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Asche, Schnee und Blut (eBook)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
80 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7394-2676-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Asche, Schnee und Blut -  Maya Shepherd
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Die zweite Folge der ?Grimm-Chroniken? enthüllt ein Schneewittchen, wie es bisher niemand kannte. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, ebenso wie zwischen Wahrheit und Lüge, Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Realität. »Wer hat Ihnen das angetan?«, flüsterte Maggy. Der Mann richtete seine grauen Augen auf sie. »Schneewittchen«, stieß er mit seinem letzten Atemzug hervor, bevor sein Herz zum Stillstand kam.

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Tochter und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Tochter und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.

Schneewittchens Opfer


Königswinter, im Siebengebirge, Oktober 2012

Bis sie das Schloss erreichten, war es schon später Mittag. Der Weg war anstrengend gewesen, da sich das Schloss auf halber Höhe eines Berges befand, welcher Drachenfels genannt wurde. Es war somit die ganze Zeit nur bergauf gegangen.

Zumindest hatte die Bewegung sie warm gehalten. Im Verlauf des Tages hatten sich immer mehr Wolken vor die Sonne geschoben. Sie nahmen den unbeschreiblichen Geruch von Schnee wahr. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis wieder dicke Flocken vom Himmel fallen würden. Ihr Atem hinterließ bereits kleine Wolken in der Luft.

Als die drei an der Schlossmauer entlang zum Tor liefen, hielt Joe sich den Bauch, weil sein Hunger mittlerweile unerträglich war. Während zu ihrer rechten Seite eine dicke, mit Efeu bewachsene Mauer verlief, entdeckte er zu ihrer Linken Schienen wie von einer Straßenbahn im Boden. Er folgte ihnen mit den Augen und konnte direkt gegenüber dem Haupteingang des Schlosses eine Art Unterstand wie von einer Bushaltestelle ausmachen.

»Das glaube ich jetzt nicht«, stieß er voller Frustration aus.

Will und Maggy zuckten bei seinem Ausbruch zusammen, erkannten aber sogleich den Grund für seine Wut. Ein großes Schild wies auf die Drachenfelsbahn hin, die vom Tal in Königswinter bis hinauf zur Spitze des Drachenfelsen fuhr und einen Zwischenstopp bei Schloss Drachenburg einlegte.

Hätten sie sich die vielen mühsamen Schritte ersparen und es so bequem und einfach haben können?

Will konnte noch nicht recht daran glauben, denn es erschien ihm zweifelhaft, dass in diesem Ort, wo sie keine Menschenseele außer Rumpelstein angetroffen hatten, eine Bergbahn verkehren würde, für die man sich ein Ticket kaufen konnte. Zumal auf ihrem Weg keine Bahn an ihnen vorbeigefahren war.

»Das sieht diesem gemeinen Zwerg ähnlich, uns hier wie Idioten hinauflaufen zu lassen, während er vornehm mit der Bahn fährt, um dann plötzlich wie von Zauberhand am Schloss wieder bei uns aufzutauchen. Wir würden uns dann wundern, wie er das mit seinen krummen Beinen so schnell geschafft haben kann«, schimpfte Joe außer sich. Der Hunger machte ihn noch leichter reizbar.

»Immer mit der Ruhe«, versuchte Maggy, ihn zu beruhigen, und marschierte auf die Haltestelle zu. Ihr schien der Aufstieg am wenigsten auszumachen, denn mit jedem Schritt, den sie dem Schloss näher kamen, wuchs ihre Aufregung.

Will wusste nicht, was sie erwartete oder hoffte, zu finden. Sie konnte doch nicht ernsthaft annehmen, dass dort ein Glassarg mit einem schlafenden Schneewittchen stehen würde. Und selbst wenn, wäre sie nicht die unschuldige Schönheit, die sie aus dem Märchen kannten. Rumpelstein hatte sie als blutrünstigen Vampir dargestellt, aber auch ihm war nicht zu trauen.

»Joe, du regst dich völlig umsonst auf. Die Drachenfelsbahn verkehrt zu dieser Jahreszeit nicht. Sie ist außer Betrieb«, verkündete Maggy ihrem Bruder, den diese Information jedoch keineswegs besänftigte.

»Können wir jetzt bitte in dieses blöde Schloss gehen, damit wir dann so schnell wie möglich nach Hause fahren können?«, maulte er voller Desinteresse.

Sie befanden sich nun vor dem großen Torbogen, der den Eingang des Verkaufshäuschens durch eine kleine Brücke von der Haltestelle der Drachenfelsbahn trennte. Vielleicht war ihr Ausflug auch an dieser Stelle vorbei, denn ein Verkaufshäuschen erforderte zumindest eine lebende Person, die einen Ticketschalter bedienen konnte.

Will wusste nicht, ob er darauf hoffen sollte. Während Maggys Vorfreude mit jedem Schritt gewachsen war, beschlich ihn immer mehr ein ungutes Gefühl. Ihre Reise entwickelte sich zu einer Irrfahrt. Odysseus war der Einzige, der lebend von der nach ihm benannten Odyssee zurückgekehrt war – all seine treuen Gefährten hatten ihr Leben lassen müssen.

Will könnte es nicht ertragen, wenn ihre Reise genauso enden würde. Maggy und Joe waren die einzigen Menschen, die ihm etwas bedeuteten, abgesehen von seinem Vater. Er schwankte zwischen Angst und der Weigerung, zu glauben, dass irgendetwas von dem, was bisher geschehen war, real sein konnte. Nichts ergab einen Sinn – war es deshalb unmöglich?

Sie überquerten die Brücke und fanden sich vor einer gläsernen Flügeltür wieder, die einen Einblick in das Verwaltungsgebäude gewährte. Nirgendwo brannte ein Licht oder war ein Mensch zu sehen, sodass Will sich sicher war, dass die Türen verschlossen waren. Doch als Maggy dagegen drückte, gaben sie nach und ließen sie in einen kleinen Vorraum mit einem Verkaufstresen ein, auf dem sich eine moderne Kasse befand. Personal gab es jedoch keines.

»Hallo? Ist hier jemand?«, rief Maggy laut. Ihre Stimme zitterte leicht vor Nervosität.

Wills Herz schlug nun ebenfalls schneller, auch wenn er sich das nur schwer eingestehen konnte.

Es blieb still und keiner meldete sich.

»Niemand da. Lasst uns wieder gehen«, meinte Joe erleichtert und wandte sich bereits zum Gehen. Spürte er ebenfalls diese Unruhe? Hatte er es deshalb so eilig?

»Nicht so schnell«, fauchte seine Schwester gereizt und lief weiter in den Raum hinein.

Das Dach bestand komplett aus Glas, sodass kaum Licht benötigt wurde, um das Innere zu erhellen. Maggy wirbelte Staub auf, der vermuten ließ, dass schon lange niemand mehr hier gewesen war. Aber am Boden entdeckte sie frische Fußspuren, die quer durch den Raum in Richtung des Schlosses führten. Es gab jedoch keine, die wieder aus dem Raum hinausführten.

»Seht nur, es muss noch jemand hier sein«, schlussfolgerte sie.

Die Abdrücke sahen nach großen Männerstiefeln aus. Es waren mehrere und sie führten allesamt geradewegs zum Drehkreuz, das den Zugang zum Schloss versperrte.

Maggy rüttelte daran und es gab nach. Sie konnte ohne Ticket den Weg passieren.

»Freier Eintritt«, jubelte sie, worauf Joe mit einem genervten Knurren reagierte.

Nur widerwillig folgten die Jungen ihr.

Direkt neben dem Drehkreuz befand sich ein Bistro, welches allerdings genauso verlassen aussah wie der Ticketschalter. Trotzdem ließ Joe es sich nicht nehmen, hinter die Theke zu treten und nach etwas Essbarem zu suchen.

Maggy stemmte besorgt die Hände in die Hüften und rief: »Joe, komm da sofort raus!«

»Wo kein Kläger, ist auch kein Richter«, konterte ihr Bruder ungerührt und trat in ein kleines Hinterzimmer, in welchem er die Vorratskammer vermutete.

Will stand wie üblich zwischen den beiden Geschwistern, bis er sich entschloss, seinem Freund zu folgen.

»Nicht du auch noch«, jammerte Maggy. »Durch ein Drehkreuz zu gehen, das keinen Widerstand darstellt, ist die eine Sache, aber Essen zu stehlen, eine ganz andere!«

»Wenn du dich nicht mit dem blöden Lebkuchen vollgestopft hättest, wärst du genauso hungrig wie ich und würdest mich verstehen«, warf Joe ihr vor. Insgeheim nahm er seiner Schwester und Will übel, dass sie von dem Zuckerhaus hatten essen können, während er hatte zusehen müssen.

Als er die Vorratskammer aufstieß, fiel sein Blick sofort auf die eingeschweißten Verpackungen, die rechts von ihm in einem Regal lagen. Es waren belgische Waffeln, mindestens dreißig Tüten voll.

Es war, als wären seine Gebete erhört worden. Ohne zu zögern, schnappte er sich eine der Tüten, riss sie auf, zog eine der Waffeln heraus und biss hinein. Der süße Geschmack breitete sich wie ein Feuerwerk in seinem Mund aus und er schloss genießerisch die Augen. Er schmeckte jede einzelne Zutat: die Eier, das Mehl, die Milch, doch vor allem den süßen Zucker.

Ohne den ersten Bissen komplett runtergeschluckt zu haben, nahm er gierig einen zweiten. Seit einem Jahr hatte er keine ungesunden Lebensmittel mehr gegessen, umso besser schmeckte nun diese einfache Waffel.

»Habt ihr etwas gefunden?«, rief Maggy, die hinter dem Drehkreuz zurückgeblieben war und ihren Bruder und Will von dort aus nicht sehen konnte.

»Joe hat gerade einen Geschmacksorgasmus«, witzelte Will.

Joe ignorierte ihn, so wie den Rest der Welt, als er sich das letzte Stück der Waffel in den Mund schob und sogleich nach der nächsten griff. Neben den Verpackungen mit den Gebäckstücken entdeckte er nun jede Menge Einmachgläser mit Schattenmorellen oder Gewürzgurken, Sahnesprühdosen, Konserven mit Champignons oder Erbsensuppe, fertigen Pizzateig und Scheibenkäse. Eine geschlossene Tiefkühltruhe versprach noch mehr Leckereien, vorausgesetzt, der Strom war nicht abgestellt und der gesamte Inhalt nicht verdorben.

Er setzte einen Fuß in die Richtung, als Wills Hand ihn an der Schulter berührte und sanft zurückhielt. »Komm, lassen wir Maggy nicht länger warten. Wir können uns auf dem Rückweg etwas für die Heimfahrt einpacken.«

Am liebsten hätte Joe erwidert, dass Will und Maggy ohne ihn in das Schloss gehen sollten und er hier auf sie warten würde. Er wollte sich durch sämtliche Lebensmittel kosten, die diese Speisekammer für ihn bereithielt. Er konnte sich gerade noch bremsen, auch wenn es ihm schwerfiel.

Mit zusammengekniffenen Lippen zog er die Tür des Raumes wieder zu, bevor er Will zurück zu dem Drehkreuz folgte, wo Maggy ungeduldig wartete.

»Ich hoffe, deine Laune ist jetzt etwas besser«, feixte sie und deutete auf das letzte Stück Waffel in Joes Hand.

Plötzlich war es ihm peinlich, dass sie ihn mit etwas so Ungesundem sah. Beschämt ließ er es in seinem Mund verschwinden. Vor Hunger hatte er jede Selbstbeherrschung verloren und nicht einen Moment an die vielen Kalorien gedacht, die in so einer Waffel steckten.

Nach Will trat er durch das Drehkreuz und blickte zu den Umrissen des Schlosses empor. Majestätisch erhob...

Erscheint lt. Verlag 11.9.2018
Reihe/Serie Die Grimm-Chroniken
Die Grimm-Chroniken
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Dark • Drachenburg • düster • Fantasy • Grimm • Hexenverbrennung • historisch • Königswinter • Märchen • Märchenadaption • Romance • Rumpelstilzchen • Schloss • Schneewittchen • Vampire
ISBN-10 3-7394-2676-4 / 3739426764
ISBN-13 978-3-7394-2676-1 / 9783739426761
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