Viele konkrete Praxisbeispiele und Unterrichtsvorschläge ermutigen Lehrerinnen und Lehrer, auf körperlichen Ausdruck, Bewegung, Tanz und Musik, auf Spiel und Fantasie zu setzen. Kreatives Schreiben und Gestalten, kleine Rituale und meditative Übungen, aber auch Exkursionen, Kirchenraumbegehungen, Wallfahrten und Sozialprojekte mchen Religion mit allen Sinnen erlebbar.
Haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht auch schon einmal davon geträumt, ein Buch, ein Verzeichnis oder besser noch eine abrufbare Datei zu besitzen, die treffsichere Methoden für jeden unterrichtlichen Schritt im Angebot hat, etwa im Sinne einer Rezeptur »man nehme ...«?
Leider - oder besser: Gott sei Dank - gibt es solche Methoden als Selbstläufer nicht. Denn wir haben es im Unterricht mit jungen lebendigen Menschen zu tun, die wir als Subjekte ihrer Lernprozesse ernst nehmen wollen. Dazu gehört auch die Erfahrung, dass nicht alles plan- und machbar ist.
Damit sind wir beim Anliegen dieses Praxisbuches: »Ganzheitliche Methoden« wollen Lernprozesse initiieren bei Schülerinnen und Schülern, wollen diese nicht einfach nur belehren, sondern ihnen Appetit machen, sich einzulassen auf das, was im Religionsunterricht verhandelt wird. Weil christlicher Glaube den Menschen »mit Kopf, Hand und Herz« im Blick hat, muss auch das Angebot umfassend, ganzheitlich sein.
Diese Neuausgabe knüpft an den Band »Ganzheitliche Methoden im Religionsunterricht« an, der 1996 von dem Autorenteam Ludwig Rendle, Lothar Kuld, Ursula Heinemann, Beatrix Moos und Alois Müller herausgegeben worden ist. Dieses Werk hat eine so positive Resonanz gefunden, dass es in den vergangenen zehn Jahren in fünf Auflagen erscheinen konnte. Die große Nachfrage hat den Kösel-Verlag veranlasst, eine Neuausgabe zu initiieren, welche die methodische und religionspädagogische Diskussion der letzten Jahre aufnimmt.
Im Unterschied zur ersten Ausgabe wurde der Umfang der einzelnen methodischen Bereiche wesentlich erweitert, zahlreiche neue ganzheitliche Methoden kamen hinzu. Beibehalten wurde die Grundkonzeption der ersten Ausgabe: Sie zielt darauf ab, nicht nur Methoden oder methodische Arrangements im Sinne eines Rezeptbuches anzubieten, sondern die Lehrerinnen und Lehrer zu einem bewussten und kritischen Umgang mit den einzelnen Methoden zu befähigen. Die Lehrenden sollen in der Lage sein, reflektiert und im Blick auf die Zielgruppe die adäquaten Methoden auszuwählen und einzusetzen.
Diese Arbeit kann einer Lehrerin oder einem Lehrer kein Methodenbuch abnehmen, andererseits kann ein solches Buch aber den Blick weiten auf bisher unbekannte Möglichkeiten und es kann eine wichtige Hilfe bei der Entscheidungsfindung sein: Warum setze ich bei diesem Thema und in dieser Lerngruppe diese oder jene Methode ein? Welche Prozesse kann und will ich damit auslösen, welche nicht? Aus diesem Grunde enthält jeder methodische Bereich eine grundsätzliche Einführung, die diesen reflektierten Umgang unterstützen soll.
Geblieben ist indessen das Dilemma: Eigentlich müssen ganzheitliche Methoden von den Lehrenden selbst erfahren und erprobt werden können, bevor sie eingesetzt werden. Eine Vermittlung »auf dem Papier« bleibt deshalb ein Notbehelf, wenn auch ein notwendiger. Es ist ein erster Schritt, der Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ermutigen soll zum Ausprobieren und zum Variieren, bis es für Sie und Ihre Klasse passt, bis es zu Ihrer eigenen ganzheitlichen Methode wird.
Danken möchte ich dem Kösel-Verlag, vor allem dem Verlagsleiter Winfried Nonhoff für den Anstoß zu dieser Neuausgabe sowie Margarete Stenger für die kompetente und engagierte Betreuung, ebenso den Autorinnen und Autoren der einzelnen Beiträge, die mit ihrer jeweiligen Fachkompetenz wesentlich zum Gelingen dieses Bandes beigetragen haben. Mein Dank gilt auch meiner Sekretärin, Petra Mayr, die sich über ihren Dienst hinaus bei der Erstellung des Buches engagiert hat.
Ich hoffe und wünsche, dass dieses Praxisbuch hilft, den Religionsunterricht lebendiger werden zu lassen, sodass Schülerinnen und Schüler wie Lehrerinnen und Lehrer mit Freude und Gewinn diesen - ganzheitlichen - Religionsunterricht erleben können.
Im Advent 2006 Ludwig Rendle
Warum ganzheitliche Methoden im Unterricht?
Methoden sind Wege, die zu einem bestimmten Ziel führen sollen. Auf manchen verfehlt man es, auf anderen landet man dort, wohin man unter keinen Umständen hinwollte. »Methoden können nur dann sinnvoll als kleine >Anregungsvariable< (W. Schulz) eingesetzt werden, wenn sie genau auf die Voraussetzungen, Intentionen und Inhalte des geplanten Lernprozesses abgestimmt sind« (Grom, 12). Im Religionsunterricht besteht ein besonderes methodisches Dilemma darin, dass sich Fragen des Glaubens grundsätzlich dem planenden Zugriff entziehen und demnach angewiesen sind auf methodische Arrangements, welche die Entscheidungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler achten. Weder die Annahme, dass es sich im Religionsunterricht um planbare Prozesse handle und man durch immer genauere Beherrschung der Methoden jedes Scheitern religiöser Erziehung verhindern könne, noch eine Methodenverachtung, die allein auf den Gott der Gnade baut, sind dem Auftrag des Religionsunterrichtes angemessen. Stimmig für die Anbahnung von Glaubensprozessen scheint mir eine Didaktik, die die Schülerinnen und Schüler als glaubende, suchende, fragende oder zweifelnde junge Menschen erst nimmt und sie inspiriert, originelle Zugänge zu finden.
Dies verlangt Methoden im Unterricht, die nicht nur eine Ja-/Nein-Stellungnahme abfordern oder offene Fragen mit endgültigen Aussagen oder Formeln beantworten - und damit zudecken und einen beginnenden Glaubensprozess nicht anstoßen oder anregen, sondern eher blockieren.
Mit Kopf, Herz und Hand
Wenn der christliche Glaube das menschliche Leben in seiner Vielfalt und Buntheit insgesamt prägt, muss sich dies auch im Angebot und in der Aneignung dieses Glaubens widerspiegeln. Dies kann sich deshalb nicht auf die kognitive Dimension allein beschränken, sondern muss den ganzen Menschen mit seinem Körper und seinem Geist, mit seinen Sinnen und seiner Fantasie ernst nehmen und einbeziehen.
Als Kronzeuge einer ganzheitlich orientierten Pädagogik gilt Pestalozzi mit seiner berühmten Trias des Lernens mit Kopf, Hand und Herz. Schon in dieser Dreiheit wird deutlich, dass sich nicht »Herz und Hand« gegen »Kopf« setzen und ausspielen lassen, wie es manchmal versucht wird. Ganzheitliche Methoden sind auch mehr als Aktionismus und Methodenwechsel. Sie nehmen sowohl die Inhalte des Religionsunterrichtes in ihrer Vielfältigkeit (Das Was bestimmt das Wie!) wie auch die Schülerinnen und Schüler als lernende Subjekte ernst. Unter methodischem Gesichtspunkt meint Ganzheitlichkeit die Berücksichtigung möglichst vieler Wahrnehmungsmöglichkeiten bei den Schülerinnen und Schülern. Ein Unterricht ist dann ganzheitlich, wenn er nicht nur die kognitive Rezeptivität anspricht, sondern die Schülerinnen und Schüler auch im Blick auf visuelle, akustische und andere Wahrnehmungsformen fordert, verbunden mit der Einbeziehung der emotionalen und der sozialen Dimension menschlichen Lebens.
Es ist mir bewusst, mit »Ganzheitlichkeit« einen sog. Containerbegriff zu verwenden, der nach einer differenzierten und differenzierenden Abgrenzung verlangt, um falschen Zuordnungen und Assoziationen vorzubeugen. Ohne Zweifel führt der Begriff »Ganzheitlichkeit« ein hohes Maß an »Verheißungspotenzial« (Wächter, 3-5) mit sich, das ihn in eine verdächtige Nähe zu esoterischen Angeboten rücken kann.
Erscheint lt. Verlag | 20.11.2009 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Religion / Theologie ► Christentum ► Religionspädagogik / Katechetik |
Schlagworte | eBooks • Lernen • Lernen, Pädagogik & Erziehung, Religionspädagogik, Religionsunterricht • Pädagogik • Pädagogik & Erziehung • Pädagogik & Erziehung • Religionspädagogik • Religionsunterricht |
ISBN-10 | 3-641-03711-5 / 3641037115 |
ISBN-13 | 978-3-641-03711-6 / 9783641037116 |
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