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Jetzt ist gut, Knut (eBook)

Roman | »Was zum Teufel ist das echte Glück?«
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
288 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2650-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jetzt ist gut, Knut -  Bettina Haskamp
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Das Kind wohlgeraten, der Gatte treu, die Katzen gesund, der Job sicher. Lilli könnte zufrieden sein. Wäre da nicht die traurige Tatsache, dass Ehemann Knut sich deutlich mehr für ein problemschwangeres Orang-Utan-Weibchen interessiert als für seine eigene Frau. Überhaupt scheinen alle um Lilli herum wichtiger, schöner, interessanter als sie selbst. Ihr Leben ist aufregend wie ein Stück trockenes Brot. Doch wozu hat der Mensch Phantasie? Lilli erfindet ihre Existenz einfach neu. Mal ist sie Helferin in Katastrophengebieten, mal überlebt sie ein Erdbeben. Und immer erzählt sie ihre Geschichten wildfremden Menschen, die voller Bewunderung an ihren Lippen hängen. Doch dann droht eine ihrer wilden Geschichten ihr Leben auseinanderbrechen zu lassen.  **Lilli will ein echtes Stück vom Glück. Aber was zum Teufel ist das echte Glück?**

Die gelernte Journalistin Bettina Haskamp, Jahrgang 1960, entschied sich nach einer dreijährigen Segelreise endgültig für ein Leben außerhalb eines festen Korsetts. Seit 2007 schreibt sie erfolgreich Romane. Sie lebt mit Mann, Hunden und Katzen in Portugal und Hamburg.

Die gelernte Journalistin Bettina Haskamp, Jahrgang 1960, entschied sich nach einer dreijährigen Segelreise endgültig für ein Leben außerhalb eines festen Korsetts. Seit 2007 schreibt sie erfolgreich Romane. Sie lebt mit Mann, Hunden und Katzen in Portugal und Hamburg.

2


Das grelle Licht im Auge war unangenehm. Ich blinzelte und wischte den Finger, der mein Augenlid anhob, aus dem Gesicht. »Na also, da sind Sie ja wieder.« Die Männerstimme war so fremd wie der stechende Geruch, der meine Nase reizte. »So, junge Frau, schön ruhig liegen bleiben. Wir bringen Sie jetzt ins Krankenhaus.« Was? Ich drehte den Kopf, und mein Blick fiel auf einen kleinen hellen Blutfleck am Saum eines weißen Kittels. Weißer Kittel, weiße Hose. Sanitäter. Rettungswagen. Wie zum Teufel kam ich hierher? Jemand schloss von außen die Türen des Wagens. Der Motor sprang an.

Eben hatte ich doch noch Kaffee getrunken. Genau. Einen großen Milchkaffee, ich schmeckte ihn noch auf der Zunge. Streng dich an, Lilli, was war noch? Langsam kristallisierte sich ein Bild. Ich sah mich in meinem Lillian-Outfit im Stehcafé an der Ecke vom Rathausmarkt, mir gegenüber am Tisch eine Frau mit kurzen braunen Haaren und Grübchen. Was hatte ich der Frau erzählt? Fiel mir jetzt nicht ein. Nur, dass mir plötzlich schummrig geworden war. Danach war alles weg.

»Da sind Sie aber wirklich unglücklich gestürzt, das war eine ganz schöne Sauerei da in dem Laden.« – »Hm?« Der Sanitäter lachte. Er sah aus wie siebzehneinhalb, so sehr lange konnte der diesen Job noch nicht machen. »Sie sind auf die Nase gefallen und haben denen im Café ihren weißen Marmorboden vollgeblutet, das sah echt beeindruckend aus. Ihre Jacke hat auch was abgekriegt.« Erst jetzt sah ich den großen Blutfleck an meinem Ärmel. Er sagte: »Lassen Sie mal sehen.« Sein Interesse galt selbstredend nicht dem Fleck auf meiner Jacke, er drückte an meiner Nase herum. »Ich glaub nicht, dass die gebrochen ist. Die Blutung hat auch aufgehört.« Ich wollte mich aufsetzen, war aber festgeschnallt. »Hören Sie, ich muss nicht ins Krankenhaus, das war nur eine kleine Kreislaufschwäche, passiert mir manchmal.« Das stimmte, mein Blutdruck schwankte schlimmer als eine Hafenbarkasse bei Schlechtwetter. »Das wird sich ja zeigen. Die Ärzte werden Sie schon gründlich durchchecken. Extra gründlich, würde ich sagen, nach dem, was Ihre Bekannte uns erzählt hat. Ich messe jetzt noch mal Ihren Blutdruck.«

Welche Bekannte? Die Frau mit den Grübchen? Ich zermarterte mir das Hirn. Worüber hatte ich mit der Frau geredet? Bücher. Richtig, endlich fiel es mir wieder ein. Wir hatten über Bücher geredet. Die andere Frau hatte in »Eat Pray Love« gelesen. Ich hatte sie angesprochen und gefragt, worum es in dem Buch gehe. Dann waren wir bei Selbstfindung und Reisen gelandet, und … o Mist. Bei Haiti. Bei meinem Einsatz für die Erdbebenopfer.

»Sagen Sie, haben Sie dort Sean Penn getroffen, den Schauspieler?« Der blondgelockte Sanitäter schaute mich aus seinen runden blauen Augen an wie ein Fünfjähriger, der gleich ein großes Stück Schokolade bekommt. Wahrscheinlich sah er schon eine Schlagzeile in der Morgenpost vor sich: »Hamburger Sanitäter rettet Freundin von Sean Penn das Leben«. Ich schwieg. Der Helfer in Weiß nicht. »Also, ich finde es schon großartig, was der Mann da leistet. Obwohl, so als Mensch soll er ja schwierig sein, hab ich gelesen. Und, wie isser wirklich?« – »Hören Sie, ich kenne Sean Penn nicht persönlich, und ich will jetzt hier raus!« – »Damit Sie bei uns die Cholera einschleppen?« So ein Idiot. Der brachte es fertig und ließ mich unter Quarantäne stellen.

Jetzt bloß keinen Fehler machen. Natürlich hatte ich nicht vor, dem Jüngling auf seine pickelige Nase zu binden, dass ich vorhin im Café ein bisschen geschwindelt hatte. Kam gar nicht in Frage. Ich atmete tief durch. »Zu Ihrer Orientierung: Ich bin schon seit Wochen wieder in Hamburg. Die Cholera bricht aber spätestens nach fünf Tagen aus. Und wer sie hat, geht nicht mehr Kaffee trinken.« Man kann mir einiges vorwerfen, aber nicht, dass ich mich nicht auskenne. Ich lese wirklich viel. »Das können Sie mit den Ärzten klären«, erwiderte er, »ich hab schon vorgewarnt, dass wir einen Infektionsverdacht bringen.« – »Dann funken Sie jetzt noch mal, dass der Verdacht sich erledigt hat. Ich gehe doch nicht ins Krankenhaus, bloß weil Sie das Goldene Blatt lesen!« Zu spät. Durch die Scheibe erkannte ich das schöne alte Gebäude des Krankenhauses in St. Georg. Die Notaufnahme war aber ganz neu, wie ich zwei Minuten später feststellen durfte. Jetzt sollte mir besser etwas einfallen.

Kurz darauf guckte ich statt in die blauen Augen des Sanitäters in winzig kleine braune. Könnte schon sein, dass diese Augen normalerweise größer waren, aber im Augenblick hingen die Lider schwer, und es hätte mich nicht gewundert, wenn der Arzt vor mir gleich eingeschlafen wäre. Er schaute auf sein Klemmbrett. »Sie sind der angebliche Choleraverdacht?« Das klang doch schon schön skeptisch. Wahrscheinlich wusste dieser Arzt, dass heutzutage unerfahrene Kindsköpfe im Rettungswagen unterwegs waren. Er selbst sah übrigens auch aus, als könnte er mein Sohn sein. Ich lächelte so strahlend, wie ich konnte. »Das ist alles ein Missverständnis.« Eine Krankenschwester schob hektisch eine Trage an uns vorbei, der Mann darauf blutete fürchterlich. Schnell schaute ich weg. Mir wurde immer schlecht, wenn ich Blut sah. »Hören Sie, ich bin völlig in Ordnung, der Rettungssanitäter hat da was falsch verstanden.« – »Waren Sie denn nun auf Haiti, oder nicht?« »Ähm, nein, das ist ja das Missverständnis – ich war auf Tahiti, nicht auf Haiti.« Also, wenn mir da jetzt nicht die perfekte Lösung eingefallen war, dann wusste ich auch nicht. »Und jetzt lassen Sie mich bitte gehen, es gibt hier weiß Gott Menschen, die Sie dringender brauchen.« – »Dachte ich mir doch, dass das Quatsch ist. Und Sie meinen wirklich, dass Sie in Ordnung sind?« – »Absolut!« Er guckte wieder auf sein Brett. »Der Blutdruck ist ja offenbar wieder stabil. Na gut. Aber gehen Sie in nächster Zeit besser mal zum Kardiologen.« – »Versprochen.« Ich unterschrieb ein Formular, dann durfte ich gehen. In der nächsten Besuchertoilette wischte ich mir das Blut aus dem Gesicht.

Kaum stand ich draußen vor der Notaufnahme und hielt die Nase in die Sonne, holte ich reflexartig das Handy aus meiner Handtasche. Tina würde sich totlachen, wenn ich ihr die Cholera-Nummer erzählte. Gerade wollte ich den grünen Knopf für die Verbindung drücken, da fiel es mir wieder ein: Eher beförderte mich die Berger zur Redakteurin, als dass Tina über diese Geschichte lachte. Tina fand meine Geschichten nicht komisch, Tina hielt mich ja neuerdings für gestört. Mit einem schnappenden Geräusch klappte der Deckel meines antiquierten Handys zu. Eigentlich peinlich, heutzutage noch mit so einem Telefon herumzulaufen. Ich stopfte es zurück in die Handtasche, zupfte mein Blondhaar zurecht und ging zur U-Bahn.

Nach dem Gestank zu urteilen, mussten sich im Eingang zur U-Bahn-Station unlängst ganze Horden erleichtert haben. Erst unten am Gleis wurde die Luft besser. Natürlich war die U 1 gerade weg, und die nächste Bahn kam erst in zwanzig Minuten. Ergeben ließ ich mich auf eine kalte Bank sinken.

»Gestört.« Das Wort ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Wenn ich ehrlich war, klebte das ganze Gespräch mit Tina in einer Ecke meines Hirns und wollte sich partout nicht entfernen lassen. Tina hatte sich aufgeführt, als hätte sie das Gebot ›Du sollst nicht lügen‹ persönlich erfunden. Dabei konnte sie wunderbar schwindeln.

»Weißt du noch, wie wir damals Roland aus der 3a hochgenommen haben? Der glaubt wahrscheinlich heute noch, dass meine Familie eine sieben Meter lange Boa constrictor als Haustier hält und immer mit in den Urlaub nimmt.« – »Da waren wir acht, Lilli!« – »Okay. Aber wir waren ja wohl beide erwachsen, als du gleichzeitig mit Conny und mit Peter zusammen warst. Hast du denen vielleicht keine Lügen aufgetischt?« – »Mein Gott, auch das ist zwanzig Jahre her, und außerdem kannst du das nun wirklich nicht mit dem vergleichen, was du jetzt machst.« – »Und warum nicht?« – »Weil es krank ist, wildfremden Leuten Geschichten aus einem Leben zu erzählen, das du gar nicht hast! Ich dachte wirklich, so etwas hättest du endgültig hinter dir.« Dabei guckte sie mich genauso düster an wie vor ein paar Jahren mein Gynäkologe, als er mich in Krebsverdacht hatte. »Lilli, vielleicht hast du eine Ich-Störung. Dagegen kann man was tun. Ich kenne in Altona einen Therapeuten …«

Also bitte! Einem Schriftsteller sagte doch auch keiner, er sollte zum Arzt gehen, wenn er gute Geschichten erzählte. Dem warf niemand vor, er identifiziere sich zu sehr mit seinen Figuren. Dramatische Erzählungen lagen mir besonders. Deshalb war ich auch so gern als Ärztin unterwegs. Wenn ich zum Beispiel von einer Notoperation in Afrika erzählte, dann konnte ich förmlich den Schweiß spüren, der mir im stickigen OP-Zelt von der Stirn tropfte. Und ich erzählte meine Geschichten auch nur Touristen,...

Erscheint lt. Verlag 4.10.2021
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestseller • Frauenhumor • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Frauenweisheit • Glück über 50 • Humor • Komisch • komische Frauen • Lachen • lesen auf dem Sofa • lustig • Männer und Frauen • Ü50 • Unterhaltung • witzig
ISBN-10 3-8437-2650-7 / 3843726507
ISBN-13 978-3-8437-2650-4 / 9783843726504
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