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MERKUR 10/2024, Jg.78 (eBook)

Nr. 905, Heft 10, Oktober 2024
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
104 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12310-4 (ISBN)

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MERKUR 10/2024, Jg.78 -
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Marina Martinez Mateo sucht nach einem positiven Ausweg aus der Kritik an der Identitätspolitik. Der Beziehungsgeschichte zwischen Rolf Dieter Brinkmann und dem Merkur widmet sich Michael Töteberg. Alla Melenteva liefert Skizzen aus dem belagerten Kyiv. Marina Martinez Mateo sucht nach einem positiven Ausweg aus der Kritik an der Identitätspolitik - und bringt in der Auseinandersetzung mit Judith Butler wie Omri Boehm Theodor W. Adorno ins Spiel. Mit den Diagnosen zur Krise der liberalen Demokratie setzt sich Oliver Weber auseinander - und fragt dabei nach den Gründen für die enorme Diskrepanz zwischen der Schärfe der Diagnosen und der Vagheit der vorgebrachten Lösungsvorschläge. An der Hand recht außergewöhnlicher Menschen führt uns Pascal Richmann durch nahe und ferne Räume und Zeiten. Eva Horn nähert sich im Klimakontext einer Wahrnehmungs- und Ideengeschichte der Luft. In seiner Politikkolumne geht Christoph Möllers der nicht zuletzt sehr deutschen Vorstellung nach, dass das Politische von Vergemeinschaftung etwas immer schon aus dem Sozialen Abgeleitetes sei. Der Rechtswissenschaftler Matthias Goldmann wägt Für und Wider von Philip Manows Kritik an der Verrechtsstaatlichung der liberalen Demokratien in seinem neuen Buch Unter Beobachtung. Albert Kamps nimmt eine Dalli-Dalli-Sendung aus dem Jahr 1972 unter die Lupe und analysiert, wie die mörderische deutsche Vergangenheit unter der Oberfläche dabei ständig präsent ist. Der Beziehungsgeschichte zwischen Rolf Dieter Brinkmann und dem Merkur widmet sich Michael Töteberg. Alla Melenteva liefert Skizzen aus dem belagerten Kyiv. Über Sinn und Unsinn von Teslas Cybertruck denkt Jan Wetzel nach. Und in Susanne Neuffers Schlusserzählung Wegen der Inseln ist ziemlich Land unter.

Christian Demand, Jg. 1960, hat Philosophie und Politikwissenschaft studiert und die Deutsche Journalistenschule absolviert. Er war als Musiker und Komponist tätig, später als Hörfunkjournalist beim Bayerischen Rundfunk. Nach Promotion und Habilitation in Philosophie unterrichtete er als Gastprofessor für philosophische Ästhetik an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2006 wurde er auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg berufen, wo er bis 2012 lehrt. Buchveröffentlichungen: Die Beschämung der Philister: Wie die Kunst sich der Kritik entledigte (2003), Wie kommt die Ordnung in die Kunst? (2010). Christian Demand ist Herausgeber des MERKUR.

Christian Demand, Jg. 1960, hat Philosophie und Politikwissenschaft studiert und die Deutsche Journalistenschule absolviert. Er war als Musiker und Komponist tätig, später als Hörfunkjournalist beim Bayerischen Rundfunk. Nach Promotion und Habilitation in Philosophie unterrichtete er als Gastprofessor für philosophische Ästhetik an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2006 wurde er auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg berufen, wo er bis 2012 lehrt. Buchveröffentlichungen: Die Beschämung der Philister: Wie die Kunst sich der Kritik entledigte (2003), Wie kommt die Ordnung in die Kunst? (2010). Christian Demand ist Herausgeber des MERKUR.

Anmerkungen

1

Linda Martín Alcoff, Das Problem, für andere zu sprechen. Übersetzt von Valerie Gföhler. Hrsg. v. Marina Martinez Mateo. Stuttgart: Reclam 2023.

2

So etwa Virginia Held oder Joan C. Tronto.

3

Hierfür steht insbesondere der Historiker Dipesh Chakrabarty, der hervorhebt, dass »Europa im historischen Wissen als stillschweigender Maßstab fungiert«, so dass außereuropäische Geschichten »unter dem Gesichtspunkt eines Mangels […], einer Abwesenheit oder Unvollständigkeit, die sich in ›Unzulänglichkeit‹ übersetzt«, gedeutet werden. Dipesh Chakrabarty, Europa provinzialisieren: Postkolonialität und die Kritik der Geschichte. In: Sebastian Conrad u.a. (Hrsg.), Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt: Campus 2013.

4

Diese Kritik findet sich etwa bei Hazel V. Carby, White Woman Listen! Black Feminism and the Boundaries of Sisterhood [1982] (in: Rosemary Hennessy /Chrys Ingraham (Hrsg.), Materialist Feminism. A Reader in Class, Difference, and Women’s Lives. New York: Routledge 1997) und bei Patricia Hill Collins, Black Feminist Thought. Knowledge, Consciousness, and the Politics of Empowerment [1990]. New York: Routledge 2000. Sie bildet gewissermaßen den Einsatzpunkt für den Begriff der Intersektionalität. Vgl. Kimberlé Crenshaw, Die Intersektion von race und Geschlecht vom Rand ins Zentrum bringen: eine Schwarze feministische Kritik der Antidiskriminierung, feministischer Theorie und antirassistischer Kritik [1989]. In: Kristina Lepold /Marina Martinez Mateo (Hrsg.), Critical Philosophy of Race. Ein Reader. Berlin: Suhrkamp 2021.

5

Die »konstitutiven Ausschlüsse« und Machtverhältnisse in jeder Identität müssten kritisch reflektiert werden, »damit nicht auf der Ebene der Identitätspolitik die gleichen ausschließenden Schritte noch einmal gemacht werden, die die Hinwendung zu spezifischen Identitäten allererst ausgelöst hatten«. Judith Butler, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts [1993]. Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann. Frankfurt: Suhrkamp 1997.

6

Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter. Gender Studies [1990]. Aus dem Amerikanischen von Kathrina Menke. Frankfurt: Suhrkamp 1991.

7

Butler: »Das ist kein Argument dagegen, Identitätskategorien zu verwenden, aber es ist eine Erinnerung an das Risiko, das mit einer jeden solchen Verwendung einhergeht.«

8

Ähnlich auch Jacques Rancière, Das Unvernehmen. Politik und Philosophie [1995]. Aus dem Französischen von Richard Steurer. Frankfurt: Suhrkamp 2002; Esteban Muñoz, Disidentifications. Queers of Color and the Performance of Politics. Minneapolis: University of Minnesota Press 1999.

9

Judith Butler, Queere Bündnisse und Antikriegspolitik. Hamburg: Männerschwarm-Verlag 2011.

10

Diese Figur ist kürzlich von Verónica Gago (Feminist International. How to change everything. Übersetzt von Liz Mason-Deese. London: Verso 2020) aufgegriffen worden, um die Politik feministischer Streiks in Argentinien zu charakterisieren. Darauf aufbauend hat Jule Govrin (in Politische Körper. Von Sorge und Solidarität. Berlin: Matthes & Seitz 2022) einen »Universalismus von unten« formuliert.

11

Judith Butler, Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung. Aus dem Amerikanischen von Frank Born. Berlin: Suhrkamp 2016.

12

Das theoretische wie politische Ungenügen eines solchen Ansatzes lässt sich etwa in Butlers Aufsatz Rassismus und Antisemitismus. Für eine Allianz der sozialen Gerechtigkeit (in: Christian Heilbronn u.a. (Hrsg.), Neuer Antisemitismus. Fortsetzung einer globalen Debatte. Berlin: Suhrkamp 2019) erkennen, in dem sie selbst eine Verbindung zu ihrer Theorie der Bündnisse herstellt und auf das Verhältnis von Rassismuskritik und Antisemitismuskritik anzuwenden beansprucht, dabei aber letztlich zu dem Ergebnis kommt, eine solche Allianz sei in der BDS-Bewegung verwirklicht, ohne in irgendeiner Weise eine linke, antisemitismussensible Kritik an BDS ernst zu nehmen: »Warum nicht nach konkreten Wegen suchen, um politische Gleichheit, Freiheit und eine gerechte Gesellschaft Realität werden zu lassen? BDS ist eine solche Strategie. Es handelt sich weder um eine vollständige politische Vision noch um einen Plan: Die Bewegung verbündet sich mit antikolonialen Kämpfen und verlangt ihrerseits nach Allianzen. Bündnisse und Solidarität zeigen, wie es aussehen könnte, wenn man zusammenarbeitet, um gemeinsam Gerechtigkeit zu verwirklichen. Wenn wir Glück haben, errichten Bündnisse die zukünftige politische Gemeinschaft. Der gewaltfreie Kampf für soziale Gerechtigkeit ist die Zukunft für all jene, die Antisemitismus ablehnen, weil er eine bösartige Form von Rassismus ist, und die in ihrer Ablehnung sämtlicher Formen von Rassismus konsequent sind.« BDS wird hier als Allianz für »soziale Gerechtigkeit« eingeführt, der sich all jene, die Antisemitismus etwas entgegenstellen wollen, einfach aus dem Grund anschließen sollten, dass BDS Rassismus ablehnt und Antisemitismus eine Form von Rassismus sei. Dies blendet freilich aus, dass es im Rahmen einer Kritik von Rassismus sehr wohl auch Antisemitismus gibt, so dass es sich bei diesem scheinbaren »Bündnis« doch eher um eine schlechte Vereinheitlichung zu handeln scheint, die – anstatt zwischen unterschiedlichen Anliegen und Kämpfen zu vermitteln – die Kritik von Antisemitismus über jeden Einwand hinweg der Kritik von Rassismus schlicht unterordnet.

13

Omri Boehm, Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität. Aus dem Englischen von Michael Adrian. Berlin: Propyläen 2022.

14

Das weiß im Übrigen selbst Kant schon, der in seiner Kritik der Urteilskraft gerade mit der Lücke ansetzt, die sich an der Frage auftut, wie sich das normative Postulat des Kategorischen Imperativs zu verwirklichen hätte. Dieses Postulat und der damit einhergehende Begriff der Menschheit taugen per se nichts, um konkret diese Verwirklichungsbedingungen zu denken.

15

Dies im gleichzeitigen Wissen über die absolute Unmöglichkeit, einen solchen Standpunkt tatsächlich einzunehmen.

16

Hier sehe ich eine (wenn auch offenbar brüchige) Verbindung zu Kants »allgemeinem Standpunkt«, der in der Reflexion über die Subjektivität und Partialität des je eigenen ästhetischen Urteils zu erarbeiten wäre (so Kant in der Kritik der Urteilskraft). ...

Erscheint lt. Verlag 24.9.2024
Reihe/Serie MERKUR
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Essays / Feuilleton
Schlagworte Debatte • Essay • Geschichte • Gesellschaft • Kunst • Literatur • Philosophie • Politik
ISBN-10 3-608-12310-5 / 3608123105
ISBN-13 978-3-608-12310-4 / 9783608123104
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