TodesTreu (eBook)
324 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7546-8521-1 (ISBN)
Jörg Piesker lebt mit Frau und Hund Bambam an der Ostseeküste. Unterwegs in Wäldern und an der Küste entstehen die Ideen zu seinen Thrillern und Kriminalromanen. Unter dem Pseudonym Collin Spark schreibt er Liebesromane mit Krimispannung und erotische Liebesromane.
Jörg Piesker lebt mit Frau und Hund Bambam an der Ostseeküste. Unterwegs in Wäldern und an der Küste entstehen die Ideen zu seinen Thrillern und Kriminalromanen. Unter dem Pseudonym Collin Spark schreibt er Liebesromane mit Krimispannung und erotische Liebesromane.
Kapitel 4
Sonntage können grausam sein. Erst recht, wenn man am Abend zuvor eine riesige Dummheit begangen hat.
Melina hatte in der Nacht kaum geschlafen. Mehrfach war sie aufgestanden, unruhig umhergelaufen und hatte sinnloserweise andauernd auf ihr Smartphone gestarrt. Wer sollte ihr um drei Uhr morgens schreiben? Als sie um acht Uhr bemerkt hatte, dass Fynn nicht mehr neben ihr lag, war sie erschrocken aufgesprungen.
»Guten Morgen, Schatz.« Fynn, der am Küchentresen saß, blickte auf, bevor er an seiner Kaffeetasse nippte. Vor ihm lag eine aufgeschlagene Zeitung.
»Guten Morgen, Fynn.« Sie setzte sich ihm gegenüber, goss sich Kaffee ein und schwieg.
Fynn sah sie an. »Wie war der Mädelsabend?«
Sie antwortete nicht sofort.
Fynn hob die Augenbrauen. »Nicht so gut?«
»Eine Katastrophe.« Melina nippte noch mal eilig an dem Kaffee, dann sprudelte es aus ihr heraus. »Stell dir vor, da hat sich doch so eine Schlampe an unseren reservierten Tisch gesetzt.«
Fynn lächelte.
»Das war überhaupt nicht witzig. Diese Person ist eine Treuetesterin und hat scheinbar noch nie etwas von Anstand gehört.«
Fynn faltete die Zeitung langsam zusammen, legte beide Hände vor sich auf den Tisch und sah Melina interessiert an.
»Melina, ich hatte ja noch nie mit einer Treuetesterin zu tun. Aber wenn du in diesem Zusammenhang von Anstand redest, scheint mir das etwas weit hergeholt.«
Sie stutzte einen Augenblick und sah ihn dann empört an.
»Wie meinst du das jetzt? Willst du etwa behaupten, dass Treuetesterinnen tun und lassen können, was sie wollen?«
»Stopp! Stopp, Melina!« Fynn hob die Hände. »Bevor du mich hier gleich an den Marterpfahl stellst, solltest du mir erst einmal erklären, worum es genau geht.«
Er hatte recht. Melina hatte sich in Anbetracht dieses aufwühlenden Themas zu schnell in Rage bringen lassen. Weder hatte Fynn ihr Grund dazu gegeben, noch konnte er überhaupt wissen, was die Hintergründe waren.
»Davon abgesehen, Fynn, dass diese Person sich benommen hat, als würde ihr die Welt gehören, war der Gipfel des Abends, dass sie mit einem wildfremden Kerl in der Herrentoilette verschwunden ist.«
»Hm. Verstehe ich das richtig, dass die Treuetesterin ihrem Job nachging, indem sie einen Mann auf der Toilette verführt hat?«
»Vielleicht verstehst du jetzt meine Aufregung.« Melina hob rechthaberisch ihr Kinn.
»Durchaus. Ich war bislang der Auffassung, dass Treuetesterinnen nicht aktiv verführen dürfen.«
»Genau das ist der Punkt, der mich dermaßen aufregt. Rebecca hat gestern Abend sofort recherchiert und das Ergebnis war eindeutig. Diese Cassandra wendet Geschäftspraktiken an, die gegen jeden Kodex verstoßen.«
Melina atmete tief.
Fynn schüttelte den Kopf. »Cassandra heißt sie also. Aber ich verstehe das nicht. Was hat das für einen Sinn? Eine auf diese Weise herbeigeführte Verführung ist doch kein Beweis für Untreue.«
»Wie bitte?« Melina war aufgestanden, stemmte die Fäuste in die Hüften. »Willst du mir gerade erklären, dass es kein Beweis für Untreue ist, wenn der Mann darauf eingeht, weil die Frau aktiv verführt hat?«
Fynn bemerkte, dass das Gespräch eine bedrohliche Richtung nahm. Zum Thema ›Treue‹ hatten die beiden schon viele Gespräche geführt, die meistens in Missverständnissen und Streit gemündet waren. Ihm war überhaupt nicht danach, diesen Sonntag in solch einen vergifteten Brunnen plumpsen zu lassen. Er stand auf, ging auf Melina zu, wollte sie besänftigend in den Arm nehmen, doch sie wehrte ihn beleidigt ab.
»Vielleicht hat Cassandra ja doch recht gehabt. Vielleicht sind alle Kerle gleich. Ich habe dich noch in Schutz genommen, als sie behauptete, sie könne jeden haben.« Die Müdigkeit, die Gereiztheit und die Sinnlosigkeit ihrer unangebrachten Wut sorgten dafür, dass Tränen über Melinas Wangen liefen. Abermals ging Fynn auf sie zu. Diesmal ließ sie die Umarmung zu. »Es war so dumm von Rebecca. Sie hat sich auf eine Wette eingelassen.«
»Was meinst du damit?«
»Eigentlich hatte Cassandra zuerst mich bedrängt, die Wette anzunehmen.«
Fynns Augen wurden größer, während er Melina zuhörte.
»Es hat mich einfach total genervt, dass diese furchtbare Person den armen Mann bis in die Toilette verfolgt hat. Er hat sich noch dagegen gewehrt, doch Cassandra ist hemmungslos zur Tat geschritten.«
»Wow, wow. Moment mal!« Diesmal war es Fynn, der sich aus der Umarmung löste. Er setzte sich zurück an den Tresen. »Verstehe ich das richtig, dass du den beiden hinterhergegangen bist und sie beobachtet hast?«
»Nein … Ja.«
Melina hatte sich wieder einmal schrecklich unglücklich in Verlegenheit geredet. »Ich meine, ich war so wütend, dass ich ihr hinterhergegangen bin. Ich habe sie zwar nicht gesehen, aber konnte ihr Gespräch belauschen. Der Mann hat sie eindeutig abwehren wollen, doch sie hat ihm einfach die Hose geöffnet und …«
»Ich komme heute aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wieso um alles in der Welt gehst du einer fremden Frau und einem fremden Mann hinterher, wenn die beiden auf einer Toilette verschwinden?«
Fynns Empörung war berechtigt, jedoch hatte er offensichtlich noch immer nicht verstanden, worum es eigentlich ging. Zu Melinas Verzweiflung gesellte sich eine ziemliche Wut. »Verdammt noch mal, hör mir doch richtig zu. Verstehst du nicht, worum es geht? Dieser Kerl wollte Cassandra abwehren, doch sie hat ihren Willen mit allen Mitteln durchgesetzt. Mit verbotenen Mitteln hat sie den Mann verführt, nur um ein ›positives‹ Ermittlungsergebnis verkaufen zu können.« Das Wort ›positiv‹ untermalte sie mit Gänsefüßchen, die sie mit den Fingern in die Luft malte.
»Da kommen wir wieder zu meiner Frage. Was hat das alles für einen Sinn? Und genau das ist es, was ich vorhin meinte. Nicht dass ich den Mann freisprechen will, aber eine auf diese Art und Weise herbeigeführte Verführung bezeichne ich nicht als Beweis.« Jedes Lächeln hatte sich aus Fynns Gesicht verzogen. Er starrte Melina an.
Ihr wurde übel. Sie vertrug ohnehin keinen Alkohol. Die zwei am Abend trotzig gekippten Gläser wirkten übel nach.
Fynn stand auf, goss frisches Wasser ein und stellte das Glas vor sie. »Du solltest etwas essen. Ich mache dir schnell ein Rührei.«
Obwohl ihr in keiner Weise danach zumute war, wollte sie seine Bemühungen nicht ablehnen. Zudem würde eine Gesprächspause die Atmosphäre wieder etwas beruhigen.
Es schmeckte nicht nur gut, es tat auch erstaunlich gut. Mit geschickten Handgriffen hatte Fynn ein frisches Ei verrührt und gebraten und es mit einem Salatblatt sowie einer geviertelten Tomate und etwas Schnittlauch serviert. Dazu gab es frisch gebackenes Baguette, das einen herrlichen Duft verbreitete. Melina schnitt sich zwei dicke, warme Scheiben davon ab und bestrich sie mit Butter, die gemächlich schmolz. Mit einem Löffel gab sie ein wenig Honig darauf. Der Duft des Brotes und der Butter ließen das Wasser in ihrem Mund zusammenlaufen. Bei ihrem ersten Bissen spürte sie ihren wahren Hunger und biss so gierig ab, dass Krümel der Kruste herunterfielen. Fynn war ein Schatz, der in jeder Situation genau wusste, was ihr guttat. Wahrscheinlich war genau das der Grund, der Melina ausflippen ließ, wenn – und sei es auch nur in Gedanken – eine andere Frau sich ihm näherte.
»Das ist gut, danke, Schatz.«
Während Melina sich stärkte, war Fynn bemüht, alle Informationen für sich zu sortieren. Melinas Abneigung gegen diese Cassandra konnte er vollständig nachvollziehen. Wichtiger schien ihm aber eher die Frage, inwieweit ein Fremdgehen bewiesen war, wenn eine Treuetesterin den Seitensprung aktiv herbeigeführt hatte. Er wusste, dieses Thema war noch lange nicht ausdiskutiert. Am wichtigsten schien ihm jedoch die beiläufig gefallene Information, dass Rebecca eine Wette um Yanniks Treue eingegangen war.
Fynn kannte Yannik seit Jahren. Die beiden arbeiteten in derselben Firma. Zwar in anderen Abteilungen – Yannik im kaufmännischen Bereich, Fynn im technischen –, dennoch waren sie Kollegen. Und mehr noch: Bei den mehr oder weniger regelmäßigen Treffen der Paare kamen sie immer wieder auch auf die Firma zu sprechen. Fynn mochte Yannik und konnte unmöglich zulassen, dass dieser ohne Vorwarnung mit einer Treuetesterin konfrontiert wurde. Egal, wie das Ergebnis ausfallen würde. Es würde herauskommen, dass Fynn davon gewusst hatte, und das könnte in der Firma auf ihn zurückfallen. Die Männer hatten zwar nicht allzu viel miteinander zu tun, jedoch würde das einen tiefen Kratzer in der Bekanntschaft bedeuten.
»Melina, ich fühle mich erbärmlich mit diesem Wissen.« Er stand auf und ging grübelnd in der Küche umher. »Ich meine, ich sehe Yannik zwei- oder dreimal in der Woche. Es ist nicht so, dass wir die dicksten Freunde sind, aber ich komme mir dabei lausig vor, wenn ich weiß, dass eine halbseidene...
Erscheint lt. Verlag | 29.9.2022 |
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Reihe/Serie | Erdinger und Wohlnagel |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Lüge • Spannung • Thriller |
ISBN-10 | 3-7546-8521-X / 375468521X |
ISBN-13 | 978-3-7546-8521-1 / 9783754685211 |
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