Die Erben des Imperiums (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-8433-8 (ISBN)
Für richtig harte Jobs ist Imperator Colin der Erste genau der richtige Mann. Ihm gelang es als einzigem, die Achuutani aufzuhalten, eine völkermordende Spezies, und er allein baute das Imperium wieder auf, das vor 45.000 Jahren untergegangen war. Nach wie vor hat er ein paar Probleme. Doch diese Probleme sind nichts im Vergleich zu dem, was seine beiden Sprösslinge Sean und Harriet erleben. Weit von zu Hause entfernt stranden sie auf einer strenggläubigen Welt, auf der gerade einmal das Schießpulver erfunden wurde. Die örtliche Kirche mag die beiden nicht besonders. Genauer gesagt, hat sie sie zu Dämonen erklärt, den Heiligen Krieg ausgerufen und ihre Hinrichtung angeordnet. Man könnte meinen, die Chancen stünden schlecht für Colins Nachwuchs, doch in Wahrheit steckt die Kirche in Schwierigkeiten - denn Sean und Harriet sind aus dem gleichen Holz wie ihr Vater geschnitzt …
Kapitel Eins
Sean MacIntyre stürzte aus dem Transitschacht heraus und stellte sein Gehör auf höhere Empfindlichkeit, während er den Gang hinunterhastete. Eigentlich sollte es momentan nicht notwendig sein, so gut zu hören, jedenfalls nicht, solange er sich nicht auf der anderen Seite der Luke befand. Doch aus irgendeinem Grund hatte er immer noch mehr Probleme mit der biotechnischen Leistungssteigerung seines Gehörs als mit der seiner Augen, und er zog es vor, seine Vorbereitungen rechtzeitig abzuschließen.
Die letzten einhundert Meter rannte er geduckt, kam schlitternd zum Stehen und presste sich rücklings an das Schott. Der breite, in völliger Lautlosigkeit daliegende Gang verschwand in beiden Richtungen in einem schimmernden Lichtpunkt in der Ferne. Sean fuhr sich mit der Hand durch das schweißnasse, schwarze Haar, während sein biotechnisch erweitertes Gehör das leise Pulsieren der Lebenserhaltungssysteme und das sanfte Summen des jetzt weit entfernten Transitschachts unter dem sich nun allmählich wieder normalisierenden Hämmern seines eigenen Herzschlags wahrnahm. Sean jagte die anderen jetzt schon seit mehr als einer Stunde, und er hatte inzwischen eigentlich schon längst einen Hinterhalt erwartet. Ich hätte es auf jeden Fall schon längst versucht, dachte er und zog geringschätzig die Nase hoch.
Er angelte nach seiner im Holster steckenden Pistole und wandte sich mit gezogener Waffe der Luke zu. Sie glitt zur Seite – leise für normale Ohren, doch dröhnend laut für die seinen –, und grelles Sonnenlicht strömte in den Gang.
Sean glitt durch die Luke und wählte für sein linkes Auge Teleskopwahrnehmung an. Für das rechte blieb er bei normaler Entfernungswahrnehmung (mit den Augen konnte er wirklich schon viel besser umgehen als mit seinem Gehör) und spähte dann in die von vereinzelten Lichtflecken durchsetzten Schatten unter den leise raschelnden Blättern der Laubbäume.
Eichen und Hickorybäume dösten im Schein der ›Sonne‹, während Sean sich über die Picknickwiese hinüber zu den grün glänzenden Rhododendren schlich, die das Ufer des Sees säumten. Er bewegte sich lautlos, hielt die Waffe mit beiden Händen in Brusthöhe, jederzeit bereit, mit der schlangenartigen Geschwindigkeit seiner gesteigerten Reflexe herumzuwirbeln, zu zielen und zu feuern. So gründlich Sean aber das Gelände auch absuchte: Er hörte und sah nichts außer Wind in den Blättern, zwitschernden Vögeln und dem Plätschern kleiner Wellen.
Sean bahnte sich seinen Weg bis zum Ufer des Sees, ohne ein Ziel zu finden, dann blieb er nachdenklich stehen. Das Landschaftsdeck, eines von zahlreichen an Bord des Raumschiffs Dahak, war etwas breiter als zwanzig Kilometer. Das war wirklich ein großes Areal, um darin Verstecken zu spielen, doch Harriet war ungeduldig, und sie hasste es, davonzulaufen. Sie musste hier irgendwo in der Nähe lauern, nur wenige hundert Meter von ihm entfernt, musste hoffen, ihn in einen Hinterhalt locken zu können, und das bedeutete …
Aus dem Augenwinkel sah er eine flackernde Bewegung und erstarrte, den Blick sofort mit der Zoom-Funktion auf das gerichtet, was diese Bewegung ausgelöst haben musste, egal, was das gewesen sein mochte. Er lächelte, als er langes, schwarzes Haar hinter einer Eiche aufblitzen sah, er rannte Harriet allerdings nicht hinterher. Jetzt, da er Harry gefunden hatte, hatte sie keine Chance mehr, sich von ihm unbemerkt davonzuschleichen, und so sondierte er mit seinem Blick die gesamte Umgebung, suchte immer weiter nach ihrer Komplizin. Sandy musste ebenfalls an diesem Hinterhalt beteiligt sein, also musste sie sich ganz in der Nähe aufhalten. Eigentlich müsste sie genau da …
Ein handtellergroßer, blauer Farbfleck fiel ihm ins Auge, zwischen zwei Lorbeerbäumen gerade eben noch zu erkennen. Im Gegensatz zu Harry war ihre Gefährtin geduldig, lag absolut still dort, doch jetzt hatte Sean sie beide, und er grinste und begann langsam und lautlos nach links zu gehen. Nur noch ein paar Meter, und …
Zaaaaaaaaaaa-ting!
Ungläubig zuckte Sean zusammen, dann hämmerte er mit der Faust auf den Boden und stieß ein Wort aus, das seine Mutter gewiss nicht gutgeheißen hätte. Das Klingeln verwandelte sich jetzt in ein heiseres Summen, das sein in seiner Leistungsfähigkeit gesteigertes Trommelfell zu zerreißen drohte, also stellte er die Ohren wieder auf normal und richtete sich resigniert auf.
Das Summen der Laser-Sensoren an seiner Panzerung hörte sofort auf, als er auf diese Weise seine Niederlage eingestand, und er drehte sich um und fragte sich, wie Harry es hatte schaffen können, hinter ihn zu kommen. Doch es war nicht Harry, und er knirschte frustriert mit den Zähnen, als eine zarte Gestalt platschend und spritzend ans Ufer kam. Ihre hellblaue Jacke hatte sie abgelegt (Sean wusste auch genau, wo). Sandy war klatschnass, doch ihre braunen Augen blitzten vor Vergnügen.
»Ich hab dich erwischt!«, kreischte sie. »Sean ist tot! Sean ist tot, Harry!«
Es gelang ihm, nicht noch weitere der verbotenen Ausdrücke zu benutzen, als diese acht Jahre alte Miniatur-Ninja spontan in einen improvisierten Kriegstanz verfiel, doch es fiel ihm wirklich schwer, vor allem, da seine Zwillingsschwester jetzt ebenfalls in den Kriegstanz ihrer halbwüchsigen Verbündeten einfiel. Es war schon schlimm genug, gegen Mädchen zu verlieren, aber von Sandy MacMahan aus dem Hinterhalt überfallen zu werden, das war unerträglich! Sie war zwei Jahre jünger als er, und sie hatte ihn mit ihrem ersten Schuss erledigt!
»Deine Hochstimmung angesichts von Seans Tod ist kaum schicklich, Sandra.« Die tiefe, sanfte Stimme, die aus dem Nichts ertönte, überraschte keinen von ihnen. Sie kannten Dahak schon ihr ganzes Leben, und der Körper des selbst-bewussten Computers, das Raumschiff selbst, war schließlich einer ihrer Lieblingsspielplätze.
»Wen interessiert das schon?«, wollte Sandy voller Schadenfreude wissen. »Ich hab ihn erwischt! Zapp!« Sie richtete ihre Pistole auf Sean und brach in heulendes Gelächter aus, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
»Reines Glück!«, schoss er zurück und schob seine eigene Waffe mit einer Würde zurück, von der er selbst wusste, dass sie höchst fadenscheinig war. »Du hast bloß Glück gehabt, Sandy!«
»Das ist unzutreffend, Sean«, merkte Dahak mit dieser ihm eigenen leidenschaftslosen Fairness an, die Sean absolut hasste, wenn sie jemand anderem zugute kam. »Glück impliziert das zufallsbestimmte Eintreten von Ereignissen, und Sandras Entscheidung, sich im See zu verbergen – den du, wie ich festgestellt habe, nicht einmal überprüft hast –, zeugt von äußerst einfallsreichem Vorgehen. Und wie sie so stichhaltig, wenngleich unfreundlich, feststellte, hat sie dich ›erwischt‹.«
»Da hast du’s gehört!« Sandy streckte ihm die Zunge heraus, und Sean wandte sich zutiefst verletzt ab. Und er fühlte sich alles andere als gut, als nun auch noch Harriet ihn triumphierend angrinste.
»Ich hab dir ja gleich gesagt, dass Sandy alt genug ist!«, stellte sie fest.
Er hätte ihr so gerne widersprochen – vehement widersprochen! –, doch er war ein ehrlicher Junge, und so nickte er widerwillig und versuchte einen Schauer zu unterdrücken, als vor seinem geistigen Auge eine Zukunftsvision erschien. Sandy war Harrys beste Freundin, obwohl sie so viel jünger war, und jetzt würde dieses nervige Gör ihr wirklich überallhin folgen. Mehr als ein Jahr lang hatte er das noch verhindern können, indem er immer und immer wieder behauptet hatte, sie sei noch zu klein für dieses Spiel. Bis heute. In Algebra war sie ihm schon zwei Einheiten voraus, und jetzt auch noch dieses Desaster hier!
Das Universum, so stellte Sean Horus MacIntyre missmutig fest, war nicht gerade bereit, einen mit Gerechtigkeit zu verwöhnen.
Vor dem Eingang zum Kommandodeck der Dahak traten Amanda Tsien und ihr Ehemann aus dem Transitschacht. Ihr Sohn Tamman war ihnen zwar gehorsam in den Gang gefolgt, für jeden sichtbar aber platzte er beinahe vor Ungeduld. Mit einem Blinzeln schaute Amanda zu ihrem hochgewachsenen Ehemann hinauf. Die meisten hätten Tsien Tao-lings Gesicht als hart beschrieben. Während er Tamman beobachtete, umspielte indes ein Lächeln seine Lippen. Der Junge mochte ja im biologischen Sinne nicht sein Sohn sein; dennoch fühlte sich Tsien Tao-Ling als Tammans Vater, und er nickte, als Amanda fragend eine Augenbraue hob.
»Also gut, Tamman«, sagte sie. »Du darfst gehen.«
»Danke, Mom!« Mit der eigenartigen Mischung, die so charakteristisch für sein Alter war, sich nämlich gleichzeitig ebenso katzenhaft wie ungelenk und eckig zu bewegen, machte er auf dem Absatz kehrt und jagte wieder auf den Transitschacht zu. »Wo ist Sean, Dahak?«, fragte er im Laufen.
»Er ist auf Landschaftsdeck Neun, Tamman«, erwiderte eine sanfte Stimme.
»Danke! Bis später, Mom, Dad!« Um seinen Eltern zuwinken zu können, drehte sich Tamman im Laufen zu ihnen um, ohne dabei langsamer zu werden, ehe er sich mit einem Jubelschrei in den Schacht stürzte.
»Man könnte meinen, die beiden hätten einander seit Monaten nicht mehr gesehen«, seufzte Amanda.
»Eines weiß ich mit Sicherheit: Kinder denken nicht in denselben Zeitkategorien wie Erwachsene«, stellte Tsien mit seiner tiefen, sanften Stimme fest, während Amanda eine Hand auf seinen Unterarm legte.
»Na, das kannst du laut sagen!«
Sie kamen um die letzte Biegung und standen endlich vor der Luke, die zum Kommandodeck führte. Das Wappen der Dahak prangte auf dem gold- und bronzefarbenen Panzerstahl: ein dreiköpfiger Drache, flugbereit, der mit den klauenbewehrten...
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2019 |
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Reihe/Serie | Die Abenteuer des Colin McIntyre | Die Abenteuer des Colin McIntyre |
Übersetzer | Dietmar Schmidt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Apokalypse • Ausserirdische • Außerirdische • Avatar • Big Bang Theory • Dystopie • Erstkontakt • Fantasy • futuristisch • Heinlein • Heliosphäre • heliosphere • High Tech • Imperator • Marsianer • Planeten • Post Apokalypse • R2D2 • Raumkampf • Raumschiff • Raumschiffe • Science Fantasy • Sciencefiction • Science Fiction • science fiction bücher • Science Fiction Romane • Sci Fi • SciFi • SF • Star Wars • Technology • Timothy Zahn • Utopie • Weltall • Weltraum • Weltraumabenteuer • Zukunft |
ISBN-10 | 3-7325-8433-X / 373258433X |
ISBN-13 | 978-3-7325-8433-8 / 9783732584338 |
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