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Schottensterben (eBook)

Ein Hebriden-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
368 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45595-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schottensterben -  Gordon Tyrie
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Ein Hebriden-Krimi für Schottland-Liebhaber und alle Fans von Kriminalromanen mit einem guten Schuss schwarzen Humors: Der Eigenbrötler Nicol, 52, liebt nichts mehr als die malerische kleine Bucht samt Cottage und Bootshaus, die er auf der Hebriden-Insel Gigha gepachtet hat. Ausgerechnet dort will nun der beliebte schottische Schauspieler und Regisseur Jim McKechnie seinen neuen Film drehen. Als McKechnie Nicol androht, seine Kontakte spielen zu lassen, um Nicols Pachtvertrag aufzulösen, kommt es zu einem wüsten Streit zwischen den beiden Männern. Am nächsten Morgen spült das Meer Nicol eine Überraschung vor die Haustür: eine männliche Leiche im Kilt, allem Anschein nach McKechnie. Was tut man nun mit der Leiche seines Erzfeindes, wenn man lästige Fragen vermeiden will? Dummerweise ist Nicol nicht so unbeobachtet, wie er sich fühlt. Und seine heimlichen Zuschauer haben ebenfalls eine ganze Reihe Gründe, die Leiche auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen ... »Gordon Tyrie« ist das Pseudonym des mit dem Glauser-Preis ausgezeichneten Krimi-Autors Thomas Kastura. Von Gordon Tyrie ist außerdem der Hebriden-Krimi »Todesströmung« erschienen.

Gordon Tyrie ist das Pseudonym des Glauser-Preisträgers Thomas Kastura, geboren 1966 in Bamberg. Er studierte Germanistik und Geschichte, arbeitet als Autor für den Bayerischen Rundfunk und schreibt seit 20 Jahren Kriminalromane und Erzählungen. Bei Droemer erschienen 'Der vierte Mörder' (Platz 1 auf der KrimiWelt-Bestenliste), 'Das dunkle Erbe', 'Das geheime Kind' sowie 'Dark House'. Schottland ist seine große Liebe: Mit 'Todesströmung', 'Schottensterben' und 'Schottenkomplott' legt er eine erfolgreiche Reihe auf den Hebriden angesiedelter Cosy Thriller vor.

Gordon Tyrie ist das Pseudonym des Glauser-Preisträgers Thomas Kastura, geboren 1966 in Bamberg. Er studierte Germanistik und Geschichte, arbeitet als Autor für den Bayerischen Rundfunk und schreibt seit 20 Jahren Kriminalromane und Erzählungen. Bei Droemer erschienen "Der vierte Mörder" (Platz 1 auf der KrimiWelt-Bestenliste), "Das dunkle Erbe", "Das geheime Kind" sowie "Dark House". Schottland ist seine große Liebe: Mit "Todesströmung", "Schottensterben" und "Schottenkomplott" legt er eine erfolgreiche Reihe auf den Hebriden angesiedelter Cosy Thriller vor.

3


Ihre Schwester war glücklich. Wieder einmal.

Phyllis wusste noch nichts von der Leiche. Sie saß auf ihrer Lieblingsdecke im windgepeitschten Gras, an einer Stelle, von der aus sie die Twin Beaches gut überblicken konnte. Val hatte Phyllis dick eingepackt, Winterparka mit Kapuze, Handschuhe, gefütterte Stiefel, so mochte sie es am liebsten. »Außen kalt, innen warm«, stellte sie manchmal wie zur Bestätigung fest.

Die Luft fühlte sich frisch und gereinigt an nach dem Sturm der vergangenen Nacht. Die See war noch aufgewühlt. Mächtig rollten die schwarzblauen Wogen heran, bauten sich zu Brechern auf und fielen in sich zusammen, kurz bevor sie den Strand erreichten, majestätisch und bedrohlich zugleich.

Phyllis schaute nicht nach Osten, wo der Palm Tree Beach lag – und Gighas derzeitige Hauptattraktion. Sie schaute nach Westen. Ein paar Inseln befanden sich dort. Und der Atlantik, so weit das Auge reichte, bis zum Horizont.

Doch da war noch etwas anderes. Etwas aus ihrer Vergangenheit, das sie ausfüllte wie ein niemals verlöschendes, gelegentlich durch die Wolken brechendes Licht. Sie sah es auf den Wellenkämmen, funkelnd in den ersten Sonnenstrahlen dieses Wintermorgens am Meer. Sie sah es in den Tautropfen, die zitternd an den Halmen des Strandhafers hingen, an den Reflexionen der vom Seewasser benetzten Felsen, in den schimmernden Prielen, die die Rückströmung hinterließ.

Volle drei Tage würde Phyllis nicht ansprechbar sein. Val kannte diese Phasen, sie liefen immer gleich ab. Dann lag ein unbestimmtes Lächeln auf dem Gesicht ihrer Schwester. Hin und wieder murmelte sie unverständliches Zeug und war nur zu den einfachsten Verrichtungen imstande. Val musste Phyllis an die Hand nehmen, sie führen, ihr beim An- und Auskleiden helfen. Und sie durfte ihren Wachtraum keinesfalls stören.

Val und Phyllis. Unzertrennlich.

In Augenblicken wie diesem beneidete Val ihre Schwester um eine außergewöhnliche Fähigkeit, die bei ihr eher ein Segen zu sein schien. Ein Segen? Nein, es war eine Gabe, Phyllis hatte sie selbstständig herausgebildet, irgendwann in ihrer Jugend. Die Gabe, sich das Beste vom Besten in Erinnerung zu rufen. Sich nur der Geschehnisse zu entsinnen, die in helle, heitere Farben getaucht waren.

Wer konnte das schon von sich behaupten? Das Gute dem Schlechten vorzuziehen? Die meisten Menschen klammerten sich lieber am Schlechten fest, dachte Val, sie pflückten nicht die prallen reifen Früchte, sondern sie rafften das Fallobst zusammen, das faulende und gärende Zeug. Und dann kochten sie diesen Lebensmatsch ein, füllten ihn in Einmachgläser, stellten sie säuberlich etikettiert auf den Schlafzimmerschrank und zeigten ihre Sammlung jedem, der vorbeikam, ob er wollte oder nicht.

Erinnerungen konnten ziemlich aufdringlich sein.

Phyllis teilte ihre Erinnerungen mit niemandem, nicht einmal mit Val. Ganz einfach, weil sie nicht auf den Gedanken kam, dass sich jemand dafür interessierte. Und ein bisschen auch deshalb, weil es ihr »süßes Geheimnis« war, wie sie nach ihren dreitägigen Flashbacks gern sagte.

Doch ihre Gabe war nichts gegen den Fluch, den Val abgekriegt hatte. Den Fluch des zwanghaften Erinnerns. Nicht wie in Trance und auf wenige Tage beschränkt wie bei Phyllis, sondern ständig, von früh bis spät. Als liefe der History Channel in einem Teil ihres Gehirns in Endlosschleife. Und im Gegensatz zu Phyllis konnte Val sich das Programm nicht aussuchen.

Die Leute meinten immer, bei Zwillingen seien Vorzüge und Schwächen gerecht verteilt.

Die Leute hatten keine Ahnung.

Val machte kehrt und ging zurück zum Palm Tree Beach, zu dem Strand mit der Leiche. Gut, dass Phyllis der Anblick erspart geblieben war.

Angeschwemmte leblose Körper, von der Brandung über Riffe und Felsen gezerrt und ans Ufer geworfen.

In Schiffsbäuchen geborgene und bereits von Leichentüchern umwickelte Körper.

Körper, die an der Wasseroberfläche trieben und noch in ihren Schwimmwesten hingen.

Val hatte solche Bilder häufig im Kopf. Sie stammten zumeist aus dem Fernsehen oder aus Geschichtsbüchern. Aber auch aus eigener Anschauung. Im Grunde hätte sie sich bei der Seenotrettung bewerben können – als Sachverständige für Wasserleichen. Oder als Kandidatin bei Quizshows. Schon als Kind hatte sie sich ausführlich damit beschäftigt. Ausführlich hieß bei Val: bis ins allerletzte Detail. Sie brauchte 47 Minuten, um alle 1.514 Todesopfer des Untergangs der Titanic aufzuzählen. Für die gesamte Passagierliste, die aus über 2.200 Personen bestand, etwa 20 Minuten länger. Doch Überlebende interessierten sie nicht. Die Toten waren mehr ihr Fall.

Die Leiche am Palm Tree Beach gehörte zur Kategorie »angeschwemmt, ungefähr einen halben Tag im Wasser, Verletzungen durch Auf- oder Anschlagen gegen spitze Steine und Muschelbewuchs«. Soweit es zu erkennen gewesen war. Val hatte mit Phyllis einen Spaziergang gemacht. Phyllis hatte an den Twin Beaches ihren Rappel bekommen, und Val hatte Phyllis auf deren Lieblingsdecke zurückgelassen und weiter ihre Runde gedreht bei diesem für Anfang Februar überraschend freundlichen Wetter, das musste man ausnutzen. Sie hatte die Leiche entdeckt und kurz untersucht – ohne mit der Wimper zu zucken, immerhin hatte sie früher als OP-Krankenschwester gearbeitet.

Dann hatte sie bemerkt, dass Rauch aus dem Cottage aufstieg, und war vorsichtshalber verschwunden. Sie hatte erneut nach ihrer Schwester gesehen, die ganz in den glücklichsten Tagen ihres Lebens aufging, anderer Ort, andere Zeit, und jetzt war Val wieder hier am Palm Tree Beach, duckte sich hinter einen Felsen und schaute hinab. Sie holte einen Feldstecher aus ihrem Parka und stellte ihn scharf. Ihr durfte nicht das Geringste entgehen.

Der Palm Tree Beach lag auf der Nordostseite von Gigha, eine halbe Meile von Phyllis entfernt. Inzwischen war Nicol wach und inspizierte das Gelände.

Val hatte einen Spitznamen für Nicol: Hobbit. Er ging barfuß, auch im tiefsten Winter, so eine Öko-Nummer. Vegetarier, klar. Er baute ein Boot, obwohl er davon als Landratte aus Milton Keynes keine Ahnung hatte. Sah aus wie eine dickliche Version von Bilbo, achtete nicht mehr groß aufs Äußere mit seinen verfilzten Kraushaaren und der roten Knollennase.

Doch »Hobbit« hatte sich bei den anderen nie durchgesetzt. Auf den Hebriden waren noch viel durchgeknalltere Typen als Nicol unterwegs, Einheimische wie Zugezogene. Manche hausten in Höhlen, andere schwammen in Neoprenanzügen meilenweit durchs Meer oder surften in Strandnähe, bevorzugt im Winter, weil da die Wellen erstaunlich hoch werden konnten. Es waren nur ein paar, aber es gab sie, sogar auf der Isle of Gigha, auf der gerade einmal 160 Menschen lebten. Diese Einzelgänger hatten sich abgesondert vom Rest der Welt. Auch Val und Phyllis gehörten in gewisser Weise dazu. Die Krankheit, unter der sie angeblich litten, machte sie automatisch zu Außenseitern.

Nicol stapfte am Ufer entlang durch eine Mischung aus Sand und Kieseln. Er wich den Braunalgen aus. Mit seinem unförmigen Wanderstab kam er sich wohl vor wie Gandalf, der Zauberer, dachte Val. Doch für sie blieb es dabei: Hobbit. Val wusste, warum er ein Bäuchlein vor sich herschob: Käsemaccheroni aus der Dose. Nicol fraß den Matsch palettenweise. Er war kein großer Koch.

Endlich stieß er auf die Leiche.

Nicol stutzte. Stocherte an dem Körper herum. Der Zersetzungsprozess musste sich schlagartig beschleunigt haben, nachdem der Tote von der Flut an Land gespült worden war. Vielleicht roch es schon ein bisschen streng, mutmaßte Val.

Nicol übergab sich. Nicht auf die Leiche, sondern in eine Pfütze am Strand. Offenbar hatte er einen sensiblen Magen. Wohl das einzig Sensible an ihm.

Doch dann geschah etwas Seltsames. Nicol schien schlechter Laune zu sein. Mit seinem Wanderstab holte er aus und schlug wie ein Wahnsinniger auf die Leiche ein. Immer wieder, als wollte er ein Steak weich klopfen. Ein Steak, das längst weich war.

Ziemliche Sauerei.

Vals Finger ballten sich zu Fäusten, ihre Muskeln spannten sich. Hau drauf, Nicol! Geht das nicht kräftiger?

Wie gerne hätte sie ihm dabei geholfen. Sie kannte den Toten. Seine Kleidung, die sie immer als lächerlich empfunden hatte, ließ keinen Zweifel zu. Durch und durch schottisch. Oder das, was man landläufig dafür hielt: Kilt, Kniestrümpfe und so weiter. Jim McKechnie hatte es verdient zu ertrinken, von Riffen zerraspelt und von Strandkrabben ausgeweidet zu werden.

Aber wie, fragte sich Val, war er überhaupt ins Wasser gelangt? Jim war zu Lebzeiten ein erfahrener Skipper gewesen, mit seinem Segelboot hatte er die stürmischsten und gefährlichsten Gewässer der Welt durchquert. Es gab zahllose Reportagen darüber, die ihn als unerschrockenen Seemann zeigten, großzügig bebildert, im Fernsehen und in den Zeitungen. Und bei dem Unwetter letzte Nacht wäre er doch sicher im Hafen geblieben, oder etwa nicht?

Nicol hielt inne. Außer Atem senkte er den Wanderstab. Er ließ sich auf dem Boden nieder und machte eine Pause. Keine Kondition, der Mann.

1881, kam es Val in den Sinn. Das Handelsschiff Henrietta. Es war bei Cara Island südlich von Gigha auf Grund gelaufen und gesunken. Der Kapitän war dabei über Bord gespült und auf den Pentland Skerries, 500 Kilometer weiter nördlich, wieder angetrieben worden. Nur noch schwer identifizierbar.

Das war Vals Gabe, ihr Fluch: Untergänge.

Sie und Phyllis hatten das hyperthymestische Syndrom. Ein absolutes Gedächtnis. Sie konnten sich an unglaublich vieles, das ihnen oder ihren Angehörigen widerfahren war, haarklein erinnern. Wo sie gewesen waren, welche Klamotten sie getragen hatten, was...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2020
Reihe/Serie Hynch ermittelt
Hynch ermittelt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bootsunfall • cosy crime deutsch • cosy krimi deutsch • Gigha • Glauser-Preisträger • Hebriden • humorvolle Krimis • Immer Ärger mit Harry • Inselbewohner • Inselkrimi • Jim McKechnie • Krimi Großbritannien • Krimi Humor • Krimi humorvoll • Kriminalromane 2020 • Kriminalromane Taschenbuch • Krimi Neuerscheinungen 2020 • Krimi Neuerscheinungen 2020 Taschenbuch • Krimi Schottland • Krimis mit Humor • Krimis und Thriller • Leiche am Strand • lustiger Krimi • Schauspieler • Schottland • Thomas Kastura
ISBN-10 3-426-45595-1 / 3426455951
ISBN-13 978-3-426-45595-1 / 9783426455951
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