5 Romantische Spuk Thriller Juli 2023 (eBook)
600 Seiten
Alfredbooks (Verlag)
978-3-7452-3224-0 (ISBN)
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„Hier kommen wir nun zu einem unserer größten Mysterien, den 13 Eichen.“ Klar und deutlich klang die Stimme von Lady Robina Westmoreland über den großzügigen Innenhof von Lammermore Castle. Die Touristengruppe, die aus rund 20 Leuten bestand, lauschte aufmerksam. Das lag nicht nur an der interessanten Geschichte des Schlosses aus dem 15. Jahrhundert, es lag auch an der bildhübschen jungen Frau mit den tief dunkelroten Haaren und den leuchtend blauen Augen.
„Etwa um 1637 herum waren die Hausherren das, was wir heute Raubritter nennen“, fuhr sie fort. Sie unterdrückte ein Lächeln über die Zwischenbemerkung eines gut aussehenden Mannes, der eigentlich gar nicht in diese Gruppe passte.
„Finanzbeamte?“
Sie ging darauf nicht ein, obwohl es sie gereizt hätte. „Es war einer meiner Vorfahren, Lord Angus of Westmoreland, der eine ganze Bande verwegener Gestalten um sich geschart hatte. Sie raubten und plünderten, machten weder vor der Obrigkeit halt, noch vor den Bischöfen, und kannten keine Gnade. Nach einiger Zeit wurde es auch der geduldigsten Bevölkerung zuviel. Dem Sheriff gelang es jedenfalls nicht, die Bande zu fangen, und vielleicht gehörte er ja sogar dazu. Die Leute rotteten sich zusammen und stürmten das Schloss, wurden aber Schüssen aus Armbrüsten und sogar ersten Gewehren empfangen. Gut ein Dutzend Leute starb, bevor sich die Leute wieder zurückzogen. Entweder war der Plan verraten worden, oder man war drinnen einfach zu gut gerüstet. Nur eine alte Frau stand noch allein vor dem Schloss und rührte sich auch nicht, als ihr die Pfeile um die Ohren flogen. In aller Seelenruhe ging sie hinein, in die Mitte des Innenhofes. Lord Angus und seine Bande waren so verblüfft, dass sie gar nichts mehr taten. Die Frau schichtete Reisig auf und entzündete ein Feuer, dabei murmelte sie die ganze Zeit vor sich hin, so dass man sie schließlich für verrückt hielt und in Ruhe ließ. Schließlich aber erhob sie ihre Stimme und rief die Räuber zusammen. In einem Kreis stellten sich die finsteren Gestalten um die Frau herum auf. Derbe Worte fielen, man wollte sie jetzt doch loswerden, aber dazu war es längst zu spät. Grünlicher Rauch stieg von dem Feuer auf, und die Männer waren plötzlich wie betäubt. Die Frau malte seltsame Zeichen in die Luft, die Räuber stellten sich ungewollt an bestimmte Plätze und rührten sich nicht mehr. Mit heftigen Beschwörungen sprach die Frau weiter, Blitze zuckten vom Himmel, und die Erde bebte. Durch einen erschreckenden Vorgang wurden aus den lebenden Menschen Bäume, genau dreizehn an der Zahl, in deren Mitte wir uns jetzt befinden. Auf diese Weise bewachen sie zur Straße für ihre Missetaten nicht nur Lammermore Castle, sondern angeblich auch den Schatz, den sie im Laufe der Zeit zusammengeraubt haben.
Soweit die Geschichte der 13 Eichen, für die Wahrheit kann ich mich allerdings nicht verbürgen, meine Herrschaften.“ Robina lächelte, und besonders die Männer waren von ihr entzückt. Aber eine waschechte Lady befand sich weit außerhalb dessen, was sie sich als Freundin leisten konnten, dachten sie.
„Spuken diese gestalten denn nicht im Schloss herum?“, erkundigte sich jemand. Robina lachte leise auf.
„Bis heute habe ich noch keinen Baum mit einem Gesicht oder Pfeil und Bogen durch die Gänge schleichen sehen. Dennoch ist die Stimmung hier manchmal ausgesprochen unheimlich. Wenn der Wind in den Zweigen flüstert, kommt es einem vor, als würden sich die Bäume unterhalten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. In der großen Halle befindet sich ein Imbiss für Sie. Hoffentlich hatten Sie einen angenehmen Aufenthalt.“
Sie ließ den Blick schweifen, und jeder fühlte sich für einen Augenblick ganz allein angesehen. Dann nickte die junge Lady noch einmal in die Runde und ging davon, wohl wissend, dass ihr alle Blicke folgten.
Diese speziellen Führungen auf Lammermore Castle waren stets gut besucht, obwohl es sich dabei um ein nicht ganz billiges Vergnügen handelte. Aber ein Rundgang mit der anerkannten Historikerin Robina of Westmoreland und das anschließende Essen waren nun einmal etwas ganz besonderes. Dafür gaben die Besucher gerne etwas mehr aus.
Die junge Frau zog sich jetzt in den privaten Flügel des Schlosses zurück, wo ihr Vater in seinem Arbeitszimmer saß. Lord Cyril blickte seiner Tochter entgegen und fragte sich nicht zum ersten mal, womit er dieses Glück verdient hatte. Nicht jedermann wäre dazu bereit gewesen, das Schloss der Väter zu vermarkten, um die laufenden Kosten aufzubringen. Dabei konnte Robina in ihrem Beruf vielleicht woanders sogar mehr verdienen. Doch sie hing an ihrem Vater und auch am Schloss, so dass sie es gern auf sich nahm, die anreisenden Touristen mit der Geschichte vertraut zu machen.
Robina, wie sie meist genannt wurde, ließ sich jetzt in einen Sessel fallen.
„Es ist doch immer wieder schön, in erstaunte Gesichter zu sehen“, lächelte sie.
„Und, war jemand besonderes dabei?“, erkundigte sich der alte Lord.
Sie schüttelte den Kopf und drohte ihm schelmisch mit dem Zeigefinger. „Ich weiß, was du denkst, Dad. Ein Märchenprinz aus dem Hochadel, der mein Herz im Sturm erobert. Aber so läuft das nun mal nicht. Ich weiß auch gar nicht, was du gegen Roderich of Glenmuulan einzuwenden hast.“
Lord Cyril seufzte. Es war ein unendliches Thema zwischen Vater und Tochter. Sie hatte sich vor kurzem dazu bekannt, demnächst Rory Roderick of Glenmullan zu heiraten, einen blasierten, arroganten jungen Mann, der Robina in keiner Weise das Wasser reichen konnte. Er war weder intelligent noch unterhaltsam, hatte keinen ordentlichen Beruf vorzuweisen, hielt sich aber selbst für ein Geschenk Gottes an die Menschheit.
„Ich möchte viel lieber wissen, was du an ihm findest, mein Kind, damit ich deine Entscheidung verstehen kann. Er ist deiner einfach nicht würdig.“
Sie lachte hell auf. „Ach Dad, Rory kann ausgesprochen charmant und amüsant sein. Du solltest dir die Mühe machen das herauszufinden.“
„Und das allein ist der Grund ihn zu heiraten?“, fragte er mit einem bitteren Unterton in der Stimme.
„Er hat jedenfalls genug Geld, um Hillman Hall, seinen Stammsitz und auch dieses Schloss hier zu erhalten.“
„Ich wünschte, es wäre anders“, seufzte der Mann.
„Ja, Dad, ich wünschte das auch. Aber mit jammern werden wir an der augenblicklichen Lage nichts ändern.“ Sie sprang auf und nahm ihren Vater liebevoll in die Arme.
Es klopfte leise an der Tür, und Jeffrey, der Butler, trat ein, ohne eine Antwort von drinnen abzuwarten. Auf einem silbernen Tablett trug er eine Visitenkarte.
„Mylord, Lady Robina, Mister Gordon St. John wünscht Sie beide in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen.”
„Um was geht es denn?“, fragte Lord Cyril etwas unwirsch.
„Mister St. John will die Geschichte von Lammermore Castle zu Papier bringen. Er meinte, er würde ein ausgesprochen lukratives Angebot machen. – Ich wiederhole damit nur seine Worte, Mylord. Wollen Sie ihn empfangen?“
Vater und Tochter wechselten einen Blick. Sollte es jetzt doch eine Änderung geben für dieses finanziell gebeutelte Geschlecht?
„Führen Sie Mister St. John herein“, bat Robina und reckte energisch das Kinn. Sie würden schon sehen, wie lukrativ dieses Angebot war.
Dieses Gesicht hatte sie doch gerade erst gesehen. Natürlich, der vorlaute junge Mann in der Touristengruppe, der so gar nicht zu den anderen passte.
Mit einer formvollendeten Verbeugung begrüßte er zunächst Lord Cyril, dann mit einem Lächeln auch Lady Robina.
„Ich hoffe, Sie verzeihen mir meine Aufdringlichkeit, Mylady, doch ich fand es höchst wichtig, mich zunächst Ihrer Führung anzuvertrauen.“
„Ist schon in Ordnung, schließlich haben Sie dafür bezahlt“, gab sie kühl zurück.
„Lassen Sie uns bitte zur Sache kommen. Ihre Andeutung war doch ziemlich seltsam“, unterbrach Lord Cyril schroff, der solche unvorhergesehenen Störungen gar nicht mochte.
„Das musste so sein, sonst hätten Sie mich womöglich nicht empfangen“, behauptete Gordon.
Robina betrachtete ihn genauer. Seine Kleidung wirkte geschmackvoll und teuer, aber nicht auffällig. Die ganze Erscheinung – von den dunklen Haaren und dem markanten Gesicht mit seltsam grünen Augen – bis zur gepflegten Sprechweise, machte deutlich, dass es sich bei Gordon St. John nicht um einen einfachen Mann von der Straße handelte. Der Name zeigte an, dass die Vorfahren dieses Mannes aus dem niederen Landadel stammten. Was bewog einen solchen Menschen ein Buch über ein Schloss zu schreiben? In dieser oder ähnlicher Form gab es eine ganze Reihe von Büchern auf dem Markt. Es sei denn, er hatte etwas besonders vor. Aber dann sollte er sich jetzt dazu äußern.
Gordon ließ sich auch nicht lange bitten. Er setzte sich auf den angebotenen Stuhl und fasste Lord Cyril fest ins Auge.
„Mylord, ich arbeitete bereits seit längerer Zeit an einer Geschichte der großen Adelshäuser. Falls Sie Empfehlungen wünschen, kann ich die auch gerne beibringen. Aber im Laufe der Recherchen ist mir immer wieder aufgefallen, dass häufig genug die Geschichten aus der Geschichte sehr interessant sind, so dass es schade wäre, würde man dieses Wissen nicht auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Aus diesem Grund bin ich mit...
Erscheint lt. Verlag | 26.7.2023 |
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Verlagsort | Lengerich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
ISBN-10 | 3-7452-3224-0 / 3745232240 |
ISBN-13 | 978-3-7452-3224-0 / 9783745232240 |
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