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Das Optimiertier (eBook)

Tales of Transformation V

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 9. Auflage
288 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-6749-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Optimiertier -  Judith Sixel
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'Das Optimiertier' ist der fünfte und letzte Band der Reihe Transformation. Mit ihrer späten Familiengründung könnte das Leben der Mimi Rotermund in ungewohnt ruhige, behagliche Bahnen münden. Wäre da nicht das Thema Transformation, das sie immer wieder einholt! Was als verstörende Einzelerfahrung begann, entwickelt sich zu einem weltweiten Netzwerk biotechnologischer Forschung, die über Leichen geht. Mimi erfährt endlich, was hinter den Transformationen steht. Doch als ihr Töchterchen in den Sog der modernen Nutztierhaltung gerät, ist es vorbei mit der Faszination. Noch bevor es gelingt, die Kleine zu befreien, erlebt Mimi ihre nächste Transformation. Die Optimierung der Menschenwelt steht vor dem entscheidenden Quantensprung: der Überwindung von Alter und Tod. Gelingt der Sprung? Oder führt er in den Abgrund? 'Euch aber, die ihr das Leben mit Sinn zu leben bestrebt seid, sei das Geheimnis verraten, das ein durch viele Gestalten gewanderter und erwachter erfahren und wahrhaft erkannt hat: Alles ist eines und nichts ist getrennt voneinander im Wesen ...' - aus dem Lied der Verwandlung Mehr Bücher und ein persönlicher Blog der Autorin unter: judith-sixel.com.

Judith Sixel ist ausgebildete Krankenschwester und Doktorin der Philosophie. Sie hat als Haus- und Familienfrau, Deutschlehrerin, Briefseelsorgerin und freie Lektorin gearbeitet, hat Schreibwerkstätten geleitet und als Schreibcoach und Ghostwriterin anderen zum Buch verholfen. Heute genießt sie die Freiheit, ihre eigenen Buchideen zu verwirklichen.

Judith Sixel ist ausgebildete Krankenschwester und Doktorin der Philosophie. Sie hat als Haus- und Familienfrau, Deutschlehrerin, Briefseelsorgerin und freie Lektorin gearbeitet, hat Schreibwerkstätten geleitet und als Schreibcoach und Ghostwriterin anderen zum Buch verholfen. Heute genießt sie die Freiheit, ihre eigenen Buchideen zu verwirklichen.

Wie ein Paar den perfekten Tag plante und in Streit geriet


 

Das glitzernde Wasser empfing sie herrlich kühl und klar. Weich umspülte es sie, die mit starken Armen und Beinen vorwärts zog, die Augen hinter der Schwimmbrille offen, im Kopf das Bild eines großen Fisches. Könnte ich doch ein Wassertier sein, dachte sie, nahm tief Atem und tauchte unter, ganz tief hinunter bis zum Grund. Eintauchen. Abtauchen. Grenzen aufheben. Raum und Zeit ineinander fließen lassen in dieser versunkenen Welt, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines waren, und sie war ein selbstverständlicher Teil des Ganzen.

Alles fließt, alles strömt ineinander, innen und außen, Körper, Gefühle, Gedanken steigen auf wie perlende Luftblasen. Der Fisch vor ihrem inneren Auge nimmt Konturen an, ein Delphin, stromlinienförmig, geschmeidig und stark, es muss herrlich sein, aufzutauchen aus der Tiefe und im hohen Bogen über das Wasser zu springen!

Sie stieß sich fest vom Boden ab, tauchte mit Schwung auf und spürte einen anderen Körper, der merkwürdig glatt und geschmeidig an ihr vorüberglitt. Sie versetzte ihm unfreiwillig einen Tritt und tauchte prustend auf. Dabei stieß sie mit einer anderen Schwimmerin zusammen, einer älteren Dame in weißer Badekappe, die sich empört von der Auftauchenden abwandte.

Mimi entschuldigte sich verstört. Was war das eben, was hatte ihre Haut gestreift? Es hatte sich angefühlt wie ein ziemlich großer Fisch. Seit wann gab es Fische im Sportbecken einer öffentlichen Badeanstalt? Ausgeschlossen, sie musste sich getäuscht haben! Das kam davon, dass sie sich in einen Delphin hineingeträumt hatte …

Sie rollte in die Rückenlage und paddelte entspannt, während sie ihre Blicke über das gut bevölkerte Becken wandern ließ. Keiner der anderen Badegäste schien etwas Besonderes wahrgenommen zu haben, schon gar keinen größeren Fisch. Seltsam. Für Augenblicke hatte sie tatsächlich gedacht, dass es wieder geschehen könnte. Die kleine Berührung, nicht schmerzhaft, aber unerwartet, hatte sie unwillkürlich an den Biss der Ratte einst denken lassen. Die Erinnerung würde sie wohl für immer in sich tragen, wenngleich mittlerweile nicht mehr als Schreckgespenst, sondern fast sogar als eine vage Sehnsucht nach einer neuen Verwandlung … Wäre das nicht eine willkommene Abwechslung und zugleich die Lösung aller aktuellen Probleme? Wie klar und unkompliziert war ihr Leben im tierischen Körper gewesen, wie weit entfernt vom menschlichen Intellekt, der sich so viel auf sich selber einbildete und dabei immer für neue Krisen und Komplikationen sorgte.

Ihr Blick glitt von den glitzernden Kristallen des bewegten Wassers hinüber zu den sonnenbeschienenen Hügeln des Siebengebirges, über denen sich ein wolkenlos blauer Himmel dehnte, tiefblaue Unendlichkeit, dachte sie, durchkreuzt von den zarten Silberstreifen der Flugzeuge.

Rings um sie her zogen Sportschwimmer ihre Bahnen, badeten ältere Leute, in den Becken nebenan schrien und planschten Kinder, sprangen Jugendliche johlend von Sprungbrettern, auf der Wiese bimmelte der Eismann. Der Bademeister war mit Reinigungsarbeiten am Beckenrand beschäftigt. Dort, wo er normalerweise saß und wachte, an dem kleinen Hochsitz zwischen blühenden Hibiskus-Sträuchern, zog eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit auf sich. Da stand ihr Mann, zwei gefüllte Eiswaffeln in den Händen, und winkte ihr zu, so gut das mit seiner süßen Fracht möglich war.

 

Und dann saßen sie auf der Wiese, schleckten Eis und sprachen über den perfekten Tag. Beziehungsweise das, was sie sich darunter vorstellten. Punkti, das Landtier, konnte die Begeisterung seiner Frau für das Element Wasser nicht teilen. Sein perfekter Tag, überhaupt seit jeher sein Bild vom vollkommenen Glück, sehe so aus, dass er von der Arbeit nach Hause kam, und in der Haustür standen Frau und Kind und freuten sich über sein Kommen, meinte er.

„Wie ein Hündchen! Fehlte nur noch, dass ich mit dem Schwanz wedele“, zog Mimi ihn auf. „Und zum Abendessen hat Frauchen Leberwurststullen mit dänischem Würzkäse vorbereitet?“

„Die hat sie mir schon zum Dienst mitgegeben“, grinste er. „Aber ihr zuliebe esse ich abends gern noch mal dasselbe!“

Mimis Vorliebe für Frühstücken im Bett, am liebsten mit frischen Croissants, war für ihn der blanke Horror. Schon bei dem bloßen Gedanken juckten ihn überall die Krümel!

„Da sieht man’s wieder, wir passen einfach nicht zusammen“, stichelte sie, aber insgeheim musste sie sich eingestehen, dass auch für sie die Frühstücksidylle im Bett nicht mehr ganz so erstrebenswert war, seit sie einst den Auftakt zu ihrer ersten Verwandlung gebildet hatte. Mit Croissant-Krümeln auf der Bettdecke hatte alles angefangen … Seither mochte sie nicht mal mehr sonderlich gern Croissants.

Sie knabberte an den Resten ihrer Eiswaffel und schob die Erinnerungen beiseite. Vorbei, vergangen! Frank Maikamp war Geschichte, ebenso die Ratte. Geblieben war die Sehnsucht nach Verwandlung, die würde sie jetzt wohl immer in sich tragen.

Oder war es bereits wieder ein Vorgefühl, eine Ahnung des Kommenden? Eben im Wasser, da hätte es geschehen können. Rückblickend meinte sie konkrete Anzeichen zu erkennen, dass die Auflösung ihrer Gestalt unmittelbar bevorstand; aber irgendetwas hatte gefehlt, eine Kleinigkeit, eine nicht unbedeutende Kleinigkeit …

„Sex im Wasser!“

„Was?“ Ihr Mann schaute sie entgeistert an. „Das meinst du doch nicht im Ernst?“

„Warum eigentlich nicht?“

„Sex in einer öffentlichen Badeanstalt!? Ich weiß nicht … Das gibt Ärger. Willst du unbedingt von den Kollegen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses ermahnt werden?“

„Wer sagt denn, dass es hier stattfinden muss?“

„Wo denn sonst?“

„Keine Ahnung. Vielleicht bei Vollmond im Meer …“

„Auch das noch!“ Er stöhnte und streckte sich bäuchlings auf der Decke aus. „Mit Quallen und Krebsen und Salzwasser im Mund, das volle Programm …“

„Hast du eigentlich gar keinen Sinn für Romantik?“

„Romantik? Oh doch! Lass uns von Dinner bei Kerzenschein reden, und hinterher die Hochzeitssuite … weißt du noch, an der Amalfi-Küste? Warum wiederholen wir das eigentlich nicht?“

„Oh, nein! Ich dachte, wir wären uns einig, dass diese Herzchen-und-Rosenblätter-Inszenierung das krasse Gegenteil von echter Romantik ist!“

Sie legte sich auf dem Rücken neben ihn und schloss die Augen. Eine Weile dösten sie in der Mittagssonne, umgeben von Wasserplanschen, Kindergeschrei und dem Brummen der Flugzeuge am Himmel.

„Wir sind das unperfekteste Paar, das man sich vorstellen kann“, seufzte Mimi, halb im Schlaf. „Nicht mal beim Sex werden wir uns einig. Wenn ich jetzt noch meinen Job verliere, haben wir gar keine gemeinsame Schnittmenge mehr.“

„Na, und? Ich hab‘ doch keine Schnittmenge geheiratet!“ Er drehte sich zu ihr um und begann, mit dem Finger kleine Kreise auf ihren Rumpf zu zeichnen. „Außerdem kann keine Rede davon sein, dass du deinen Job verlierst.“

„Thorsten sieht das anders.“

„Hat er mit dir gesprochen?“

„Ja.“ Sie rollte sich von ihm weg, sodass seine Kreise auf ihren Rücken gingen.

„Schon blöd, dass die TIPE in die Niederlande verzieht“, räumte er ein. „Dafür kannst du dich bei deinem smarten Tangotänzer bedanken …“

„Mann, Punkti, immer noch eifersüchtig?“

„Ich? Eifersüchtig? Ha!“ Er warf einen Ball weg, den spielende Kinder versehentlich auf ihre Decke gekickt hatten. „Ich stelle nur fest, dass er das fein hingekriegt hat, dein Kollege Nik: die Oberen hinter deinem Rücken davon zu überzeugen, das Modellprojekt in seine Heimat zu verlagern, womit du raus bist … also, meine Vorstellung von Kollegialität sieht anders aus.“

„Man muss schon sagen, dass es hier nicht wirklich gut lief.“ Mimi setzte sich auf und blinzelte in die Sonne. „Ich habe mich ja selbst schon gefragt, wofür ich eigentlich bezahlt werde. Und wenn mal was los war, wofür man die Ratten hätte einsetzen können, dann gab es immer gleich tausend Bedenken und juristische Einschränkungen.“

„Hier will halt niemand was mit Ratten zu tun haben. Kann man ja auch verstehen, nach allem …“

„Ich glaube eher, man will mit mir nichts mehr zu tun haben.“

Er rückte dicht neben sie und streichelte sie. Sie begann, sich unter seinen Händen zu entspannen. Streicheln konnte dieser Mann wie kein Zweiter. Seit jeher streichelte er die Probleme einfach weg mit seinen magischen Händen!

„Du darfst das nicht persönlich nehmen, Mimi. Die deutsche Polizei will ihren Schwerpunkt künftig halten mehr auf KI setzen. Die Arbeit mit lebenden Kleintieren erscheint vor diesem Hintergrund einfach nicht mehr zeitgemäß.“

Sie rückte ab. „Warum redest du eigentlich immer wie ein Polizeipräsident? Thorsten hat mir rundheraus gesagt, dass meine Verwandlungen nicht tragbar sind für den Polizeidienst! Solche Szenen wie in der JVA von Bad Reichenhall will er nie wieder erleben. Ich übrigens auch nicht.“

 

Der liebende Ehemann schwieg. Was sollte er noch sagen?

Auch mit ihm hatte der Dezernatsleiter und Freund ein vertrauliches Gespräch geführt, auch ihm hatte er die Frage gestellt, auf die keiner eine Antwort wusste: Wie ging man in der Belegschaft mit dem Phänomen der Transformation um? Man schätzte Mimi als Mensch und als Kriminalistin und wollte sie nicht entlassen – konnte es wohl auch gar nicht, denn nirgends war polizeilich geregelt, dass die Verwandlung in ein Tier als Kündigungsgrund für eine gehobene Beamtin auf Lebenszeit gelten...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Kriminalroman • Optimierung • Science Fiction • spannend • Tierhaltung • Unterhaltung • Weisheit
ISBN-10 3-7598-6749-9 / 3759867499
ISBN-13 978-3-7598-6749-0 / 9783759867490
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