Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Schwindend schreiben

Briefe und Tagebücher schwindsüchtiger Frauen im Frankreich des 19. Jahrhunderts
Buch | Softcover
263 Seiten
2011
Böhlau Köln (Verlag)
978-3-412-20663-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwindend schreiben - Marie Guthmüller, Susanne Goumegou, Annika Nickenig
CHF 69,95 inkl. MwSt
Die Schwindsucht wird im französischen 19. Jahrhundert zu der Krankheit schöner, dem Tod geweihter Frauen. Autoren wie Alexandre Dumas und René de Chateaubriand vollziehen das literarische Frauenopfer im Zeichen einer Krankheit, deren widersprüchliche Symptomatik die Medizin der Zeit vor Rätsel stellt. Die Studie untersucht Briefe und Tagebücher schwindsüchtiger Frauen, die sich die herrschenden Schwindsuchtsbilder in ihrem Schreiben je unterschiedlich aneignen. Dabei legt sie das Augenmerk auf die Verflechtung von Schrift, Körper und Krankheit, wodurch gerade die Prozessualität und Unabgeschlossenheit des Schreibvorgangs in den Vordergrund rücken. An den Selbstzeugnissen von Pauline de Beaumont, Céleste de Chateaubriand, Joséphine Sazerac de Limagne und Marie Bashkirtseff lässt sich eine ambivalente Dynamik aus Selbstverausgabung und Selbstkonstitution ablesen, Charakteristikum einer 'écriture de la consomption', die im literarischen und medizinischen Diskursgefüge der Zeit zu Verschiebungen führt.

Susanne Goumegou, Marie Guthmüller und Annika Nickenig sind Literaturwissenschaftlerinnen und forschen zur Darstellung anthropologischen Wissens in der Moderne am Romanischen Seminar der Ruhr-Universität Bochum.

I. ‚Je déssèche‘, je brûle‘, ‚je me consume‘ – Zu Krankheit, Weiblichkeit und Schreiben im 19. Jahrhundert
(Susanne Goumegou / Marie Guthmüller / Annika Nickenig)

1. Weiblichkeit, Tod und Ästhetik: das Beispiel der Dame aux camélias
2. Das proteische Wesen der Schwindsucht im wissenschaftlichen Kontext des 19. Jahrhunderts
3. Der schwindende Körper als Selbstopfer: ‚Consomption‘ und Weiblichkeit
4. Strategien weiblichen Schreibens über die Schwindsucht

II. Dialogische Aushandlungen der eigenen Schwindsucht in den Briefen Pauline de Beaumonts (1768-1803) und Céleste de Chateaubriands (1774-1847)
(Marie Guthmüller)

1. Die schöne Leiche als Initiation der Mémoires d’outre tombe
2. Märtyrerin und Megäre: Geliebte und Ehefrau in den Mémoires d’outre tombe und in Briefen René de Chateaubriands
3. Mitleid erregen und verführen: Pauline de Beaumonts Briefe an das Ehepaar Joubert
a) Lücken und Leerstellen
b) Die ‚phtisie‘ im Zeichen des Vitalismus: Exzeß und Wechselhaftigkeit
c) Schreibend verführen
4. Kontrolle und Aneignung: Die Korrespondenz Céleste de Chateaubriands
a) Ein langes Leben mit der Schwindsucht
b) Gesundheit und Krankheit im Dialog
c) Überdauern des Körpers in der Schrift
5. Die Inszenierung des leidenden Körpers im Schatten des Mémoirenprojekts

III. Sich-Einschreiben in christliche Diskursmuster. Zu Tagebuch und Korrespondenz von Joséphine Sazerac de Limagne (1848-1873)
(Susanne Goumegou)

1. Die Schwindsüchtige als ‚petite Sainte‘ in der katholischen ‚littérature intime‘
2. Tagebuchpraxis und Schwindsuchtsmodellierung im katholischen Milieu
a) De Limagnes Tagebuch im Kontext der katholischen Erziehungspraxis
b) Körper und Krankheit im ‚journal spirituel‘ und in der Korrespondenz
c) Viktimisierung, Sanktifizierung und Angelisierung in biographischen Darstellungen
3. Leben und Sterben der Joséphine Sazerac de Limagne
a) Zu Biographie und Selbstbild
b) Erbauliches Sterben und Überleben in der Schrift
4. Christlich krank sein: die Schwindsucht in de Limagnes Tagebuch und Korrespondenz
a) „Se résigner à être malade“ – die Krankheit annehmen (Januar bis Mai 1868)
b) Imaginäre Reisen als Fenster zur Welt (Sommer 1868)
c) Spleen, Melancholie und ‚langueur‘: die Gefahren der ‚inaction‘ (August bis Dezember 1868)
d) Imitatio Christi, Reklusion und Auferstehung (Dezember 1868 bis Sommer 1870)
e) Feindschaft, Gefangenschaft und heldenhafte Opferbereitschaft: die Schwindsucht im Zeichen der Belagerung (September 1870 bis Mai 1871)
f) Der leidende Körper und das Sterben als ‚petite Sainte‘ (Mai 1871 bis Dezember 1872)
5. Die Schwindsucht als Weg zu Gott in Selbst- und Fremddarstellung

IV. Zitat, Aneignung und Abwehr von Schwindsuchtsbildern im Tagebuch der Künstlerin Marie Bashkirtseff (1858-1884)
(Annika Nickenig)

1. Streben nach Dauerhaftigkeit: die Malerin Marie Bashkirtseff
2. Zwischen Authentizität und Verfälschung: Fremd- und Selbstdarstellung im Tagebuch
3. Bashkirtseffs Krankheit im medizinhistorischen Kontext
a) Bashkirtseffs Leben mit der ‚phtisie‘
b) Miasma und Kontagium: medizinische und kulturelle Schwindsuchtsdiskurse in Bashkirtseffs autobiographischem Schreiben
4. Modi der Selbstdarstellung: Erklärungsmuster und Sinngebungsverfahren im Schreiben über die Schwindsucht
a) Genialität und Gefangenschaft: narrative und theatrale Strategien im Tagebuch
b) Identitätskonzepte im Zeichen der Schwindsucht: Einmaligkeit, Determinierung und die Übermacht kultureller Bilder
c) Literarisierung des eigenen Lebens
d) Auszehrung und Ästhetisierung: Bashkirtseffs Rekurs auf Dame aux camélias
5. Subjekt und Objekt der Darstellung. Bashkirtseffs zweifache Aneignung der Schwindsuchtsrepräsentation

V. Literaturverzeichnis

Quellen
Weiterführende Literatur

Erscheint lt. Verlag 3.5.2011
Reihe/Serie Literatur - Kultur - Geschlecht ; Band 058
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Maße 155 x 228 mm
Gewicht 440 g
Themenwelt Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Romanistik
Schlagworte 19. Jahrhundert, Literatur • Celeste de Chateaubriand • Frankreich, Literatur • Geschichte der Schwindsucht • Josephine Sazerac de Limagne • Marie Bashkirtseff • Pauline de Beaumont • Schriftstellerinnen • Schriftsteller / Schriftstellerin • Tuberkulose
ISBN-10 3-412-20663-6 / 3412206636
ISBN-13 978-3-412-20663-5 / 9783412206635
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Mehr entdecken
aus dem Bereich