Easy nach Assisi (eBook)
304 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-25171-0 (ISBN)
Christian Busemann produziert seit Jahren Unterhaltungsfernsehen. Zusätzlich und mit großer Hingabe verdingt er sich regelmäßig als Autor für diverse Moderatoren oder als Redakteur für unterschiedliche Zeitschriften. Christian Busemann lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Hamburg.
Die Vorbereitungen
Mama.
Der Countdown läuft. Nur noch drei Wochen bis zum 14. Mai, um alles auf die Kette zu kriegen – und meine Projekte abzuschließen. Viel Programm für wenig Zeit. Denn ich brauche natürlich noch »Fleisch« für meine Reise nach Assisi – Infos, Anekdoten, Fakten.
Welche Orte hat mein Vater in Assisi gerne aufgesucht?
Wer waren seine Freunde dort?
Wann war er zum ersten Mal da, wann zum letzten Mal – und warum überhaupt Assisi?
Nur, weil man katholisch ist, muss man ja nicht ständig dort hinreisen. Da reicht auch einmal Rosenkranz beten in Südoldenburg.
So richtig viele Menschen fallen mir nicht ein, die etwas über meinen Vater erzählen können. Klar, Mama, und mein Bruder Andreas. Allerdings sind die Storys meiner Mutter über die Jahre wirklich bis ins Letzte durcherzählt, und Andreas weiß auch nicht viel mehr über Papas Zeit in Assisi als ich – also gar nichts. Es müsste jemand sein, der ihn als Kind und als Jugendlichen kannte – und da gibt es nur noch eine Person mit Hoheitswissen: Tante Lore! Keiner von uns hat sie seit den Achtzigern wiedergesehen. Aber vielleicht hat Mama noch Kontakt zu ihr!?
»Oh, schön, Busi! Das würde dein Papa toll finden. Er hat es dort so geliebt!«
Meine Mutter ist begeistert von meiner Idee, nach Assisi zu reisen, und legt direkt einen Story-Klassiker auf:
»Papas bester Freund war Antonello …«
»Ich weiß Mama!«
»… und er ist ein Jahr später nach der Messe, die für deinen Papa in Assisi gelesen wurde, auch an einem Herzinfarkt gestorben …«, setzt sie ihren Satz mit gesenkter Stimme ungehindert fort.
»Auch das weiß ich. Aber mich interessiert viel mehr, wie die zwei sich kennengelernt haben. Ich meine, was machte Papa in Assisi? Da ist man doch nicht einfach so. Da muss man doch einen Plan haben. Und warum taucht da plötzlich Antonello auf?«
Schweigen. Mama überlegt und kommt praktisch veranlagt, wie sie nun einmal ist, zur selben Erkenntnis wie ich: »Weißt du, wer dir bestimmt was dazu sagen könnte – Tante Lore!«
»Habe ich auch schon überlegt! Hast du Kontakt zu ihr?«
»Nein. Sie ist ja nicht mehr mit Onkel Klaus verheiratet.«
»Wann hast du sie denn das letzte Mal gesprochen?«
»Och, das ist ewig her. Vor dreißig Jahren vielleicht. Aber mit Klaus habe ich vor zwei Jahren gesprochen. Er meinte, Lore arbeite ehrenamtlich für die katholische Seelsorge.«
Nach dem Telefonat mit meiner Mutter reichen drei Klicks bei Google, um Kontakt zu meiner Tante herzustellen. Sie kümmert sich in einer katholischen Kirchengemeinde im Ruhrgebiet um Senioren. Ich rufe im Pfarrheim an, hinterlasse eine Nachricht für sie auf dem Anrufbeantworter. Auch ihre Privatnummer finde ich im Netz, doch auch dort geht nur die Mailbox ran. Und da sie nicht personalisiert ist, bin ich unsicher, ob ich überhaupt richtig verbunden bin. Eher zögerlich spreche ich auf die Box, mit der Bitte um Rückruf. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht machen. Aber an anderer!
Pilgerführer.
Der Pilgerführer ist eingetroffen. Ganz schöner Oschi in Hochglanz, mit vielen schönen bunten Fotos und Karten. Kurzer Einstieg mit den wichtigsten Fakten, ausführliche Etappenbeschreibungen, die zudem Schwierigkeitsgrade von leicht bis schwer ausweisen und Tipps für Sehenswürdigkeiten. Auch dabei: ein Abriss über Franz von Assisi, sein Wirken, seine Stätte – alles sehr gefällig und macht Lust auf den Trip.
Ich blättere den Pilgerführer aufgeregt durch und lese: »viele Steigungen«, »anspruchsvolle Etappe«, »hier gibt es nur wenige Unterkünfte« oder »nicht den anderen Schildern folgen, sonst kommen Sie vom Weg ab …«. Komfortzone ade, denke ich. Zeit für ein bisschen Respekt vor der eigenen Courage. Wird mir das nicht alles vielleicht ein bisschen viel? Überfordere ich mich nicht mit diesem »Pilgern«?
Ich könnte doch auch einfach bequem mit dem Bus oder mit dem Zug von Florenz nach Assisi fahren. Wer weiß, vielleicht komme ich da ja nie an, weil ich einen Abhang runterfalle, von einem Unwetter heimgesucht werde – oder von Wölfen! Ja, genau, Wölfe. Die soll es da doch geben.
Der Wolf in Italien & andere tierische Gefahren
Das Thema Wölfe wird in den Wanderführern nicht ausführlich bearbeitet. Deshalb habe ich noch mal kurz querrecherchiert, um selbst im »Wolfsfall« gerüstet zu sein.
Grundsätzlich ist der Wolf gefährlich für den Menschen – er hat ja ein Maul voller Zähne – aber nicht, solange er satt ist. Und das ist er dann doch meistens. Das lässt sich zumindest aus der Zahl der (bekannten) Attacken auf Menschen schließen – es waren weltweit nur dreißig in den zurückliegenden zwanzig Jahren (Stand 2019).
Sollte einem ein Wolf begegnen – und die streunen durchaus nicht nur in der freien Prärie, sondern auch am Rand von Ballungszentren herum –, nicht wegrennen, sondern sich bemerkbar machen, brüllen, sich einen Stock oder Stein suchen und damit werfen, sollte der Wolf sich nähern. Dabei immer darauf achten, das Tier nicht einzuengen. Auch ein Tipp: dem Wolf in die Augen schauen und sich ganz langsam zurückziehen.
Bedenken sollte man auch: Die Begegnung mit dem Wolf muss nicht von ihm gewollt sein.
Franziskusweg-Wanderer Kees Roodenburg hat sich zudem weiterer Tieren angenommen.
Italien sei voller Hunde, ab und zu liefen einige von diesen frei herum. Sollte einer auf den seltsam bepackten Wanderer aggressiv reagieren, böte sich ein kleines Gerät an, das mit Tönen in hoher Frequenz die Tiere verjagt.
Auch ein schwerer Stock könne die Tiere abhalten, weil er ihnen Respekt einflöße.
Außerdem gebe es Schlangen. Einige davon seien giftig, doch wenn man nicht auf sie drauftrete, sei wohl alles gut, und sie verschwinden.
Ebenso könnten nach einem Tag Wandern durchs Dickicht auch mal Zecken am Körper kleben. Von daher böte es sich an, eine Pinzette einzupacken.
Ich schlage die Assisi-Etappe auf und lande direkt auf einer Doppelseite, überschrieben mit »Pilgerseelsorge in Assisi«! Gemeint ist eine deutschsprachige Führung durch die Basilika für Pilgerinnen und Pilger durch Bruder Thomas von den Franziskaner-Minoriten. Ich kenne weder den einen noch die anderen, aber der Mann scheint voll im Bilde zu sein, was die Basilika San Francesco und das Haupt- und Mutterkloster der Franziskaner anbetrifft. Um nicht zu sagen: Bruder Thomas ist der Checker!
Man könne ihn auch schon vor der Reise anmailen, um sich für eine Führung anzumelden. Ebenso stünde er für Begegnungen und Gesprächsrunden zu den Themen Franziskus, Christsein und Ordensleben für Einzelne und Gruppen zur Verfügung. Dazu wird noch genau beschrieben, wo der Treffpunkt für die Führungen ist, wann es den Pilgersegen und wo es den Stempel für den Pilgerpass (Pilgerpass?!) gibt. Auf dem Foto sieht Bruder Thomas sehr herzlich und freundlich aus, und so fasse ich umgehend den Entschluss, ihm zu schreiben. Vielleicht kann er mir in Assisi irgendwie weiterhelfen.
Ich kalkuliere meine geplante Ankunft auf den 28. Mai – male mir aus, irgendwann in Assisi anzukommen, mein Zimmer zu beziehen, auszuruhen und dann am nächsten Tag die Basilika San Francesco zu begutachten. Zudem schreibe ich Bruder Thomas, warum ich mich auf den Weg begebe – und erläutere Papas Liebe für Assisi. Ich frage ihn, ob er mir möglicherweise helfen könne – beim Aufspüren von Verwandten oder Bekannten von Antonello oder anderen Assisianern, die meinen Vater gekannt haben, und erbitte darüber hinaus eine Begegnung mit Bruder Thomas. Auf ein Wort mit einem echten Mönch – so ein Pilgergespräch one on one würde die Reise doch wirklich abrunden.
Zufrieden klappe ich den Rechner zu. Das soll an aktiver Recherche für den Tag reichen. Ich blättere gedankenverloren noch mal zum Anfang des Pilgerführers und entdecke auf Seite 10 – au Backe! – eine sehr detaillierte Packliste, auf der solch exotische Sachen stehen wie »Funktionsunterhosen«, »Merino-T-Shirts« und »Sandalen« – Dinge, die ich allesamt nicht besitze. Ich habe ja nicht einmal eine ganz normale Regenjacke. Fuck! Das Equipmentressort habe ich bislang komplett außer Acht gelassen. Was habe ich überhaupt von all den Sachen?
Rucksack – JA, habe ich einen von meiner Schwiegermutter – da passt eine Menge rein. Wanderschuhe – JEIN, ich habe ein ausrangiertes Paar, mit dem ich mich ab und an durch den Winter wurschtele, aber gekauft wurden sie als leichte Winterstiefel. Könnten Wackelkandidaten werden.
Eine Trekkinghose habe ich auch. Den Rest an Outdoor-Klamotten nicht.
Okay, da steht wohl ein Shopping-Date im »Globetrotter« an.
Globetrotter.
Thies greift gezielt zu der aralblauen Jacke.
»Also die Alpha SV Jacket von Arc’teryx mit einer 28 000er Wassersäule, nicht mal 500 Gramm leicht, die hält dich selbst bei einem Unwetter oder Platzregen trocken – um nicht zu sagen: Die ist wasserdicht!«
»Und was kostet diese Asterix?«, frage ich neugierig.
»Aktuell …«, Thies schielt auf das Preisschild, »… liegt die bei 749,95 Euro.«
»750 Euro für eine Regenjacke!? Wer das zahlt, ist doch selbst nicht ganz wasserdicht. Als ich klein war, haben wir so quietschbunte Adidas-Regenjacken in einem kleinen Beutelchen zum Reinknüllen gehabt – die haben vielleicht 20 Mark gekostet«, erinnere ich mich nicht mehr ganz sauber, während...
Erscheint lt. Verlag | 15.3.2021 |
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Zusatzinfo | mit ca. 25 s/w-Fotos |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte ► Europa |
Reisen ► Reiseführer ► Europa | |
Schlagworte | Biografie • Biographien • Der große Trip • eBooks • Franziskusweg • Franz von Assisi • Hape Kerkeling • ich bin dann mal weg • Italien • Jakobsweg • Outdoor • Pilgerwege • Reisen • Wandern |
ISBN-10 | 3-641-25171-0 / 3641251710 |
ISBN-13 | 978-3-641-25171-0 / 9783641251710 |
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