A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia (eBook)
512 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46294-2 (ISBN)
Roseanne A. Brown wurde in Kumasi, Ghana, geboren und wanderte als Kind nach Maryland aus. Das Schreiben war ihre erste Liebe, und sie wusste von klein auf, dass sie die Kraft des Schreibens nutzen wollte, um die verschiedenen Kulturen, die sie ihr Zuhause nennt, zu verbinden. Ihr Debütroman »A Song of Wraiths and Ruin« war auf Anhieb ein New York Times-Bestseller, ein Indie-Bestseller und wurde mit sechs Sternen ausgezeichnet. Sie arbeitet unter anderem mit Marvel, Star Wars und Disney zusammen. Rosie lebt derzeit außerhalb von Washington D.C., wo sie in ihrer Freizeit meist in den Wäldern wandert, Memes erstellt oder über Star Wars nachdenkt.
Roseanne A. Brown wurde in Kumasi, Ghana, geboren und wanderte als Kind nach Maryland aus. Das Schreiben war ihre erste Liebe, und sie wusste von klein auf, dass sie die Kraft des Schreibens nutzen wollte, um die verschiedenen Kulturen, die sie ihr Zuhause nennt, zu verbinden. Ihr Debütroman »A Song of Wraiths and Ruin« war auf Anhieb ein New York Times-Bestseller, ein Indie-Bestseller und wurde mit sechs Sternen ausgezeichnet. Sie arbeitet unter anderem mit Marvel, Star Wars und Disney zusammen. Rosie lebt derzeit außerhalb von Washington D.C., wo sie in ihrer Freizeit meist in den Wäldern wandert, Memes erstellt oder über Star Wars nachdenkt.
1
Malik
»Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch – hier beginnt gleich eine Geschichte!«
Der Singsang der Griotte strich durch die sengend heiße Wüstenluft, vorbei an den Eselgehegen und edelsteingeschmückten Wohnanhängern der Zeltsiedlung vor dem Westtor des Stadtstaates Ziran. Instinktiv reagierte Malik auf den Ruf und wandte sich in die Richtung, aus der die Stimme der Geschichtenerzählerin kam. Unwillkürlich umklammerte er den Tragegurt der Umhängetasche über seiner Schulter fester.
Die Griotte war eine untersetzte Frau, fast einen ganzen Kopf kleiner als Malik, und ihr Mund dehnte sich zu einem zähneentblößenden Grinsen. Jeder Zoll ihrer dunkelbraunen Haut war mit wirbelnden, knochenweißen Tätowierungen verziert und voller Symbole, die Malik nicht verstand.
»Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch – hier beginnt gleich eine Geschichte!«
Nun wurde der Ruf vom stetigen Rhythmus einer Djembé-Trommel untermalt, und binnen weniger Minuten hatte sich eine beachtliche Menschentraube bei dem Baobab versammelt, unter dem sie stand. Es war die perfekte Zeit für eine Geschichte – diese Stunde, in der die Abenddämmerung in die Nacht überging und das letzte schwache Sonnenlicht den Himmel noch erhellte, während die Welt darunter schon in Dunkelheit getaucht war. Die Zuhörer setzten sich auf umgedrehte Kisten und zwischen abgenutzte Karren und blickten alle paar Minuten suchend zum Himmel hinauf, obwohl Bahias Komet erst in ein paar Stunden erscheinen und den Beginn des Solstasia-Festes ankündigen würde.
Die Griotte rief ein drittes Mal, und Malik ging einen weiteren Schritt auf sie zu, dann noch einen. Als die Zirani seine Heimat im Eshran-Gebirge erobert und besetzt hatten, waren die Griots die Ersten gewesen, die gegangen waren. Doch die wenigen Verbliebenen hatten einen tiefen Eindruck in Maliks Seele hinterlassen. Einem Griot oder einer Griotte zuzuhören war, als würde man eine neue Welt betreten. Eine Welt, in der Helden durch den Himmel tanzten und Geister ihnen folgten. Eine Welt, in der Gottheiten mit einer einzigen beiläufigen Bewegung ganze Berge schufen. Maliks Körper schien sich von allein in Bewegung zu setzen, gefangen im hypnotischen Lockruf der Frauenstimme.
Zwei Monate lang waren seine Schwestern und er durch die Wüste Odjubai gereist. Ihre einzige Gesellschaft waren das Knarren des falschen Karrenbodens, unter dem sie sich versteckten, der Wind, der durch die Dünen heulte, und das leise Wimmern der anderen Geflüchteten gewesen. Was konnte es schon schaden, sich eine einzige Geschichte anzuhören und nur einen Moment lang zu vergessen, dass sie kein Zuhause mehr hatten, zu dem sie zurückkehren konnten, und kein …
»Malik, pass auf!«
Eine kräftige Hand packte ihn am Kragen, und er stolperte zurück. Den Bruchteil einer Sekunde später landete ein ledriger Fuß von der Größe einer kleinen Kuh stampfend auf der Stelle, an der er gerade noch gestanden hatte. Ein Schatten schob sich über Maliks Gesicht, während der Chipekwe vorüberschlenderte und bei jedem donnernden Schritt Sand und Kiesel aufwirbelte.
Als Kind hatte Malik Geschichten über Chipekwes gehört, aber keine der Erzählungen hatte die gigantische Größe dieser Kreaturen einfangen können. Sie jagten Elefanten in der Savanne, und mit ihrem gepanzerten Kopf hätten sie mit Leichtigkeit das Dach des alten Hofhauses seiner Familie durchbrechen können. Das spitze Horn, das ihnen aus der Nase spross, war fast so groß wie Malik selbst.
»Willst du dich umbringen?«, fauchte Leila, nachdem der Schatten des Chipekwes vorübergezogen war. Über ihre schiefe Nase hinweg funkelte seine ältere Schwester ihn an. »Pass auf, wohin du gehst!«
Die Wirklichkeit sickerte zurück in Maliks Körper wie ein Tropfen aus einem rostigen Wasserhahn, und allmählich wurde der Ruf zur Geschichte von den Stimmen der Wagenfahrer übertönt, die ihren Tieren Befehle zubrüllten. Von den Melodien der Musizierenden, die ihr Publikum mit Sagen von vergangenen Solstasia-Festen unterhielten, und von den anderen Klängen der Zeltsiedlung. Ein paar Leute waren stehen geblieben, um diesen Trottel anzustarren, der sich fast zu Tode hätte trampeln lassen, und das Gewicht ihrer Blicke ließ Malik die Hitze ins Gesicht steigen. Er drehte an seinem zerschlissenen Tragegurt herum, bis ihm das Leder in die Handfläche schnitt. Schatten huschten am Rand seines Blickfelds umher, und er drückte die Augen so fest zu, dass es wehtat.
»Tut mir leid«, murmelte er.
Ein kleiner Kopf, umgeben von einer Wolke fröhlicher, springender dunkler Locken, tauchte hinter Leila auf. »Hast du das gesehen?«, rief Nadia. Seiner jüngeren Schwester stand vor Staunen der Mund offen. »Der war … mindestens eine Million Fuß hoch! Ob der wegen Solstasia hier ist? Kann ich ihn mal anfassen?«
»Er ist sehr wahrscheinlich wegen Solstasia hier, weil jeder wegen Solstasia hier ist«, gab Leila zurück. »Und du fasst hier gar nichts an.« Sie wandte sich wieder an Malik. »Gerade du solltest es eigentlich besser wissen, als einfach so davonzuschlendern.«
Malik umklammerte seinen Tragegurt noch fester. Es hatte keinen Sinn, seiner großen Schwester erklären zu wollen, welche Macht ein Ruf zu einer Geschichte auf ihn hatte. Er neigte zu Tagträumereien und zum Umherschlendern, Leila dagegen bevorzugte Logik und Planung. Sie sahen die Welt unterschiedlich, in mehr als einer Hinsicht.
»Tut mir leid«, wiederholte Malik, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Er sah auf den Sonnenbrand auf der Oberseite seiner in Sandalen steckenden Füße. Sie waren voller Blasen nach der langen Reise in Schuhen, die für so etwas nicht gedacht waren.
»Heiliger Patuo, gib mir Kraft. Auf euch beide aufzupassen ist, als müsste man einen Sack Flöhe hüten.« Malik zuckte zurück. Leila musste wirklich wütend sein, sonst hätte sie ihren Schutzgott nicht in die Angelegenheit verwickelt.
Sie streckte Malik die linke Hand hin. Auf der Handfläche prangte das Symbol, das ihre Mondausrichtung zeigte.
»Na komm. Gehen wir lieber, bevor sich noch ein Elefant auf dich setzt.«
Nadia kicherte, und Malik ärgerte sich über die Stichelei, trotzdem nahm er gehorsam Leilas Hand. Die andere bot er Nadia an, die ohne Zögern zugriff.
Niemand achtete auf Malik und seine Schwestern, als sie sich einen Weg durch die Zelte der Tausenden von Menschen bahnten, die für Solstasia von überallher nach Ziran gekommen waren. In der Siedlung vor der Stadt gab es Hunderte von Geflüchteten, und jeden Tag kamen Dutzende von ihnen dazu. Drei weitere – jung und unbeaufsichtigt, wie sie waren – machten da kaum einen Unterschied.
»Solstasia afeshiya! Solstasia afeshiya!«
Die Worte erklangen von überall und nirgends, ein Ruf zum Fest in einer Sprache, die älter war als Ziran selbst. In ein paar Stunden würde Bahias Komet – benannt nach der ersten Sultanin Zirans – am Himmel erscheinen und eine ganze Woche zu sehen sein. Damit würde er das Ende dieses Zeitalters kennzeichnen und gleichzeitig ein neues einläuten. Während dieser Woche veranstalteten die Zirani ein Fest, das als Solstasia bekannt war. Sieben Champions – um die sieben Schutzgottheiten zu repräsentieren – würden sich je drei Herausforderungen stellen. Der Gewinner würde zeigen, welche Gottheit über das kommende Zeitalter herrschen sollte.
»Stellt euch vor, jeder Karneval und jedes Maskenfest und jede Feier auf der ganzen Welt würden alle gleichzeitig stattfinden.« So hatte Nana es ihnen einmal beschrieben, und obwohl sich seine Großmutter in einem Lager Hunderte von Meilen entfernt befand, konnte Malik fast die Wärme ihrer runzeligen braunen Hände auf seinen Wangen spüren, die dunklen Augen erfüllt von einer Weisheit, die er sich kaum vorstellen konnte. »Sogar das wäre nichts im Vergleich zu einer einzigen Stunde von Solstasia.«
Obwohl Leila nicht einmal sonderlich schnell lief, dauerte es nur wenige Minuten, bis Malik der Schweiß über den Rücken rann und sein Atem in kurzen, schmerzhaften Stößen kam. Die Reise hatte seinen ohnehin schon schwachen Körper noch weiter ausgezehrt, bis er kaum mehr als eine Hülle seiner selbst war. Nun begannen violette und grüne Punkte bei jedem Schritt vor Maliks Augen zu tanzen, während die erbarmungslose Wüstensonne auf ihn niederbrannte.
Sie steuerten sechs identische Holzplattformen auf einem großen freien Platz an, auf dem die Behörden der Zirani die in die Stadt strömenden Menschen überprüften. Jede Plattform war doppelt so groß wie ein Wohnanhänger. Reisende, Kaufleute und Geflüchtete versuchten, den Kontrollpunkt zu passieren und dabei so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen.
»Händler sowie Gruppen von fünf oder mehr Personen nach rechts! Einzelpersonen sowie Gruppen von vier oder weniger Personen nach links«, rief einer der Amtsleute. Zwar sah Malik einige Soldaten der Zirani in silber-braunen Uniformen, Sentinels entdeckte er jedoch nirgends. Gut – das Fehlen der wachhabenden Elitekrieger Zirans war stets ein Grund zur Freude.
Malik hob den Blick zu dem vor ihm aufragenden Gebilde. Anders als beim Chipekwe hatten die alten Geschichten nicht untertrieben, was die Größe Zirans betraf. Die Außenmauer erstreckte sich, so weit das Auge reichte, und verblasste am Horizont zu einer schillernden Luftspiegelung. Siebenstöckige, uralte Gebäude aus Sandstein und Lehmziegeln erhoben sich über die Siedlung, und das Westtor bildete eine dunkelbraune, hufeisenförmige Abweichung im roten Stein.
Straßenhändler, die Kapital aus der hier versammelten Menge schlagen wollten, hatten ihre Stände entlang des Pfads zur...
Erscheint lt. Verlag | 1.4.2022 |
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Reihe/Serie | Das Reich von Sonande | Das Reich von Sonande |
Übersetzer | Diana Bürgel |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Afrika • afrikanische Fantasy Bücher • Afrikanische Mythologie • afrikanischer Fantasy Roman • afrikanisch inspiriertes setting • afroamerikanische Fantasy • Afrofantasy • All Age • All Age Fantasy • A Song Of Wraiths And Ruin • A Song Of Wraiths And Ruin deutsch • black lives matter bücher • Bücher LGBTQI+ • Bücher wie Black Panther • buch fantasy • Champions Fantasy • Das Reich von Sonande • Das Reich von Sonande 1 • diverse fantasy • enemies to lovers • Fantasy Afrika • Fantasy Bücher Diversität • Fantasy Bücher Erwachsene • fantasy bücher jugend • Fantasy Bücher über Rassismus • Fantasy Cross over • Fantasy Dilogie • Fantasy Epen für junge Erwachsene • Fantasy-Epos • Fantasy für junge Erwachsene • Fantasy junge Erwachsene • Fantasy Liebesromane für junge Erwachsene • Fantasy Magie • Fantasy Reihe • Fantasy Romane Erwachsene • fantasy romane für erwachsene • Fantasy Romantik • Fantasy Saga • Fantasy Serien • Geflüchteter • High Fantasy Bücher • Jugendliche und junge Erwachsene – Fantasy Entwicklungsromane • Karina • LGBTQI+ Fantasy • Liebe • Literatur über Ausländerfeindlichkeit für Jugendliche • Magie • magische Barriere • magisches Turnier • Magische Welt • Malik • Märchen Mythen Legenden • Märchen und Sagen • Migräne • moderne fantasy • Mystische Wesen • mythologische Wesen • New York Times Bestseller • Ownvoice • Panikattacken • People of Color • poc • Preisgekrönte Fantasy • Prinzessin • Romantische Fantasy • Roseanne A Brown • Roseanne Brown • Selbstverständliche LGBTQI+ • Solstashia • Urban Fantasy • Wüste • young adult fantasy • ziran |
ISBN-10 | 3-426-46294-X / 342646294X |
ISBN-13 | 978-3-426-46294-2 / 9783426462942 |
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