Blaues Gold (eBook)
480 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-31073-8 (ISBN)
Der Milliardär Ethan Holloway steht kurz vor dem Ziel. Seine Firma Sharpwater hat vor der deutschen Ostseeküste die gigantische Förderplattform 'Greifswald' errichtet. Sie soll unter dem Meeresboden entdeckte Süßwasservorkommen erschließen. In Zeiten von Klimaerwärmung und Dürren könnten diese weltweit vorhandenen Aquifere die Lösung für eines der drängendsten Probleme der Menschheit darstellen. Doch die feierliche Eröffnung der Greifswald gerät zum Albtraum, als ein mysteriöser Unbekannter mithilfe einer Söldnertruppe die Plattform kapert. Sein Ultimatum: Das Trinkwasser muss vergemeinschaftet werden, andernfalls wird die Plattform mit allen darauf befindlichen prominenten Geiseln in die Luft gesprengt. Der Kampf ums blaue Gold beginnt!
Uwe Laub wurde 1971 geboren. Er arbeitete mehrere Jahre als Market Maker an der Deutschen Terminbörse sowie im Pharma-Außendienst, seit 2010 führt er sein eigenes Unternehmen. Seine Liebe gilt dem Schreiben. Für seine Wissenschafts-Thriller recherchiert er intensiv zu Themen der Ökologie und Umwelt. Laub lebt in München und Fort Myers, USA.
Prolog
Juli 2020
Mittelmeer, Malta, fünf Seemeilen
vor der Nordküste
Der Sturm erreichte die Hercules mit voller Wucht. Am Himmel fegte die schwarze Wolkenwand über das sechzehn Meter lange Arbeitsschiff hinweg, während trommelartiger Regen herniederging und auf das Deck und Steuerhaus prasselte. Schlagartig fiel die Temperatur und die Umgebung verdunkelte sich. Die hoch aufragenden Hotelburgen von Sliema und St. Julian’s an der Nordküste Maltas, ebenso wie die imposante Kuppel der Karmelitenkirche in Valletta, die Leonie Vargas noch vor wenigen Minuten am Horizont ausmachen konnte, verschwanden hinter einem dichten Regenvorhang. War der Seegang in der letzten Stunde schon grenzwertig gewesen, türmten sich die Wellen jetzt gefährlich auf. Ungestüm prallten sie gegen den Stahlrumpf der Hercules, wo sie zerbarsten und als Gischt vom pfeifenden Wind über das Deck geweht wurden. Das robuste Schiff mit dem drei Meter hohen Stahlbügel am Heck hob und senkte sich bald im Sekundentakt. Um einen einigermaßen festen Stand auf Deck bemüht, hatte Leonie sich mit beiden Füßen zwischen der Reling und der mächtigen Winde vor dem Stahlbügel eingeklemmt. Ihr Regenponcho bot kaum Schutz. Längst war sie klatschnass. Hätte sie dem Wetterbericht doch nur ebenso viel Aufmerksamkeit geschenkt wie der Kapitän der Hercules, der ihr vor dem Ablegen am frühen Morgen geraten hatte, geeignetes Ölzeug mitzunehmen. Stattdessen hatte Leonie in den strahlend blauen Himmel geschaut und lächelnd mit den Achseln gezuckt. Das hatte sie nun davon. Jetzt zitterte sie nicht nur vor Kälte, es fiel ihr auch zunehmend schwer, den wasserdichten, aufgeklappten Laptop in ihren Händen zu balancieren. Wahrscheinlich sah ihr der erfahrene Kapitän mit dem wettergegerbten Gesicht in diesem Augenblick vom trockenen Steuerhaus aus zu und grinste über die junge, eigensinnige Frau, die zwar einen Masterabschluss in Geomatics Engineering aufweisen konnte, dafür aber keine Ahnung vom Wetter auf See hatte.
Eine weitere Welle ließ den Rumpf der Hercules erzittern und wieder klatschte Gischt in Leonies Gesicht. Wasserschlieren auf dem Display des Laptops machten es mittlerweile unmöglich, die stetig eingehenden Messdaten abzulesen. Leonie fluchte. Sie hatte das Schiff für eine Woche gechartert und heute war der letzte Tag. Ihr Budget, das ihr vom GEOMAR-Institut für dieses Projekt zur Verfügung gestellt worden war, war bis auf den letzten Cent aufgebraucht. Sie konnte nicht einfach abbrechen und es morgen oder vielleicht übermorgen erneut versuchen. Jetzt oder nie, sagte sie sich und biss die Zähne zusammen.
Wasser tropfte von ihrer Nasenspitze, während sie sorgenvoll einen Blick auf das Schleppkabel warf, das von der Winde ausgehend über den mächtigen Bügel geführt wurde und einige Meter hinter dem Heck im aufgewühlten Meer verschwand. Am anderen Ende des Kabels, in rund dreißig Metern Tiefe und somit nur knapp über dem Meeresgrund, hing die Messsonde, die Daten über ein Verbindungskabel an Leonies Laptop übertrug. Die kreisrunde Sonde wog etwas weniger als dreißig Kilogramm, was für das Kabel unter normalen Umständen kein Problem darstellte. Sorgen bereitete Leonie allerdings das zunehmende Auf und Ab der Hercules. Die Wellen wurden höher, die Wellentäler tiefer. Sollte die Sonde gegen den Meeresgrund stoßen, würde sie verfälschte Daten senden. Nicht gänzlich auszuschließen war auch, dass sich die Sonde an einem Hindernis verfing, von denen es hier in diesem Seegebiet leider viel zu viele gab. Im Zweiten Weltkrieg war Malta einer der wichtigsten britischen Marinestützpunkte gewesen und somit ein strategisches Ziel der Achsenmächte Italien und Deutschland. Während einer Seeblockade zwischen 1940 und 1942 flogen deren Luftwaffen permanent Angriffe, mit dem Ergebnis, dass heute rund um Maltas Küsten unzählige Schiffs- und Flugzeugwracks auf dem Meeresgrund verrosteten. Für gewöhnlich erkannte das Echolot der Hercules derlei Hindernisse rechtzeitig, doch ob das auch bei diesem Wellengang zuverlässig funktionierte, konnte Leonie nicht abschätzen. Beim Gedanken an das Echolot fiel ihr Kaiden Farrugia ein. Er war Geomorphologe, arbeitete am Zentrum für Physikalische Ozeanografie der Universität Malta und war Leonie von GEOMAR als projektbegleitender Partner zur Seite gestellt worden. Wie er wohl in der kleinen Kabine unter Deck vor seinen Bildschirmen mit diesen Bedingungen zurechtkam? Sie arbeiteten erst seit zwei Wochen zusammen, und obwohl sie sich gut verstanden, kannten sie sich bislang nur oberflächlich. Soweit Leonie wusste, war auch Kaiden nicht gerade ein gestandener Seemann.
Eine Breitseite ließ die Hercules beängstigend weit nach Backbord kippen, bevor sie sich wieder aufrichtete. Leonie kämpfte mit dem Gleichgewicht. Der Kinnriemen ihres Schutzhelms schnitt in ihre Haut, doch um nichts in der Welt hätte sie auf ihn verzichten wollen. Schon bei normalem Seegang stieß sie sich an Bord dieses Schiffes ständig an. Kein Tag verging, an dem sie nicht mit einem neuen blauen Fleck an Armen, Oberschenkeln oder am Hintern in ihr Apartment kam. Heute würden garantiert noch welche dazukommen. Durch den heulenden Wind gedämpft, hörte sie jetzt jemanden rufen. Ein Mann kam über das schwankende Deck auf sie zu. Es war Kaiden. Er trug einen Regenponcho mit eng geschnürter Kapuze, doch auch sein Gesicht war klatschnass.
Erneut rief er ihr durch Wind und Regen etwas Unverständliches zu, während er Leonie gleichzeitig zu sich winkte.
»Was?«, entgegnete sie, so laut sie konnte. »Ich kann dich kaum hören.«
Er kam bis auf zwei Meter an sie heran, hielt sich mit beiden Händen am Stahlbügel fest und rief: »Der Kapitän sagt, du musst jetzt reinkommen. Es wird zu gefährlich. Wir brechen ab.«
»Ich brauche höchstens noch eine halbe Stunde. Sag ihm das.«
»Hab ich schon versucht. Er lässt nicht mit sich reden. Er meint, du hast zwar für sein Schiff bezahlt, aber sein Leben und das seiner Matrosen kannst du nicht kaufen.«
»Nur eine halbe Stunde. Mehr verlange ich nicht.«
»Keine Chance. Kapitän Ahab hat das Sagen. So ist das nun mal. Und ganz ehrlich, mir wird das hier auch zu wild.«
»Wir geben jetzt nicht auf. Nicht so kurz vor dem Ziel.«
Kaiden wischte sich nasse Strähnen aus dem Gesicht und grinste. »Wer sagt denn, dass wir unser Ziel nicht längst erreicht haben?«
»Wie meinst du das?«
»Du solltest dir die neuesten Daten auf meinem Rechner ansehen.« Sein Grinsen wurde breiter. »Ich sag nur: Jackpot.«
Leonie riss die Augen auf. »Verarschst du mich?«
Kaiden schüttelte den Kopf.
»Ist es tatsächlich das, was wir uns erhofft haben?«, hakte Leonie mit klopfendem Herzen nach.
»Das und noch viel mehr. Komm und sieh selbst.«
»Ist das ein Trick? Willst du mich nur von hier weglocken, damit wir abbrechen?«
Kaiden lachte. »Das würdest du mir zutrauen?«
»Um an Land zu kommen, würdest du mir im Augenblick vermutlich alles erzählen.«
Kaiden lachte lauter. »Niemals.«
Unweit von ihnen fuhr ein Blitz ins Wasser, kurz darauf grollte Donner. Leonie zuckte zusammen.
»Hol endlich die Sonde ein und schwing deinen Hintern unter Deck«, befahl Kaiden. Er drehte sich um und tapste über das schwankende Deck zurück zum Niedergang, der zur Kabine führte, wo er seine Computer und Monitore aufgebaut hatte.
Ein Gefühl von Euphorie durchströmte Leonie. Wind, Regen und Kälte waren mit einem Mal vergessen. Konnte es wahr sein? Hatten sie tatsächlich gefunden, wonach Leonie seit Monaten suchte? Hatten sie endlich einen Beweis für ihre Theorie? Falls ja, so war das nichts weniger als eine Sensation. Leonies Herz schlug schneller. Ihr Blick fiel auf das Schleppkabel, das hinter der Hercules im stürmischen Meer verschwand. Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. Sollte sie, bei aller Euphorie, die Sonde wirklich schon einholen? Sobald diese an Bord und gesichert war, würde der Kapitän unverzüglich den Kurs ändern und den Hafen von Valletta ansteuern. Doch was, wenn Kaiden sich irrte? Was, wenn die Messdaten nicht so eindeutige Ergebnisse lieferten, wie er das offenbar glaubte? In diesem Fall wäre alles umsonst gewesen. Das durfte Leonie nicht riskieren. Besser, sie prüfte die Daten mit eigenen Augen. Das Ganze würde nicht länger als zehn, vielleicht fünfzehn Minuten dauern. Das Risiko war überschaubar. Obwohl die Vorschriften besagten, dass bei herabgelassener Sonde jederzeit eine Person an der Winde stehen und den Kabellauf überwachen musste, presste Leonie ihren Laptop fest gegen ihren Körper und folgte Kaiden in dessen Kabine.
Tief im Bauch der Hercules spürte Leonie den Seegang zwar immer noch, aber nicht mehr ganz so unangenehm wie an Deck. Mit beiden Händen stützte sie sich auf dem am Boden festgeschraubten Holztisch ab, während ihr Blick zwischen Kaidens Monitoren hin- und hersprang. Sie brauchte nicht einmal fünf Minuten, um zu erkennen, dass ihr Kollege die Daten richtig analysiert und gedeutet hatte. Ungläubig starrte sie auf die Messdaten, Diagramme sowie die Abbildung der Sedimentschichten unterhalb des Meeresbodens, die bis in mehrere Hundert Meter Tiefe reichten. Sowohl Leonie als auch Kaiden trieften vor Nässe, doch keinem der beiden kam in den Sinn, sich mit einem der Handtücher abzutrocknen, die hinter ihnen an einer Hakenleiste hingen.
»Ich fass es nicht«, murmelte Leonie.
»Sag ich doch: Jackpot!« Freundschaftlich...
Erscheint lt. Verlag | 13.3.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2024 • Actionthriller • Aquifere • Dürre • dystopie fantasy • eBooks • Last Generation • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • Off-Shore • Ökoterrorismus • Ökothriller • Ostsee • Rohstoffvorkommen • Thriller • Trinkwasser • Wasserwirtschaft • Wissenschaftsthriller |
ISBN-10 | 3-641-31073-3 / 3641310733 |
ISBN-13 | 978-3-641-31073-8 / 9783641310738 |
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