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Professor Zamorra 1270 (eBook)

Unter Einfluss

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4643-4 (ISBN)

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Professor Zamorra 1270 - Michael Schauer
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Viele Jahrhunderte hatte sie geschlafen. Nun war sie erwacht, doch um sie herum war nichts als Dunkelheit. Ihr Körper schien völlig taub zu sein, sie fühlte nichts und war wie gelähmt. Dann wurde ihr bewusst, dass sie unter der Erde lag. Ihr Fleisch war verbrannt, nur die Knochen waren übrig - und ihr Geist. Doch die Befreiung war nahe, sie konnte es deutlich spüren. Sie brauchte Blut, und sie würde es bekommen ...


Unter Einfluss

von Michael Schauer

Viele Jahrhunderte hatte sie geschlafen. Nun war sie erwacht, doch um sie herum war nichts als Dunkelheit. Ihr Körper schien völlig taub zu sein, sie fühlte nichts und war wie gelähmt. Dann wurde ihr bewusst, dass sie unter der Erde lag. Ihr Fleisch war verbrannt, nur ihre Knochen waren übrig – und ihr Geist. Doch die Befreiung war nahe, sie konnte es deutlich spüren. Sie brauchte Blut, und sie würde es bekommen ...

   

Gallien, 52 v. Chr.

Der kühle Wind, der an diesem grauen, von Wolken verhangenen Morgen mit seinem lichten Haar spielte, war ein nur allzu deutlicher Vorbote des nahenden Herbstes. Julius Gaius Caesar fröstelte und zog seinen roten Mantel enger um sich. Auf der Stadtmauer von Alesia waren um diese frühe Tageszeit nur wenige Verteidiger unterwegs. Sie sprachen miteinander oder lehnten an der Brüstung und starrten ins Leere. Sicher grübelten sie darüber nach, ob sie einen Sieg erringen oder bald tot sein würden, vermutete Caesar. Angesichts ihrer Lage erschien ihm das mehr als naheliegend.

Eine aus vier Männern bestehende Gruppe hatte ihn offenbar erkannt, denn sie deuteten hektisch in seine Richtung und riefen ihren Kameraden etwas zu. Sie waren zu weit entfernt, als dass er ihre Worte hätte verstehen können, doch der Tonfall klang nicht gerade freundlich. Der Größte von ihnen zog sein Schwert und drohte damit in seine Richtung. Als auch die anderen ihn bemerkten, erhob sich ein wütendes Geschrei.

Dumme gallische Barbaren, dachte Caesar, wobei ein abschätziges Lächeln seine dünnen, blassen Lippen umspielte. Die Distanz war zu groß, als dass sie ihn mit einem Pfeil oder einem Speer hätten treffen können. Außerdem waren da die beiden Soldaten, die sich rechts und links neben ihm postiert hatten. Beim kleinsten Anzeichen einer Bedrohung würden sie sich mit ihren schweren Schilden vor ihren Feldherrn werfen. Was hier und jetzt aber nicht notwendig werden würde.

Beinahe zärtlich strich er über das hölzerne Geländer des Belagerungsturms. Roms Legionäre hatten den Ruf, Außergewöhnliches vollbringen zu können, doch mit ihren jüngsten Bauwerken hatten sie sich selbst übertroffen. Sechzigtausend Mann hatten in nur wenigen Tagen die fast elf Meilen lange innere Schanze aus Erdwällen, Gräben, Türmen und Zäunen errichtet, die Alesia praktisch vollkommen einschloss. Und das war nur die kleinere Glanztat.

Bis jetzt hatte Vercingetorix, der letzte verbliebene Anführer der Aufständischen, den römischen Angriffen standgehalten. Mehr noch, seinem Cousin Vercassivellaunus war mit seiner Kavallerie der Durchbruch durch ihre Reihen gelungen. Sie waren davongeritten, um Verstärkung zu holen. Caesar wusste, dass in diesem Moment zweihundertfünfzigtausend weitere gallische Krieger auf dem Weg nach Alesia waren.

Zusammen mit den achtzigtausend Eingeschlossenen hätten sie seinen Legionen durchaus gefährlich werden können, und das nicht nur wegen der zahlenmäßigen Überlegenheit. Zweifellos hatten sie vor, ihn von zwei Seiten anzugreifen. Also hatte er einen zweiten Schanzring bauen lassen, der den ersten umgab und sogar mehr als fünfzehn Meilen lang war. Seine Soldaten würden zwar trotzdem an beiden Fronten kämpfen müssen, sobald Vercingetorix' Entsatzheer eintraf. Doch die Ringe würden sie schützen.

Seine Feinde hatten keine Chance. Er war ihnen überlegen. Schon allein deshalb, weil er ein Römer war. Davon war er fest überzeugt.

Sein Blick fiel auf den breiten Streifen zwischen der Alesia umgebenden Mauer und seinem inneren Belagerungsring. Dort unten lagen die Leichen der Unglücklichen im Gras, die in den vergangenen Tagen elendig gestorben waren. Es waren Hunderte, wenn nicht Tausende, ausschließlich Frauen, Kinder, Alte und Kranke. Vercingetorix hatte sie aus der Siedlung gejagt, weil seine Vorräte rapide schwanden und er jedes Stück Brot, jeden Fetzen Fleisch und jeden Krug Bier für seine Krieger brauchte. Caesar hatte sich gefragt, ob sein Gegner geglaubt hatte, dass er diese Menschen durch seine Reihen ziehen lassen oder sie sogar aufnehmen und verpflegen würde.

Er hatte weder das eine noch das andere getan.

Die Stadtmauer hinter sich und die feindlichen Soldaten vor sich, waren einige von ihnen so verzweifelt gewesen, dass sie versucht hatten, der tödlichen Umklammerung zu entkommen. Halb wahnsinnig vor Hunger und Durst, waren sie auf die Legionäre zugestürmt, in der verrückten Hoffnung, sich an ihnen vorbeidrängen zu können. Die meisten hatten sich an deren scharfen Speeren selbst aufgespießt, die übrigen waren mit Schwertern niedergehauen worden.

Immer noch besser, als langsam zu krepieren, hatte Marcus Antonius, einer seiner fähigsten Kommandeure, die blutigen Szenen kommentiert.

Dem hatte Caesar nur zustimmen können. Marcus hatte eine bestechende Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Eine weitere von vielen Eigenschaften, die er an ihm schätzte.

Insgeheim musste er sich eingestehen, dass er erleichtert gewesen war, als die Schreie der Sterbenden endlich verstummten, und er fragte sich, was der Grund dafür sein mochte. Wurde er mit seinen achtundvierzig Jahren allmählich sentimental? Oder gar weich? Er schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Es gab noch genug Schlachten, die geschlagen werden mussten, da konnte er sich solche weibischen Gefühle nicht leisten.

Wortlos wandte er sich ab und ging zur Leiter, um ins Lager hinabzusteigen, gefolgt von den beiden Legionären. Heute Morgen wollte er in seinem Zelt an seinen Aufzeichnungen weiterarbeiten. Vom gallischen Krieg würde das Werk heißen und noch von seinen Siegen künden, wenn er längst diese Welt verlassen hatte.

Sein bislang größter Sieg stand kurz bevor. Alesia und damit Gallien würde fallen. Schon bald.

Heute.

Lily Bonnet drückte Noah Lefleurs Hand fester. »Komm schon«, flüsterte sie und beschleunigte ihre Schritte.

Noah erwiderte nichts, gehorchte ihr aber. Ein Lächeln stahl sich um Lilys Lippen, als sie über die nächtliche Ausgrabungsstätte von Alesia eilten. Der Himmel war wolkenlos, der fast volle Mond tauchte das Gelände in sein fahles Licht. Rechts von ihnen erhob sich die gewaltige, beinahe sieben Meter hohe Kupferstatue des gallischen Feldherrn Vercingetorix, der an diesem Ort vor über zweitausend Jahren seine bitterste und zugleich endgültige Niederlage erlitten hatte.

Als Geschichtsstudentin war Lily von der Statue und der Geschichte des Mannes fasziniert, und bei der Exkursion heute Mittag hatte sie kaum den Blick von der mächtigen Figur mit dem großen Schnauzbart und den fast schulterlangen Haaren abwenden können.

Doch jetzt hatte sie etwas anderes im Sinn. Etwas ganz anderes.

Noah war ihr aufgefallen, als sie mit den anderen Studenten aus ihrem Kurs durch die Überreste der alten Stadt geschlendert war. Er stammte aus Nancy, wie sie inzwischen wusste, und wie sie studierte er Geschichte und hielt sich im Rahmen eines von seiner Universität organisierten Ausflugs in Alesia auf. Sein kurzes, rabenschwarzes Haar war verstrubbelt und stand in allen Richtungen vom Kopf ab. Er war nicht besonders groß, hatte aber einen muskulösen Körper und ein fein geschnittenes Gesicht. Am meisten faszinierten sie seine wasserblauen Augen.

Lily war eine Frau, die sich nahm, was sie haben wollte. Und so hatte sie keinen Moment gezögert und ihn angesprochen, als er gerade die Überreste eines Theaters inspizierte. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren war er ein Jahr älter als sie, jedoch deutlich schüchterner. Während Lily keine Scheu hatte, auf fremde Menschen zuzugehen und sie anzusprechen, hatte er kaum ein Wort herausgebracht und sie nur angestarrt. Dafür hatte sie wie ein Wasserfall geredet.

Was nichts war, was Lily nicht gewohnt gewesen wäre. Bei ihrem Anblick waren schon viele Männer ins Stottern geraten. Für eine Frau war sie sehr groß, fast einsachtzig. Das braune Haar fiel ihr in Wellen bis über die schmalen Schultern. Die hohen Wangenknochen, die vollen Lippen und die nussbraunen Augen verliehen ihr ein überaus attraktives Aussehen, wobei die auffällig dichten Augenbrauen für eine besonders interessante Note sorgten. Wo sie auftauchte, zog sie die Blicke des anderen Geschlechts auf sich. Wer es wagte, sie nicht sofort zu beachten, der hatte von Vornherein bei ihr verspielt.

Nachdem sie sich Noah ausführlich vorgestellt hatte und er, verlegen stockend und mit leicht gerötetem Gesicht, ihr das Wichtigste über sich erzählt hatte – Alter, Wohnort, Studiengang –, war sie ganz nah an ihn herangetreten und hatte ihm ihre nächsten Worte ins Ohr geflüstert. Wobei sie sich darüber im Klaren gewesen war, dass dabei ihr Atem seine Haut streifte, was ihm mit Sicherheit die Knie weich werden ließ. So war es nämlich fast immer, und sie hatte diese Methode inzwischen perfektioniert.

»Ich würde dich gerne näher kennenlernen«, hatte sie gesagt, ganz frei heraus und unverblümt, wie es ihre Art war. »Wollen wir uns heute Abend treffen?«

Daraufhin hatte er erstmal Luft holen müssen....

Erscheint lt. Verlag 31.1.2023
Reihe/Serie Professor Zamorra
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-4643-9 / 3751746439
ISBN-13 978-3-7517-4643-4 / 9783751746434
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