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Oros anamgos im Eiswald (eBook)

Rodiwana, Band 5
eBook Download: EPUB
2022 | 2. Auflage
262 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-8786-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Oros anamgos im Eiswald -  Bente Amlandt
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Rodiwana, Band 5 Die Chronistin Lissje, die sich fern Rodiwanas in der Zukunft auf einer Raumstation befindet, wird unruhig, weil ihr ein Missgeschick passiert ist. Man sollte kein Mondfest feiern, wenn man gerade ein magisches Objekt in der Hand hält! Kann sie ihren Fehler ausbügeln oder war es gar keiner? Die Gefahren scheinen nach dem schrecklichen Winter für Familie Fjordt sogar noch zuzunehmen. Doch wer ist Freund und wer ist Feind? / Fortsetzung von "Im Reich des Eisriesen Unlivasts", Roman mit Fantasy- und SF-Elementen für Erwachsene und Jugendliche, illustriert von der Autorin.

Bente Amlandt ist eine Künstlerin und Autorin aus Schleswig-Holstein. Sie stammt aus der Nähe von Kiel, hat Germanistik, Romanistik und Kunst studiert und in Norddeutschland sowie in Südamerika gearbeitet. Bente Amlandt ist als Autorin und Illustratorin in Lübeck und in Wismar tätig. Die Autorin hat ein Faible für Landschaftsfotografie, surreale Kunst und mittelalterliche Städte. Seit Dezember 2021 erscheint ihre Rodiwana-Reihe bei BoD als Taschenbuchreihe und in gebundenen Ausgaben, die je zwei Taschenbücher beinhalten.

1. Aus der Ferne: Der Wechseldämon


Ich schwebe über Tannen durch einen hellgrauen Himmel, der schwer wie Blei an mir zieht. Nun sehe ich, wie der unberechenbare Nordstrom einige Eisschollen vom Ufer abbricht und sie in Richtung Meer spült. Die kalte Wildnis, in der ich lande, jagt mir Angst ein. Was soll ich hier? Habe ich mir dieses Ziel gewünscht? Auf welchem Foto bin ich? In welcher Zeit und in welcher Lebensgeschichte meiner Vorfahren werde ich heute herumgeistern? Nur eins steht fest: Ich befinde mich im Eiswald, besser gesagt: am Rande des Eiswalds, zwischen der schneebedeckten hügeligen Ebene und den nicht enden wollenden Wipfeln der meterhohen Tannen. Sie bewegen sich im Wind wie Zähne, die auf ewig in den Himmel beißen. Zu Recht hat Tamme Lundtberg damals nach Bjarnes und Jolanthes Tod beschlossen, dass hier kein Mensch etwas zu suchen hat. Ein Schauer läuft mir über den Rücken beim Gedanken daran, wer hier schon alles gestorben ist.

Eine Eule ruft. Es hört sich nicht echt an, sondern eher so, als würde ein Mensch diesen Eulenruf nachahmen. Ich vermute, dass ich träume und dass ich mich erneut in einem Theaterstück mit Stemio befinde. So war es im letzten Traum. Stemio hat wohl den Part der Eule übernommen. Ich kann aber leider nicht genau verstehen, was er nun sagt.

Meine Güte, kann er nicht deutlicher sprechen? Ich möchte weggehen, fortfliegen. Hier jagt mir alles Angst ein. Es ist wie in einem der Schauermärchen Isobalds oder wie in dieser Sage, in der er sich mit einem Jagjarufell vor einem Wechseldämon schützt. So etwas Verrücktes! Ich will zurück oder zumindest nach Unlivast. In jeder Gasse des Muscheltaucherviertels ist es weniger furchteinflößend als hier! … „Das magische Fell“, jetzt fällt es mir wieder ein! So hieß die Sage. … und wie sehr hat Lambert Bentzander sich darüber aufgeregt! … Bitte Aureus, lieber guter Sonnengott, lass mich erneut zu Finn und Solveig schweben! Lass mich hier nicht in der Eiseskälte vor dem gruseligen Eiswald stehen! … Diese alte Fell-Sage fand ich schon immer unheimlich. Nichts wie fort von hier, bevor der schreckliche Hans kommt, dem die Monster aus dem Rücken schießen!

Da ist er ja: Isobald Eismann! Wie aus dem Nichts steht er vor mir. Ich kann sogar die großen Poren auf seiner linken Wange sehen und frage mich, ob er dort einmal einen Hautauschlag gehabt hat. Zum Laroca: Er erwidert meinen Blick. Bin ich denn nicht Luft für ihn? Jetzt wird er klein.

Ein kleiner Junge steht vor mir. Das Fell hängt riesig über seinen Schultern. Er glaubt wohl, seinen Augen nicht zu trauen. In dem Moment, als ich mich umdrehen will, spüre ich, dass meine Füße mit dem Boden verwachsen sind. Ich versuche, mich loszureißen, doch es gelingt mir nicht. Isobald schreit. Er fürchtet sich vor mir und versteckt sich unter seinem Jagjarufell. Als ich ihm helfen will, sehe ich, dass ich riesige Klauen habe. Was ist das? … hinter mir sind Schlangen. Nein, sie kommen aus meinem Rücken! Immer noch schreit Isobald. Ich warte darauf, dass Stemio mir eine Anweisung gibt, dass jemand klatscht oder lacht. Aber alles, was passiert, ist, dass es noch dunkler wird und dass meine Beine sich anfühlen wie zwei Felsen, nein, wie EIN Felsen. Die Nacht fällt über mich. Mir wird eiskalt. Bevor ich den Kontakt zu diesem Moment verliere, weiß ich, dass ich Hans bin, dass ich der Wechseldämon bin und jetzt der Dämonenstein.

Es ist aus. Kalt und leer reise ich zurück in der Hoffnung, dass niemand dies mitbekommen hat. …

So war es. „Der Wechseldämon wird zu Stein!“, höre ich jetzt die Eule rufen. Meine Güte, ich bin noch immer ganz benommen. Was soll ich nur tun? Habe ich wirklich meine Fußabdrücke in der Vergangenheit hinterlassen? Bin ich tatsächlich in Stemios Werwolfkostüm ins Nordland der Vorzeit gereist und habe dort Isobald Eismann getroffen? Habe ich ihn darin bestärkt, dass es Dämonen gibt? Das ist doch verrückt! Demnach habe ich auch Lambert Bentzander in den Wahnsinn getrieben? Aber wie um alles auf ganz Pagus konnte es passieren, dass ich bei meiner inneren Zeitreise auch körperlich anwesend war? … Ich liege im Halbschlaf. Das, was ich für meine Koje gehalten hatte, entpuppt sich als ein fremdes Bett. Noch einmal blinzle ich. Dann höre ich jemanden sagen: „Wir lassen sie noch drei Tage hier. Dann brauchen wir das Bett.“

Am nächsten Tag

Stemio sieht mich erstaunt an. Was hat er nur? Hinter ihm erblicke ich eine weiße Wand und eine Lampe. Ich bin auf der Krankenstation. Alles ist besser als Laroca, denke ich. Dort haben sie vermutlich nicht einmal eine Krankenstation. Auf Laroca ist es aus, wenn man sich beim Steineschürfen verletzt hat oder so dämlich hingefallen ist wie ich beim letzten Mondfest. Dabei ist das doch schon einige Tage her. Ich erwidere Stemios Blick. Er sieht mich an, als wäre ich eine Außerirdische. Vermutlich steht er mal wieder unter Tabletteneinfluss. Er sollte sich ins Nachbarbett legen. Ich versuche, hinter ihn zu sehen, doch da ist kein Bett, da ist nichts, nur eine weiße Wand.

„Lissje, wie geht es dir?“, fragt er mich. „Kannst du mich hören? … Weißt du, wo du bist?“

„Ja.“, erwidere ich leise. „Was ist passiert?“

„Dein Kopf! Die Wunde musste doch genäht werden. Dein Verband hat nicht ausgereicht.“

Er spricht stockend, wie so oft. Dann hält er eine kleine Puppe hoch. „Hier, die habe ich dir mitgebracht. Das ist doch dein Talisman, oder?“ Er legt die Puppe neben mich.

Jetzt dreht sich mir alles. Ich konzentriere mich auf Stemios Nase, dann auf seine Augen. Mühsam setze ich mich auf und höre ihm zu.

„Elwira war bis eben hier. Sie war die ganze Nacht über hier. Jetzt muss sie arbeiten. Du hast uns vielleicht einen Schrecken eingejagt! Wenn ich nicht in deine Koje gekommen wäre, um dich abzuholen, dann…, wer weiß…?“

Während er seinen unfertigen Satz wie eine Frage in der Luft hängen lässt, wird mir bewusst, dass er mich nach meiner letzten inneren Zeitreise auf meinem Bett in meiner Koje gefunden haben muss. Vermutlich war ich gerade zurückgekehrt. Ob ich schlimm ausgesehen habe? Zumindest muss die Kopfwunde wieder aufgegangen sein.

„Überall war Blut.“, erklärt Stemio mir nun, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Und du hast kaum noch geatmet. Du hast halluziniert, Lissje! Es hat sich so angehört, als würdest du in einer altnordischen Sprache sprechen. Aber vermutlich bilde ich mir das auch ein. Es war ja noch früh am Morgen und meine Nacht war mal wieder viel zu kurz, wenn du weißt, was ich meine… “

Ich nicke. Dabei wird mir bewusst, dass ich das meiner Kopfwunde zuliebe lieber nicht tun sollte.

Ich bin froh, dass Stemio mich überhaupt angetroffen hat. Denn seit der Begegnung mit Isobald Eismann vermute ich, dass ich unter besonderen Umständen nicht nur mit meinem Geist - oder als Geist -, sondern auch mit meinem Körper in der Vergangenheit landen kann.

Nachdem ich mich mehrfach geräuspert habe, als wollte ich zu einer größeren Rede ansetzen, starre ich auf die weiße Bettdecke und spüre, wie Stemio mich mustert. Es ist ungewöhnlich für ihn, dass er nicht ununterbrochen redet. Nun will ich über meine Stirn streichen, doch ich komme nicht weit, weil mich rechts etwas festhält: dabei handelt es sich um die Nadel und den Schlauch einer Infusion. Der halbleere Beutel schaukelt rechts über meinem Bett wie der Kopf eines Pelikans, der so gar nicht mit meinen Bewegungen einverstanden ist. Jetzt versuche ich, mit der linken Hand nach dem Kopfverband zu tasten, doch Stemio hält meinen Arm fest und meint: „Lass das lieber! Es ist genäht worden. Ich wusste gar nicht, wie schlimm es ist.“

Er wackelt mit dem Stuhl und flüstert: „Wenn du willst, dann ziehe ich dir die Infusion raus und dann hauen wir ab. Meinst du, du kannst gehen?“

„Nein.“, sage ich. „Ich glaube, das ist keine gute Idee. Mir ist schwindelig.“ „Verstehe. In Ordnung. Und du willst wirklich nicht, dass ich die Infusion rausziehe? Ich meine …, wer weiß, was die dir da einflößen und …“

„Nein!“, sage ich plötzlich so laut und genervt, dass er sofort verstummt. Erneut blickt Stemio zur Tür. Er reibt seine Hände aneinander, dann befühlt er mit den Fingern seiner rechten Hand die Fingerkuppen seiner linken. Sein Verfolgungswahn wird immer schlimmer, denke ich.

Plötzlich greift er in seine Umhängetasche, die ich erst jetzt an der Stuhllehne wahrnehme.

„Lissje, sag mal: Was hat es hiermit auf sich?“

Zu meiner großen Verwunderung zeigt Stemio mir einige meiner Fotos. Darauf sind Finn, Solveig, Emma und Ben abgebildet. In der Mitte des einen Fotos erkenne ich auch die Puppe mit dem Elfenbeingesicht auf Emmas Schoß. Stemio blickt zur Miniaturausgabe dieser Puppe, die er mir kurz zuvor überreicht hat und die nun neben mir liegt.

„Das auf dem Foto, das ist diese Puppe, nicht wahr? Du…, du hast sie dir mit...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2022
Reihe/Serie RODIWANA
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte Ausgrenzung • Existenzangst, Ausgrenzung, Einsamkeit - Depression • Existenzangst, Ausgrenzung, Einsamkeit, Depression • Familie • Familie, Chronik, Familiengeschichte, Zeitreisen, Teleportation • fremd, Fremde, Angst, Vorurteile, Diskriminierung, Ausländer • Liebe • Magie • Magie, Dschungel, Ureinwohner • Magie, Dschungel, Ureinwohner, Heilmittel • Vorurteile versus Fremdverstehen und Frieden • Zeitreisen • Zeitreisen, Raumschiff • Zusammenhalt in der Familie, Liebe • Zusammenhalt in der Familie, Liebe, Sehnsucht, Sehnsucht nach dem Jugendfreund
ISBN-10 3-7562-8786-6 / 3756287866
ISBN-13 978-3-7562-8786-4 / 9783756287864
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