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Wisting und die Tote am Wegesrand (eBook)

Kriminalroman | Skandinavischer Krimi um einen Ermittler, der niemals aufgibt

*****

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
432 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60437-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wisting und die Tote am Wegesrand -  Jørn Lier Horst
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William Wisting muss erstmals für einen Fall in die moderne Welt des World Wide Web eintauchen: Die Rucksacktouristin Ruby wurde ermordet. Auf einer sogenannten Crowdsolving-Plattform beteiligen sich Hobby-Ermittler an der Suche nach dem Mörder und liefern zahlreiche - mal mehr, mal weniger hilfreiche - Hinweise. Eine Userin, »Astria«, behauptet sogar, sie stünde kurz vor der Lösung des Falls, doch dann verschwindet auch sie. Widerwillig lässt sich Wisting auf diese unkonventionelle Art der Ermittlung ein, löst den Fall aber letztendlich mit seiner bewährt professionellen und akribischen Art. 

Jørn Lier Horst, geboren 1970 in Bamble/Norwegen, war Kriminalhauptkommissar bei der norwegischen Polizei, bevor er 2004 als Kriminalschriftsteller debütierte. Seitdem schrieb er sich mit seinen Romanen um den Polizisten William Wisting in die erste Liga der norwegischen Krimiautoren.  

Jørn Lier Horst, geboren 1970 in Bamble/Norwegen, war Kriminalhauptkommissar bei der norwegischen Polizei, bevor er 2004 als Kriminalschriftsteller debütierte. Seitdem schrieb er sich mit seinen Romanen um den Polizisten William Wisting in die erste Liga der norwegischen Krimiautoren.  

3


Sechs Stücke einer Tiefkühlpizza, die er am Vorabend aufgewärmt hatte, lagen unter einer Frischhaltefolie ganz unten im Kühlschrank. Wisting nahm drei davon heraus und legte sie auf einen Teller.

Während die Mikrowelle lief, stellte er sich ans Fenster und sah hinaus. Auf der Straße spielten ein paar Kinder mit einem Lenkbob.

In Lines Haus war alles dunkel. Sie war seit drei Tagen verreist und wollte am nächsten Tag nach Hause kommen. Sobald es aufhörte zu schneien, würde er hinübergehen und Schnee fegen, damit sie in ihre Einfahrt hineinfahren konnte.

Er nahm das Essen aus der Mikrowelle und ging ins Wohnzimmer. Im Haus war es leiser als sonst. Der Schnee dämpfte die Geräusche, die von draußen hereinkamen. Wisting schaltete das Radio ein, um dem Gefühl des Alleinseins zu entkommen.

Als er aufgegessen hatte, nahm er sein iPad hervor, um die Online-Ausgaben der Zeitungen zu lesen. Während er damit beschäftigt war, traf eine neue E-Mail von Michelle Norris ein, die Antwort auf seine Mail vorhin. Diesmal lautete die Betreffzeile: Regarding Astria.

Sie bedankte sich für die schnelle Rückmeldung und schrieb, dass sie vor der Kontaktaufnahme mithilfe von Google Translate die Überschriften der regionalen Presse gelesen habe. Dabei sei ihr aber nichts aufgefallen, was den Schluss zugelassen habe, dass ihrer Freundin etwas zugestoßen sei.

Allerdings möchte ich Ihnen ein paar weitere Informationen geben, die erklären, warum ich mir solche Sorgen mache, schrieb sie. Ich habe Astria über ein Internetforum kennengelernt, das sich mit der Aufklärung des Mordes an Ruby Thompson am 16. April im spanischen Sant Joan de Palamós beschäftigt. Ruby war meine Freundin. Die Distriktpolizei in Girona hat den Fall zwar untersucht, aber die Ermittlungen sind ohne Ergebnis geblieben. Vor drei Monaten habe ich eine Crowdsolving-Seite eingerichtet, auf der ich alle zugänglichen Informationen über den Mord an Ruby zusammenstelle. Über die sozialen Medien wollte ich diejenigen erreichen, die möglicherweise etwas über den Mord wissen, und mir außerdem die Erfahrung einzelner Personen zunutze machen. Über einhundert Menschen haben sich in dieser Angelegenheit engagiert, ein Kern von etwa zehn Personen ist besonders intensiv damit befasst, und Astria ist eine davon. Sie hat das umfangreiche Bildmaterial gesichtet und analysiert. In ihrem letzten Post in der Gruppe hat sie geschrieben, dass sie etwas Interessantes entdeckt habe, aber Zeit brauche, um eine Schlussfolgerung daraus zu ziehen.

Viele Beiträge im Ermittlungsforum sind anonym. In ihrem Nutzerprofil hat Astria angegeben, sie sei Norwegerin, 32 Jahre alt, ausgebildete Analytikerin und habe mit der Simulation von Produktionsprozessen in der Industrie zu tun. Durch ihre Posts ist deutlich geworden, dass sie allein lebt. Sie hat mal erwähnt, dass ihre Familie ein Ferienhaus in Palamós besitzt, wo sie zum Zeitpunkt von Rubys Ermordung ihren Osterurlaub verbracht hat. Als sie später nach Informationen über den Fall gesucht hat, ist sie auf das Forum gestoßen. Den Namen Astria hat sie vermutlich aus der griechischen Mythologie. Die Mailadresse realAstria@gmail.com, mit der sie sich angemeldet hat, lässt sich nirgendwo anders im Internet finden.

Michelle Norris hatte auch das Profilfoto angehängt, das Astria bei der Anmeldung im Ermittlungsforum verwendet hatte. Ein Mitglied des Forums hatte den Bildhintergrund analysiert und war zu dem Schluss gekommen, dass das Foto in Stavern geschossen worden war.

Zusammen mit dem Profilbild hatte Michelle als Dokumentation ein Straßenbild von Google Earth angehängt. Es zeigte Teile desselben Bildausschnitts, allerdings aus einem leicht veränderten Blickwinkel. Wisting erkannte die Stelle gleich wieder. Das Foto war am Hafen aufgenommen worden, an einem regnerischen Sommertag. Die Frau in der Bildmitte trug Shorts, Regenjacke, Gummistiefel und einen Südwester. Der dunkelgrüne Hut war so tief ins Gesicht gezogen, dass die Kamera die Augen nicht erfasst hatte.

Wisting fragte sich, wie sie herausgefunden hatten, dass das Foto in Stavern aufgenommen worden war, und inspizierte den Hintergrund. Der Steinturm auf Citadelløya war zwar ein Orientierungspunkt, allerdings nur für diejenigen, die in der Stadt lebten oder zu Besuch gewesen waren. Auf dem Fjord hinter Astria waren ein paar Segelboote zu erkennen, und die alte Passagierfähre, die im Sommer hinaus auf die Inseln fuhr, durchquerte gerade den Sund.

Mit zwei Fingern vergrößerte Wisting den Ausschnitt und entzifferte den Namen der Fähre vorn auf dem Steuerhaus. M/S Viksfjord. Er gab den Namen bei Google ein und erhielt eine lange Liste von Treffern, die alle auf Stavern verwiesen.

Michelle Norris schrieb, dass Astria natürlich nicht zwangsläufig in Stavern wohnen musste, auch wenn das Foto dort aufgenommen war. Abschließend erkundigte sie sich, ob Wisting womöglich weitere Untersuchungen anstellen könne.

Er las die E-Mail noch einmal. Einige Begriffe waren neu für ihn. Citizen detectives und Crowdsolving. Er hatte bisher nur von Crowdfunding gehört, bei dem sich mehrere Menschen zusammenschlossen, um ein bestimmtes Projekt zu finanzieren. Michelle Norris hatte etwas Ähnliches getan, indem sie ein Internetforum eingerichtet hatte, über das Amateurdetektive ihr bei der Aufklärung des Mordes an ihrer Freundin halfen. Dass es ihnen gelungen war, die Aufnahme in Stavern zu verorten, zeugte von einer gewissen Kompetenz.

Wisting fühlte sich an Fernsehsendungen erinnert, in denen ungelöste Kriminalfälle behandelt und Videos von Überwachungskameras gezeigt wurden. Unabhängig von der Qualität der Filmaufnahmen gab es immer jemanden, der sagen konnte, welcher Wagen in dem Filmausschnitt gefahren wurde, aus welchem Produktionsjahr er stammte oder welche Firma die Kleidung produziert hatte, die eine Person auf dem Bildschirm trug. Mitunter konnte sogar ein Zuschauer eine maskierte Person anhand typischer Bewegungen identifizieren.

Wisting ließ sich die neuen Informationen durch den Kopf gehen, sah allerdings keinen Grund zur Besorgnis. Norwegen war ein kleines Land, und über jeden Mord wurde in den überregionalen Medien berichtet. Eine Frau in den Dreißigern, die seit über einer Woche vermisst wurde, war für gewöhnlich eine willkommene Schlagzeile. Aber nirgendwo war etwas Derartiges berichtet worden.

Es gab nur wenige Anhaltspunkte, um Astrias eigentliche Identität aufzudecken. Vermutlich hätte es ihm geholfen, wenn die IP-Adresse ihres Computers beim Einloggen ins Diskussionsforum registriert worden wäre. Michelle hatte erwähnt, dass Astrias Familie ein Ferienhaus in Palamós besaß. Damit ließe sich vielleicht etwas anfangen.

Wisting begann eine Antwort zu schreiben. Sein Blick fiel auf die Mailadresse von Michelle Norris. Er war davon ausgegangen, dass sie Spanierin war, aber das passte nicht zur Länderkennung. Wisting googelte die internationale Vorwahl der Telefonnummer, die sie angegeben hatte, und stellte fest, dass Michelle Norris in Australien ansässig war.

Er schaute auf die Uhr. Dort drüben musste es jetzt mitten in der Nacht sein.

Er startete eine neue Suche, bei der er den Namen Ruby Thompson mit dem Namen der Stadt kombinierte, in der sie ermordet worden war. Die ersten Treffer verwiesen auf spanische Online-Zeitungen, aber es gab auch viele englischsprachige Artikel in australischen Medien.

Ruby Thompson war eine junge, zart gebaute Frau mit blondem Haar, rundem Gesicht und schönen blauen Augen gewesen. Sie stammte aus einer Stadt im Süden Australiens und hatte sich auf einer Urlaubsreise durch Europa befunden, als sie an einem Strand in Spanien ermordet aufgefunden wurde. Ein britischer Rucksacktourist, den sie unterwegs kennengelernt hatte, war verhaftet, aber nach drei Wochen Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Wisting las mehrere Artikel, fand jedoch keine weiterführenden Informationen. Palamós war eine kleine Küstenstadt am Mittelmeer, im nordöstlichen Spanien, etwa eine Stunde von der französischen Grenze entfernt.

Die Leiche der fünfundzwanzigjährigen Ruby Thompson war am frühen Morgen von ein paar Surfern gefunden worden. Sie war offenbar an Land gespült worden, und die erste Vermutung lautete, dass sie ertrunken war....

Erscheint lt. Verlag 27.7.2023
Reihe/Serie Wistings schwierigste Fälle
Wistings schwierigste Fälle
Übersetzer Andreas Brunstermann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amateurermittler • Arne Dahl • Crowdsolving • Hauptkommissar • Internetplatform • Jo Nesbø • Norwegen • Rucksacktouristin • Skandinavischer Krimi • TV-Serie • Unterhaltung • William Wisting
ISBN-10 3-492-60437-4 / 3492604374
ISBN-13 978-3-492-60437-6 / 9783492604376
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