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Geliebter Dietrich -  Amanda Barratt

Geliebter Dietrich (eBook)

Die Liebesgeschichte von Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer - ein Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
432 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7526-5 (ISBN)
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Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer lernen sich kennen, als Adolf Hitler Deutschland und Europa in seinen Klauen hält. Ein Roman über den Kampf gegen das Böse und auch über den Kampf um die Liebe. Ein Liebesroman, zutiefst berührend und voller Hoffnung aus einer hoffnungslosen Zeit. Mit Auszügen aus den Originalbriefen von Dietrich an Maria.

Amanda Barratt ist Bestseller-Autorin mehrerer Romane. Sie liebt es, Bücher zu lesen und zu schreiben, die Herzen noch lange nach der letzten Seite bewegen. Mit ihrer Familie lebt sie in Michigan, USA. www.amandabarratt.net

Amanda Barratt ist Bestseller-Autorin mehrerer Romane. Sie liebt es, Bücher zu lesen und zu schreiben, die Herzen noch lange nach der letzten Seite bewegen. Mit ihrer Familie lebt sie in Michigan, USA. www.amandabarratt.net

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Eins


31. Mai 1942
Sigtuna, Schweden

Eine Diktatur ist wie eine Schlange. Wenn du ihr auf den Schwanz trittst, beißt sie dich.

Diese Worte schwirrten Dietrich Bonhoeffer im Kopf herum, während sein Taxi durch die Straßen der alten schwedischen Königsstadt rollte. Er schaute durch das sonnenbeschienene Fenster hinaus, durch sein Spiegelbild hindurch. Ihm war flau im Magen. Nein, nicht mehr von den Turbulenzen, die ihn tags zuvor auf dem Flug von Berlin nach Stockholm geplagt hatten; davon hatte er sich schnell erholt. Aber das Gefühl, dass man ihn womöglich beobachtete und ihm folgte, verursachte eine Flauheit von ganz anderer Art, die sich nicht so leicht abschütteln ließ.

In dem engen Wagen lag kalter Zigarrenrauch und Beklemmung in der Luft. Der Rauch kam vom Fahrer, der zudem stark schwitzte; die Beklemmung kam von Bonhoeffer selbst, aber das wusste nur er. Er hatte sich zu sehr ins Zeug gelegt in den letzten paar Tagen, als dass irgendetwas Unvorhergesehenes dieses Treffen in letzter Minute platzen lassen durfte.

Mit einem Ruck hielt das Taxi vor dem Nordischen Ökumenischen Institut. Dietrich bezahlte den Fahrer, der knapp nickte, dann packte er mit der einen Hand seinen Koffer und öffnete mit der anderen die Tür. Die Nachmittagssonne wärmte sein Gesicht und die Luft war rein und frisch.

Ruhig und besonnen wie immer prüfte er die Umgebung. Vor ihm das mehrstöckige Steingebäude, vor dem Haus der gepflegte Rasen, dann die breite Eingangstreppe, die zur Tür hochführte. War ihm jemand gefolgt? Woher kam dieses Gefühl, dass ihm eine Spinne den Nacken hochkroch? Spielten ihm seine Nerven einen Streich? Jetzt kam um die hintere Ecke des Gebäudes ein Mann, auf dem Kopf eine verschlissene Mütze, in der Hand einen Werkzeugkasten.

Bestimmt irgendein Hilfsarbeiter.

Nicht die Gestapo.

Auf dem Weg zum Hauseingang knirschte der Kies unter den Sohlen von Dietrichs schwarzen Halbschuhen. Er stieg die Stufen hoch und betätigte energisch den Türklopfer aus angelaufenem Messing.

War Bischof Bell noch da? Oder waren die sechzig Minuten Taxifahrt von Stockholm nach Sigtuna, um den Bischof von Chichester zu besuchen, vergebens gewesen?

Ein Dienstmädchen mit jugendlichem Gesicht öffnete. »Ja, bitte?«

»Ich möchte gerne zu Bischof Bell und Harry Johansson, wenn das möglich ist.« Dietrich richtete sich kerzengerade auf und packte seinen Koffer fester. Es war ihm nur zu bewusst, dass sein abgehackter deutscher Akzent seine Herkunft aus dem Land des Führers verriet. Es gab nur wenige Gründe für einen Deutschen, der keine Uniform trug, das neutrale Schweden zu besuchen. Zu viel Aufmerksamkeit war das Letzte, was er jetzt brauchte.

»Kommen Sie bitte mit.« Das Mädchen öffnete die Tür vollends und bedeutete ihm, ihr in den schmalen, schwach erleuchteten Flur zu folgen. Sie fragte ihn nicht, wer er war. Gut. Die Papiere in dem Koffer wogen nicht viel mehr als ein Laib Brot, aber für Dietrich fühlten sie sich wie Blei an.

Das Dienstmädchen öffnete die Tür zu einem Zimmer mit holzgetäfelten Wänden, diversen Bücherregalen und einem abgewetzten Schreibtisch aus Eichenholz. Dietrichs Blick fiel sofort auf den grauhaarigen Mann, der in dem Ohrensessel am Fenster saß, die großen Hände lose auf die Knie gelegt. Das Gespräch zwischen ihm und dem jüngeren, schlaksigen blonden Mann, der auf der Schreibtischkante saß, verstummte abrupt. Zwei Augenpaare richteten sich auf Dietrich. Bells Augen weiteten sich.

»Guten Tag, George.« Dietrich lächelte. Er hatte seinen Freund seit dem Frühjahr 1939 nicht mehr gesehen. Wie viel hatte sich seither verändert – in seinem Leben und in Deutschland.

»Dietrich!« Bischof Bell erhob sich. Er öffnete den Mund, um seiner Überraschung über diesen unerwarteten Besuch Ausdruck zu geben, aber Dietrich kam ihm zuvor.

»Du hast dich kein bisschen verändert.« Bell ging auf die sechzig zu, sah aber kerngesund aus. Die Jahre hatten ein paar Fältchen mehr um seine Augen gezeichnet und er war eine Spur fülliger geworden, aber das war schon alles. Dietrich fuhr fort: »Und dies ist sicher Mr Johansson? – Dietrich Bonhoeffer, zu Ihren Diensten.« Er hielt dem Schweden seine Rechte hin, die dieser kräftig schüttelte.

»Es freut mich, Sie kennenzulernen.« Johanssons Lächeln war halb freundlich, halb neugierig.

Nach ein paar Minuten weiterer Höflichkeiten verließ Johansson den Raum und Dietrich und Bell blieben allein zurück. Kaum hatte die Tür sich hinter Johansson geschlossen, ließ Bell seiner Überraschung freien Lauf. »Was machst du denn hier? Ich hatte gehört, du seist in Norwegen, auf dem Weg an die Front.« Er ließ sich zurück in seinen Sessel fallen.

»Du meinst, was für andere Gründe könnte ich dafür haben, ausgerechnet jetzt nach Schweden zu kommen?« Dietrich setzte sich in einen leeren Sessel; seinen Koffer stellte er daneben. Normalerweise hätte er es sich jetzt bequem gemacht und seine langen Beine ausgestreckt. Aber nicht heute. Die Nachricht, die er gleich überbringen würde, ließ ihn steif und aufrecht dasitzen. »Das ist eine lange Geschichte. Die Kurzversion ist, dass ich jetzt offiziell für die Abwehr arbeite.«

»Du arbeitest für den deutschen militärischen Geheimdienst?« Bell beugte sich vor, sein Blick schoss unruhig hin und her; er schien kaum fassen zu können, was Dietrich da sagte.

»Mit einem Wort: ja.« Dietrich hatte nicht viel Zeit. Irgendwann nach dem Krieg, wenn er und Bell sich wieder treffen konnten, würde er ihm alles genau erklären. Jetzt musste er sich auf das Wesentliche konzentrieren. »Mein Schwager, Hans von Dohnanyi, steht im Zentrum meines Engagements. Und der Verschwörung.«

Verschwörung. Nur ein Wort. Aber wie viel war damit verbunden! Wie viele Menschenleben hingen daran! Seine Augen schweiften instinktiv durch das Zimmer, auf der Suche nach Telefonen, die womöglich angezapft waren, oder offenen Fenstern, durch die jemand mithören konnte. Nach dem Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei war jede Kommunikation mit England oder einem anderen Feindstaat nicht nur gefährlich, sondern galt als Verrat, auf den die Todesstrafe stand. Ein Verrat, den Dietrich ganz bewusst und ohne Kompromisse beging. Mit klopfendem Herzen beugte er sich nach vorne, seine Stimme nur noch ein Flüstern. »Es ist mehr als eine Verschwörung. Es gibt Pläne … für den Sturz der deutschen Regierung und die Ermordung von Adolf Hitler.«

Bell holte so tief Luft, dass es klang wie das Pfeifen einer Kugel. »Dann ist es also wahr«, flüsterte er.

»Wahrer denn je«, erwiderte Dietrich. »Und wir brauchen dich, George. Ich bin extra von Berlin hierhergekommen, um dich zu besuchen. Im Namen meiner Freunde in Deutschland möchte ich dich bitten, uns zu helfen, die britische Regierung von unseren Plänen zu informieren. Wenn – falls – der Coup gelingt, wollen die Beteiligten davon ausgehen können, dass Großbritannien zu Friedensverhandlungen bereit ist. Du hast Kontakte zum House of Lords, du kannst mit Anthony Eden reden. Als Außenminister in der Churchill-Regierung kann Eden uns sehr helfen, wenn man ihn nur überzeugen kann.« Dietrich redete immer schneller, seine Worte überschlugen sich förmlich. »Hans und General Oster glauben, dass noch viel mehr Offiziere bereit wären, mit uns zusammenzuarbeiten, wenn sie sich nur sicher sein könnten, dass die britische Regierung hinter uns steht. Du könntest entscheidend dazu beitragen, dass wir ihre Unterstützung bekommen.«

Bell presste eine Hand an seine zerfurchte Stirn. »Sicher, sicher. Ich werde mein Bestes tun. Aber das geheime Memorandum, das du mir letztes Jahr geschickt hast – leider hat es keiner in der Regierung besonders ernst genommen. Sie glauben nicht, dass irgendwelche antinationalsozialistischen Kräfte in Deutschland etwas bewirken können, jedenfalls nicht vor der totalen militärischen Niederlage Deutschlands.«

»Das sehen die Feldmarschälle von Bock und von Kluge aber anders. Sie, wie auch General Beck und General Oster, sind fest entschlossen, nach einer Ermordung Hitlers die Regierung zu stürzen. Bis dahin können wir nicht viel ausrichten.«

»Feldmarschall von Bock und Feldmarschall von Kluge«, murmelte Bell, als wolle er sich die Namen einprägen. Er nickte. »Gut, gib mir so viele Namen und Informationen, wie du kannst, Dietrich. Ich werde sie nach bestem Vermögen einsetzen. Du weißt natürlich so gut wie ich, dass Churchill fanatisch gegen jegliche Friedensfühler ist; er will diesen Krieg gewinnen, koste es, was es wolle. Nach diesen langen Kriegsjahren ist es für die Engländer schwierig, wenn nicht unmöglich geworden, zwischen Deutschen und Nazis zu unterscheiden. Und können wir ihnen böse sein? Die rücksichtslosen Bombardierungen Londons, die vielen getöteten Zivilisten … Die Engländer haben viel erlitten durch Hitler und seine Generäle. Wir dürfen uns nicht wundern, dass diese angeblichen Widerstandszellen sie nicht überzeugen.«

Dietrich stand auf und trat ans Fenster. Er schaute hinaus, aber er sah nicht den blauen Himmel und das helle Sonnenlicht, sondern die Gesichter all der Gejagten und Schutzlosen, eine endlose Schlange von Gespenstern, die ihn bis in seine Träume verfolgte. Die Menschen in Deutschland, die auf Befehl des Staates den Euthanasietod erlitten, weil ihr Leben angeblich nicht lebenswert war.

Und die Juden. Gottes erwähltes Volk. Auch hier, in diesem Zimmer im neutralen Schweden, war es nicht zu leugnen, dass auf Befehl des Führers Millionen von ihnen systematisch zusammengetrieben und ermordet wurden. In...

Erscheint lt. Verlag 3.6.2021
Übersetzer Friedemann Lux
Verlagsort Holzgerlingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • Agent • Attentat • Bonhoeffer • Briefe • Gefängnis • Gestapo • Große Liebe • Historischer Roman • Hitler • Hochverrat • Hoffnung • Kampf • Kelch des Zorns • Komplott • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Nationalsozialismus • Nazi-Regime • Roeder • Schriftwechsel • Sonderegger • spannend • Theologie • Verhör • Verlobung • Wahre Begebenheit • Wahrheit • Wedemaier • Wedemayer • Wedemeier • wedemeyer • Widerstand • Wiedenmeier • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-7751-7526-1 / 3775175261
ISBN-13 978-3-7751-7526-5 / 9783775175265
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