Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam. (eBook)
140 Seiten
Duncker & Humblot GmbH (Verlag)
978-3-428-53645-0 (ISBN)
* 1940 Hütten/Pommern; Altsprachliches Abitur Berlin 1960; Studium der Rechte Berlin, Bonn, Tübingen; 1964, 1969 Staatsexamina Berlin; 1969 Dr. iur. FU Berlin; 1986 Habilitation Staats-, Verwaltungs-, privates und öffentliches Wirtschaftsrecht, Rechtswissenschaft I, Hamburg; 1969-80 Rechtsanwalt in Berlin; 1972-78 Professor für Wirtschaftsrecht Berlin Abendstudium; 1978-89 Universitätsprofessor Wirtschaftsrecht Hamburg; seit 1989 Ordinarius für öffentliches Recht Erlangen-Nürnberg; 2005 emeritiert.
Vorwort zur Zweiten Auflage 6
Vorwort zur Ersten Auflage 6
Inhaltsverzeichnis 8
Das Problem Religionsfreiheit 10
I. Religionsfreiheitliche Texte 12
II. Religionsfreiheit in der Praxis 16
III. Glauben, Meinen, Wissen 25
IV. Begriff der Freiheit 29
V. Freiheitliche Rechtlichkeit, Vorrang des Staatlichen und Religionstoleranz 32
VI. Neutralität/Nicht-Identifikation des Staates 38
VII. Grundrechtsschutz der pluralistischen Welt des Religiösen 44
VIII. Vorrang des Weltlichen vor dem Geistlichen als Gesetzesvorbehalt 50
IX. Negative Religionsfreiheit 61
X. Säkularisiertes Christentum – politischer Islam 67
XI. Freiheitliche demokratische Grundordnung versus religiöse Politik 93
XII. Traditionsverpflichtete Kulturpolitik 112
XIII. Vereinsrechtliche Aspekte politischer Religionen 115
XIV. Schlußfolgerungen 120
Literaturverzeichnis 125
Stichwortverzeichnis 135
V. Freiheitliche Rechtlichkeit, Vorrang des Staatlichen und Religionstoleranz (S. 31-32)
1. Die fundamentale Frage ist, inwieweit man entgegen den Gesetzen der Freiheit äußerlich religiös leben, also Religion ausüben kann und darf, obwohl die innere Freiheit auf die Verwirklichung des Rechtsprinzips ausgerichtet ist. Man soll in allen Lebensbereichen in einerWeise leben, die es möglich macht und möglich sein läßt, daß alle miteinander in Frieden leben können, sei es in derWirtschaft, sei es in den Schulen, sei es sonstwo.
Der Imperativ des honeste vive, sei ein ehrbarer Mann, heißt: Lebe nach dem Prinzip des Rechts. Alles Handeln muß demgemäß von der Maxime der Rechtlichkeit des gemeinsamen Lebens bestimmt sein, also sich davon bestimmen lassen, ob das Prinzip des Handelns tauglich ist, als allgemeines Gesetz zu gelten, d. h. universalisierbar ist. Sonst entspricht das Handeln nicht dem Sittengesetz76. Es gibt aber, wie gesagt, keine Freiheit entgegen dem Sittengesetz. Rechte zur Vorteilsnahme sind Privilegien, nicht Freiheit.
Eine derart materiale Freiheitsdoktrin wäre liberalistisch (und würde logisch Herrschaft voraussetzen), nicht aber republikanisch. Siewäre nicht die notwendig formale Lehre der Freiheit vonBürgern. Dieser politischen Freiheit des Bürgers, die der Logik der zwingend demokratisch verfaßten Republik77 folgt, widerspricht die Dogmatik der Religionsfreiheit des Bundesverfassungsgerichts; denn ein Recht, zu leben und zu handeln, wie es die Religion gebietet, ist mit dem Sittengesetz, dem Rechtsprinzip also als dem Gesetz der inneren Freiheit in der Republik, in der Volk und Staat eine Einheit sind (Der Staat, das sind wir.
Wir sind das Volk) unvereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat nie zu dem dem Grundgesetz gemäßen Freiheitsbegriff gefunden, vor allem weil es den Staat als Herrschaftssystem mißversteht (BVerfGE 2, 1 (12 f.); 83, 37 (52); 83, 60 (72); 95, 1 (15); Lissabon-Urteil vom 30. 6. 2009, BVerfGE 123, 267 (341, 343, 344, 349, 350, 356, 364, 366, 369 u. ö.)78. Die republikanische Freiheitslehre schließt es jedoch nicht aus, daß Menschen in einem von den allgemeinen Gesetzen der Privatheit überlassenen Bereich79 ihre Religion ausüben dürfen, insoweit sie andere nicht in ihrer Freiheit verletzen.
Das Prinzip der Rechtlichkeit des gemeinsamen Lebens läßt nur einen schmalen Bereich von Privatheit, in dem nach Maximen gelebt werden kann, die nicht als Gesetze verallgemeinerungsfähig sind, wie weitgehend die religiösen Gebote und Verbote. Keinesfalls darf Freiheit mit Privatheit identifiziert werden. Ein freiheitliches Gemeinwesen läßt größtmögliche Privatheit (Privatheitsprinzip)80, aber nicht mehr, als das Gemeinwohl verträgt, das Gemeinwohl, das durch Gesetze materialisiert wird. Das Gesetz bestimmt, wieviel Zumutungendem Einzelnen abverlangt werden, auch Zumutungen religiösen Handelns anderer Menschen.
So ist die Privatheit in allen Lebensbereichen zu dogmatisieren. Beispielsweise ist der wirtschaftlicheWettbewerb für viele, wenn nicht die meisten Unternehmen, eine Zumutung; denn sie müssen sich gegen die Wettbewerber am Markt behaupten. Um der Effizienz willen veranstaltet der Staat, genauer die Europäische Union, mittels der Wettbewerbspolitik den Wettbewerb, ja erzwingt ihn geradezu (im übrigen ohne jede rechtsstaatsgemäße Begrifflichkeit)81. Die Unternehmer müssen sich eine Beeinträchtigung ihrer Unternehmungen durch andere Unternehmer um dieser Politik willen gefallen lassen, oft bis zur Insolvenz.
Erscheint lt. Verlag | 21.4.2011 |
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Zusatzinfo | 140 S. |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie ► Islam |
Recht / Steuern ► Allgemeines / Lexika | |
Recht / Steuern ► Öffentliches Recht ► Verfassungsrecht | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Islam • Religionsfreiheit • Religionsgrundrechte |
ISBN-10 | 3-428-53645-2 / 3428536452 |
ISBN-13 | 978-3-428-53645-0 / 9783428536450 |
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