Wintertee im kleinen Büchercafé am Meer (eBook)
400 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3252-9 (ISBN)
JULIA ROGASCH, geboren 1983, wohnt mit ihrem Ehemann und ihren Töchtern in Hannover. Inspiriert vom Leben als Mama mit Job sowie ihrer großen Leidenschaft für Sylt und emotionale Romane, griff sie vor einigen Jahren ihren Kindheitstraum vom Schreiben wieder auf, und das erste Buch entstand. Es folgten weitere Sylt-Romane über die Liebe, das Glück, Schicksal, Familie und Freundschaft.
JULIA ROGASCH, geboren 1983, wohnt mit ihrem Ehemann und ihren Töchtern in Hannover. Inspiriert vom Leben als Mama mit Job sowie ihrer großen Leidenschaft für Sylt und emotionale Romane, griff sie vor einigen Jahren ihren Kindheitstraum vom Schreiben wieder auf, und das erste Buch entstand. Es folgten weitere Sylt-Romane über die Liebe, das Glück, Schicksal, Familie und Freundschaft.
Kapitel 2
Die Tage vergingen, und ich schleppte mich unzufrieden weiter an den Laptop, um mehr schlecht als recht meinen Job zu erledigen.
Und dann, an einem langen, einsamen Wochenende, zog es mich plötzlich in die Küche. Ich begann, einen Teil der Plätzchen und Törtchen, die Annilen auf der Karte hatte, zu backen.
Meine Favoriten waren seit jeher Mini-Gugelhupfe in verschiedensten Geschmacksrichtungen. Die kleinen Küchlein schmeckten mir selbst besonders gut und waren immer eine schöne Geschenkidee. Dazu verfeinerte ich etliche Produkte, die wir in unserem Onlineshop für handverzierte Kekse anboten, der ja sowieso nebenbei lief.
Ich versank in der Arbeit mit dem süßen, nach Vanille und Zimt duftenden Teig, ließ meine Hände ruhig die Buchstaben formen, als ich die Gugelhupfe mit feiner Zuckerschrift personalisierte. Das Backen erfüllte meine Wohnung mit Weihnachtsduft. Im Anschluss dokumentierte ich sorgfältig jede meiner Ideen und Modifikationen in einer Datei, die Annilen und ich für diesen Zweck erstellt hatten und teilten.
Meistens war sie es, die in ihrer professionellen Backstube die Kekse fertigte und versandte, während ich mich um die Werbung und das Organisatorische kümmerte. Um jedoch schnellstmöglich Fotos mit neuen Ideen und Motiven zu bekommen, stellte ich mich hin und wieder auch selbst an den Backofen.
Als letztes Werk für den Abend nahm ich mir einen Keks vor, den ich mit einem Buch verzierte, auf dessen Deckel nur ein Herz zu sehen war. Etwa so hatte das Logo von Herzensbuch ausgesehen, und zum ersten Mal seit Langem empfand ich bei der Erinnerung an meinen Buchladen wieder so etwas wie Freude.
Ich wollte dieses Design unbedingt in den Shop aufnehmen.
Also drapierte ich den Keks auf einer weißen Unterlage und strahlte ihn mit der Lampe an, die ich mir vor einiger Zeit eigens für diese Zwecke besorgt hatte.
Die rosafarbene Zuckergussgrundierung und die zarte weiße Zuckerschrift, mit Glitzerpuder bestreut, sahen wunderschön aus. Kleine Zuckerkristalle reflektierten funkelnd das Licht. Die Farben wirkten harmonisch zurückhaltend und ließen den Keks aussehen, als wäre er mit Raureif bedeckt.
Schnell schoss ich einige Fotos – ich hatte inzwischen Übung darin, unser Gebäck richtig zu positionieren und in Szene zu setzen.
Ich stellte mir vor, wie diese Kekse in Annilens Café ausliegen würden, direkt neben dem neuesten Taschenbuchbestseller, und ein Schauer rieselte meinen Rücken hinab.
Plötzlich erschien mir Annilens Projekt so greifbar.
Es wäre zuerst wie eine Art Pop-up-Store, und wenn es sich durchsetzte, würden wir entscheiden können, das Konzept weiterzuführen und auszubauen.
Kündigte ich wirklich meinen Job und es floppte, stünde ich arbeitslos da. Ein hohes Risiko. Doch irgendwas tief in meinem Innern sagte mir, dass es richtig war, es zu versuchen, weil es sich einfach so falsch anfühlte, weiterzumachen wie bisher.
Den traurigen Anblick im Spiegel, wenn ich an die Arbeit ging, die einsame Stille, die durch die Wohnung zog, während ich Stunde um Stunde vorm Laptop saß, nur unterbrochen durch Telefonate mit Anzeigenkunden. Diese Alternative zum mutigen Aufbruch nach Sylt klang wenig verlockend. Ich hasste meinen Job, und es war den Kunden und auch meinem Chef gegenüber nicht fair, ihn so schlecht zu erledigen. Sylt konnte womöglich die Chance für mich sein, mich noch einmal ganz neu zu sortieren.
Erschöpft vom Backen ließ ich mich auf einen der Stühle am Küchentisch fallen. Es dämmerte bereits, und draußen war es gespenstisch leise. Das Haus, in dem ich lebte, lag in einer Straße, die von Geschäftshäusern dominiert wurde. Hatten die zumeist inhabergeführten Läden im Erdgeschoss wie heute am Sonntag geschlossen, war manchmal den ganzen Tag über niemand zu sehen oder zu hören. Einerseits genoss ich diese Ruhe, besonders nach all dem Trubel, den der Unfall in mir und meinem Laden ausgelöst hatte. Aber auch damit hatte Anni recht. Ich vermisste Gesellschaft und Austausch.
Ich dachte an meine Eltern. Sie waren schon immer mein großer Halt gewesen. Hatten auch in dieser Zeit über dem Gerede der Leute gestanden und während der letzten zwei Jahre ein unschlagbares Talent entwickelt, Fragen nicht zu beantworten und über Dreistigkeiten professionell hinwegzulächeln. Bei ihnen ging es mir gut, sie und unser kleines Häuschen am Rande des Dorfes waren mein sicherer Rückzugsort.
Der Gedanke daran, dass ich nach Sylt gehen und sie nicht mehr nahezu jeden Tag sehen könnte, machte mich traurig. Es war ein klares Gegenargument für Annilens Pläne. Ein Wermutstropfen.
Andererseits waren es meine Eltern, die mir seit Tims Tod oft gesagt hatten, ich solle an mich denken und mein Glück finden. Auch wenn das hieße, dass ich dafür mein Heimatdorf verlassen müsste. Sie würden mich überall auf der Welt besuchen und hätten mehr davon, ihre Tochter wieder glücklich zu sehen, als sie hier im Dorf so einsam zu erleben. Ein Lächeln huschte über meine Lippen, und ein warmes Gefühl von Geborgenheit breitete sich in mir aus, als ich an die beiden dachte. Nie würden sie mich davon abhalten, durch eine Tür zu gehen, hinter der ich mein Glück vermutete.
In diesem Moment traf ich die Entscheidung. Ich würde zu Anni fahren und es versuchen. Und ich würde keine halben Sachen machen, sondern direkt kündigen. Egal, was passierte, der Job in der Redaktion war es nicht wert, sich daran festzuklammern.
Fein säuberlich legte ich den Keks in eine luftdichte Verpackung. Ich würde ihn Annilen zusenden, zusammen mit der Überraschung der Zusage für unser gemeinsames Projekt.
Mit diesem positiven Gedanken entschied ich, schlafen zu gehen.
Nach einem weiteren endlos erscheinenden Tag im Job voller Problemlösungsansätze und Krisengespräche hatte ich am späten Nachmittag auf dem Weg zu meinen Eltern gerade an einem Blumenladen angehalten. Meine Mutter liebte Blumen, und ich wollte ihr eine kleine Freude machen. Ein wunderschöner Strauß orangefarbener Rosen fiel mir sofort ins Auge. Mit ein wenig Grün waren die fünf Rosen gekonnt zusammengebunden. Ich entschied mich für dieses Gebinde, zahlte und ging wieder zum Auto.
In diesem Moment klingelte mein Handy. Es war meine Mutter.
»Liebes, wir sind noch nicht wieder zu Hause. Es wird wohl noch eine Dreiviertelstunde dauern. Hast du einen Schlüssel dabei?«
»Ja, hab ich. Aber dann erledige ich noch schnell was und komme danach.«
»Prima, bis gleich, mein Schatz.«
Mein Herz klopfte. Die Dreiviertelstunde würde es mir locker ermöglichen, einen kurzen Schlenker in den nächsten Ort einzubauen, wo es seit Kurzem eine neue Buchhandlung gab.
Dass meine Mutter gerade angerufen hatte, war wie ein Wink des Schicksals, der mich in meinem Entschluss, nach vorn zu sehen, bestärkte, und jetzt würde ich den ersten Schritt in diese Richtung gehen.
Ich fand direkt vor dem Laden einen Parkplatz. Bevor ich eintrat, ging ich einmal die Schaufenster entlang und betrachtete die Auslage. Ich genoss, wie liebevoll und vielfältig die Auswahl getroffen und arrangiert worden war. Winterliche Bücher mit glitzernden Covern läuteten die kuschelig-gemütliche Lesezeit ein, warme Farben und ansprechende Geschenkartikel von Lesezeichen über Tassen bis hin zu Süßigkeiten rundeten das Sortiment ab und schufen einen Rahmen für die Wohlfühllektüre. Von draußen erkannte ich schon, dass der Laden gut besucht war. Eine strahlende junge Frau, die mich an mich selbst vor etwas mehr als zwei Jahren erinnerte, wirbelte durch die Buchhandlung und schenkte jedem Kunden ein aufmerksames Lächeln. Als ich eintrat, begrüßte sie auch mich mit einem herzlichen »Moin«.
Ich liebte es, wenn Menschen hier im Alten Land diese Begrüßung nutzten. Sie klang für mich immer nach Sylt und meiner Freundin Annilen. Wie passend.
»Moin«, erwiderte ich und schaute mich im Geschäft um. Der Verkaufsraum war klein und ebenfalls mit viel Liebe zum Detail dekoriert. Mir gefiel, wie die Regale arrangiert waren, und die Zettel mit kurzen handgeschriebenen Rezensionen, die neben einigen Titeln standen. Mein Herz schlug aufgeregt und ein wenig wehmütig. Ich atmete tief ein und wieder aus, um es zu beruhigen und gleichzeitig den Duft nach druckfrischen Büchern in mich aufzunehmen, der mich so sehr an Herzensbuch erinnerte.
»Kann ich etwas für Sie tun?«, erkundigte sich die junge Frau und riss mich damit aus meinen Erinnerungen.
»Ja, ich bin auf der Suche nach dem neuesten Roman von Fenja Malé.«
»Da haben Sie aber Glück, die waren nämlich ganz schnell vergriffen und bis vor Kurzem nicht lieferbar, weil erst nachgedruckt werden musste. Darf ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Danke, nein. Das war es schon. Aber ich möchte Ihnen noch sagen, wie gut mir Ihr hübscher Laden gefällt. Das muss ich unbedingt loswerden.«
»Oh, danke. Wie schön. Lieb, dass Sie das sagen. So ein Geschäft zu führen war immer mein Traum. Und als ich mitbekam, dass es so was in der Art hier weit und breit nicht gibt, da habe ich es gewagt und all meinen Mut und...
Erscheint lt. Verlag | 26.9.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Alltag • beliebt • brise • Bücher • Café • Core • COSY • Cottage • Film • Freundinnen • Gebäck • Gemütlich • Heilung • Herzen • Hoffnung • hygge • Insel • Kerzen • Kleiner • Laden • Liebe • Meer • Nordsee • Pause • Roman • romantisch • Socken • Strand • Sylt • Wein • Winter • Woll • Zärtlichkeit |
ISBN-10 | 3-8437-3252-3 / 3843732523 |
ISBN-13 | 978-3-8437-3252-9 / 9783843732529 |
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