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Die Flöte des Unendlichen

Mystische Rezitationstexte aus Ost und West
Buch | Softcover
140 Seiten
2009 | 8. Auflage
Wege der Mystik (Verlag)
978-3-9810310-5-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Flöte des Unendlichen -
CHF 19,90 inkl. MwSt
„Die Flöte des Unendlichen wird ohne Ende gespielt und ihr
Ton ist Liebe“, dichtet Kabir, Sohn eines Bramanen und einer
Muslima.
200 Jahre früher schreibt die mittelalterliche Begine Marguerite
Porete von der Liebe: „Sie ist; nichts ist, es sei denn aus ihr“.
Ebenfalls im 13. Jh. hinterlässt uns der chinesische Zenmeister
Daio Kokushi folgende Weisheit: „Es gibt eine Wirklichkeit,
die vor Himmel und Erde steht. Sie hat keine Form, geschweige
denn einen Namen“. Und ein Wüstenvater des 6. Jahrhunderts
sagt: „Die erste Ursache hat weder Figur noch Form. Man kann
über sie nicht sprechen, sie kann nicht mit dem Verstand
begriffen werden“.
Das Unnennbare existiert nur im Nennbaren. Mystikerinnen und
Mystiker unterschiedlichster Traditionen haben zu allen Zeiten
immer wieder versucht, Worte zu finden, für etwas, das nicht
ausgesprochen werden kann. Wer erfährt, möchte das Unsagbare
sagen, möchte die Erfahrung, für die es keine Worte gibt,
in Worte fassen, mitteilen und andere dafür begeistern.
Der Sufimystiker Hafis schreibt: „Ich habe so viel von Gott
gelernt, dass ich mich nicht mehr Christ, Hindu, Moslem,
Buddhist oder Jude nennen kann“. Und die Sufimystikerin
Rabia’a dichtet vom „Schmelzen in Gott“.
Wir haben Gedichte und Texte gesammelt, die über die Konfessionen,
über die Religionen hinausführen, die einfach „Erbe
der Menschheit“ sind. Sie können Räume jenseits aller Worte
eröffnen und so unaussprechliche Erfahrungen vermitteln.
Worte sind nie das Eigentliche, so wie eine spirituelle Übung
selbst nie das Eigentliche ist. Beides sind nur Hinweise auf
dieses „unfassbare Eigentliche“. Der tanzende und dichtende
Rumi sagt: „Der strahlende Eine in mir hat nie ein Wort gesagt“.
Doch Worte wirken. Wie uns viele Kursteilnehmer/innen
berichten, entfalten die vorliegenden Texte vor allem ihre
Wirkung, wenn sie wiederholt laut gelesen werden. Sie sind
freundliche, oft paradoxe – und für manchen den Verstand
verwirrende – Begleiter auf dem spirituellen Weg.
Die vorliegende Sammlung möchte Menschen auf einem
Übungsweg unterstützen und ermutigen, die noch tastend
Suchenden, ebenso wie die Erfahrenen.
Denn immer mehr Menschen erfahren heute, was Mystiker/innen
seit Jahrhunderten deutlich aussprechen.

Wir haben die Texte – entsprechend der Unterschiedlichkeit
unserer spirituellen Arbeit – in die Kapitel Kontemplation
(Weg der christlichen Mystik), Zen (Weg, der seinen Ursprung
im Buddhismus hat), und Die Flöte des Unendlichen eingeteilt.
Im letzteren Teil sind vor allem mystische Überlieferungen aus
anderen spirituellen Traditionen und zeitgenössische Texte
zusammengestellt.
Die Gedichte und Texte sind nach Autoren, manchmal chronologisch,
manchmal thematisch aneinandergereiht, gleich einer
Perlenkette von Tautropfen, die scheinbar aus dem Nichts
entstehen und wieder vergehen, als seien sie nie gewesen.
In dem so schnell vergänglichen Augenblick ihres Daseins
spiegeln sie die Welt in kristallener Klarheit.
Die Texte mögen der Leserin und dem Leser solch ein Spiegel
und eine Motivation auf dem inneren Übungsweg sein.
Beatrice Grimm

Willigis Jäger, Zenmeister Kyo-un Roshi und Benediktiner, war sowohl der westlichen als auch der östlichen Spiritualität verbunden. In seiner Lehrtätigkeit ging er weit über die traditionellen Vorstellungen der Religionen hinaus und bezog zugleich neueste Erkenntnisse der Wissenschaften mit ein. Willigis Jäger studierte Theologie und Philosophie. Sechs Jahre verbrachte er im Zen-Zentrum von Yamada Koun Roshi, Kamakura, Japan. Willigis Jäger war Zenmeister der Sanbo-Kyodan-Linie, Japan, und 45. Nachfolger des Chan-Meisters Lin chi (jap. Rinzai), in China. Er gründete den Benediktushof, "Zentrum für Meditation und Achtsamkeit" in Holzkirchen/Unterfranken, wo er wirkte und bis zuletzt lebte. Er war Mitbegründer der "Übungsstätte für Zen und Kontemplation Sonnenhof" im Schwarzwald. Er begründete die "West-Östliche Weisheit - Willigis Jäger Stiftung" sowie seine eigene Kontemplations-Linie "Wolke des Nichtwissens" und die Zen-Linie "Leere Wolke". In seinen zahlreichen Publikationen, Vorträgen und Kursen wies er den Menschen den Weg in eine tiefe spirituelle Erfahrung als Quelle der Erneuerung auf menschlicher und gesellschaftlicher Ebene. www.west-oestliche-weisheit.de/willigis-jaeger.html

Beatrice Grimm ist Lehrerin für Körpergebet, Tanz und Kontemplation, spirituelle Wegbegleiterin im Sinne von Willigis Jäger, Kontemplationslinie "Wolke des Nichtwissens". Schulungen in Ausdruckstanz, Schauspiel, therapeutischer Bewegungs- und Körperarbeit, Sakralem Tanz, Zen, Qigong Yangsheng, Diamond Approach bei A.H. Almaas, Essential Movement. Sie gibt Kurse vor allem am Benediktushof, Holzkirchen/Unterfranken. In ihrer Arbeit liegt Beatrice Grimm an der Erweiterung der Wahrnehmungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Erkenntnis, dass der Mensch zutiefst präsentes schöpferisches Bewusstsein ist. www.beatrice-grimm.de

Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften. Co-Autorin der Bücher: Kontemplation - ein spiritueller Weg Der Himmel in dir - Einübung ins Körpergebet. Spirituell leben, Inspirationen - von Achtsamkeit bis Zufall. Willigis Jäger, Das Leben ist Religion - Stationen eines spirituellen Weges, Doris Iding, Quellen der Heilung - Gespräche mit spirituellen Lehrern, Ärzten und Heilern. Beatrice Grimm ist Herausgeberin und Verlegerin von "Wege der Mystik". www.wege-der-mystik.de

Petra Wagner, freischaffende Künslerin und Kontemplationslehrerin (Mitglied der spirituellen Leitung "Wolke des Nichtwissens" - Kontemplations-Linie Willigis Jäger). Schulungen: Sakraler Tanz und Körpergebet bei Beatrice Grimm, mediale Ausbildung für Wahrnehmung und Intuition, langjähriger Unterricht in Aquarell, Zeichnen und anderen Techniken u. a. bei Prof. H. Losert und Jürgen Gartner. Drei Jahrzehnte künstlerische Arbeit haben durch die kontemplative Übung eine tiefe Veränderung erfahren. In ihrer Arbeit ist es ihr wichtig die Trennung als Illusion zu enttarnen. In der Stille entfaltet sich die Wirklichkeit. petra@lafamillewagner.de

Vorwort Willigis Jäger

KONTEMPLATION
Aus ‚Das Hohelied der Liebe’
Die heilige Weisheit
Schaddai segne uns
Aus ‚Die Seligpreisungen’
Aus dem Thomasevangelium
Aus dem Thomasevangelium
Die erste Ursache hat nichts Irdisches an sich
Eigenartig
Die erste Ursache von allem
Gesang an Gott
Gott ist alles
Aus ‚Das Buch der Wahrheit’
Alle Dinge haben ihre Zeit
Du brauchst Gott weder hier noch dort zu suchen
Das Gebet
Gott ist allzeit bereit
Gott und ich, wir sind eins
Das höchste Werk
Wer mich hört
In der Liebe
Ein armer Mensch
Die Nächstenliebe gehorcht einzig nur der Liebe
Die Liebe, von Güte erfüllt, sprach
Ich, die höchste feurige Kraft
Ich bin das heimliche Feuer in allem
O wie wunderbar
Die Liebe ist unerbittlich und schrecklich
Hadewjich an die jungen Beginen
Dass unser Leben Lieben sei
Man muss Mensch und Gott in einer Erkenntnis kosten
Alles, was wir von Gott denken
Allein in der uferlosen Ewigkeit
Aus ‚Ein vliessende licht miner gotheit’
Aus ‚Ein fließendes Licht meiner Gottheit’
Der wahre Frieden
Gelassenheit
Wenn der Mensch in der Übung der inneren Einkehr steht
Der Mensch lasse die Bilder der Dinge
Suche nichts als reines, einfaches Entsinken
Aus ‚Cherubinischer Wandersmann’
Die Luft, in der wir leben
Friedensgebet
O Gott, nimm mich mir
Der Weg nach Hause
Wie gut weiß ich den Quell
Noche oscura
Dunkle Nacht
O Seele, suche dich in mir
Herr der Töpfe und Pfannen
Dein bin ich, Dir geboren
Geh, verlass die Heimat
Alles ist in Dir
Ich glaube
Die Kirche der Liebe

ZEN
Aus tiefstem Herzen sage ich euch allen
Die vier großen Gelübde
Über Zen
Metta Sutta
Herz-Sutra
Shinjin Mei
Shodoka
Die Erfahrung des Chosetsu Shûsai
Den Buddha-Weg ergründen
Gewissheit des Mahamudra
Das Gelübde der Menschheit
Der Ochs und sein Hirte
Epilog

DIE FLÖTE DES UNENDLICHEN
Die Flöte des Unendlichen
Der Fluss und seine Wellen
O, der du Mir dienst, wo suchst du Mich?
Der Mond scheint in mir
Das, was du suchst
Im Anfang war Er allein
Zu welchem Ufer willst du gelangen, mein Herz
Ich bin das Unsichtbare
Liebe kommt aus der Ewigkeit
Ich will Wasser in die Hölle gießen
Wahre Hingabe
In meiner Seele
Komm, komm, wo immer du gerade bist
Gibt es irgendeinen Liebenden in dieser Welt
Zulaicha gab allem den Namen Joseph
Es klopfte einer an des Freundes Tor
Das Herz wie Korn
Hör auf der Flöte Rohr
Mein Ort ist da, wo kein Ort ist
Wir sind der Spiegel
Das Lied des Harfenspielers
Stille
Ich habe die ganze Welt
Epilog
Taube am Dachrand
Wo ist die Tür
Der Gott, der nur vier Wörter kennt
Lasst uns essen
Dieser Himmel
Ich habe so viel gelernt
Die großen Religionen
Jede Gestalt
Gott spricht
Liebeserklärung
Gott in seiner höchsten Entfaltung
Achte auf deine Gedanken
Der Kabbalistische Baum
Achte gut auf diesen Tag
Achtsamkeit
Das Ziel
Die Liebe
Wer Ohren hat, der höre
Dem unbekannten Gott
Ecce homo
Wir bauen Bilder vor Dir auf
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre
Auferstehung
Wir gehen immer verloren
Symphonie und Tanz
Endlos
Ich bin nicht tot
Ohne Liebe
Ich sollte meinen Nächsten lieben
All das ist Liebe zu Gott
Kehre dich nach innen
Das Leben ist eine Chance
Trotzdem
Desiderata
Das Auge des Geistes
Das Ende der großen Suche
Bekenntnis

Nachwort Beatrice Grimm
Quellennachweis


Vorwort Was bietet das 21. Jahrhundert den Menschen, die ihren Halt in einer Religion verloren haben? Mehr als 80 % der Deutschen werden von der christlichen Verkündigung nicht mehr erreicht. Nur 10 % glauben noch im Sinne der gängigen Verkündigung (Identity foundation 2006). Wir haben uns in einer Welt eingerichtet, die uns immer fragwürdiger erscheint und uns immer intensiver die entscheidende Frage nach dem Sinn unseres Daseins stellen lässt. Allein im letzten Jahrhundert brachten sich über 100 Millionen Menschen gegenseitig um. Die norwegische Akademie der Wissenschaft hat errechnet, dass seit dem Jahr 3600 vor Christus insgesamt 15.513 Kriege stattgefunden haben. Dabei gab es drei Milliarden 64 Millionen Tote. Nur 292 dieser rund 5600 Jahre waren ohne Krieg. Kein „Du sollst“, „Du musst“ oder „Du darfst nicht“ bewahrte uns davor. Es gab uns nicht zu Beginn dieses Universums, das seit 14 Milliarden Jahren bestehen soll, und wird uns eines Tages auch nicht mehr geben. Was haben also die paar Jahrzehnte, die wir in einem zeitlosen Universum verbringen, für eine Bedeutung? Die Relativität unserer Rolle im gesamten kosmischen Geschehen wirft also entscheidende Fragen auf: Woher komme ich? – Wer bin ich? – Warum bin ich da? – Wohin gehe ich? Fragen, die Antworten erwarten. Weise Menschen geben uns solche Antworten seit einigen Jahrtausenden, aber wir sind offenbar unfähig, sie zu hören. Die bisherigen Vorstellungen von einem Gott und Schöpfer, einem machtvollen Herrscher, der das Gute belohnt und das Böse bestraft, an den man sich im Lob- Dank- und Bittgebet wendet, der sündige Menschen mit Fegfeuer, Hölle oder schlechter Wiedergeburt bestraft und bei Wohlverhalten mit einem ewigen Himmel, besserer Reinkarnation oder Eingehen in eine Vorstellung von Nirvana belohnt, ist vielen – vor allem jungen Menschen – nur noch schwer zu vermitteln. Dabei bergen alle Religionen in sich die entscheidenden Antworten auf diese Fragen. Leider werden diese Antworten von den Religionen selbst heute kaum noch gegeben. Es gibt, hinter unserer rationalen Erkenntnis, eine Ebene der Erfahrung, die durch unsere Ichaktivität ständig verdeckt wird. Auf dieser Ebene liegen die wirklichen Antworten für die Sinndeutung unseres Lebens. Wir richteten uns auf der personalen Ebene ein. Diese macht uns zu Menschen und darin vollziehen wir unseren Alltag. Aber sie führte uns gleichzeitig in eine unbeschreibliche Egozentrik. Wenn die Dominanz des Ich zurücktritt, taucht das auf, was die Mystik des Ostens und Westens unser ‚wahres Wesen’ nennt. Es gibt viele Bezeichnungen dafür. Jesus nennt es ‚Reich Gottes’, Buddha ‚Shunyata’, die Hindus sagen ‚Brahman’, Johannes vom Kreuz ‚Nada – Nichts’, Tauler ‚Grund’, andere nennen es ‚Leerheit’. All dies sind Bezeichnungen für eine Erfahrungsebene, die das Rationale übersteigt. Wer dorthin durchbricht, erfährt die „wirkliche Wirklichkeit“, die über alle bisherigen Erkenntnisse hinausgeht und eine ganz andere und neue Ebene für die Deutung unseres Lebens vermittelt. In den Texten der Weisen aus allen Religionen, die in diesem Buch zu Wort kommen, wird diese Ebene sichtbar. Immer mehr Menschen finden darin die Deutung ihrer Weltsicht und die Sinndeutung ihres Lebens. Wie gelangt man aber auf diese Ebene? Die Weisen haben es uns hinterlassen und lehren uns, wie man aus der Ichdominanz herausfinden und in eine tiefere Seinserfahrung gelangen kann. Sie verweisen dabei auf zwei Grundstrukturen: die „Bewusstseinsvereinheitlichung“ und die „Bewusstseinsentleerung“. Die „Bewusstseinsvereinheitlichung“ verlangt einen Fokus, auf den man immer wieder zurückkommt, sooft man auch abweicht. Dieser Fokus ist meist der Atem. Es kann auch ein Wort sein, das man wiederholt, oder ein religiöses Bild, in das man sich versenkt. Es geht jedoch immer um ein Einswerden des Übenden mit der Übung. Die andere Übungsweise, die "Bewusstseinsentleerung“, verlangt eine reine, inhaltslose, wache Präsenz, das „Schauen ins nackte Sein“ (Wolke des Nicht-wissens) oder die „reine Aufmerksamkeit“ (Johannes vom Kreuz). Zen nennt es „Shikantaza“. Was im reinen Bewusstsein auftaucht, wird wieder losgelassen, bis der Schauende und das Geschaute eins geworden sind, sagt Johannes vom Kreuz. Er nennt diese Übung „liebendes Aufmerken“ oder ein „passiv liebendes Empfangen“, das sich als leere Präsenz darstellt. Irgendein Gedanke, Einfall oder Genuss, bei dem man sich aufhalten möchte, behindere und beunruhige, schreibt er. Diese Vorgänge würden Lärm schlagen in der tiefen Stille. Auch Buddhismus, Hinduismus und Islam kennen gleiche Übungen, wie aus den Texten dieses Buches hervorgeht. Ziel ist ein Freiwerden von Sinneswahrnehmungen. Es gibt nichts zu erreichen. Leidvolle Erfahrungen aus dem Leben, der Kindheit, Partnerschaft oder am Arbeitsplatz treten zurück. Die Raumwahrnehmung schwindet, und es entsteht ein konturloses Erfassen einer nicht benennbaren Wirklichkeit – eine Erfahrung der Nondualität des Seins, bei völligem Zurücktreten des Ego. Das mag in manchen Ohren wie Atheismus klingen, ist aber gerade das Gegenteil. Während der Atheismus in die Sinnlosigkeit führt, bringt diese Erfahrungsebene die Deutung unseres kurzen Daseins in einem zeit- und raumlosen Universum hervor. Dieses Buch lässt Menschen sprechen, denen eine solche Erfahrung widerfuhr. Wer diese Erfahrungen liest oder rezitiert, erkennt, dass eine ganz neue Sinndeutung des Lebens auf unsere Spezies wartet. Eine Sinndeutung, die uns aus der egozentrischen Misere, in die wir hineingeraten sind, herausführen kann. Diese neue Ebene bringt die Erfahrung einer existenziellen Einheit und Liebe. Wenn wir sie nicht erreichen, werden wir uns wohl weiter gegenseitig umbringen, wie der Mythos von Kain und Abel zeigt. Dieser Mythos hat sich in entsetzlicher Weise bewahrheitet. Wir sollten begreifen, dass wir uns aus einem prähominiden Vorbewusstsein in ein magisches, mythisches und schließlich intellektuelles Bewusstsein entwickelt haben. Warum sollten wir auf der jetzigen, der intellektuellen Ebene, stehen bleiben? Die Entwicklung geht weiter, hin auf eine Ebene, die uns die Weisen seit einigen Jahrtausenden zu vermitteln versuchen. Nicht wenige Menschen haben das erkannt und gehen heute einen mystischen Weg, der in die Erfahrung von Einheit und Liebe führt. Willigis Jäger

„Die Flöte des Unendlichen wird ohne Ende gespielt und ihr Ton ist Liebe“, dichtet Kabir, Sohn eines Brahmanen und einer Muslima. 200 Jahre früher schreibt die mittelalterliche Begine Marguerite Porete von der Liebe: „Sie ist; nichts ist, es sei denn aus ihr“. Ebenfalls im 13. Jh. hinterlässt uns der chinesische Zenmeister Daio Kokushi folgende Weisheit: „Es gibt eine Wirklichkeit, die vor Himmel und Erde steht. Sie hat keine Form, geschweige denn einen Namen“. Und ein Wüstenvater des 6. Jahrhunderts sagt: „Die erste Ursache hat weder Figur noch Form. Man kann über sie nicht sprechen, sie kann nicht mit dem Verstand begriffen werden“. Das Unnennbare existiert nur im Nennbaren. Mystikerinnen und Mystiker unterschiedlichster Traditionen haben zu allen Zeiten immer wieder versucht, Worte zu finden, für etwas, das nicht ausgesprochen werden kann. Wer erfährt, möchte das Unsagbare sagen, möchte die Erfahrung, für die es keine Worte gibt, in Worte fassen, mitteilen und andere dafür begeistern. Der Sufimystiker Hafis schreibt: „Ich habe so viel von Gott gelernt, dass ich mich nicht mehr Christ, Hindu, Moslem, Buddhist oder Jude nennen kann“. Und die Sufimystikerin Rabia’a dichtet vom „Schmelzen in Gott“. Wir haben Gedichte und Texte gesammelt, die über die Konfessionen, über die Religionen hinausführen, die einfach „Erbe der Menschheit“ sind. Sie können Räume jenseits aller Worte eröffnen und so unaussprechliche Erfahrungen vermitteln. Worte sind nie das Eigentliche, so wie eine spirituelle Übung selbst nie das Eigentliche ist. Beides sind nur Hinweise auf dieses „unfassbare Eigentliche“. Der tanzende und dichtende Rumi sagt: „Der strahlende Eine in mir hat nie ein Wort gesagt“. Doch Worte wirken. Wie uns viele Kursteilnehmer/innen berichten, entfalten die vorliegenden Texte vor allem ihre Wirkung, wenn sie wiederholt laut gelesen werden. Sie sind freundliche, oft paradoxe - und für manchen den Verstand verwirrende - Begleiter auf dem spirituellen Weg. Die vorliegende Sammlung möchte Menschen auf einem Übungsweg unterstützen und ermutigen, die noch tastend Suchenden, ebenso wie die Erfahrenen. Denn immer mehr Menschen erfahren heute, was Mystiker/innen seit Jahrhunderten deutlich aussprechen. Wir haben die Texte - entsprechend der Unterschiedlichkeit unserer spirituellen Arbeit - in die Kapitel Kontemplation (Weg der christlichen Mystik), Zen (Weg, der seinen Ursprung im Buddhismus hat), und Die Flöte des Unendlichen eingeteilt. Im letzteren Teil sind vor allem mystische Überlieferungen aus anderen spirituellen Traditionen und zeitgenössische Texte zusammengestellt. Die Gedichte und Texte sind nach Autoren, manchmal chronologisch, manchmal thematisch aneinandergereiht, gleich einer Perlenkette von Tautropfen, die scheinbar aus dem Nichts entstehen und wieder vergehen, als seien sie nie gewesen. In dem so schnell vergänglichen Augenblick ihres Daseins spiegeln sie die Welt in kristallener Klarheit. Die Texte mögen der Leserin und dem Leser solch ein Spiegel und eine Motivation auf dem inneren Übungsweg sein. Beatrice Grimm

Erscheint lt. Verlag 11.1.2010
Illustrationen Petra Wagner
Nachwort Beatrice Grimm
Zusatzinfo Kontemplation, Zen, Die Flöte des Unendlichen
Verlagsort Holzkirchen
Sprache deutsch
Maße 150 x 210 mm
Gewicht 298 g
Einbandart Englisch Broschur
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Geisteswissenschaften
Schlagworte Die vorliegende Sammlung von Gedichten und Texten spiegelt die mystischen Erfahr • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Spiritualität • Kontemplation - Christliche Mystik • Kontemplation, christliche Mystik, traditiionelle Zen-Texte, Überlieferungen aus • Kontemplation, christliche Mystik, traditiionelle Zen-Texte, Überlieferungen aus spirituellen Traditionen, zeitgenössische Mystik • Mystik • Sinn des Lebens • Spirituelle Lehrer • Spirituelle Lehrer / Meister • Traditiionelle Zen-Texte • Traditionelle Texte aus dem Zen • Überlieferungen aus spirituellen Traditionen • Zeitgenössische Mystik
ISBN-10 3-9810310-5-9 / 3981031059
ISBN-13 978-3-9810310-5-8 / 9783981031058
Zustand Neuware
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