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Gottlos (eBook)

Thriller | Von der SPIEGEL-Bestsellerautorin | Spannung, Abgründe und ein Wettlauf gegen die Zeit
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
480 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0792-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gottlos -  Karin Slaughter
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Tief in den Wäldern von Grant County finden Polizeichef Jeffrey Tolliver und Dr. Sara Linton die Leiche eines jungen Mädchens. Erste Ermittlungen offenbaren Grausames: Das Mädchen war offensichtlich lebendig begraben worden. Obwohl Sara und Jeffrey noch von ihrer eigenen Vergangenheit verfolgt werden, müssen sie zusammenarbeiten, um den Täter zu finden. Jeffrey und seine Kollegin Lena Adams folgen der Spur bis zur Familie des Mädchens hinaus aufs Land, in eine religiöse Gemeinschaft, die sehr abgeschieden lebt. Hier sieht sich Lena schnell mit ihren eigenen Dämonen konfrontiert. Doch dann verschwindet ein weiteres Mädchen ...



<p>Karin Slaughter ist eine der weltweit berühmtesten Autorinnen und Schöpferin von über 20 <em>New York Times</em>-Bestseller-Romanen. Dazu zählen »Cop Town«, der für den Edgar Allan Poe Award nominiert war, sowie die Thriller »Die gute Tochter« und »Pretty Girls«. Ihre Bücher erscheinen in 120 Ländern und haben sich über 40 Millionen Mal verkauft. Ihr internationaler Bestseller »Ein Teil von ihr« ist 2022 als Serie mit Toni Collette auf Platz 1 bei Netflix eingestiegen. Eine Adaption ihrer Bestseller-Serie um den Ermittler Will Trent läuft derzeit erfolgreich auf Disney+, weitere filmische Projekte werden entwickelt. Slaughter setzt sich als Gründerin der Non-Profit-Organisation »Save the Libraries« für den Erhalt und die Förderung von Bibliotheken ein. Die Autorin stammt aus Georgia und lebt in Atlanta. Mehr Informationen zur Autorin gibt es unter www.karinslaughter.com</p>

Eins


Sara Linton stand vor der Haustür ihrer Eltern. In den Händen hielt sie so viele Einkaufstüten, dass ihre Finger taub wurden. Sie wollte die Tür mit dem Ellbogen aufdrücken, stattdessen stieß sie sich an der Scheibe. Sie machte einen Schritt zurück und versuchte, die Tür mit einem Fußtritt zu öffnen, wieder umsonst. Schließlich gab sie auf und klopfte mit der Stirn gegen die Scheibe.

Durch das geriffelte Glas beobachtete sie, wie ihr Vater durch den Flur kam. Er öffnete ihr, ganz untypisch für ihn, mit einem ausgesprochen mürrischen Gesicht.

»Kannst du nicht zweimal gehen?«, fragte Eddie und nahm ihr ein paar Tüten ab.

»Warum ist die Tür nicht offen?«

»Vom Auto sind es gerade mal fünf Meter.«

»Dad«, entgegnete Sara, »warum habt ihr die Tür abgeschlossen?«

Er sah über ihre Schulter hinweg. »Dein Wagen ist dreckig«, sagte er und stellte die Tüten wieder ab. »Meinst du, du schaffst es, zweimal in die Küche zu gehen?«

Er war schon wieder an ihr vorbei, bevor Sara etwas erwidern konnte. »Wo willst du hin?«

»Dein Auto waschen.«

»Draußen ist es eiskalt.«

Eddie drehte sich um und blickte sie vielsagend an.

»Dreck klebt, egal, wie der Wind steht.« Er klang dabei wie ein Schauspieler in einem Shakespeare-Stück, nicht wie ein Klempner aus einer Kleinstadt in Georgia.

Bevor Sara etwas sagen konnte, war er in der Garage verschwunden, um das Putzzeug zu holen.

Als er sich bückte, um den Eimer mit Wasser zu füllen, sah Sara, dass er eine ihrer alten Jogginghosen aus Highschool-Zeiten, als sie in der Leichtathletikmannschaft gewesen war, anhatte.

»Willst du den ganzen Tag da rumstehen und die Kälte reinlassen?« Cathy zog Sara ins Haus und schloss die Tür.

Sara beugte sich zu ihr hinunter und ließ sich auf die Wangen küssen. Zu ihrem großen Kummer hatte sie ihre Mutter schon in der fünften Klasse um einen Kopf überragt. Saras kleine Schwester Tessa hingegen hatte die zierliche Figur, das blonde Haar und die natürliche Anmut ihrer Mutter geerbt. Neben den beiden sah Sara aus, als sei sie ein Nachbarskind, das eines Tages zum Mittagessen gekommen und einfach geblieben war.

Cathy griff nach den Supermarkttüten, überlegte es sich dann aber anders. »Trägst du die bitte?«

Folgsam lud Sara sich erneut alle acht Tüten auf, ohne Rücksicht auf ihre Finger zu nehmen. »Was ist hier eigentlich los?«, fragte sie. Ihre Mutter wirkte irgendwie angeschlagen.

»Isabella«, seufzte Cathy, und Sara verkniff sich ein Grinsen. Ihre Tante Bella war die einzige Sara bekannte Person, die mit einem eigenen Alkoholvorrat anreiste.

»Rum?«

»Tequila«, flüsterte Cathy in einem Ton, in dem andere Leute »Krebs« sagen würden.

Eine Welle von Sympathie stieg in Sara auf. »Hat sie gesagt, wie lange sie bleibt?«

»Noch nicht.« Bella hasste Grant County und war seit Tessas Geburt nicht mehr hier gewesen. Vor zwei Tagen war sie unangekündigt aufgetaucht, mit drei großen Taschen im Kofferraum ihres Mercedes Cabrio und ohne ein Wort der Erklärung.

Früher wäre Bella mit so viel Geheimniskrämerei nicht durchgekommen, doch seitdem das neue Motto der Lintons »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen« lautete, hatte sie niemand weiter mit Fragen bedrängt. Seit dem Überfall auf Tessa im letzten Jahr war alles anders geworden. Es war, als stünden sie alle noch immer unter Schock, auch wenn offenbar keiner von ihnen darüber reden wollte. Im Bruchteil einer Sekunde hatte der Täter nicht nur Tessas Leben, sondern das der ganzen Familie verändert. Sara fragte sich oft, ob sie sich jemals davon erholen würden.

»Warum war die Tür abgeschlossen?«, fragte Sara.

»Das muss Tessa gewesen sein.« Einen Moment lang standen Tränen in Cathys Augen.

»Mama …«

»Geh schon mal rein«, wehrte Cathy ab und zeigte zur Küche. »Ich komme gleich nach.«

Sara nahm die Tüten und ging durch den Flur nach hinten. Dabei glitt ihr Blick über die Fotos an den Wänden, die sie und Tessa in ihren Mädchenjahren zeigten. Natürlich sah Tessa auf den meisten Bildern schlank und hübsch aus. Sara war dieses Glück nicht beschieden. Das schlimmste Foto zeigte sie im Sommerlager in der achten Klasse. Sie hätte es sofort von der Wand gerissen, wenn sie damit irgendwie durchgekommen wäre. Sara war stehend in einem Ruderboot aufgenommen worden. Der Badeanzug hing ihr wie Teerpappe von den knochigen Schultern, und auf ihrer Nase leuchteten unförmige Sommersprossen, die ihrem Teint einen unglücklichen Gelbstich verliehen. Ihre roten Locken, die in der Sonne getrocknet waren, standen kraus in alle Richtungen ab und sahen aus wie eine Clownsperücke.

»Schätzchen!« Bella breitete begeistert die Arme aus, als Sara in die Küche kam. »Schau dich an!«, zwitscherte sie, als wäre das ein Kompliment. Sara wusste, dass sie nicht gerade vorteilhaft aussah. Sie war vor einer Stunde aus dem Bett gekrochen und hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich die Haare zu kämmen. Sie war eindeutig ihres Vaters Tochter und hatte noch immer das T-Shirt an, das sie zum Schlafen getragen hatte, dazu eine Jogginghose aus ihrer Leichtathletikzeit am College, die nicht viel neuer war als die aus der Highschool. Bella dagegen trug ein blaues Seidenkleid, das vermutlich ein Vermögen gekostet hatte. An ihren Ohren funkelten Diamanten, und die vielen Ringe an ihren Händen glitzerten in der Sonne. Ihre Frisur und ihr Make-up waren wie immer makellos, und selbst um elf Uhr früh an einem ganz normalen Sonntagmorgen sah sie hinreißend aus.

»Tut mir leid, dass ich erst jetzt vorbeikomme«, sagte Sara.

»Ach was.« Ihre Tante winkte ab und setzte sich wieder.

»Seit wann erledigst du die Einkäufe für deine Mutter?«

»Seit du da bist und Mama sich um deine Unterhaltung kümmern muss.« Sara stellte die Tüten neben die Spüle und massierte ihre Finger, damit sie wieder durchblutet wurden.

»Ich amüsiere mich auch alleine prächtig«, sagte Bella. »Deine Mutter ist diejenige, die mal mehr rauskommen müsste.«

»Mit Tequila?«

Bella lächelte verschmitzt. »Cathy hat Alkohol noch nie vertragen. Ich bin überzeugt, das ist der wahre Grund, warum sie deinem Vater das Jawort gegeben hat.«

Sara lachte und stellte die Milch in den Kühlschrank. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als sie darin einen Teller mit filetierten Hähnchen entdeckte, die nur noch in die Kasserolle mussten.

Bella erklärte: »Die Bohnen haben wir gestern Abend geputzt.«

»Köstlich«, murmelte Sara. Das war das Erfreulichste, was sie die ganze Woche gehört hatte. Cathys Kasserolle war unschlagbar. »Wie war es in der Kirche?«

»Ein bisschen viel Weihrauch für meinen Geschmack«, gestand Bella und nahm sich eine Orange aus der Obstschale.

»Aber erzähl mir lieber, was dein Leben so macht. Hast du was Aufregendes erlebt?«

»Immer der gleiche Trott«, seufzte Sara, während sie die Konservendosen einräumte.

Bella schälte ihre Orange und klang ein wenig missmutig, als sie sagte: »Routine kann auch tröstlich sein.«

»Hm«, machte Sara und stellte eine Suppendose ins Regal über dem Herd.

»Sehr tröstlich.«

»Hm«, wiederholte Sara, die genau wusste, worauf das Gespräch hinauslaufen würde.

Während ihres Medizinstudiums an der Emory University in Atlanta hatte sie eine Weile bei ihrer Tante gewohnt. Doch Bellas Partys bis tief in die Nacht, die vielen Cocktails und wechselnden Männerbesuche hatten irgendwann dazu geführt, dass Sara auszog. Für manche ihrer Kurse musste sie um fünf Uhr aufstehen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie zum Lernen ruhige Nächte brauchte. Sara zuliebe hatte Bella versucht, ihr gesellschaftliches Leben einzuschränken, aber schließlich waren sie beide der Meinung, dass es das Beste wäre, wenn Sara sich etwas Eigenes suchte. Das alles geschah in herzlichem Einverständnis, bis Bella ihr vorschlug, sie könne sich doch eins der Apartments unten in der Clairmont Road ansehen – im Altersheim.

Cathy kam in die Küche und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Sie nahm die Suppendose, die Sara gerade verstaut hatte, aus dem Regal und schob ihre Tochter zur Seite. »Hast du alles bekommen, was auf der Liste stand?«

»Bis auf den Sherry«, sagte Sara und setzte sich zu Bella an den Tisch. »Wusstest du, dass man sonntags keinen Alkohol kaufen kann?«

»Ja«, gab Cathy vorwurfsvoll zurück. »Deswegen hatte ich dich gebeten, gestern Abend einzukaufen.«

»Tut mir leid.« Sara nahm sich ein Stück Orange. »Ich musste bis abends um acht mit einer Versicherung im Westen verhandeln. Das war der einzige Telefontermin, den wir gefunden haben.«

»Du bist Ärztin«, sagte Bella erstaunt. »Warum zum Teufel musst du mit Versicherungen telefonieren?«

»Sie weigern sich, für die Tests zu zahlen, die ich veranlasse.«

»Ist das nicht deren Job?«

Sara zuckte die Achseln. Irgendwann hatte sie klein beigegeben und eine Vollzeitkraft engagiert, die sich mit den Versicherungen herumschlagen sollte. Trotzdem verbrachte sie noch immer täglich zwei bis drei Stunden damit, nervtötende Formulare...

Erscheint lt. Verlag 19.11.2024
Reihe/Serie Grant-County-Serie
Übersetzer Sophie Zeitz
Sprache deutsch
Original-Titel Faithless
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Abtreibung • Autorin • Band 5 • Bestseller • blutig • Brutal • Buch • Ein Teil von ihr • Georgia • Gerichtsmedizin • Gift • Karen Slaughter • Karin Slaughter • Krimi • Kriminalroman • Mystery • Psychothriller • Reihe • Roman • Sara Linton • Serie • spannend • Spannung • Spiegel • Thriller • USA • vergiftet • weibliche Ermitlerin
ISBN-10 3-7499-0792-7 / 3749907927
ISBN-13 978-3-7499-0792-2 / 9783749907922
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