Liebe stirbt leise (eBook)
400 Seiten
Lago (Verlag)
978-3-95762-320-1 (ISBN)
Jeneva Rose ist eine mehrfache NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin, unter anderem mit Home is Where the Bodies Are, You Shouldn't Have Come Here, The Perfect Marriage, One of Us Is Dead und The Perfect Divorce. Ihre Bücher wurden in mehr als zwei Dutzend Sprache übersetzt und für Film und Fernsehen optioniert. Ursprünglich aus Wisconsin, lebt sie momentan mit ihrem Ehemann Drew und ihren sturen Englischen Bulldogen, Winston and Phyllis, in Chicago.
Jeneva Rose ist eine mehrfache NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin, unter anderem mit Home is Where the Bodies Are, You Shouldn't Have Come Here, The Perfect Marriage, One of Us Is Dead und The Perfect Divorce. Ihre Bücher wurden in mehr als zwei Dutzend Sprache übersetzt und für Film und Fernsehen optioniert. Ursprünglich aus Wisconsin, lebt sie momentan mit ihrem Ehemann Drew und ihren sturen Englischen Bulldogen, Winston and Phyllis, in Chicago.
11
SARAH MORGAN
Sheriff Stevens eskortiert mich in einen kleinen Raum mit einem Einwegspiegel, durch den wir Adam beobachten können. Er ist sichtlich erschüttert, sitzt am Tisch und trommelt mit den Fingern auf die Tischplatte. Er kämpft gegen seine Tränen an und denkt nach.
»Setzen Sie sich.« Sheriff Stevens zeigt auf einen Stuhl.
Zuvor habe ich auf der Toilette meine Fassung wiedergewonnen. Ich bin nicht mehr als Adams Ehefrau hier. Ich bin seine Anwältin. Ich bin Sarah Morgan, Topstrafverteidigerin. Das muss ich mir ungefähr einmal pro Minute in Erinnerung rufen. Ich muss die starke und professionelle Frau sein, die ich bin. Ich weiß, dass Adam das nicht getan hat. Ich kann beim besten Willen nicht glauben, dass er auch nur imstande wäre, jemanden zu schlagen, geschweige denn, einen Menschen zu töten. Aber andererseits dachte ich auch, er würde mich niemals betrügen, und wie die Ermittlung des Sheriffs gezeigt hat, hat er es getan — mindestens ein Jahr lang, mit dieser Kelly-Frau. Bei dem Gedanken daran schüttele ich angewidert den Kopf. Ich kann es nicht glauben. Ich glaube es nicht, noch nicht. Nicht, bis Adam es mir gegenüber zugibt. Er kann nichts von alledem getan haben.
Ich nehme einen Notizblock und einen Stift aus meiner Handtasche und sehe Sheriff Stevens an. »Berichten Sie mir einfach den Sachverhalt.«
»Sind Sie sicher, dass Sie das hören wollen?«
»Ja, lassen Sie keine Details aus.«
Er schenkt mir einen teilnahmsvollen Blick und nickt. Inzwischen bin ich mir sicher, dass er genau weiß, wer ich bin. Als ich von besagter Toilette zurückkam, hatte Sheriff Stevens neuen Respekt vor mir. Ich bin überzeugt, er hat mich gegoogelt und herausgefunden, dass ich nicht nur irgendeine schlichte Hausfrau bin. Er hat mich mit Mitgefühl und Bewunderung angesehen. Vielleicht denkt er, dass ich verrückt bin, mich hinter Adam zu stellen. Aber Adam ist mein Ehemann.
»Der Name des Opfers ist Kelly Summers. Alter siebenundzwanzig. Sie wurde heute Morgen gegen 9.15 Uhr von einer Putzfrau namens Sonia gefunden. Kelly lag tot in Adams und ...« Er hüstelt. »Ich nehme an, Adams und Ihrem Bett in einem Seehaus in Prince William County. Sie hatte siebenunddreißig Stiche in Hals, Brust und Oberkörper erlitten. Die Grausamkeit der Tat deutet auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hin. Es gibt keine Abwehrverletzungen, was uns sagt, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Ermordung schlief. Ihre Augen waren geöffnet, als sie gefunden wurde, was uns sagt, dass sie, während auf sie eingestochen wurde, aufgewacht sein muss. Im Moment wird ein toxikologischer Bericht angefertigt. Wir nehmen an, dass sie Drogen in ihrem Organismus hatte, was erklären würde, weshalb sie nicht sofort aufgewacht ist. Eine vorläufige Autopsie hat Sperma in ihrem Mund, ihrer Vagina und ihrem Anus festgestellt. Sie hat eine Prellung an der rechten Schulter, die aber, wie es aussieht, mindestens ein oder zwei Tage zuvor verursacht wurde. Sie hat mehrere kleine Risse in Anus und Vagina, was auf eine Vergewaltigung oder harten Sex hindeutet. Man hat Hautabschürfungen unter ihren Fingernägeln gefunden«, sagt er abschließend. Er wendet den Blick kurz ab und sieht mich dann erneut an.
Ich beende meine Notizen und sehe ihn an. »Ist das alles?«
»Das ist alles, was wir bis jetzt haben.« Unsere Blicke treffen sich, und ich kann sehen, dass er Mitleid mit mir hat. Ich kann sehen, wie unbehaglich er sich fühlt. Ich kann sehen, dass er sich fragt, warum zum Teufel ich Adam verteidige. Der Blick, mit dem ich zu ihm zurücksehe, ist ein Blick von Stärke und Verletzlichkeit. Ich weiß nicht, warum ich das hier tue.
Ein lauter Knall gegen die Scheibe lenkt meine Aufmerksamkeit von Sheriff Stevens ab. Adam hämmert auf der anderen Seite gegen den Einwegspiegel. Er packt einen Stuhl und schleudert ihn dagegen. Der Stuhl prallt von dem Spiegel ab und landet mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Boden. Adam schreit auf und bricht dann, von Angst und Schmerz überwältigt, auf dem Boden zusammen.
Ich wende mich wieder Sheriff Stevens zu. Mein Mund klappt auf, und meine Augen weiten sich. Ich habe Adam noch nie so reagieren sehen. Ich habe noch nie gesehen, dass er mehr getan hat, als seine Stimme zu heben. Ich habe ihn noch nie so wütend gesehen. Vielleicht könnte er gewalttätig werden.
Er erscheint nicht so sehr wie ein verwirrter Mann in der falschen Situation, sondern eher wie ein wildes Tier, das in die Enge getrieben wurde, zu allem fähig, um sich daraus zu befreien. Ich sehe ein Feuer in Adams Augen, von dem ich gar nicht wusste, dass es existierte. Ehrlich gesagt, wenn mich vor diesem Moment irgendjemand gefragt hätte, ob ich Adam einen Mord zutrauen würde, hätte ich prompt Nein gesagt. Insgeheim habe ich ihn immer für ein kleines Weichei gehalten. Aber jetzt sehe ich, dass ich mich getäuscht habe. Unter der Oberfläche lauert irgendetwas anderes, irgendetwas Größeres.
»Ich muss mit meinem Mandanten sprechen.«
Sheriff Stevens nickt. »Nur damit Sie es wissen, wir haben soeben einen Gerichtsbeschluss bekommen, um beide Häuser zu durchsuchen und DNA sicherzustellen. Wir überlegen außerdem, einen Lügendetektortest durchzuführen, falls Adam kooperativ ist. Aber ich werde Ihnen etwas Zeit geben, um mit ihm zu sprechen.«
»Okay.« Ich stehe auf und sammele meine Sachen ein. Bevor ich die Tür öffne, wende ich mich noch einmal zu dem Sheriff um. Er ist nur wenige Zentimeter von mir entfernt, und ich kann die Wärme seines Atems spüren. »Danke, Sheriff Stevens.«
Er nickt mir zu und sagt mir, dass er vor dem Raum sein wird und dass er in zwanzig Minuten jemanden für den DNA-Test schicken wird. Ich schließe die Augen und hole einmal tief Luft, versichere mir, dass ich das hier kann.
12
ADAM MORGAN
Die Tür geht auf, und ich stemme mich vom Boden hoch und stehe auf. Sobald ich sie sehe, breche ich beinahe wieder zusammen. Sie ist wunderschön. In einem schwarzen Bleistiftrock, der ihre Hüften auf alle richtigen Arten umschmiegt, einer figurbetonten weißen Bluse und einem maßgeschneiderten Jackett. Jede Strähne ihres blonden Haars ist an ihrem Platz, im Nacken zu einem Knoten gebunden. Wie immer werde ich von ihren Schmolllippen und ihren grünen Augen angezogen, und es sind ihre Augen, die mich fast ausrasten lassen. Sie sind leicht gerötet, und ihre schwarze Mascara ist etwas verschmiert. Sie hat geweint. Ich habe sie noch nie weinen sehen. Was zum Teufel habe ich getan?
»Sarah. Es tut mir so ...«
Sie hebt eine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. Sie bedeutet mir auf eine absolut förmliche Art, Platz zu nehmen. Ich hebe meinen Stuhl vom Boden auf und stelle ihn aufrecht hin. Es hat keinen Sinn, sich zu streiten. Ich habe Kelly nicht getötet, aber ich habe das hier verursacht. Ich habe das alles hier verursacht. Ich nehme Platz, falte die Hände vor mir und lasse den Kopf hängen.
Sarah holt einmal kurz Luft und kommt auf den Tisch zu. Ihre schwarzen Absätze klappern über den Boden. Alles, was sie tut, tut sie mit Entschlossenheit. Sie versucht, sich zusammenzunehmen. Sie legt ihre Tasche auf den Tisch und zieht langsam ihren Stuhl zurück. Mit völliger Selbstbeherrschung nimmt sie Platz. Sie fährt sich mit einer Hand übers Haar und holt noch einmal kurz Luft. Ihre Augen sind dieselben Augen, die ich immer angesehen habe, aber sie sieht mich an, als ob sie mich nicht kennen würde. Ihr Blick tänzelt um mich herum. Sie schätzt mich ab, stellt mich infrage. Sie behandelt mich, als ob ich ... ein Mandant wäre.
»Sarah.« Eine Spur von Aggression schwingt in meiner Stimme mit. Ich meine es nicht so, aber mir gefällt die Art nicht, auf die sie mich ansieht. Wie kann sie überhaupt infrage stellen, ob ich so etwas tun würde? Wie kann sie so tun, als ob sie nicht weiß, wer ich bin? Ich bin ihr Ehemann.
Sie zückt einen Notizblock und einen Stift. Sie legt beides auf den Tisch, ordentlich, parallel zueinander. Sie legt die Hände in den Schoß und sieht mich genau an. »Adam.« Sie hält einen Moment inne. Sie wählt ihre Worte mit Bedacht, und ich weiß nicht, warum sie nicht einfach mit mir reden kann.
»Sarah. Ich habe das nicht getan. Ich habe sie nicht getötet, ich schwöre es. Ich könnte das nicht tun. Ich habe mit ihr geschlafen, aber ich würde ihr niemals etwas antun — das musst du mir glauben«, flehe ich, während ich gegen meine Tränen ankämpfe.
Sie zuckt nicht zusammen. Sie reagiert überhaupt nicht. »Okay.« Sie notiert ein paar Worte. Ihre Augen werden feucht. Sie schluckt schwer. Sie ist so stark, und ich bin der, der sie bricht. Ich sollte der sein, der sie beschützt. Ihre Brust hebt und senkt sich.
»Sarah, ich liebe dich. Verdammt, ich liebe dich so sehr. Ich will einfach nur, dass das hier vorbei ist. Ich will, dass alles wieder so wird wie früher. Ich will eine Familie mit dir gründen. Ich will mit dir und nur mit dir zusammen sein. Ich bin ein Idiot, und ich hätte dich niemals betrügen sollen. Das weiß ich, und ich verspreche dir, ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen, es bei dir wiedergutzumachen — sobald das alles hier vorbei ist. Verdammt, ich schwöre es bei Gott.« Ich nehme ihre Hand, will, dass sie mir irgendeine Art Emotion zeigt, will, dass sie mich liebt, will, dass sie mich anschreit oder mich schlägt oder irgendetwas. Ich muss sehen, dass sie wütend auf mich ist. Ich muss sehen, dass sie weint. Ich muss hören, dass sie mir sagt, dass sie mich liebt. Ich muss fühlen, dass sie mich hält. Ich muss hören, dass sie mir sagt, dass alles gut wird.
Sie schweigt einen Moment. Ihre Hand ist warm, aber ihr Blick ist kalt. Sie ist verletzt, und das kann ich ihr nicht verdenken. Sie zieht ihre Hand zurück. »Adam, du...
Erscheint lt. Verlag | 15.5.2022 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | aktuelle Bestseller Krimi • Buch Krimi Bestseller • deutsche Krimis Bestseller • eBook Krimi • Krimi Bestseller • Krimi Bestseller 2022 • kriminalromane bestseller • spannende Bücher für Erwachsene • spannende Romane Bücher • Thalia Krimi Bestseller |
ISBN-10 | 3-95762-320-0 / 3957623200 |
ISBN-13 | 978-3-95762-320-1 / 9783957623201 |
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