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Grundgesetz (eBook)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
130 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560071-9 (ISBN)

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Grundgesetz -  Günter Frankenberg
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Günter Frankenberg ist Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität Frankfurt. Zahlreiche rechtswissenschaftliche Veröffentlichungen, insbesondere zum Verfassungsrecht. FISCHER KOMPAKT: Verlässliches Wissen kompetent, übersichtlich und auf knappem Raum dargestellt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Günter Frankenberg: Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung; zahlreiche rechtswissenschaftliche Veröffentlichungen, insbesondere zum Verfassungs- und zum Ausländerrecht

Günter Frankenberg: Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung; zahlreiche rechtswissenschaftliche Veröffentlichungen, insbesondere zum Verfassungs- und zum Ausländerrecht

Grundriss


Das »Grundgesetz« als Verfassung


Grundgesetz oder Verfassung?


Mit ihren Verfassungen stellen sich Gesellschaften eine Visitenkarte aus. Verfassungen zeigen ihre Einheit an – als Nation, Staat, Volk oder Union. Verfassungen gelten als Eintrittsbillett in den Kreis der »zivilisierten Staaten«, wenn sie nur die Grundsätze von Demokratie, Republik und Rechtsstaat verbürgen und einen Katalog von Grundrechten garantieren.

Seit etwa zwei Jahrhunderten dokumentieren geschriebene Verfassungen das demokratische Projekt. Verfassungen geben mit der Macht des gedruckten Wortes Auskunft darüber, wie sich die Menschen ein einigermaßen gerechtes und geordnetes Leben in Gesellschaft vorstellen. Insbesondere: wie sie von der Möglichkeit, sich selbst zu regieren, Gebrauch machen wollen. Ob feierlich oder nüchtern in der Sprache, ob mit oder ohne Beschwörung des Beistands Gottes, stets begleitet eine im Namen der Mitglieder des Sozialverbandes – meist Volk oder Nation – erklärte Verfassung den Schritt aus eigenem Recht handelnder Bürgerinnen und Bürger in die neue Welt. Verfassungen treten mit unterschiedlichen Bezeichnungen auf: Als Konstitutionen, Fundamentalgesetze, Grundgesetze oder Verfassungsverträge signalisieren sie, dass die Mitglieder einer Gesellschaft sich nicht mehr als Untertanen hoheitlicher staatlicher Gewalt begreifen, sondern als Aktivbürgerschaft, die ihre Geschichte und Geschicke selbst gestaltet und sich politisch als Demokratie selbst organisiert.

In dieser Tradition sich selbst bestimmender und regierender Gesellschaften steht auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. Was zunächst als Provisorium gedacht war, erwies sich in der Folgezeit als außerordentlich bestandskräftig und überstand bis zum Jahre 2003 51 Änderungsgesetze sowie eine Reihe von Bestrebungen zur Totalrevision. Mittlerweile steht das Grundgesetz als dauerhafteste deutsche Verfassung zu Buche. Nicht zuletzt deshalb wurde nach der deutschen Einigung im Jahre 1990 dieser Name beibehalten. Wir können festhalten: Die Einheit und Freiheit Deutschlands ist nunmehr vollendet. Das Grundgesetz – kurz: GG – hat sich als Verfassung eingebürgert.

Aufgaben des Grundgesetzes


Eine Verfassung steht an der Spitze der Normenpyramide des nationalen Rechts. Soll eine Verfassung nicht leeres Gerede oder frommer Wunsch bleiben, so muss sie den anderen Rechtsnormen etwas »vorgeben«, das ihren Vorrang rechtfertigt: Sie muss die Verfahren festlegen, in denen pluralistische Gesellschaften trotz ihrer Konflikte und inneren Zerrissenheit immer wieder einen gemeinsamen Willen bilden und handlungsfähig sein können. Dazu bedarf es der Verbürgung eines Minimums an Freiheiten. Diese sollen die Bürgerschaft in die Lage versetzen, auf den öffentlichen Foren aufzutreten und sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Eben: ihre gemeinsamen Geschäfte selbst zu bestimmen. Sodann sind politische Institutionen und Ämter einzurichten, die die Ergebnisse dieser Willensbildung in allgemein verbindliche Entscheidungen übersetzen. Außerdem zeichnen Verfassungen bestimmte Werte aus, die für grundlegend erachtet werden, wie Frieden, Solidarität oder Schutz von Minderheiten.

Allgemeine und besondere Aufgaben stellen sich auch dem Grundgesetz. Die allgemeinen lassen sich unschwer von den in Art. 20 und 28 Abs. 1 niedergelegten Legitimations- und Organisationsprinzipien Republik, Demokratie, Rechtsstaat und Föderalismus sowie vom Katalog der Grundrechte ablesen. Besondere Aufgaben ergeben sich zwangsläufig aus der jüngeren deutschen Geschichte und aus der Erfahrung zweier Weltkriege. Das Grundgesetz sollte eine Antwort sein auf die Zerstörung der Weimarer Verfassung von 1919 (»Streitbare Demokratie«). Außerdem war dem Grundgesetz aufgegeben, jeden Rückfall in ein Terrorregime nach Art des Nationalsozialismus oder auch des Stalinismus zu versperren. Deshalb verbürgt Art. 1 als erste und oberste Grundsatznorm die Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Nach den Verwüstungen von zwei Weltkriegen lag es für die Eltern des Grundgesetzes nahe, mit der neuen Verfassung Sorge zu tragen für ein friedliches Zusammenleben der Völker. Die Präambel und Art. 24 sprechen von der Wahrung des Friedens. Art. 26 verbietet den Angriffskrieg. Im Hinblick auf die Zukunft visierten der Parlamentarische Rat bereits 1949 in der Präambel des Grundgesetzes und der verfassungsändernde Gesetzgeber in dem 1992 neu gefassten Art. 23 den Weg zu einem vereinten Europa an.

Zur allgemeinen Aufgabe einer Verfassung gehört schließlich noch, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Auch das Grundgesetz schwebt nicht in den Wolken, weit entfernt vom Wandel der Wertvorstellungen. Das zeigt sich an einzelnen Artikeln, die in der Auslegung der Gerichte, leitend hier das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), ihre Bedeutung verändern. So stellte das Bundesverfassungsgericht 1957 fest: »Gleichgeschlechtliche Betätigung verstößt eindeutig gegen das (in Art. 2 Abs. 1 verankerte) Sittengesetz.« Zur Begründung verwiesen die Richter auf die »allgemeine Anerkennung« für das damals noch geltende strafrechtliche Verbot der Homosexualität. Inzwischen haben sich die Auffassungen dazu geändert, das Strafgesetz wurde in diesem Punkt liberalisiert, und das Verfassungsgericht würde heute schwerlich seine Urteilsgründe von 1957 wiederholen. Im Jahr 1954 ging ein Obergericht, wie viele andere, davon aus, die nichteheliche Lebensgemeinschaft verstoße gegen das nämliche Sittengesetz. Heute herrscht die Ansicht, der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit) oder Art. 6 Abs. 1 (Schutz von Ehe und Familie) umfasse auch solche Lebensgemeinschaften, die unterdessen durch das Lebenspartnerschaftsgesetz offizielle Anerkennung fanden. Auch in anderen Bereichen wurde das Grundgesetz, wie später ausführlich dargelegt wird, auf seine veränderte gesellschaftliche Umwelt und auf neue politische Herausforderungen eingestellt.

Bausteine des Grundgesetzes


Den Verfassungscharakter des Grundgesetzes beglaubigt auch sein Aufbau. Es ist kein Zufall, sondern eine bewusste Entscheidung, dass der Grundrechtskatalog als erster Baustein den anderen Verfassungsnormen vorangestellt ist. Zu den in den Art. 1 bis 19 aufgeführten »klassischen« Grundrechten gehört noch eine Reihe von grundrechtsgleichen Rechten, die ein wenig verstreut im Grundgesetz zu finden sind: Rechte und Pflichten der Staatsbürger (Art. 33), das Wahlrecht (Art. 38) sowie die Rechtsgarantien vor Gericht und bei Freiheitsentziehungen (Art. 101 bis 104).

Diese grundrechtlichen Verbürgungen gewähren verbindliche und einklagbare Rechtsansprüche als »subjektive Rechte«, die im Rang den einfachen Gesetzen und allen untergesetzlichen Normen vorgehen. Sie binden alle staatlichen Gewalten, also die Gesetzgebung, Regierung und Verwaltung sowie die Rechtsprechung (Art. 1 Abs. 3). Praktisch heißt das, keine der drei Gewalten, auch nicht der Gesetzgeber, kann freihändig über grundrechtliche Garantien disponieren, sondern ist beachtlichen Einschränkungen unterworfen. Der Wesensgehalt von Grundrechten darf, wie es in Art. 19 Abs. 2 heißt, »in keinem Falle« angetastet werden. Außerdem bedürfen Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche einer gesetzlichen Grundlage (Gesetzesvorbehalt) und müssen hinreichend bestimmt und verhältnismäßig sein (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Die Grundrechte werden also flankiert von rechtsstaatlichen Garantien, um die staatlichen Gewalten auf Distanz zu halten.

Bausteine des Grundgesetzes

Grundrechte erfassen alle wichtigen Lebensbereiche: die Intimsphäre, Ehe und Familie, die private Kommunikation, das Auftreten in der Öffentlichkeit, die Religion und die wirtschaftliche Betätigung. Sie verbürgen den Individuen und ihren Vereinigungen in der Gestalt von Freiheiten des Gewissens und Glaubens, der Meinungsäußerung und Presse, des Berufs und Eigentums etc. bestimmte Handlungskompetenzen und Handlungschancen. Demgegenüber zielen Gleichheitsgrundsatz und Diskriminierungsverbote (Art. 3) auf die gleiche Verteilung dieser Freiheiten ab.

Die Träger von Grundrechten sollen also in gleicher Weise frei sein, zu handeln, sich an den gemeinsamen Geschäften der Gesellschaft zu beteiligen und in gleichem Maße an staatlichen Leistungen teilzuhaben. Freilich sind einige Einschränkungen zu beachten. Nur Menschenrechte gelten für alle Personen. Beispiele: »Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich« (Art. 3 Abs. 1), und »Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten« (Art. 5 Abs. 1 Satz 1). Bürgerrechte dagegen stehen nur deutschen Staatsangehörigen zu. Zum Beispiel: »Alle Deutschen haben das Recht,...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Bundesrat • Bundesregierung • Bundestag • Bundesverfassungsgericht • DDR • Deutschland • EU • Fischer Kompakt • Geschlechterverhältnis • Gesetzesvorbehalt • Grundgesetz • Grundrecht • Lebensbereich • Minderheitenschutz • Misstrauensvotum • Religionsfreiheit • Sachbuch • Schutzbereich • Verfassung • Verfassungsbeschwerde • Verhältnismäßigkeit • Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
ISBN-10 3-10-560071-X / 310560071X
ISBN-13 978-3-10-560071-9 / 9783105600719
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