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Boten des Wandels (eBook)

Den Störchen auf der Spur
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
224 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40408-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Boten des Wandels -  Holger Schulz
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Der Storchexperte und Biologe Holger Schulz gibt in seinem Buch Einblick in seine Feldforschung, die wahrhaftig ein Abenteuer ist. Über 30 Jahre hat Schulz die Störche begleitet. Tausende von Kilometern legen sie jedes Jahr zurück: Wenn die Zugvögel im Spätsommer ihre europäischen Brutgebiete in Richtung Afrika verlassen, begeben sie sich auf eine riskante Reise. Welche Gefahren ihnen drohen, welche Hindernisse sie bewältigen müssen und wie unsere Zivilisation ihr Leben beeinflusst - dies und vieles andere hat der Biologe und Storchenexperte Holger Schulz erforscht. Ob im Storchendorf Bergenhusen oder auf wagemutigen Expeditionen fernab jeder Straße: In vielen Winkeln der Erde erkundete er die Lebenswelt der Weißstörche, um mehr über sie herauszufinden und ihr Verhalten zu studieren.

Dr. Holger Schulz, geboren 1954, lebt in Bergenhusen. Er ist Biologe und Journalist und hat an der Produktion zahlreicher internationaler Tierfilme, besonders für die ARD-Fernsehserie «Expeditionen ins Tierreich», mitgearbeitet. Holger Schulz ist international als Weißstorchfachmann anerkannt und hat mehrere wissenschaftliche Bücher über den Storch verfasst.

Dr. Holger Schulz, geboren 1954, lebt in Bergenhusen. Er ist Biologe und Journalist und hat an der Produktion zahlreicher internationaler Tierfilme, besonders für die ARD-Fernsehserie «Expeditionen ins Tierreich», mitgearbeitet. Holger Schulz ist international als Weißstorchfachmann anerkannt und hat mehrere wissenschaftliche Bücher über den Storch verfasst.

Vorwort


Er gilt als der Superstar unter den Vögeln, zumindest in Europa: der Weißstorch – Ciconia ciconia. Und er muss für alles Mögliche und Unmögliche herhalten: Flaggschiff für den Naturschutz, Kinderbringer und Fruchtbarkeitssymbol, Frühlingsbote und Beschützer der Häuser, auf denen er brütet. Er hat sich dem Menschen enger angeschlossen als irgendein anderer Großvogel. Allein die vielen aus Märchen, Fabeln und Alltagssprache bekannten Namen – Klapperstorch, Adebar, Vetter Langbein, Stelzbein, Rotschnabel, Heilebart und Kalif Storch – geben Zeugnis für diese enge Bindung. Dort, wo der Weißstorch in Kultur und Volksglaube verankert ist, wird er verehrt und geliebt und ist oft auch Teil des lokalen Brauchtums. Es werden Storchenfeste gefeiert, Storchenprinzessinnen gekürt und Eheschließungen oder die Geburt eines Kindes mit Storchensymbolen verkündet. Jedes Jahr aufs Neue fiebern die Menschen den gefiederten Frühlingsboten entgegen. Kehrt dann der erste aus seinem Überwinterungsgebiet zurück und nimmt klappernd sein Nest in Besitz, bricht ein regelrechter «Storchenhype» aus.

Die Verehrung der Störche reicht zurück bis in die Antike. Für die alten Griechen und Römer war der Weißstorch ein tief im Glauben verwurzelter frommer Vogel, ein Sinnbild von Dankbarkeit und Fürsorge der Kinder für ihre Eltern, von denen sie aufopferungsvoll großgezogen wurden. In der Türkei gilt der Weißstorch bis heute als heiliger Pilgervogel Hadschi Leklek. Nicht nur wegen der angeblichen Pilgerreise, sondern auch, weil er in islamischen Ländern gerne auf den Dächern und Minaretten der Moscheen brütet. Unsere Tradition kennt die Störche als Glücksboten, sorgen sie doch dort, wo sie sich ansiedeln, für Kinderreichtum, Wohlstand und Sicherheit. Für diesen Mythos steht der Name Adebar, der sich ableitet vom althochdeutschen Ode Boro, was so viel bedeutete wie «Glücksträger». Über lange Zeit galt er als Sinnbild für eheliche Treue, und in volkstümlichen Reimen und Liedern gaben Kinder Bestellungen für neue Geschwisterchen auf: «Klapperstorch, du Guter, bring mir einen Bruder, Klapperstorch, du Bester, bring mir eine Schwester.» Um diesen Wunsch zu bekräftigen, wurde ein Stück Würfelzucker auf die Fensterbank gelegt, das bald darauf verschwunden war. Der Klapperstorch hatte es geholt, vielleicht als Anzahlung für die erbetene Leistung.

Nun könnte man meinen, dass für den Ornithologen, der die Biologie der Störche mit wissenschaftlichem Anspruch erkundet, solche Aspekte keine Rolle spielen. Aber ist es denn wirklich so? Tatsächlich war ich bei meiner Feldforschung mit der Rolle des Storchs als Mittler zwischen Natur und Kultur gelegentlich doch konfrontiert. Sei es in Afrika, wo sich in Gesprächen mit Hirten und Bauern letztlich nur die Idee vom «Kinderbringer» Storch als schlagendes Argument gegen die Bejagung erwies. Oder in Japan, wo ich mit Prinz Akishino, einem Sohn des Kaisers, den Schutz des Schwarzschnabelstorchs diskutierte. Sein Stammhalter sei genau an dem Tag zur Welt gekommen, erzählte er, an dem er als Schirmherr einen im Gehege aufgewachsenen Jungstorch ausgewildert habe. Seitdem sei ihm der Schutz der vom Aussterben bedrohten Störche eine Herzensangelegenheit.

Mehr als 30 Jahre lang habe ich mich als Biologe intensiv mit dem Weißstorch befasst. Von Anfang an war mir dabei bewusst: Wer das Verhalten der Störche wirklich verstehen will, wer wissen will, wie sie leben, wodurch sie gefährdet sind und welche Maßnahmen für ihren Schutz erforderlich sind, der muss sich mit ihnen auf Reisen begeben. Als Forscher habe ich die Vögel deshalb vor allem auf ihrem Zug begleitet, von Europa bis in die Südspitze Afrikas. Die wissenschaftlichen Daten aus dieser Feldforschung beantworteten viele offene Fragen und offenbarten manch spektakuläre Erkenntnis. Hunderte Tagebuchseiten füllte ich unterwegs, nicht nur mit biologischen Aufzeichnungen, sondern auch mit meinen persönlichen Erlebnissen auf der Spur der Störche. Grandiose Landschaften lernte ich kennen, faszinierende Menschen und fremde Kulturen. Und bald stellte ich fest, dass der Storch, allen Unterschieden zwischen den Völkern zum Trotz, immer wieder sympathisch wirkender Auslöser war für Verständnis und freundliche Begegnungen. Ob wagemutige Expeditionen fernab jeder Straße, wütende Sandstürme in der Wüste, funkensprühende Blitze in den Drakensbergen oder Autopannen in von Aufständischen bedrohten Gebieten in Westafrika – in meinen Gedanken sind all diese Abenteuer untrennbar mit der wissenschaftlichen Arbeit an den Störchen verbunden.

Über die Weißstörche wurde bereits viel geschrieben. Das meiste davon, auch das, was ich selbst zu Papier gebracht habe, ist Fachliteratur. Als der Rowohlt Verlag mich im Jahr 2017 fragte, ob ich meine Forschungsarbeit über den Weißstorch in einem neuen Buch vorstellen möchte, stand für mich außer Frage: Es sollte kein weiteres Fachbuch werden, sondern ein Buch über meinen langen Weg zu und mit den Störchen. Der begann bereits, als ich im zarten Alter von 16 Jahren auf dem Reetdach eines Hauses nahe der Ostseeküste hockte und einem Beringer, es war der bekannte Ornithologe Theodor Mebs, bei seiner Arbeit über die Schulter schaute. Und dieser Weg ist bis heute, nach etlichen Touren um die halbe Welt, nicht abgeschlossen. In diesem Buch nehme ich den Leser mit auf meine Reisen. Mit jeder meiner Begegnungen kommt er den Störchen näher, lernt sie und ihre Biologie kennen, erfährt, wie sie «funktionieren», und erlebt die Abenteuer der Feldforschung hautnah mit. Er begleitet mich auf einem «Roadtrip» mit den Störchen – durch Europa, Nahost und Afrika.

Vieles hat sich seit meinen ersten Gehversuchen auf der Spur der Störche verändert. Während ich dieses Buch schreibe, führen meine alten Notizen es mir wieder vor Augen: Anfangs, in den 1980er Jahren, stand zu befürchten, der Weißstorch könne bis zur Jahrtausendwende ausgestorben sein, zumindest im Westen Deutschlands. Damals ging es um den Schutz jedes einzelnen Vogels. Zehn Jahre später drehte sich das Blatt, und heute haben die Bestände sich vielerorts erholt. Auch die Herausforderungen an die Feldforschung haben sich seit den ersten Expeditionen dramatisch verändert. Vor 30 Jahren war ein Telefonat vom Sudan nach Deutschland nur mit viel Glück im Postamt der Hauptstadt möglich. Ganz selten mal boten mir Entwicklungshelfer ihr Funkgerät an, damit ich mit meiner Familie ein paar Worte wechseln konnte. Heute ist es selbstverständlich, in den abgelegensten Ecken der Welt per Handy, Satellitentelefon oder E-Mail zu kommunizieren. Es gab keinen Laptop, keine digitalen Karten, kein Google Earth und vor allem kein GPS für die Navigation. Wer sich in fremdem Gelände zurechtfinden wollte, war auf ortskundige Führer angewiesen. Auch viele Straßenverbindungen wurden verbessert. Noch im Jahr 2001, auf unserer Expedition in den westafrikanischen Sahel, quälten wir uns Hunderte Kilometer über sandige Pisten und mussten am Spülsaum des Atlantiks die Sahara umfahren. Inzwischen führt eine durchgehend asphaltierte Straße von Marokko bis nach Senegal. Andererseits wären manche der im Buch geschilderten Expeditionen heute nicht mehr möglich. Aufgrund politischer Wirren und islamistischen Terrors müssen Forscher auf Reisen durch Krisenregionen verzichten, zum Beispiel in Mali. Selbst die Bundeswehr bezeichnet ihren Einsatz dort als den gefährlichsten der Welt. Vielleicht war meine Feldforschung in manchen Ländern Afrikas die letzte Chance, vor Ort Näheres über den Zug und die Biologie der Störche zu erfahren.

Mehr als 30 Jahre Arbeit an den Störchen – über einen Zeitraum, in dem die rasante Entwicklung der neuen Technologien die Welt verändert hat. Wie kommt man dazu? Wurde ich danach gefragt, dann lautete meine Antwort stets: «Es hat sich einfach so ergeben.» Während der Recherchen für dieses Buch wurde mir bewusst, dass es mehr war als das: Viele Umstände und Personen haben meinen Weg maßgeblich mitbestimmt. Eltern, Familie und Freunde, die an mich glaubten, aber auch Bücher, Erlebnisse und die Freude daran, Unbekanntes und Neues zu erkunden. In diesem Buch beschreibe ich deshalb auch meinen ganz persönlichen Weg zur Natur und letztlich zu den Störchen. Und meine Forschung? Sie war niemals nur Selbstzweck. Die Motivation, über Jahre hinweg und vielen Widrigkeiten zum Trotz beharrlich beim Thema zu bleiben, entsprang immer vor allem einem Ziel: die Weißstörche, diese faszinierenden Vögel, auch den kommenden Generationen zu erhalten. Mit unserer Forschung, davon bin ich überzeugt, haben wir Weichen gestellt für ein besseres Verständnis ihrer Biologie und für ihren erfolgreichen Schutz. Gemeinsam mit vielen Kollegen in ganz Europa haben wir unseren Beitrag geleistet, dass es dem Weißstorch als Art wieder ein bisschen besser geht.

Meine Forschung am Weißstorch und damit auch dieses Buch wären ohne die tatkräftige Unterstützung zahlreicher Kollegen und Freunde nicht möglich gewesen. Vielen von ihnen begegnet der Leser in diesem Buch. Aber nicht allen konnte ich den gebührenden Platz einräumen: Ich danke dem gesamten Vorstand und den Mitarbeitern der Gesellschaft Storch Schweiz, die die Forschungen auf der Westroute initiierte und finanzierte. Neben Peter Enggist, dem Geschäftsführer, und seiner Frau Margrith möchte ich den Präsidenten Tobias Salathé nennen sowie Daniel Schedler, Robert Schoop, Ruggero Ponzio und Olivier Biber, denen ich mich besonders verbunden fühle. Die Mitarbeiter bei der Begleitung des Storchenzuges durch den Süden Europas im Jahr 2001 konnte ich im Rahmen dieses Buches leider nicht angemessen...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2019
Zusatzinfo Mit s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Afrika • Bergenhusen • Klimawandel • Ornithologie • Spanien • Südeuropa • Vögel
ISBN-10 3-644-40408-9 / 3644404089
ISBN-13 978-3-644-40408-3 / 9783644404083
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