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Lulu. Erdgeist · Die Büchse der Pandora (eBook)

Wedekind, Frank - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur - 14451

(Autor)

Erhard Weidl (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
248 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962234-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lulu. Erdgeist · Die Büchse der Pandora -  Frank Wedekind
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Wedekinds Lulu ist verführerisch und gleichgültig, eine ideale Projektionsfläche für Männer. Am Ende wird sie Opfer eines Serienkillers - und zugleich der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Dramen Erdgeist und Die Büchse der Pandora wurden zu Wedekinds Lebzeiten von Theaterskandalen und Zensurmaßnahmen begleitet. Von Wedekind später unter dem Titel Lulu vereint, gilt die Doppeltragödie heute als sein Hauptwerk.

Lulu

Erdgeist
Prolog
Die Büchse der Pandora
Vorwort
Prolog in der Buchhandlung

Anhang
Zu dieser Ausgabe
Nachwort

[16]Erster Aufzug


Geräumiges Atelier. – Rechts hinten Entreetür, rechts vorn Seitentür zum Schlafkabinett. In der Mitte ein Podium. Hinter dem Podium eine spanische Wand. Vor dem Podium ein Smyrnateppich. Links vorn zwei Staffeleien. Auf der hinteren das Brustbild eines jungen Mädchens. Gegen die vordere lehnt eine umgekehrte Leinwand. Vor den Staffeleien, etwas gegen die Mitte vorn, eine Ottomane. Darüber ein Tigerfell. Rechts an der Wand zwei Sessel. Im Hintergrund eine Trittleiter.

Erster Auftritt


SCHWARZ und SCHÖN.

SCHÖN (auf dem Fußende der Ottomane sitzend, mustert das Brustbild auf der hinteren Staffelei). Wissen Sie, daß ich die Dame von einer ganz neuen Seite kennen lerne?

SCHWARZ (Pinsel und Palette in der Hand, steht hinter der Ottomane). Ich habe noch niemanden gemalt, bei dem der Gesichtsausdruck so ununterbrochen wechselte. – Es war mir kaum möglich, einen einzigen Zug dauernd festzuhalten.

SCHÖN (auf das Bild deutend, ihn ansehend). Finden Sie das darin?

SCHWARZ. Ich habe das Erdenklichste getan, um durch meine Unterhaltung während der Sitzungen wenigstens etwas Ruhe in der Stimmung hervorzurufen.

SCHÖN. Dann verstehe ich den Unterschied.

[17]SCHWARZ (taucht den Pinsel ins Ölnäpfchen und überstreicht die Gesichtszüge).

SCHÖN. Glauben Sie, es wird dadurch ähnlicher?

SCHWARZ. Man kann nicht mehr tun, als es mit der Kunst so gewissenhaft wie möglich nehmen.

SCHÖN. Sagen Sie mal …

SCHWARZ (zurücktretend). Die Farbe ist auch wieder etwas eingeschlagen.

SCHÖN (ihn ansehend). Haben Sie jemals in Ihrem Leben ein Weib geliebt?

SCHWARZ (geht auf die Staffelei zu, setzt eine Farbe auf und tritt auf der anderen Seite zurück). Der Stoff ist noch nicht genügend abgehoben. Man sieht noch nicht recht, daß ein lebender Körper darunter ist.

SCHÖN. Ich zweifle nicht daran, daß die Arbeit gut ist.

SCHWARZ. Wenn Sie hierhertreten wollen.

SCHÖN (sich erhebend). Sie müssen ihr wahre Schauergeschichten erzählt haben.

SCHWARZ. So weit wie möglich zurück.

SCHÖN (zurücktretend, stößt die an die vordere Staffelei gelehnte Leinwand um). Pardon …

SCHWARZ (den Rahmen aufhebend). O bitte …

SCHÖN (betroffen). Was ist das …

SCHWARZ. Kennen Sie sie?

SCHÖN. Nein.

SCHWARZ (setzt das Bild auf die Staffelei. Man sieht eine Dame als Pierrot gekleidet mit einem hohen Schäferstab in der Hand). Ein Kostümbild.

SCHÖN. Die ist Ihnen aber gelungen.

SCHWARZ. Sie kennen sie?

SCHÖN. Nein. Und in dem Kostüm?

[18]SCHWARZ. Es fehlt noch die ganze Ausführung.

SCHÖN. Na ja.

SCHWARZ. Was wollen Sie. Während sie mir steht, habe ich das Vergnügen, ihren Mann zu unterhalten.

SCHÖN. Sagen Sie …

SCHWARZ. Über Kunst natürlich, um mein Glück zu vervollständigen.

SCHÖN. Wie kommen Sie denn zu der reizenden Bekanntschaft?

SCHWARZ. Wie man dazu kommt. Ein steinalter, wackliger Knirps fällt mir hier herein, ob ich seine Frau malen könne. Nun natürlich, und wenn sie runzlig wie Mutter Erde ist. Andern Tags Punkt zehn fliegen die Türen auf, und der Schmerbauch treibt dies Engelskind vor sich her. Ich fühle jetzt noch, wie mir die Knie schwankten. Ein stocksteifer, saftgrüner Lakai mit einem Paket unter dem Arm. Wo die Garderobe sei. Denken Sie sich meine Lage. Ich öffne die Tür da (nach rechts deutend). Nur ein Glück, daß schon alles in Ordnung war. Das süße Geschöpf huscht hinein, und der Alte postiert sich als Schanzkorb davor. Zwei Minuten darauf tritt sie in diesem Pierrot heraus. (Den Kopf schüttelnd). Ich habe nie so was gesehen. (Geht nach rechts und starrt an die Schlafzimmertür hin).

SCHÖN (der ihm mit dem Blick gefolgt). Und der Schmerbauch steht Schildwache?

SCHWARZ (sich umwendend). Der ganze Körper im Einklang mit dem unmöglichen Kostüm, als wäre er darin zur Welt gekommen. Ihre Art, die Ellbogen in die Taschen zu vergraben, die Füßchen vom Teppich zu heben – mir schießt oft das Blut zu Kopf …

SCHÖN. Das sieht man dem Bild an.

[19]SCHWARZ (kopfschüttelnd). Unsereiner, wissen Sie …

SCHÖN. Hier führt das Modell die Konversation.

SCHWARZ. Sie hat den Mund noch nicht aufgetan.

SCHÖN. Ist’s möglich!

SCHWARZ. Erlauben Sie, daß ich Ihnen das Kostüm zeige.

  (Nach rechts ab.)

SCHÖN (allein, vor dem Pierrot). Eine Teufelsschönheit. (Vor dem Brustbild.) Hier ist mehr Fond. (Nach vorn kommend.) Er ist noch etwas jung für sein Alter.

SCHWARZ (kommt mit einem weißen Atlaskostüm zurück). Was das für Stoff sein mag?

SCHÖN (den Stoff befühlend). Atlas.

SCHWARZ. Und alles in einem Stück.

SCHÖN. Wie kommt man denn da hinein?

SCHWARZ. Das kann ich Ihnen nicht sagen.

SCHÖN (das Kostüm bei den Beinen nehmend). Diese riesigen Hosenpfeifen!

SCHWARZ. Die linke rafft sie hinauf.

SCHÖN (auf das Bild sehend). Bis übers Knie!

SCHWARZ. Sie macht das zum Entzücken.

SCHÖN. Und transparente Strümpfe?

SCHWARZ. Die wollen nämlich gemalt sein.

SCHÖN. Oh, das können Sie.

SCHWARZ. Dabei von einer Koketterie!

SCHÖN. Wie kommen Sie auf den entsetzlichen Verdacht?

SCHWARZ. Es gibt Dinge, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt. (Trägt das Kostüm in sein Schlafzimmer.)

SCHÖN (allein). Wenn man schläft …

SCHWARZ (kommt zurück, sieht nach der Uhr). Wenn Sie übrigens ihre Bekanntschaft machen wollen …

[20]SCHÖN. Nein.

SCHWARZ. Sie müssen im Augenblicke hier sein.

SCHÖN. Wie oft wird denn die Dame noch sitzen müssen?

SCHWARZ. Ich werde die Tantalusqual wohl noch ein Vierteljahr zu erdulden haben.

SCHÖN. Ich meine die andere.

SCHWARZ. Entschuldigen Sie. Dreimal höchstens. (Ihn zur Tür geleitend.) Wenn mir die Dame dann nur ihre Taille dalassen will.

SCHÖN. Mit Vergnügen. Lassen Sie sich bald wieder bei mir sehen. (Stößt in der Tür auf DR. GOLL und LULU.) In Gottes Namen!

Zweiter Auftritt


DR. GOLL. LULU. DIE VORIGEN.

SCHWARZ. Darf ich vorstellen …

GOLL (zu SCHÖN). Was treiben denn Sie hier?

SCHÖN (LULU die Hand küssend). Frau Medizinalrat.

LULU. Sie wollen doch nicht schon gehen?

GOLL. Welcher Wind führt denn Sie hierher?

SCHÖN. Ich habe mir das Bild meiner Braut angesehen.

LULU (nach vorn kommend). Ihre Braut ist hier?

GOLL. Sie lassen hier also auch arbeiten?

LULU (vor dem Brustbild). Sieh da! Bezaubernd! Entzückend!

GOLL (sich umsehend). Sie halten sie wohl hier irgendwo versteckt?

[21]LULU. Das ist also das süße Wunderkind, das Sie zu einem Menschen gemacht …

SCHÖN. Sie sitzt meistens am Nachmittag.

GOLL. Und davon erzählen Sie einem nichts?

LULU (sich umwendend). Ist sie denn wirklich so ernst?

SCHÖN. Wohl noch die Nachwirkung der Pensionszeit, gnädige Frau.

GOLL (vor dem Brustbild). Man sieht, daß Sie eine tiefgehende Wandlung durchgemacht haben.

LULU. Nun dürfen Sie sie aber auch nicht mehr länger warten lassen.

SCHÖN. In vierzehn Tagen denke ich unsere Verlobung bekanntzumachen.

GOLL (zu LULU). Laß uns...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2023
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Reclams Universal-Bibliothek
Nachwort Erhard Weidl
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Deutsch • Deutsch-Unterricht • Deutschunterricht Frank Wedekind Lulu • Drama Frank Wedekind Lulu • gelb • gelbe bücher • Klassenlektüre • Lektüre • Literatur Epoche Expressionismus • Literatur Klassiker • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Schullektüre • Schullektüre Frank Wedekind Lulu • Sekundarstufe Frank Wedekind Lulu • Weltliteratur
ISBN-10 3-15-962234-7 / 3159622347
ISBN-13 978-3-15-962234-7 / 9783159622347
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