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Island -  Elena P. Knoll

Island (eBook)

Eine Reise zu Wikingern, Elfen und Trollen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
308 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-1810-5 (ISBN)
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Geschichten wie die von Hjörleif, Grettir oder Gaukur Trandlisson sind oftmals nicht gut ausgegangen. Jaja, wer als Erster zuschlägt, lebt eben länger... Das hatten auch die Wikinger vor über Tausend Jahren schnell herausgefunden, und übten dafür gerne schon als Kinder. Island ist ein junges Land, ein Erdenkind auf zwei auseinanderdriftenden Kontinentalplatten. Erdbebenschwärme erschüttern rissige Basaltfelsen, die vielen aktiven Vulkane sind unberechenbar und dann mischen auch noch Halbriesen, Trolle und Hexen ordentlich mit. Die Autorin nimmt sie in ihrem Wohnmobil mit auf eine Reise durch eine atemberaubend schöne Insel, auf der man im Rauschen der gigantischen Wasserfälle noch immer ganz vage den Aufschrei der alten Götter hören kann. Mit Adressen

Elena P. Knoll ist in Italien aufgewachsen. Nach dem Abitur und einem Abschluss als Zeichenlehrerin an einer Kunstschule in Rom hat sie sechs Jahre an der staatlich anerkannten Italienischen Schule in Tunis unterrichtet und war in den darauffolgenden drei Jahren an der Deutsch-Tunesischen Auslandshandelskammer für Herstellung und Layout des Wirtschaftsmagazins zuständig. Zurück in Deutschland hat Elena P. Knoll die Leitung eines kleinen Unternehmens im Münchner Süden übernommen. Seit 2012 widmet die Autorin sich dem Zeichnen und Schreiben. In ihren Zeichnungen und in ihren Büchern erzählt sie Geschichten von Zerstörung und Hoffnung, von Sehnsucht und Träumen, von der Schönheit unserer Erde und von den Spuren, die der Mensch auf ihr hinterlässt.

Kapitel 1


Borgarfjörður


In dem wir im Sand stecken bleiben, eine Elfenstadt besuchen und von drei mächtigen Wasserfällen berauscht werden


Blaue Himmelsausschnitte blitzen inmitten nassgrauer Nebelschwaden auf, schneebedeckte, von feinen Wasserrinnen durchzogene Berge tauchen, wie aus dem Nichts, aus dem grünlich schimmernden Wasser des Atlantischen Ozeans auf … Island schält sich vor uns aus dem Dunst.

Wir landen mit einem Schiff an wie einst die Wikinger. Genauer gesagt wie der Wikinger Ingólfur Arnarson, der um das Jahr 874 unserer Zeitrechnung als einer der ersten Siedler im Süden der Insel an Land ging, als Island noch dicht bewaldet und weitgehend unerforscht war. Dichte Wolken ziehen über den Hafen von Seyðisfjörður, als wir mit unserem Wohnmobil ratternd und schaukelnd das Schiff verlassen, es ist noch früh am Morgen. Auf der Landkarte hatte ich bereits einen Vogelfelsen ausfindig gemacht, nur einen Katzensprung von hier. Papageientaucher, Möwen und viele andere Seevögel sollen hier ab Anfang Mai nisten und die Steilküste bevölkern. Das hört sich fantastisch an und, ohne lange zu überlegen, machen wir uns direkt auf den Weg dorthin - nach Borgarfjörður.

Rechts und links Berge. Ein hoher Wasserfall ergießt sich in zwei schmalen Armen in den Ort, dann lassen wir die nebelnassen Häuser des Hafenstädtchens hinter uns. Die Straße windet sich zu einem Pass hoch, und schon donnert der nächste Wasserfall schäumend neben der Straße einen breiten Felsabbruch hinab. Die ersten Eindrücke sind überwältigend. Oben angekommen öffnet sich eine verschneite Ebene und die Gipfel rücken in weite Ferne, bis erste grüne Felder auftauchen. Dann geht es erneut eine steile Passstraße hoch. Wir fahren an Bergen vorbei, die wie zu Stein erstarrte Wikingerhütten aussehen, mit spitzen Giebeldächern, dunkel und verlassen, Relikte aus einer lang vergangenen Zeit. Und dann verwandelt sich die bisher gut befahrbare Straße schlagartig in einen Holperweg. O Mann! Es sieht zwar so aus, als sei man gerade bemüht, diesen Zustand zu ändern, denn eine lange Baustelle zieht sich durch die wasserreiche Ebene vor uns, aber ich weiß nicht, ob das jetzt sehr hilfreich ist. Langsam, sehr, sehr langsam weicht unser Wohnmobil sowohl den Baggern als auch spitzen Steinen und tiefen Löchern aus, bis wir zu einem Abschnitt der Baustelle gelangen, an dem gerade jede Menge frische Erde aufgeschüttet wurde. Offensichtlich wird die ganze Fahrbahn höher gelegt. Jetzt wässert ein Lastwagen die frische Erdschicht auch noch, ojeoje, und da müssen wir durch! Hilft ja nichts. Vorsichtig passiert Georg einen enormen Schaufelbagger, Meter für Meter, dann stecken wir fest. Mein Mann versucht es mit mehrmaligem Vor- und Rückwärtsfahren, er will uns aus den Mulden schaukeln, doch das klappt ganz und gar nicht. Die nassen Furchen, in denen die Räder stecken, werden eher noch tiefer.

Was nun? Eigentlich bin ich ziemlich entspannt, denn wir haben für den Fall, dass wir irgendwo feststecken könnten, vier Gripmatten dabei. Während wir laut überlegen, wie wir die Matten am sinnvollsten auslegen könnten, fährt der große gelbe Schaufelbagger plötzlich ganz nah an uns heran. Der Fahrer macht uns ein Zeichen, dass er uns helfen will. Aber wie?

Jetzt mache ich mir doch Sorgen, denn der Bagger hält so eng an meiner Seite, dass ich bezweifle, ob er die Abstände richtig einschätzt. Doch es kommt noch viel wilder, denn jetzt fährt der Mann die breite und wuchtige Schaufel seitwärts aus, und zwar haarscharf vor unsere Nase. Und jetzt!? Jeden Moment ein furchtbares Knirschen erwartend drücke ich mich tief in den Sitz zurück, denn es sieht ganz so aus, als wolle der gute Mann unser Wohnmobil wie ein Spielzeugauto mit brachialer Gewalt an der Motorhaube nach hinten schieben. Ich will schon die Augen zudrücken, um das ganze Desaster nicht mit ansehen zu müssen, als sich die Schaufel ganz unerwartet kreisförmig nach vorne schiebt und den Boden vor uns knirschend frei schabt. Nasse Erde und Schlamm türmen sich hinter dem Planierschild auf und unser Wagen kann endlich ganz langsam aus den Furchen kriechen, bis die Räder auf dem festen Schotterboden wieder greifen.

Ein sehr erleichterter Dank von uns, ein lockeres Handzeichen und ein breites Lächeln aus dem Fahrerhaus – und wir fahren weiter. Der nun folgende Schotterweg geht schon bald in eine ordentlich geteerte Straße über, und die letzten vierzig Kilometer geht’s locker dahin. Ja, unser »Katzensprung« war genau genommen hundert Kilometer lang. Hundert Kilometer durch eine wilde Landschaft, und hier und da ein tosender Wasserfall. Einfach so. Es ist unglaublich.

In Borgarfjörður gibt es einen Campingplatz und die gute Nachricht ist, dass er vor zwei Tagen aufgemacht hat, denn wegen der langen dunklen Winter machen viele erst Mitte Mai auf. Und er ist einfach herrlich. Groß, viele Plätze, keine enge Parzellierung. Und der Blick ist der Hammer: Rechts hohe verschneite Berge und links ein eigenartiger Felsrücken, der einsam aus einem stoppeligen Feld herausragt. Dazwischen grüne Wiesen, Felder mit strohigem Wintergras und nachtschwarze Hänge. An der Einfahrt steht ein Empfangshäuschen aus Holz, das erst gegen Abend besetzt ist, wie mir ein Mann, der gerade hinter dem Haus einige Tische mit brauner Farbe lasiert, erklärt. Wir suchen uns einen schönen Platz unter dem Felsen aus, der das umliegende Land wie eine Burg überragt. Kraftvoll und beschützend steht er da und strahlt eine tiefe Ruhe aus. Neben dieser Felsenburg fühle ich mich sofort wohl, und nachdem wir heute noch nicht gefrühstückt haben, wärmen wir die erste der vielen mitgebrachten Dosensuppen auf und machen es uns gemütlich.

Nach dem Essen zeigt uns ein Blick auf Google Maps, dass der Vogelfelsen nur 5 km von hier entfernt ist. Diesmal also wirklich nur ein Katzensprung, sofern man das bei einem Vogelfelsen so sagen darf. Da die Stellplätze nicht nummeriert sind, riskieren wir natürlich, unseren Lieblingsplatz zu verlieren, denn in kürzester Zeit sind bereits weitere sechs Wohnmobile eingetroffen. Hilft ja nix. Auf geht’s nach Borgarfjarðarhöfn.

Den Carado stellen wir auf dem Parkplatz über einem niedlichen kleinen Hafen ab. Eine kleine Bucht mit einer Landzunge, auf der ein grasgrüner Hügel thront, wurde mittels einer befestigten Mauer und einer Mole in einen geschützten Fischerhafen verwandelt. Wir gehen an den bunten Fischkuttern vorbei, die an der Mole vor Anker liegen, und steuern auf den Hügel zu, der seitlich senkrecht zum Meer abfällt. Und dann stutze ich, bleibe stehen. Papageientaucher? Gleich hier? Ungläubig gehe ich etwas näher ran, die schwarz-weißen Punkte im Grün der Felswand werden deutlicher. Und größer. Und ja, es sind Papageientaucher, die am Rand strubbeliger, mit dichten Grasbüscheln bewachsener Erdhöhlen sitzen. Putzige, wunderschöne, völlig gelassene Papageientaucher, die mich aus ihren eigentümlichen, fein gezeichneten Augen ansehen. Zu sagen, ich sei überwältigt, erscheint mir fast nicht genug. Ich stehe da und bin total aus dem Häuschen. Absolut und völlig aus dem Häuschen.

Auf einem grünen Erdbuckel schnäbeln zwei Lundis, so heißen die Papageientaucher auf Isländisch, zärtlich miteinander. Ein Bild der Liebe und des Friedens. Und wenn ich von Liebe spreche, ist das ernst gemeint, denn Papageientaucher suchen sich von Anfang an einen Partner fürs Leben. Treue, Zuneigung und Verbundenheit über ein viertel Jahrhundert, und das die meiste Zeit auf dem stürmischen und gefahrenvollen Atlantik, denn im Winter geht’s wieder raus auf den Ozean. Einzelne Vögel laufen den Abhang entlang, mit ihrem seltsamen, leicht gestelzten Gang, der ein wenig an Pinguine erinnert. Dann heben sie ab und fliegen über die Bucht, heftig mit den Flügeln flatternd. Ja, an dem schnellen Flügelschlag erkenne ich sie jetzt auch schon von Weitem.

Die große Anzahl der leeren Erdlöcher und Höhleneingänge zeigt, dass noch lange nicht alle da sind. Papageientaucher brüten von Mai bis August. Während wir hier stehen, treffen immer wieder neue Vogelpaare ein. »Wer zuerst kommt, malt zuerst«, denken offensichtlich nicht nur wir Menschen, denn die ersten Paare können sich die besten Plätze sichern. Ich schätze, das sind die, die dem Meer zugewandt sind, weil das, wenn die Kleinen das Schnäbelchen aufreißen, kurze Flugwege für das Fischen in der Bucht bedeutet. Eine steile Holztreppe führt den Felsen hinauf und in der Steilwand, dort wo es keine Erde und kein dichtes Gras gibt, nisten Möwen. Unzählige Möwen. Es schreit und kräht über den Klippen, wo Silbermöwen, Dreizehenmöwen und Nordatlantische Eissturmvögel ihre Kreise ziehen, um sich dann in gewagten Flugmanövern auf kleinen Felsvorsprüngen niederzulassen. Unten in der Bucht tanzen Eiderenten auf den Wellen. Hafnarhólmi - ein Vogelparadies. Und all diese Vögel brauchen Fische und Krebse und...

Erscheint lt. Verlag 6.8.2024
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7597-1810-8 / 3759718108
ISBN-13 978-3-7597-1810-5 / 9783759718105
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