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Moorlichter (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-186-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Moorlichter -  Nicola Förg
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Ein Krimi mit exzellentem Hintergrundwissen zu Natur und Tier, Jagd und Wald. Eine Gruppe von Kitzretterinnen entdeckt per Drohne auf einer Wiese einen Toten, erstochen mit einem Saufänger. Es ist der Mair - Altbauer, Choleriker und Querulant. Die Liste seiner Feinde ist lang, stellen Kommissar Gerhard Weinzirl und seine Kollegin Evi Straßgütl schnell fest. Als sie bei den Ermittlungen ein altes Tagebuch finden, treten die beiden eine Lawine los, die selbst den sonst so stoischen Weinzirl völlig aus der Fassung zu bringen droht.

Nicola Förg hat 26 Kriminalromane verfasst, an vielen Krimi-Anthologien mitgewirkt und ist Autorin dreier Romane, die in Island, Irland und an der französischen Atlantikküste spielen. Ihre Bücher sind regelmäßig Gast auf der Spiegel-Bestsellerliste. Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt mit Familie und zahlreichen Tieren auf einem Hof in Prem am Lech und kennt sich mit Land- und Forstwirtschaft aus.

Nicola Förg hat 26 Kriminalromane verfasst, an vielen Krimi-Anthologien mitgewirkt und ist Autorin dreier Romane, die in Island, Irland und an der französischen Atlantikküste spielen. Ihre Bücher sind regelmäßig Gast auf der Spiegel-Bestsellerliste. Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt mit Familie und zahlreichen Tieren auf einem Hof in Prem am Lech und kennt sich mit Land- und Forstwirtschaft aus.

ZWEI


Dienstag

Die beiden Ermittler trafen sich in der Frühe in Weilheim und waren um kurz nach acht am Haus von Leandra Melles-Grote. Es lag auch in einem Weiler, nicht allzu weit weg von Mair, wahrscheinlich für etwas längere Hundespaziergänge ideal. Das Haus war eines der Marke »quadratisch, praktisch, gut«. Es war zweistöckig und besaß einen Windfang. Es war komplett eingezäunt, im Garten gab es ein Gartenhaus mit einer Voliere, da lebten bestimmt diese Meersauen.

Sie drückten die Klingel außen am Gartentor, wenig später öffnete sich die Tür im Windfang. Man sollte keine Vorurteile haben, wäre Weinzirl Schriftsteller oder Filmregisseur, würde man ihm Klischeehaftigkeit vorwerfen, aber Frau Melles-Grote sah aus wie aus dem »Ich bin betroffen und zeige das auch«-Bilderbuch. Sie war irgendwo zwischen fünfzig und sechzig, nahm Weinzirl mal an. Sie trug das schulterlange Haar lockig und demonstrativ grau, was sie älter machte.

Weinzirl verstand die Attitüde dahinter nicht: Warum wollte man unbedingt alt aussehen, wenn es doch schöne Produkte zum Färben gab? Er kannte die Argumente, dass man sich nicht vom gängigen Schönheitsideal unterjochen lassen wolle. Aber das mit den inneren Werten war in seiner Jugend schon eine Lüge gewesen, und wenn man älter wurde und es eh schon an allen Ecken und Enden ausließ, musste man sich doch nicht absichtlich hässlicher machen. Die Hose, die sie trug, war eine Pumphose in Türkis, das Oberteil geringelt, beides schien aus Leinen oder Hanf oder sonst was Nachhaltigem zu sein. Und die Latschen, in denen sie schlappte, hatten Pünktchen. Hinter ihr kamen zwei hochbeinige dürre Hunde heraus, die mächtig bellten.

»Frau Melles-Grote?«, brüllte Weinzirl gegen das Gebell an.

Sie nickte.

»Weinzirl und Straßgütl von der Polizei, dürften wir kurz?«

»In welcher Sache?«, brüllte sie zurück. »Still jetzt, ihr zwei!«

»In einer Mordermittlung«, rief Evi.

Sie hatte die Stirn gerunzelt, öffnete das Gartentor, was die beiden spitznasigen Hunde verstummen ließ, aber auch sofort veranlasste, das Weite zu suchen. Sie stieß in eine schrille Hundepfeife, dass Evi zusammenzuckte und Weinzirl hoffte, er hätte keinen Hörsturz erlitten. Sie brüllte nun auch.

»Pedro, Alonso!«

Aber weder Pedro noch Alonso kamen zurück.

»Na, die hören aber gut«, sagte Weinzirl.

»Sie sind erst kurz da. Aus einer spanischen Tötungsstation, die beiden Schätzchen. Sie müssen noch lernen.«

»In der Zeit, in der die aus Ihrem Einflussbereich weg sind, kann sonst was passieren. Nicht gut«, sagte Weinzirl, dem so etwas früher gar nicht aufgefallen war.

Aber in der Zeit, in der er Hundebesitzer gewesen war, hatte er bemerkt, dass die wenigsten Einfluss auf ihre »Schätzchen« nehmen konnten. Immer wieder waren bei ihm im Salzgraben Hunde frei gelaufen und hatten das Gebrüll von Frauchen und Herrchen überhört. Sie hatten Katzen gejagt, Rehe aus dem Wald gesprengt. Seppi hatte solche Kandidaten mehrfach gestellt und ihnen die Meinung gesagt. Kurz und knapp ohne Bellen. Ein Knurren hatte gereicht. Ein Hund von Seppis Größe hatte nicht bellen müssen. Weinzirl schluckte.

»Wir üben das. Ohne Übung geht das eben nicht«, sagte Frau Melles-Grote bissig, pfiff erneut, und einer der beiden Hunde kam zurück, wenig später der zweite.

Es gab ein Leckerli. Weinzirl verkniff sich jeden weiteren Kommentar, dass sie nun diese Burschen auch noch fürs Abhauen belohnte. Ohne eingeladen worden zu sein, setzte er sich auf einen der fünf Blechstühle, die unordentlich verteilt auf der Rasenfläche standen. Es gab sie in fünf Farben; er nahm den roten, das passte zu seiner aggressiven Stimmung. Evi und die Frau blieben stehen. Pedro und Alonso strichen vorbei, mit eingeklemmten Ruten.

»Die haben Angst vor Ihnen, Angst vor Männern generell.«

Das war auch so ein Satz, den Weinzirl hasste. »Und Sie, Sie hatten Angst vor Mair?«, stieß er aus.

»Was?«

»Sebastian Mair ist Ihnen bekannt?«

»Sicher, Sebi Mair. Der Mahrer. Wir sind in demselben Kleintierzüchterverein. Hat er mir jetzt die Polizei auf den Hals geschickt?«

»So wie Sie ihm das Veterinäramt?«

»Es ist haltlos, Kaninchen so einzupferchen. Das verstößt gegen das Tierschutzgesetz! Er hat Auflagen bekommen, das ist gut so. Und er hat dann einen Rachefeldzug gegen meine Meeris geführt. Von acht Stück konnte ich nur zwei wiederfinden. Lothar vom Lohenberg ist dem Massaker entgangen, er war mehrfach Rassesieger und auch ›Best in Show‹. Lapilula hat ebenfalls überlebt, Tiere wie aus dem Bilderbuch in Slate Blue-Gold-Weiß, absolut das Beste, was man zu sehen bekommt. Wie ein kleines Brot von oben«, sagte sie.

Weinzirl hatte geahnt, dass der Tag kein guter werden würde, aber das toppte jede Negativerwartung. Meersäue wie Brote von einer Frau, die ihm jetzt schon so was von auf den Sack ging.

»Dieser Mair ist gemeingefährlich, er hat mir gedroht, er würde meine Hunde abschießen!«, rief sie.

»Wozu er als Jäger das Recht hätte, wenn er auf wildernde Hunde trifft«, sagte Weinzirl.

»Ach! Deswegen hat er Sie jetzt zu mir geschickt?«

»Der Mann schickt keinen mehr irgendwohin, er ist tot«, sagte Weinzirl.

»Tot?« Sie überlegte. »Er war natürlich auch alt. Und hatte bestimmt einen hohen Blutdruck. Hat ihn der Schlag getroffen?«

»Nein, eher ein Schlächter. Wir reden von Mord.«

Nun sank sie doch auf einen Stuhl. Den in Pink, was Weinzirl unpassend fand. Eine Barbie war sie keine.

»Mord? Warum Mord? Und was habe ich, habe ich …? Sie wollen jetzt aber nicht …?« Sie war nun doch aus dem Konzept.

»Frau Melles-Grote, wir befinden uns am Beginn der Ermittlung, und Sie sind eine der Ersten, die wir befragen. Sie hatten Streit mit ihm, seit Längerem und immer wieder.«

»Streit kann man das nicht nennen. Mit dem Mann findet man doch keine Kommunikationsebene wie mit zivilisierten Menschen. Und ich töte doch niemanden!« Würde sie nun sagen: »Ich bin Pazifistin«? Sie tat es und trieb mit ihrem Gesichtsausdruck Weinzirl noch weiter auf die Palme.

»Wann haben Sie Herrn Mair denn zuletzt gesehen?«, fragte Evi.

»Keine Ahnung, vor zwei, drei Tagen. Er fuhr ein Wasserfass zur Jungviehweide, ich musste fast in den Stacheldraht springen.«

»In den frühen Morgenstunden des gestrigen Montages, wo waren Sie da?«

»Im Bett.«

»Zeugen?« Außer Pedro und Alonso und den Meersäuen, dachte Weinzirl.

»Nein, also, was soll das? Was wollen Sie eigentlich von mir?«

»Wissen, ob Sie Herrn Mair ermordet haben? Er ging Ihnen mächtig auf den Zeiger. Er hat Ihre lieben kleinen Felldeppen rausgelassen. Da wird man wütend. Gab es einen Anlass, der das Fässlein zum Überlaufen brachte, das Töpflein zum Überkochen?«

Sowohl Evis Blick als auch der von der Doppelbenamten waren vernichtend.

»Soweit ich weiß, muss ich nicht antworten. Sie müssen mich vorladen. Es war reiner Goodwill, dass ich Ihnen Auskunft gebe. Das ist ja ungeheuerlich. Und in die Erziehung meiner Hunde haben Sie sich auch nicht einzumischen!«

Sie reagierte mit Angriff, um ihre Unsicherheit zu kaschieren, und da blitzte auch ganz schön viel Aggression durch. Mair mochte ein Kotzbrocken gewesen sein, aber Weinzirl ahnte, dass die beiden sich nichts geschenkt hatten. Dieser Frau traute er so einiges zu!

Sie wetterte weiter: »Ich bin vor ein paar Jahren hierhergezogen. Aus dem Altmühltal. Weil ich die Berge liebe. Weil ich auch dachte, so auf dem Land, da leben klare Menschen. Aber das ist ja ein reines Inzuchtvolk hier! Brotneidisch, fies – und wenn Sie schon von Feinden reden, gehen Sie mal zu Stone Hunt!«

»Wohin?«

»Stone Hunt ist eine Jagdschule. Die Inhaberin heißt Ellen Steinbeck. Die mochte ihn auch nicht, den Mahrer!«

»Und das wissen Sie warum?«

»Weil ich bei Ellen mit dem Jagdschein angefangen habe, ich musste dann aber abbrechen, weil … das tut ja nichts zur Sache.«

»Und was hat Mair mit der Schule zu tun?«

»Das fragen Sie mal Ellen! Ich stehe für Auskünfte nicht mehr zur Verfügung.«

Sie klang wie »Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder in der Apotheke und kontaktieren Sie Ihren Anwalt«. Weinzirl beließ es dabei.

»Na dann, wir kommen eventuell nochmals auf Sie zurück«, knurrte er. »Und dann cave.« Du dumme Schnepfe!, ergänzte er innerlich. Er nickte Evi zu, und sie verließen das Grundstück. Diesmal hielt die Dame die Spanier von der Flucht ab.

»In den frühen Morgenstunden des gestrigen Montages? Cave? Geht’s noch bei dir, Weinzirl? Seit wann redest du so geschwollen daher?«, fragte Evi.

»Ich passe meine Worte dem zu Befragenden an«, sagte er. »Was für eine Schrapnelle!«

»Du darfst den Leuten deine Antipathie nicht so deutlich zeigen«, rügte Evi.

»Du solltest mich erleben, wenn ich ihr meine wahren Gefühle zeige!«, knurrte er. »Ich ruf mal Jo an, womöglich kennt sie diese flote Grote oder flotte Grotte.«

Evi schüttelte nur noch den Kopf.

»Du fährst, ich telefoniere«, sagte Weinzirl, stellte auf laut und hatte Jo auch gleich dran.

»Morgen, wisst ihr schon was? Wir sind gestern noch alle zusammengesessen, das war ja echt ein Schock.«

»Ja, damit rechnet man ja nicht. Habt ihr noch Kitze gefunden?«, fragte Evi.

»Ja, noch vier. Insgesamt also sechs. Heute früh war ich auch schon unterwegs, nochmals drei Stück. Ihr wisst also noch nichts?«

»Weißt du was?«

»Nein. Und ich hab gesagt, dass das nicht an die große Glocke gehört....

Erscheint lt. Verlag 26.9.2024
Reihe/Serie Gerhard Weinzirl
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Familientragödie • Frauenschicksal • humorvoll • Ironie • Jagd • Kriminalkommissar • Kriminalroman • Leiche • Moor • Oberbayern • Oberbayern Krimi • Ostallgäu • spannend • Spannung • Spiegel Bestseller Autorin • Wald
ISBN-10 3-98707-186-9 / 3987071869
ISBN-13 978-3-98707-186-7 / 9783987071867
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