, Ziele. Vor allem aber unterdrücken sie nach Möglichkeit all ihre "negativen" Impulse. Wut und Ärger, Aggression und Enttäuschung, so glauben sie, dürfen nicht gezeigt werden, denn die harmonische Beziehung zu anderen Menschen ist wichtiger als die eigene Person. Das Eigene - eigene Bedürfnisse, Wünsche, Ärger - wird gehemmt, um die anderen für sich zu gewinnen. Der Preis dafür ist hoch: Der Kontakt zu sich selbst geht verloren. Häufig wird Frauen ihre starke Orientierung auf andere Menschen als Abhängigkeit, als Unselbständigkeit und Unreife ausgelegt. Diese Vorwürfe machen sie meist mut- und hilflos. Die Wahrnehmung depressiver Frauen ist: Wären sie selbstständiger und unabhängiger, dann wären sie nicht depressiv. Hätten sie nicht so hohe Ansprüche und Erwartungen an andere Menschen, vor allem an ihre Partner, ginge es ihnen besser. In ihrer Angst, die sich bei vielen Frauen - ausgesprochen oder unausgesprochen - in der Frage ausdrückt "Wer bin ich ohne dich?", sehen sie bestätigt, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Woher diese Angst kommt und dass sie durchaus nachvollziehbare Gründe hat, wissen die betroffenen Frauen nicht. Autonomie und Eigenständigkeit gelten in unserer Gesellschaft zu Recht als wichtige Eigenschaften. Übersehen wird dabei aber, dass Beziehungsfähigkeit für alle Menschen - vor allem aber für Frauen - eine ebenso große Bedeutung hat. Fühlen sich Frauen in ihrer Sehnsucht nach verlässlichen, emotionalen Beziehungen abgewertet, werden sie als "abhängig" und "unselbstständig" abgestempelt, müssen sie sich zwangsläufig infrage stellen. Es fällt ihnen dann sehr schwer, ihr Bedürfnis nach "in Beziehung sein" positiv zu bewerten und selbstbewusst dafür zu sorgen, dass es Erfüllung findet. Depressive und depressionsgefährdete Frauen sehen nur die Schattenseite ihrer Sehnsucht nach verlässlichen Beziehungen. Es fehlt ihnen das Bewusstsein und das Verständnis dafür, wie wichtig andere Menschen für sie sind, und dass ihr Leiden in und an Beziehungen nicht ihre Schuld und ihr Unvermögen ist. Und auch Experten, bei denen depressiv erkrankte Frauen Hilfe suchen, ist der Zusammenhang zwischen Beziehungserfahrungen und der Krankheit Depression häufig nicht in seinem ganzen Ausmaß und seiner immensen Bedeutung für die Entstehung der Krankheit bewusst. Die zweite These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Beziehungsstörung: Die Erfahrungen, die Frauen in und mit Beziehungen machen, können eine Depression verursachen. Der spezifische Stress der Frauen und ihre Beziehungserfahrungen werden in diesem Buch als Schlüsselfaktoren betrachtet, welche die hohe Erkrankungsrate des weiblichen Geschlechts plausibel erklären können. Denn das Muster Chronischer Stress + Beziehungsenttäuschung = Depression findet sich bei vielen Frauen, die am Rande des seelischen Zusammenbruchs balancieren oder bereits depressiv erkrankt sind. Die bisherigen Antworten auf die Frage, warum Frauen häufiger als Männer depressiv erkranken, lassen diese Aspekte zwar nicht unberücksichtigt, schenken ihnen aber nicht die nötige Aufmerksamkeit. Nur eine sehr spezifische, auf weibliches Leben und Erleben zugeschnittene Betrachtungsweise kann dem Phänomen der weiblichen Depression gerecht werden - eine Betrachtungsweise, die dieses Buch konsequent einnimmt. Es ist geschrieben für jene Frauen, - die tagtäglich mit unzähligen Stresssituationen fertig werden müssen (und denen das oftmals auf bewundernswerte Weise lange Zeit sogar gelingt), - die nicht Nein sagen, sich nicht abgrenzen können, - die ihren Ärger und ihre Enttäuschung für sich behalten, weil sie fürchten, sonst nicht mehr geliebt zu werden, - die glauben, dass sie zu liebesbedürftig und zu anhänglich sind und deshalb versuchen, ihren Wunsch nach Nähe nicht zu zeigen, - die das Gefühl haben, in ihren Beziehungen emotional zu verhungern und nicht verstehen können, was in ihren Partnern vor sich geht, - die zu viel essen, zu viel trinken, zu viele Beruhigungsmittel schlucken, zu wenig schlafen, - die es allen möglichst recht machen wollen, und darüber völlig vergessen, was für sie denn "recht" wäre. Dieses Buch will Mut machen. Denn Frauen, die bereits an Depression erkrankt oder von ihr "bedroht" sind, brauchen Mut. Sie brauchen Mut, um die Depression nicht durch noch mehr Aktivitäten, noch mehr Leistung, noch mehr Nettsein abzuwehren oder zu ignorieren. Sie brauchen Mut, um sich ganz in Ruhe anzuhören, was die Depression ihnen zu sagen hat. Sie brauchen Mut, sich ihrer Angst vor Veränderung zu stellen. Sie brauchen Mut, die eigene Stimme zu erheben und sich für das eigene, wahre Ich stark zu machen. Denn nur so kann es ihnen gelingen, den depressionsfördernden Bedingungen in ihrem Leben die Schärfe zu nehmen. Ein Hinweis: Das Bild der Depression, das ich in diesem Buch vorstelle, verdanke ich unter anderem meiner langjährigen Erfahrung als Psychotherapeutin und den Gesprächen mit zahlreichen Klientinnen und Klienten. Ihre Erfahrungen fließen hier mit ein. Es ist jedoch selbstverständlich, dass sich die Fallgeschichten in diesem Buch nicht auf reale Personen beziehen. Sie sind alle konstruiert.

Vorwort Es ist eine traurige Tatsache: Frauen erkranken weltweit doppelt so häufig an Depression wie Männer. Seit Jahrzehnten hat sich an diesem Phänomen nichts verändert - die hohe Erkrankungsrate von Frauen scheint wie eingefroren. Das allein müsste schon Anlass zur Sorge geben. Doch das große Depressionsrisiko des weiblichen Geschlechts wird offensichtlich als unvermeidbarer Fakt hingenommen. So eindringlich Experten vor der weiteren Zunahme der Krankheit Depression warnen, so beiläufig wird meist das besondere Risiko der weiblichen Bevölkerung thematisiert. Grundsätzlich ist das Bedrohliche der Krankheit Depression längst erkannt: Die Forschungsbemühungen sind angesichts der stetig steigenden Diagnosen intensiv und die vorliegenden Erkenntnisse durchaus beeindruckend. Die Lebensbedingungen in der modernen, globalisierten Welt wurden als depressionsfördernd ausgemacht, die biochemischen Veränderungen im Gehirn von depressiv Erkrankten sind bekannt, und auch frühe traumatische Kindheitserfahrungen werden ausführlich als Auslöser der Depression diskutiert. Und natürlich liegen Antworten zur Frage vor, warum Frauen häufiger als Männer erkranken: Frauen reden bereitwilliger mit Ärzten über ihre emotionalen Probleme und werden deshalb häufiger als depressiv diagnostiziert. Frauen leiden in bestimmten Lebensphasen - in der Pubertät, nach der Geburt eines Kindes, in den Wechseljahren - unter hormonellen Störungen, die sich auf ihre seelische Verfassung negativ auswirken. Frauen versuchen Probleme auf selbstschädigende Weise zu lösen. Zugespitzt könnte man aus den Veröffentlichungen schlussfolgern: Wenn Frauen depressiv werden, dann liegt das wahlweise an ihrer Biologie oder an ihren Persönlichkeitseigenschaften. Die erschöpfte Seele des Menschen ist von allen Seiten durchleuchtet. Doch alle bisherigen Erkenntnisse können nicht befriedigend erklären, warum das Depressionsrisiko für Frauen über viele Jahre hinweg konstant doppelt so hoch ist wie das der Männer. Das Verständnis für und das Wissen über die erschöpfte weibliche Seele sind bei vielen Experten, und daher auch bei den meisten Betroffenen, lückenhaft. Für die betroffenen Frauen hat das unter Umständen fatale Folgen: Sie geraten zu schnell in das "medizinische System", ihre Symptome werden ausschließlich medikamentös behandelt, oder sie bekommen Behandlungen, die ihnen den Eindruck vermitteln, dass sie so, wie sie sind, nicht in Ordnung sind. Die Chance, dass sie die wirklichen Ursachen der Depression ausfindig machen, ist dann gering. Burnout adelt, Depression stigmatisiert In jüngster Zeit ist die brisante Tatsache, dass mehr Frauen als Männer in ihrem Leben mindestens einmal eine depressive Episode erleben, noch mehr in den Hintergrund gerückt. Denn die Medien haben ein scheinbar spannenderes Thema entdeckt: Burnout. Längst ist es keine Schande mehr öffentlich zuzugeben, dass man - aus beruflichen Gründen - an die Grenzen seiner Kraft und Leistungsfähigkeit geraten ist. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren öffentlich zugegeben, ausgebrannt und mit ihren Nerven am Ende zu sein: Ralf Rangnick, Trainer beim FC Schalke 04, stellte wegen seelischer und körperlicher Erschöpfung sein Amt zur Verfügung, die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Miriam Meckel begab sich ausgepowert in eine Klinik, und auch der Starkoch Tim Mälzer, der Skispringer Sven Hannawald, der Bestsellerautor Frank Schätzig, die Sängerin Mariah Carey, die Schauspielerin Renée Zellweger und viele andere bekannten sich dazu, an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit geraten zu sein. Allen Betroffenen sind zwei Dinge gemeinsam: Ihre Diagnose lautet "Burnout" - nicht "Depression". Und sie alle waren, ehe sie ausgebrannt eine Pause einlegen mussten, äußerst erfolgreich und extrem leistungsstark. Durch die zahlreichen Medienveröffentlichungen bekam die Öffentlichkeit ein ganz bestimmtes Bild davon, was unter einem Burnoutsyndrom zu verstehen ist: Es ist die Krankheit der Manager, der Führungskräfte, der Leistungssportler, der Künstler. Kurz: Burnout ist die Krankheit der Leistungsträger. Wer ausgebrannt ist, muss vorher heftig gebrannt haben. Burnout, so meint der Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, ist eine Art "Verwundetenabzeichen". Einfühlsam und voller Verständnis erklärte denn auch Hans-Dieter Hermann, der psychologische Betreuer der Fußballnationalmannschaft, den Rücktritt Ralf Rangnicks mit dem Hinweis auf die enorme Belastung von Fußballtrainern: Sie seien 24 Stunden im Einsatz und trügen eine enorm große Verantwortung - auch für das, was sie kaum beeinflussen könnten. Auch Frauen, die depressiv erkranken, sind 24 Stunden im Einsatz. Auch sie tragen Verantwortung für viele Menschen und versuchen oftmals, das Unmögliche möglich zu machen und zu beeinflussen, was sie nicht beeinflussen können. Ihr Leben verläuft vielleicht nicht so spektakulär wie das eines Fußballtrainers, für ihren täglichen Marathonlauf bekommen sie keine Medaillen, und sie schreiben über ihre Erfahrungen auch keine Bücher, die zu Bestsellern werden. Weil sie nicht prominent sind, und weil die Leistung, die sie erbringen, von ihnen selbst und auch von anderen meist als selbstverständlich und als "nichts Besonderes" betrachtet wird, erhalten sie, wenn sie am Ende ihrer Kraft sind, nicht die Auszeichnungsdiagnose Burnout. Ihr Problem bekommt ein anderes, weniger schickes Etikett: Depression. Die "Fußballtrainerinnen des Alltags" können nicht auf die einfühlsame Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zählen, sie werden nicht verständnisvoll begleitet, und sie werden auch nicht gelobt für ihre Leistung und ihren tagtäglichen Spagat zwischen Beruf und Familie, Kindern und Karriere. Anders als Burnout-Erkrankte kommen diese Frauen auch gar nicht auf die Idee, ihre Belastungen an die Öffentlichkeit zu tragen. Im Gegenteil: Niemand soll ihnen die Anstrengung ansehen, niemanden wollen sie mit ihren Sorgen und Problemen belästigen. Sind sie dann irgendwann völlig erschöpft, wissen sie nicht mehr weiter und drohen unter der Last der Verantwortung und der Aufgaben zusammenbrechen, geben sie meist sich selbst die Schuld: Sie haben sich nicht genug angestrengt, sie haben etwas falsch gemacht, sie haben das Gefühl, "nicht richtig" zu sein. Ihnen fehlt das Verständnis für sich selbst, und oftmals bekommen sie auch von ihrer Umgebung nicht das Mitgefühl, das sie in ihrer Situation dringend nötig hätten. Wo Burnout adelt, stigmatisiert die Depression. Da können Experten noch so oft betonen, dass es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Erkrankungen gibt, dass Burnout im Grunde nur den Prozess beschreibt, der in die Depression führt - die Depression hat immer noch ein schlechtes Image. Sich selbst und dem sozialen Umfeld einzugestehen "Ich bin depressiv" ist auch heute noch deutlich schwieriger als zu sagen "Ich leide unter Burnout". Natürlich ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass seelische Erkrankungen und der Wahnsinn unserer leistungsorientierten Gesellschaft nun unter der Überschrift "Burnout" offener diskutiert werden. Doch leider gerät dabei nicht nur dessen Gemeinsamkeit mit der Krankheit Depression aus dem Blickfeld, es entsteht auch so etwas wie ein Zweiklassensystem seelischer Erkrankungen: hier die hart schuftenden Leistungsträger, dort die Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - zu schwach fürs Leben sind. Diese Entwicklung ist grundsätzlich fatal, für eine bestimmte Gruppe von Betroffenen hat sie jedoch besonders negative Auswirkungen: für depressive oder depressionsgefährdete Frauen. Weil die Scheinwerfer der Öffentlichkeit vor allem das Thema "Burnout" beleuchten, geraten sie noch mehr in den Hintergrund. Stress und Beziehung: Was Frauen krank macht Dieses Buch rückt die weibliche Depression in den Mittelpunkt und geht der Frage nach, welche Faktoren tatsächlich für die hohe Erkrankungsrate der Frauen verantwortlich sind. Dabei konzentriert es sich auf zwei Schwerpunkte. Es will erstens zeigen, dass eine wesentliche Ursache der weiblichen Depression in der Stressbelastung von Frauen liegt, die sich erheblich von der Stressbelastung der Männer unterscheidet. Diese Feststellung zu treffen heißt nicht, die Stressoren, denen Männer ausgesetzt sind, als unbedeutend zu werten. Auch sie stehen unter erheblichem Druck, vor allem berufliche und finanzielle Schwierigkeiten können sie seelisch belasten. Aber es gibt signifikante Unterschiede zwischen dem Stress der Männer und dem Stress der Frauen - Unterschiede, die das erhöhte Risiko von Frauen erklären können. Depression kann selbstverständlich alle chronisch belasteten Menschen treffen; Frauen aber stehen unter sehr viel mehr und ganz besonderem Druck, der in einem Männerleben weniger ausgeprägt ist oder gar nicht existiert. Deshalb ist das weibliche Geschlecht aufgrund der spezifischen Aufgaben und Belastungen extrem gefährdet. Die erste These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Stresserkrankung: Frauen sind spezifischen Stressoren ausgesetzt, die in einem Männerleben nicht so häufig oder gar nicht vorkommen. Der zweite Schwerpunkt dieses Buches widmet sich einer Beobachtung, die in der Diskussion um die Entstehung der weiblichen Depression häufig nicht angemessen berücksichtigt und noch seltener richtig gewichtet wird: Den Frauen, die depressiv erkranken, fehlen fast immer stützende, zugewandte, nährende und wärmende Beziehungen zu anderen wichtigen Menschen in ihrem Leben. Spricht man mit betroffenen Frauen darüber, warum sie selbst glauben, dass sie depressiv geworden sind, dann unterscheiden sich ihre Erklärungen deutlich von denen der Experten. Sie erzählen vom Stress in ihrem Alltag und von ihrer Kindheit, die wenig erfreulich war, sie berichten über ihre Sehnsucht nach einer liebevollen, unterstützenden Beziehung. Und meist haben sie, ehe sie krank wurden, einen schweren Verlust erlitten. Dabei kann es sich um den Verlust eines wichtigen Menschen durch Tod oder Trennung handeln, aber auch um einen Verlust im übertragenen Sinn: Wenn es Frauen nicht gelingt, tragfähige, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, dann empfinden sie das nicht nur als persönliches Versagen, sondern auch als tief greifenden Verlust, der sie jeglicher Hoffnung beraubt. Sie spüren, dass sie keinen wirklichen Kontakt zu anderen haben, dass Intimität und Nähe in ihrem Leben fehlen - und sie geben sich die Schuld dafür. Scheitern Beziehungen oder gelingen sie nicht so, wie Frauen es sich wünschen, übernehmen Frauen die Verantwortung. Sie glauben, dass sie diese Beziehungsprobleme nicht hätten, wenn sie besser, attraktiver, klüger, perfekter wären. Dann würden sie bekommen, was sie ersehnen: Nähe, Zuwendung, Verständnis, Kontakt. Das Misslingen von Beziehungen stimuliert nur noch mehr die Bemühungen um diese. Die Frauen erhöhen ihren Einsatz: Sie sind noch netter, noch rücksichtsvoller, noch hilfsbereiter, und sie vernachlässigen noch bereitwilliger ihre eigenen Bedürfnisse, Standpunkte, Ziele. Vor allem aber unterdrücken sie nach Möglichkeit all ihre "negativen" Impulse. Wut und Ärger, Aggression und Enttäuschung, so glauben sie, dürfen nicht gezeigt werden, denn die harmonische Beziehung zu anderen Menschen ist wichtiger als die eigene Person. Das Eigene - eigene Bedürfnisse, Wünsche, Ärger - wird gehemmt, um die anderen für sich zu gewinnen. Der Preis dafür ist hoch: Der Kontakt zu sich selbst geht verloren. Häufig wird Frauen ihre starke Orientierung auf andere Menschen als Abhängigkeit, als Unselbständigkeit und Unreife ausgelegt. Diese Vorwürfe machen sie meist mut- und hilflos. Die Wahrnehmung depressiver Frauen ist: Wären sie selbstständiger und unabhängiger, dann wären sie nicht depressiv. Hätten sie nicht so hohe Ansprüche und Erwartungen an andere Menschen, vor allem an ihre Partner, ginge es ihnen besser. In ihrer Angst, die sich bei vielen Frauen - ausgesprochen oder unausgesprochen - in der Frage ausdrückt "Wer bin ich ohne dich?", sehen sie bestätigt, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Woher diese Angst kommt und dass sie durchaus nachvollziehbare Gründe hat, wissen die betroffenen Frauen nicht. Autonomie und Eigenständigkeit gelten in unserer Gesellschaft zu Recht als wichtige Eigenschaften. Übersehen wird dabei aber, dass Beziehungsfähigkeit für alle Menschen - vor allem aber für Frauen - eine ebenso große Bedeutung hat. Fühlen sich Frauen in ihrer Sehnsucht nach verlässlichen, emotionalen Beziehungen abgewertet, werden sie als "abhängig" und "unselbstständig" abgestempelt, müssen sie sich zwangsläufig infrage stellen. Es fällt ihnen dann sehr schwer, ihr Bedürfnis nach "in Beziehung sein" positiv zu bewerten und selbstbewusst dafür zu sorgen, dass es Erfüllung findet. Depressive und depressionsgefährdete Frauen sehen nur die Schattenseite ihrer Sehnsucht nach verlässlichen Beziehungen. Es fehlt ihnen das Bewusstsein und das Verständnis dafür, wie wichtig andere Menschen für sie sind, und dass ihr Leiden in und an Beziehungen nicht ihre Schuld und ihr Unvermögen ist. Und auch Experten, bei denen depressiv erkrankte Frauen Hilfe suchen, ist der Zusammenhang zwischen Beziehungserfahrungen und der Krankheit Depression häufig nicht in seinem ganzen Ausmaß und seiner immensen Bedeutung für die Entstehung der Krankheit bewusst. Die zweite These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Beziehungsstörung: Die Erfahrungen, die Frauen in und mit Beziehungen machen, können eine Depression verursachen. Der spezifische Stress der Frauen und ihre Beziehungserfahrungen werden in diesem Buch als Schlüsselfaktoren betrachtet, welche die hohe Erkrankungsrate des weiblichen Geschlechts plausibel erklären können. Denn das Muster Chronischer Stress + Beziehungsenttäuschung = Depression findet sich bei vielen Frauen, die am Rande des seelischen Zusammenbruchs balancieren oder bereits depressiv erkrankt sind. Die bisherigen Antworten auf die Frage, warum Frauen häufiger als Männer depressiv erkranken, lassen diese Aspekte zwar nicht unberücksichtigt, schenken ihnen aber nicht die nötige Aufmerksamkeit. Nur eine sehr spezifische, auf weibliches Leben und Erleben zugeschnittene Betrachtungsweise kann dem Phänomen der weiblichen Depression gerecht werden - eine Betrachtungsweise, die dieses Buch konsequent einnimmt. Es ist geschrieben für jene Frauen, - die tagtäglich mit unzähligen Stresssituationen fertig werden müssen (und denen das oftmals auf bewundernswerte Weise lange Zeit sogar gelingt), - die nicht Nein sagen, sich nicht abgrenzen können, - die ihren Ärger und ihre Enttäuschung für sich behalten, weil sie fürchten, sonst nicht mehr geliebt zu werden, - die glauben, dass sie zu liebesbedürftig und zu anhänglich sind und deshalb versuchen, ihren Wunsch nach Nähe nicht zu zeigen, - die das Gefühl haben, in ihren Beziehungen emotional zu verhungern und nicht verstehen können, was in ihren Partnern vor sich geht, - die zu viel essen, zu viel trinken, zu viele Beruhigungsmittel schlucken, zu wenig schlafen, - die es allen möglichst recht machen wollen, und darüber völlig vergessen, was für sie denn "recht" wäre. Dieses Buch will Mut machen. Denn Frauen, die bereits an Depression erkrankt oder von ihr "bedroht" sind, brauchen Mut. Sie brauchen Mut, um die Depression nicht durch noch mehr Aktivitäten, noch mehr Leistung, noch mehr Nettsein abzuwehren oder zu ignorieren. Sie brauchen Mut, um sich ganz in Ruhe anzuhören, was die Depression ihnen zu sagen hat. Sie brauchen Mut, sich ihrer Angst vor Veränderung zu stellen. Sie brauchen Mut, die eigene Stimme zu erheben und sich für das eigene, wahre Ich stark zu machen. Denn nur so kann es ihnen gelingen, den depressionsfördernden Bedingungen in ihrem Leben die Schärfe zu nehmen. Ein Hinweis: Das Bild der Depression, das ich in diesem Buch vorstelle, verdanke ich unter anderem meiner langjährigen Erfahrung als Psychotherapeutin und den Gesprächen mit zahlreichen Klientinnen und Klienten. Ihre Erfahrungen fließen hier mit ein. Es ist jedoch selbstverständlich, dass sich die Fallgeschichten in diesem Buch nicht auf reale Personen beziehen. Sie sind alle konstruiert.

Vorwort Es ist eine traurige Tatsache: Frauen erkranken weltweit doppelt so häufig an Depression wie Männer. Seit Jahrzehnten hat sich an diesem Phänomen nichts verändert - die hohe Erkrankungsrate von Frauen scheint wie eingefroren. Das allein müsste schon Anlass zur Sorge geben. Doch das große Depressionsrisiko des weiblichen Geschlechts wird offensichtlich als unvermeidbarer Fakt hingenommen. So eindringlich Experten vor der weiteren Zunahme der Krankheit Depression warnen, so beiläufig wird meist das besondere Risiko der weiblichen Bevölkerung thematisiert. Grundsätzlich ist das Bedrohliche der Krankheit Depression längst erkannt: Die Forschungsbemühungen sind angesichts der stetig steigenden Diagnosen intensiv und die vorliegenden Erkenntnisse durchaus beeindruckend. Die Lebensbedingungen in der modernen, globalisierten Welt wurden als depressionsfördernd ausgemacht, die biochemischen Veränderungen im Gehirn von depressiv Erkrankten sind bekannt, und auch frühe traumatische Kindheitserfahrungen werden ausführlich als Auslöser der Depression diskutiert. Und natürlich liegen Antworten zur Frage vor, warum Frauen häufiger als Männer erkranken: Frauen reden bereitwilliger mit Ärzten über ihre emotionalen Probleme und werden deshalb häufiger als depressiv diagnostiziert. Frauen leiden in bestimmten Lebensphasen - in der Pubertät, nach der Geburt eines Kindes, in den Wechseljahren - unter hormonellen Störungen, die sich auf ihre seelische Verfassung negativ auswirken. Frauen versuchen Probleme auf selbstschädigende Weise zu lösen. Zugespitzt könnte man aus den Veröffentlichungen schlussfolgern: Wenn Frauen depressiv werden, dann liegt das wahlweise an ihrer Biologie oder an ihren Persönlichkeitseigenschaften. Die erschöpfte Seele des Menschen ist von allen Seiten durchleuchtet. Doch alle bisherigen Erkenntnisse können nicht befriedigend erklären, warum das Depressionsrisiko für Frauen über viele Jahre hinweg konstant doppelt so hoch ist wie das der Männer. Das Verständnis für und das Wissen über die erschöpfte weibliche Seele sind bei vielen Experten, und daher auch bei den meisten Betroffenen, lückenhaft. Für die betroffenen Frauen hat das unter Umständen fatale Folgen: Sie geraten zu schnell in das "medizinische System", ihre Symptome werden ausschließlich medikamentös behandelt, oder sie bekommen Behandlungen, die ihnen den Eindruck vermitteln, dass sie so, wie sie sind, nicht in Ordnung sind. Die Chance, dass sie die wirklichen Ursachen der Depression ausfindig machen, ist dann gering. Burnout adelt, Depression stigmatisiert In jüngster Zeit ist die brisante Tatsache, dass mehr Frauen als Männer in ihrem Leben mindestens einmal eine depressive Episode erleben, noch mehr in den Hintergrund gerückt. Denn die Medien haben ein scheinbar spannenderes Thema entdeckt: Burnout. Längst ist es keine Schande mehr öffentlich zuzugeben, dass man - aus beruflichen Gründen - an die Grenzen seiner Kraft und Leistungsfähigkeit geraten ist. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren öffentlich zugegeben, ausgebrannt und mit ihren Nerven am Ende zu sein: Ralf Rangnick, Trainer beim FC Schalke 04, stellte wegen seelischer und körperlicher Erschöpfung sein Amt zur Verfügung, die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Miriam Meckel begab sich ausgepowert in eine Klinik, und auch der Starkoch Tim Mälzer, der Skispringer Sven Hannawald, der Bestsellerautor Frank Schätzig, die Sängerin Mariah Carey, die Schauspielerin Renée Zellweger und viele andere bekannten sich dazu, an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit geraten zu sein. Allen Betroffenen sind zwei Dinge gemeinsam: Ihre Diagnose lautet "Burnout" - nicht "Depression". Und sie alle waren, ehe sie ausgebrannt eine Pause einlegen mussten, äußerst erfolgreich und extrem leistungsstark. Durch die zahlreichen Medienveröffentlichungen bekam die Öffentlichkeit ein ganz bestimmtes Bild davon, was unter einem Burnoutsyndrom zu verstehen ist: Es ist die Krankheit der Manager, der Führungskräfte, der Leistungssportler, der Künstler. Kurz: Burnout ist die Krankheit der Leistungsträger. Wer ausgebrannt ist, muss vorher heftig gebrannt haben. Burnout, so meint der Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, ist eine Art "Verwundetenabzeichen". Einfühlsam und voller Verständnis erklärte denn auch Hans-Dieter Hermann, der psychologische Betreuer der Fußballnationalmannschaft, den Rücktritt Ralf Rangnicks mit dem Hinweis auf die enorme Belastung von Fußballtrainern: Sie seien 24 Stunden im Einsatz und trügen eine enorm große Verantwortung - auch für das, was sie kaum beeinflussen könnten. Auch Frauen, die depressiv erkranken, sind 24 Stunden im Einsatz. Auch sie tragen Verantwortung für viele Menschen und versuchen oftmals, das Unmögliche möglich zu machen und zu beeinflussen, was sie nicht beeinflussen können. Ihr Leben verläuft vielleicht nicht so spektakulär wie das eines Fußballtrainers, für ihren täglichen Marathonlauf bekommen sie keine Medaillen, und sie schreiben über ihre Erfahrungen auch keine Bücher, die zu Bestsellern werden. Weil sie nicht prominent sind, und weil die Leistung, die sie erbringen, von ihnen selbst und auch von anderen meist als selbstverständlich und als "nichts Besonderes" betrachtet wird, erhalten sie, wenn sie am Ende ihrer Kraft sind, nicht die Auszeichnungsdiagnose Burnout. Ihr Problem bekommt ein anderes, weniger schickes Etikett: Depression. Die "Fußballtrainerinnen des Alltags" können nicht auf die einfühlsame Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zählen, sie werden nicht verständnisvoll begleitet, und sie werden auch nicht gelobt für ihre Leistung und ihren tagtäglichen Spagat zwischen Beruf und Familie, Kindern und Karriere. Anders als Burnout-Erkrankte kommen diese Frauen auch gar nicht auf die Idee, ihre Belastungen an die Öffentlichkeit zu tragen. Im Gegenteil: Niemand soll ihnen die Anstrengung ansehen, niemanden wollen sie mit ihren Sorgen und Problemen belästigen. Sind sie dann irgendwann völlig erschöpft, wissen sie nicht mehr weiter und drohen unter der Last der Verantwortung und der Aufgaben zusammenbrechen, geben sie meist sich selbst die Schuld: Sie haben sich nicht genug angestrengt, sie haben etwas falsch gemacht, sie haben das Gefühl, "nicht richtig" zu sein. Ihnen fehlt das Verständnis für sich selbst, und oftmals bekommen sie auch von ihrer Umgebung nicht das Mitgefühl, das sie in ihrer Situation dringend nötig hätten. Wo Burnout adelt, stigmatisiert die Depression. Da können Experten noch so oft betonen, dass es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Erkrankungen gibt, dass Burnout im Grunde nur den Prozess beschreibt, der in die Depression führt - die Depression hat immer noch ein schlechtes Image. Sich selbst und dem sozialen Umfeld einzugestehen "Ich bin depressiv" ist auch heute noch deutlich schwieriger als zu sagen "Ich leide unter Burnout". Natürlich ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass seelische Erkrankungen und der Wahnsinn unserer leistungsorientierten Gesellschaft nun unter der Überschrift "Burnout" offener diskutiert werden. Doch leider gerät dabei nicht nur dessen Gemeinsamkeit mit der Krankheit Depression aus dem Blickfeld, es entsteht auch so etwas wie ein Zweiklassensystem seelischer Erkrankungen: hier die hart schuftenden Leistungsträger, dort die Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - zu schwach fürs Leben sind. Diese Entwicklung ist grundsätzlich fatal, für eine bestimmte Gruppe von Betroffenen hat sie jedoch besonders negative Auswirkungen: für depressive oder depressionsgefährdete Frauen. Weil die Scheinwerfer der Öffentlichkeit vor allem das Thema "Burnout" beleuchten, geraten sie noch mehr in den Hintergrund. Stress und Beziehung: Was Frauen krank macht Dieses Buch rückt die weibliche Depression in den Mittelpunkt und geht der Frage nach, welche Faktoren tatsächlich für die hohe Erkrankungsrate der Frauen verantwortlich sind. Dabei konzentriert es sich auf zwei Schwerpunkte. Es will erstens zeigen, dass eine wesentliche Ursache der weiblichen Depression in der Stressbelastung von Frauen liegt, die sich erheblich von der Stressbelastung der Männer unterscheidet. Diese Feststellung zu treffen heißt nicht, die Stressoren, denen Männer ausgesetzt sind, als unbedeutend zu werten. Auch sie stehen unter erheblichem Druck, vor allem berufliche und finanzielle Schwierigkeiten können sie seelisch belasten. Aber es gibt signifikante Unterschiede zwischen dem Stress der Männer und dem Stress der Frauen - Unterschiede, die das erhöhte Risiko von Frauen erklären können. Depression kann selbstverständlich alle chronisch belasteten Menschen treffen; Frauen aber stehen unter sehr viel mehr und ganz besonderem Druck, der in einem Männerleben weniger ausgeprägt ist oder gar nicht existiert. Deshalb ist das weibliche Geschlecht aufgrund der spezifischen Aufgaben und Belastungen extrem gefährdet. Die erste These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Stresserkrankung: Frauen sind spezifischen Stressoren ausgesetzt, die in einem Männerleben nicht so häufig oder gar nicht vorkommen. Der zweite Schwerpunkt dieses Buches widmet sich einer Beobachtung, die in der Diskussion um die Entstehung der weiblichen Depression häufig nicht angemessen berücksichtigt und noch seltener richtig gewichtet wird: Den Frauen, die depressiv erkranken, fehlen fast immer stützende, zugewandte, nährende und wärmende Beziehungen zu anderen wichtigen Menschen in ihrem Leben. Spricht man mit betroffenen Frauen darüber, warum sie selbst glauben, dass sie depressiv geworden sind, dann unterscheiden sich ihre Erklärungen deutlich von denen der Experten. Sie erzählen vom Stress in ihrem Alltag und von ihrer Kindheit, die wenig erfreulich war, sie berichten über ihre Sehnsucht nach einer liebevollen, unterstützenden Beziehung. Und meist haben sie, ehe sie krank wurden, einen schweren Verlust erlitten. Dabei kann es sich um den Verlust eines wichtigen Menschen durch Tod oder Trennung handeln, aber auch um einen Verlust im übertragenen Sinn: Wenn es Frauen nicht gelingt, tragfähige, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, dann empfinden sie das nicht nur als persönliches Versagen, sondern auch als tief greifenden Verlust, der sie jeglicher Hoffnung beraubt. Sie spüren, dass sie keinen wirklichen Kontakt zu anderen haben, dass Intimität und Nähe in ihrem Leben fehlen - und sie geben sich die Schuld dafür. Scheitern Beziehungen oder gelingen sie nicht so, wie Frauen es sich wünschen, übernehmen Frauen die Verantwortung. Sie glauben, dass sie diese Beziehungsprobleme nicht hätten, wenn sie besser, attraktiver, klüger, perfekter wären. Dann würden sie bekommen, was sie ersehnen: Nähe, Zuwendung, Verständnis, Kontakt. Das Misslingen von Beziehungen stimuliert nur noch mehr die Bemühungen um diese. Die Frauen erhöhen ihren Einsatz: Sie sind noch netter, noch rücksichtsvoller, noch hilfsbereiter, und sie vernachlässigen noch bereitwilliger ihre eigenen Bedürfnisse, Standpunkte, Ziele. Vor allem aber unterdrücken sie nach Möglichkeit all ihre "negativen" Impulse. Wut und Ärger, Aggression und Enttäuschung, so glauben sie, dürfen nicht gezeigt werden, denn die harmonische Beziehung zu anderen Menschen ist wichtiger als die eigene Person. Das Eigene - eigene Bedürfnisse, Wünsche, Ärger - wird gehemmt, um die anderen für sich zu gewinnen. Der Preis dafür ist hoch: Der Kontakt zu sich selbst geht verloren. Häufig wird Frauen ihre starke Orientierung auf andere Menschen als Abhängigkeit, als Unselbständigkeit und Unreife ausgelegt. Diese Vorwürfe machen sie meist mut- und hilflos. Die Wahrnehmung depressiver Frauen ist: Wären sie selbstständiger und unabhängiger, dann wären sie nicht depressiv. Hätten sie nicht so hohe Ansprüche und Erwartungen an andere Menschen, vor allem an ihre Partner, ginge es ihnen besser. In ihrer Angst, die sich bei vielen Frauen - ausgesprochen oder unausgesprochen - in der Frage ausdrückt "Wer bin ich ohne dich?", sehen sie bestätigt, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Woher diese Angst kommt und dass sie durchaus nachvollziehbare Gründe hat, wissen die betroffenen Frauen nicht. Autonomie und Eigenständigkeit gelten in unserer Gesellschaft zu Recht als wichtige Eigenschaften. Übersehen wird dabei aber, dass Beziehungsfähigkeit für alle Menschen - vor allem aber für Frauen - eine ebenso große Bedeutung hat. Fühlen sich Frauen in ihrer Sehnsucht nach verlässlichen, emotionalen Beziehungen abgewertet, werden sie als "abhängig" und "unselbstständig" abgestempelt, müssen sie sich zwangsläufig infrage stellen. Es fällt ihnen dann sehr schwer, ihr Bedürfnis nach "in Beziehung sein" positiv zu bewerten und selbstbewusst dafür zu sorgen, dass es Erfüllung findet. Depressive und depressionsgefährdete Frauen sehen nur die Schattenseite ihrer Sehnsucht nach verlässlichen Beziehungen. Es fehlt ihnen das Bewusstsein und das Verständnis dafür, wie wichtig andere Menschen für sie sind, und dass ihr Leiden in und an Beziehungen nicht ihre Schuld und ihr Unvermögen ist. Und auch Experten, bei denen depressiv erkrankte Frauen Hilfe suchen, ist der Zusammenhang zwischen Beziehungserfahrungen und der Krankheit Depression häufig nicht in seinem ganzen Ausmaß und seiner immensen Bedeutung für die Entstehung der Krankheit bewusst. Die zweite These dieses Buches lautet daher: Die weibliche Depression ist eine Beziehungsstörung: Die Erfahrungen, die Frauen in und mit Beziehungen machen, können eine Depression verursachen. Der spezifische Stress der Frauen und ihre Beziehungserfahrungen werden in diesem Buch als Schlüsselfaktoren betrachtet, welche die hohe Erkrankungsrate des weiblichen Geschlechts plausibel erklären können. Denn das Muster Chronischer Stress + Beziehungsenttäuschung = Depression findet sich bei vielen Frauen, die am Rande des seelischen Zusammenbruchs balancieren oder bereits depressiv erkrankt sind. Die bisherigen Antworten auf die Frage, warum Frauen häufiger als Männer depressiv erkranken, lassen diese Aspekte zwar nicht unberücksichtigt, schenken ihnen aber nicht die nötige Aufmerksamkeit. Nur eine sehr spezifische, auf weibliches Leben und Erleben zugeschnittene Betrachtungsweise kann dem Phänomen der weiblichen Depression gerecht werden - eine Betrachtungsweise, die dieses Buch konsequent einnimmt. Es ist geschrieben für jene Frauen, - die tagtäglich mit unzähligen Stresssituationen fertig werden müssen (und denen das oftmals auf bewundernswerte Weise lange Zeit sogar gelingt), - die nicht Nein sagen, sich nicht abgrenzen können, - die ihren Ärger und ihre Enttäuschung für sich behalten, weil sie fürchten, sonst nicht mehr geliebt zu werden, - die glauben, dass sie zu liebesbedürftig und zu anhänglich sind und deshalb versuchen, ihren Wunsch nach Nähe nicht zu zeigen, - die das Gefühl haben, in ihren Beziehungen emotional zu verhungern und nicht verstehen können, was in ihren Partnern vor sich geht, - die zu viel essen, zu viel trinken, zu viele Beruhigungsmittel schlucken, zu wenig schlafen, - die es allen möglichst recht machen wollen, und darüber völlig vergessen, was für sie denn "recht" wäre. Dieses Buch will Mut machen. Denn Frauen, die bereits an Depression erkrankt oder von ihr "bedroht" sind, brauchen Mut. Sie brauchen Mut, um die Depression nicht durch noch mehr Aktivitäten, noch mehr Leistung, noch mehr Nettsein abzuwehren oder zu ignorieren. Sie brauchen Mut, um sich ganz in Ruhe anzuhören, was die Depression ihnen zu sagen hat. Sie brauchen Mut, sich ihrer Angst vor Veränderung zu stellen. Sie brauchen Mut, die eigene Stimme zu erheben und sich für das eigene, wahre Ich stark zu machen. Denn nur so kann es ihnen gelingen, den depressionsfördernden Bedingungen in ihrem Leben die Schärfe zu nehmen. Ein Hinweis: Das Bild der Depression, das ich in diesem Buch vorstelle, verdanke ich unter anderem meiner langjährigen Erfahrung als Psychotherapeutin und den Gesprächen mit zahlreichen Klientinnen und Klienten. Ihre Erfahrungen fließen hier mit ein. Es ist jedoch selbstverständlich, dass sich die Fallgeschichten in diesem Buch nicht auf reale Personen beziehen. Sie sind alle konstruiert.

Erscheint lt. Verlag 16.8.2012
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 458 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Psychologie Angst / Depression / Zwang
Geisteswissenschaften Psychologie Sozialpsychologie
Schlagworte Beziehungen • Depressionen • Depression (Psychologie); Ratgeber • Ehe • Frauen • Partnerschaft • Psychologie • Störrungen • Trauer • Weiblichkeit
ISBN-10 3-593-39555-X / 359339555X
ISBN-13 978-3-593-39555-5 / 9783593395555
Zustand Neuware
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